Die Transformation des sozialen Bewusstseins Transformation of Societal Consciousness
Wolfgang Sassin1
Wolfgang Sassin,
Dr-Ing,
Independent researcher,
formerly Senior Scientist of International Institute for Applied Systems Analysis
and Lecturer of Technical University Vienna
Austria
Вольфгангъ Зассинъ,
докторъ-инженеръ,
независимый изслЪдователь,
въ прошломъ главный научный сотрудникъ
Международная института прикладного системнаго анализа
и лекторъ Техническаго университета ВЪны
(Авс^я)
Article No / Номеръ статьи: 010210201
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In German:
Sassin, Wolfgang. 2018. "Die Transformation des sozialen Bewusstseins." The Beacon: Journal for Studying Ideologies and Mental Dimensions 1, 010210201.
In English:
Sassin, Wolfgang. 2018. "Transformation of societal consciousness." The Beacon: Journal for Studying Ideologies and Mental Dimensions 1, 010210201.
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Received in the original form: 9 January 2018 Review cycles: 1
1st review cycle ready: 12 February 2018 Review outcome: 3 of 3 positive Decision: To publish as is Accepted: 14 February 2018 Published online: 16 February 2018
ABSTRACT
Wolfgang 5assin. Transformation of Societal Consciousness. Since 1969 in science and politics, the humanity ceased to understand profound transformations in its self-awareness because of the abrupt revolutionary alterations in the frame of reference in which the communities were defined. The maxim "Man, subdue thy Earth" was tacitly changed to "Mankind, subdue thy individuals." We recognise that mental depravation of societal consciousness is the critical precondition transforming the human EGO, no matter, I or WE.
Key words: political system, economic system, "Spaceship Earth", self-awareness, political rights, constitutions, Club of Rome, consumption, social psychology, societal consciousness, multipolar world, Neil Armstrong, modern culture
ZUSAMMENFASSUNG
Wolfgang Sassin. Die Transformation des sozialen Bewusstseins. Zweifelsohne haben Geisteswissenschaften und Politik die tiefgreifenden Veränderungen im menschlichen Selbstverständnis übersehen, die sich nach 1969 aus der plötzlichen Veränderung des Bezugsrahmens ergaben, innerhalb dessen sich Gesellschaften definieren. Das Mandat „Mach dir die Erde untertan" wurde so stillschweigend umgemünzt in „Menschheit mach dir deine Individuen untertan" Diese geistige Reduktion des freien Menschen wird von uns wahrgenommen als jener entscheidende Faktor der das EGO grundlegend verändert: also sowohl was wir unter ICH als auch unter WIR verstehen.
Schlüsselwörter, politisches System, Wirtschaftssystem, „Raumschiff Erde", Selbstbewusstsein, politische Rechte, Verfassungen, Club of Rome, Konsum, Sozialpsychologie, soziales Bewußtsein, multipolare Welt, Neil Armstrong
РЕЗЮМЕ
Вольфгангъ Зассинъ. Трансформация соцальнаго сознаня. Начиная съ 1969 г. какъ въ науке, такъ и политике, человечество начало упускать понимаые глубокихъ изменена изъ-за внезапной революцИ въ формировали системы отсчета, въ рамкахъ которой определялись сообщества. Ман-датъ «Человекъ, подчиняй себе свою землю» изменился на «Человечество, подчиняй себе своихъ индивидовъ». Данное подавлеые человека разсматривается нами въ качестве важнаго фактора изменеНя человеческаго EGO - какъ Я, такъ и МЫ.
Ключевые слова: политическая система, экономическая система, «Космически корабль» Земля, самопознаые, политичесмя права, конституцИ, Римскй клубъ, потреблеНе, сощальная психолопя, сощальное сознаые, многополярный мiръ, Нилъ Армстронгъ
DIE UNSICHTBAREN „ANDEREN"
In einer Zeit intensiven globalen wirtschaftlichen Austausches ist die Mehrheit der Menschen abhängig geworden von der Disziplin und der Bereitschaft „Anderer" produktiv zu arbeiten. Diese Anderen sind praktisch unsichtbar. Sie sind mikroskopische Teile eines riesigen und intransparenten Systems. Wenig, wenn überhaupt, ist über deren Sozialisation über globale Distanzen hinweg bekannt. In solchen Zeiten ist es notwendig über zukünftige Formen gesellschaftlicher Organisationen nachzudenken. Streitigkeiten über einen allmählichen Verlust der nationalen Souveränität unterstreichen das. Trotz ihrer beeindruckenden Leistungen ist die Europäische Union ein Beispiel für inzwischen ziemlich
kontroverse Auseinandersetzungen. Sie steht vor neuen Herausforderungen weil sie versucht weitere Nationalstaaten zu integrieren, während die Wirtschaftsakteure in den alten und den ins Auge gefassten zukünftigen Mitgliedstaaten bereits Teil eines globalen Netzwerks sind. Die Ziele dieses globalen Netzwerks werden durch wirtschaftliche und nicht primär durch politische Interessen bestimmt. Und sie sind durch unterschiedliche wirtschaftliche Randbedingungen begrenzt. Die sehr unterschiedlichen globalen Marktsegmente handeln dabei aber weder direkt miteinander, noch können sie unterschiedliche moralische und soziale Werte der einzelnen politischen Partner oder Konkurrenten über „Handel" zum Ausgleich bringen (Sassin et al. 2018, chap. 2).
Es ist daher schwierig, die politischen Folgen für Gesellschaften, für Staaten und deren
Verbünde durch die zunehmende Abhängigkeit von anderen unterschiedlichen Wirtschaftssystemen zu erkennen (Donskikh 2016, 120-122). Ebenso schwer ist es, die Interferenz der Selbstbilder, die sich in den politischen Strukturen dieses vernetzten globalen Wirtschaftssystems manifestieren jetzt und in Zukunft abzuschätzen. Diese Frage wird von der zeitgenössischen Philosophie klar vernachlässigt. Tatsächlich erscheint sie als eine Art Tabu. Wenn überhaupt, dann taucht sie in der Poesie auf, da sie unser Unterbewusstsein berührt, das noch frei von rationalem Kalkül ist (Yang 2012, 118-128).
Nur ein weitgehend geteiltes Selbstverständnis bietet den unverzichtbaren inneren Kitt, um Nationen und Völker zusammenzuhalten. Die Schwächung einer bestehenden gemeinsamen Identität, definitiv deren Zerfall, hat eine Wirkung die einem Sprengstoff nahekommt, der den inneren Zusammenhalt von Gesellschaften und ihren Unionen bedroht. Nur geteilte Identität vermag immer abstoßende kulturelle und soziale Unterschiede zu kompensieren. Die Existenz gesellschaftlicher
Fig. 1. Das erste Foto der Erde aus der Mondumlaufbahn von Lunar Orbiter 1 (1966).
[Fig. 1. The first photo of Earth from the Moon orbit made by Lunar Orbiter 1 (1966)]. © NASA, LOIRP
"Meta-Organismen" steht deshalb auf dem Spiel. Das Schicksal der kolonialen "Commons" und in jüngerer Zeit das Scheitern ganzer Staaten zeigen, welche institutionellen Veränderungen ausgelöst werden durch Veränderungen im Menschenbild oder in den Vorstellungen die Menschen von den Lebensgrundlagen ihrer Gesellschaft haben, also das was sie gemeinsam trägt.
Immer öfter überraschen uns Skandale und Krisen und lassen uns ratlos zurück. Sie machen tiefe gesellschaftliche Brüche sichtbar, die wir als grundlegende menschliche Fehler interpretieren. Altruismus, gegenseitiger Respekt, Loyalität, sind nur Ideale. Ob sie sich materialisieren, hängt von den Umgebungsbedingungen ab. Wir sind verblüfft über Flüchtlingsdramen, über Spionageangriffe die von engen Verbündeten ausgeführt werden, oder wenn bekannte Naturereignisse Zweifel an einer bestimmten Technologie aufkommen lassen, die von der öffentlichen Verwaltung einfach am falschen Ort platziert wurde, wie es beispielsweise in Fukushima der Fall war (Hoetzlein 2012, 115; Kevenhörster 2015, 199-204).
EIN PERSPEKTIVENWECHSEL:
WEG VOM MENSCHEN, HIN ZUR NATUR
Zweifelsohne haben Geisteswissenschaften und Politik die tiefgreifenden Veränderungen im menschlichen Selbstverständnis übersehen, die sich nach 1969 aus der plötzlichen Veränderung des Bezugsrahmens ergaben, innerhalb dessen sich Gesellschaften definieren. Es gibt keine wirkliche Parallele in der Geschichte, die den Folgen der Mondlandung des homo sapiens nahe kommen würde. Zum ersten Mal wurde damit wirklich globales Denken Teil unseres täglichen politischen und wirtschaftlichen Bewusstseins. Der Globalismus entwickelte sich zu einem neuen Paradigma. Es transformierte traditionelle kulturelle Präferenzen und Gewohnheiten und entthronte das Individuum als Referenzpunkt der Entscheidungsfindung. Unser traditionelles Bild vom Menschen und von gesellschaftlichen Einheiten, die gegeneinander konkurrieren, es trat in den Hintergrund.
Die Erde, ein zerbrechiicher blauer Planet, begann sich als ein globales Gemeinwesen in
den Köpfen von Milliarden festzusetzen. Anstatt den Menschen und seine traditionellen Verhaltensmuster dabei im Auge zu behalten, gerieten seine Instinkte und seine unverän-
Fig. 2. Die erste Farbfotographie der Erde aus der Mondumlaufbahn von William Anders vom Apollo 8s Trupp (1968).
[Fig. 2. The first coloured photo of Earth from the Moon orbit made by William Anders of Apollo 8's team (1968)]. © NASA
derte Alltagsrealität aus dem Fokus der Öffentlichkeit. Die Natur des Planeten wurde in den Status einer heiligen und zu würdigenden Schöpfung zurückversetzt. Sie wurde dem Menschen aber nicht mehr bedingungslos zugestanden, der sie als sein Eigentum, eben als seine Lebensgrundlage zu sehen gelernt hatte ganz nach dem Gebot: Macht euch die Erde untertan. Energie, Rohstoffe und die Erhaltung einer ursprünglichen Umwelt entwickelten sich fast schlagartig zu absoluten Werten in ihrem eigenen Recht. Sie entzogen sich dem individuellen Eigentumsbegriff.
Das damit entthronte Selbstbewusstsein des Menschen, seine Überzeugung die Krone der Schöpfung zu sein, wurde so quasi im Vorübergehen in Frage gestellt. Der Mensch wurde mit Blick auf den „blauen Planeten" der Erde untergeordnet. Die Forderung stand plötzlich im Raum: Der Einzelne müsse sich an die Bedürfnisse der Menschheit anpassen - eine Forderung die genau besehen alle bisherigen Werte auf den Kopf stellt. Der Glaube an eine Spezies der unverändert das Recht zugestanden wird sich frei zu vermehren hingegen blieb unangetastet. Das schweigend umgemünzt in „Menschheit mach dir deine Individuen untertan".
Nur allmählich wird diese geistige Reduktion des freien Menschen von einigen wenigen wahrgenommen als jener entscheidende Faktor der das EGO grundlegend verändert - also sowohl was wir unter ICH als auch unter WIR verstehen (Morris 2014).
Wirtschaftskraft und Bruttosozialprodukt sind in der Folge zu reinen Quantitäten herabgesunken, mit denen sich Bürger nicht mehr identifizieren können, im Gegenteil. Unterschiede im Einkommensniveau und in der Möglichkeit zu konsumieren spalten Gesellschaften je reicher sie rein materiell sind. Die gefühlte Spaltung von Parteien und politischen Fraktionen raubt großen wirtschaftlichen und politischen Konzepten zunehmend ihren Glanz. Wie könnte der wachsende Überdruss am Ende eines Weges überwunden werden, der von unglaublichen technologischen und wirtschaftlichen Erfolgen gepflastert ist, und der zu einer der gesegnetsten Friedensperioden der Menschheitsgeschichte geführt hat?
Fig. 3. Das bekannte Foto von der Mondoberfläche von Apollo 11s Gruppe (1969).
[The renowned photo from the Moon surface made by Apollo 11's crew (1969)]. © NASA, Flickr
Mandat „Mach dir die Erde untertan' wurde so still-
VOM RAUMSCHIFF ERDE ZUM GEFÄNGNIS ERDE
Neil Armstrongs „kleiner Schritt" im Jahr 1969 auf "unseren" Mond und sein Blick zurück auf die Erde schien diese in ein gemeinsames Zuhause zu verwandeln. Diese erste bemannte Mission zum nächsten Himmelskörper inspirierte zwar wenige Techniker und Ingenieure für einen kurzen Moment, denn nur sie konnten diese unglaubliche zivilisatorische Leistung wirklich richtig einschätzen. Für die breite Öffentlichkeit hingegen schrumpfte die Erde plötzlich und schlicht. Jeder konnte ohne Formeln und wissenschaftliche Erklärungen mit seinen eigenen Augen sehen, dass die Erde nicht das Zentrum des Universums bildet, sondern eine kleine und zerbrechliche Insel in einem lebensfeindlichen Weltraum, dessen wahre Größe sich unseren natürlichen Sinnen prinzipiell entzieht.
„Nach den Sternen zu greifen", eine Metapher, die den Zeitgeist seit der Aufklärung nicht nur charakterisiert sondern bestimmt hat, verlor damit schnell ihre Überzeugungskraft. Der Zeitgeist nahm eine historische Wende und führte in eine völlig unerwartete Richtung.
400 Jahre zuvor verhielt sich die Heilige Inquisition in einer analogen Situation viel sensibler. Sie hatte berechtigte Angst vor den Folgen einer grundlegenden Änderung des Weltbildes und die Auswirkungen dieser Veränderung auf das Menschenbild, das vor allem durch Galileo Galilei öffentlich in Frage gestellt wurde. In den 1970 Jahren entging den Eliten jener Länder, die eine Kombination aus Weltraum und Kerntechnik als Grundlage ihrer globalen Machtposition betrachteten jedoch, dass die Landung auf dem Mond eine Krise des individuums auslösen würde, weil sie dessen identität, dessen Freiheit und Selbstbestimmtheit letztlich in Frage stellen musste. Naiv genug wurde das Bild des Raumschiffs Erde benutzt, um die Meinung zu verbreiten, eine globale Ordnung und die damit einhergehende universelle Kontrolle aller Besatzungsmitglieder seien notwendig, um als Zivilisation künftig weiter in die Tiefen des Weltraums vordringen zu können und neue Räume, wenn nicht gar neue Welten erschließen zu können.
Fig. 4. Das Foto von Erde und Mond von Juno Raumschiff gemacht (2011).
[Fig. 4. The photo of Earth and Moon made by Juno spacecraft (2011)]. © NASA, JPL-Caltech
...sondern eine kleine und zerbrechliche Insel in einem lebensfeindlichen Weltraum, dessen wahre Größe sich unseren natüriichen Sinnen prinzipiell entzieht.
Eine völlig andere Perspektive und eine damals in Ansätzen erkennbare andere Einsicht entging den Eliten auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Sie waren nicht die einzigen, die sich in diesem Punkt getäuscht haben. Kaum jemand in den Industrie- und den Entwicklungsländern würde heute zugeben, dass ein schnelles Bevölkerungswachstum und wachsende materielle Ansprüche ein Raumschiff Erde schnell in eine Art Gefängnis verwandeln müssten.
1969 machte klar: Sobald die Menschen die negativen Folgen ihrer erfolgreichen Expansion erkennen würden, würde ihr psychischer Zustand davon nicht mehr unberührt bleiben. Neil Armstrong und seine Crew kehrten von ihrem Ausflug in unbekannte Dimensionen mit vermeintlich unbegrenzten Freiheitsgraden auf die zweidimensionale Oberfläche des Planeten zurück, auf der Vietnam in Brand stand, wo in Hunderten von Raketensilos die nukleare Selbstzerstörung nur darauf wartete ihre verheerende Arbeit so effektiv wie möglich zu verrichten, während Millionen von Menschen an Unterernährung litten und starben. Die Euphorie des beginnenden Raumzeitalters verflog nach der Rückkehr auf die Erde schnell. Der Traum, zu den Sternen zu fliegen, würde schließlich auch nur einer sehr kleinen Anzahl von Menschen ungeahnte Chancen bieten.
Die Unzufriedenheit über die Mängel auf der Erde verbreitete sich deshalb schnell. Bereits Anfang der 1970er Jahre wurde die Frage diskutiert, wie viele Menschen durch die Einsparung der Kosten der Apollo-Missionen vor Armut und Krankheit hätten gerettet werden können. Zunehmend deutlich erkennbare Schwierigkeiten, die hohen Wirtschaftswachstumsraten der Industrieländer auf der Grundlage ihrer eigenen Energie- und Rohstoffressourcen aufrechtzuerhalten, sowie der wachsende Protest gegen die Zerstörung von Umwelt zwangen zur Erforschung und zur Nutzung weiterer „unerschlossener Gebiete". Drohende Versorgungsengpässe und die Verhinderung von Protesten und Demonstrationen traten in den Vordergrund. Die Ressourcenknappheit und der Umweltschutz wuchsen Schritt für Schritt über die lokalen und regionalen Bezugsrahmen hinaus und entwickelten sich zu Herausforderungen für die damaligen Supermächte, sowohl in deren Wissenschafts- als auch in deren Außen- und Sicherheitspolitik.
Ein neues Dogma entstand: Der Mensch, die treibende Kraft, unweigerlich um seinen eigenen Fortschritt bemüht, sollte so bleiben, wie ihn die Aufklärung einst definiert hatte: frei, gleichberechtigt und brüderlich - ganz so, als ob der existenzielle Wettbewerb nicht unvermeidliche Konsequenz auf einer endlichen Erde, also in einer Art globalen Gefängnis sei. Das öffentliche Bewusstsein verengte sich zu der geradezu fundamentalistischen Überzeugung: der Mensch sei ein Wesen, ausgestattet mit gleichen Rechten und mit dem Anspruch, entweder als freies Individuum oder als Mitglied eines sozialistischen Kollektivs, nach Wohlbefinden und Glück zu streben, und das ohne jede Grenze (Wüllenweber 2012, 41). Der Zeitgeist setzte seine Hoffnung darauf, dass auf lange Sicht Wirtschaftswachstum und globale Expansion weiter möglich wäre durch modernere Technologie, die alle menschlichen und zwischenmenschlichen Probleme lösen würde. Die Schäden und die Verwüstungen der beiden Weltkriege waren in so eng geführtem Denken durch Beschleunigung des Fortschritts schließlich auch überwunden worden. Warum sollte sich das angesichts der Erfolge der
Raumfahrt nicht fortsetzen lassen? Das wurde zum neuen Credo, sowohl im Osten als auch im Westen. Der Blick vom Mond zurück auf eine zerbrechliche und umkämpfte Erde wurde von Philosophen und auch von anderen Geisteswissenschaftlern mit solcherart „Hoffnungen" umgedeutet.
Zwei Jahrzehnte später trug diese Vorgangsweise erheblich zum Niedergang der Sowjetunion bei. Ein kollektiver Drill der Bevölkerung und deren mentale Unterdrückung im sozialistischen Teil des Raumschiffs Erde brachten nicht die versprochenen Fortschritte im materiellen Wohlbefinden. Die vermeintlichen Gewinner dieses schonungslosen politischen Wettbewerbs, die USA und deren Verbündete in Europa und Japan, sie fanden sich schließlich in einer multipolaren Welt wieder, konkurrierten dort aber unverändert nach dem Prinzip Vogel friss oder stirb und begannen so ihre langfristige Zukunft zu konsumieren. Das Dogma permanenten Wachstums als Lösung aller Probleme sollte so gerettet werden. Experimente misslangen, (sozial)-demokratische Strukturen in der Dritten Welt aufzubauen mittels des Versprechens den allgemeinen Konsum zu steigern, und das sogar in Ländern, die nach dem Zweiten Weltkrieg von alliierten Kräften besetzt und/oder wirtschaftlich kontrolliert worden waren. Alle diese Beispiele machen deutlich, was mit dem Individuum geschah und wie weit sich dessen Realität von dem Menschenbild entfernt hat, das die Grundlage der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung bildete.
DIE KONSEQUENZ DER DEKLARATION VON (MENSCHEN-)RECHTEN
AM 4. Juli 1776, etwa 20 Jahre vor der französischen Revolution, definierte die Unabhängigkeitserklärung der ehemaligen Britischen Kolonien in Nordamerika gesellschaftliche Ideale die eine starke Rückwirkung auf Europa entfalteten. Studiert man die Declaration of independenz mit der erforderlichen Distanz, dann lässt sich die wachsende Sorge innerhalb und zwischen scheinbar konsolidierten Staaten besser verstehen, dass die Zeiten des Kalten Krieges zurückkehren könnten. Die Diskrepanz zwischen dem in dieser Erklärung niedergelegten Menschenbild und den politischen und verfassungsmäßigen Realitäten unseres frühen 21. Jahrhunderts ist offensichtlich, insbesondere in den Demokratien, die ihre Souveränität zu Gunsten eines freien Handels und der freien persönlichen Mobilität weitgehend aufgegeben haben. Nichtkonformes Verhalten, also die Missachtung konstitutioneller Grenzen stellt immer ein existenzielles Risiko dar. Der Irak, Afghanistan, der Sudan, Syrien oder Pakistan, Indien, Venezuela, Mexiko, um nur einige zu nennen, sind in eine Situation geraten, in der sich die Bevölkerungen trotz oder gerade wegen des Versprechens von Rechten und Freiheiten nicht von Klientelwirtschaft, von grenzüberschreitender Ausbeutung und Unterdrückung befreien konnten. Sie schafften es nicht einen Weg zu gehen, der von Thomas Jefferson, Benjamin Franklin und George Washington vorgezeichnet wurde. Staaten oder Gewerkschaften versuchen „ihre" Mitglieder, ob friedlich oder gewaltsam eingegliedert, davon abzuhalten, nach Unabhängigkeit zu streben, um ihren eigenen Weg in die Zukunft gehen zu können. Separatistische Bewegungen in Schottland, in Katalonien, in
den meisten Teilen des Nahen Ostens die nach der Auflösung des Osmanischen Reiches „durch in den Sand gezogene Linien getrennt oder gruppiert" wurden, ungelöste Schuldenprobleme innerhalb der Europäischen Union, Bewegungen die die Unabhängigkeit in Teilen Afrikas anstrebten wie im Sudan und sich nach viel Blutvergießen in Teile spalteten, - sie alle zeugen vom janusgesichtigen Erbe jener idealistischen Verfassungen, die in längst vergangenen Zeiten auf Papier geschrieben wurden.
Die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung, die freie und unabhängige Individuen zur Voraussetzung hat, die also zwangsläufig auf Individuen zurückgreifen muss die solche Eigenschaften repräsentieren, beginnt mit Aussagen, die von vielen heute als Verletzung des inzwischen entstandenen Völkerrechts interpretiert würden, wären sie nur bereit diese Erklärung einmal emotionslos und mit der nötigen Distanz zu studieren. Dort heißt es:
Wenn es im Laufe der menschlichen Geschichte für ein Volk notwendig wird, die politischen Beziehungen, die es mit einem anderen verbunden haben, aufzulösen und unter den Mächten der Erde eine eigenständige und gleichberechtigte Position einzunehmen, auf die die Naturgesetze und der Gott der Natur sie berechtigen, so erfordert der angemessene Respekt vor den Meinungen der Menschheit, dass sie die Ursachen erklären, die sie zur Trennung veranlassen.
Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich:
dass alle Menschen gleich geschaffen sind;
dass sie von ihrem Schöpfer mit bestimmten unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind;
dass darunter Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören;
dass zur Sicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingesetzt werden, die ihre gerechten Kräfte aus der Zustimmung der Regierten ableiten...
[Im Original: When, in the course of human events, it becomes necessary for one people to dissolve the political bands which have connected them with another, and to assume, among the powers of the earth, the separate and equal station to which the laws of nature and of nature's God entitle them, a decent respect to the opinions of mankind requires that they should declare the causes which impel them to the separation.
We hold these truths to be self-evident:
- that all men are created equal;
- that they are endowed by their Creator with certain unalienable rights;
- that among these are life, liberty and the pursuit of happiness;
- that to secure these rights, governments are instituted among men, deriving their just powers from the consent of the governed...] (The Declaration of Independence 1776).
Der Club of Rome, ein privater Verein, der von Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik aus aller Welt gegründet wurde, begann seine Suche nach einer lebenswerten und nachhaltigen Welt ein Jahr vor der ersten Mondlandung. Ohne politisches Mandat reagierten diese Individuen damit auf den Rüstungswettlauf zwischen zwei Su-
permächten und den rücksichtslosen Wettbewerb um die Kontrolle der Ressourcen des Planeten. Beide Vorgänge erforderten eine Analyse der langfristigen Folgen eines solchen beispiellosen Wachstums- und Expansionsstrebens und der dadurch ausgelösten Konflikte. 1972 erregte der Bericht von Dennis Meadows an den Club of Rome mit dem Titel The Limtts to Growth welt-weite Aufmerksamkeit. Der Blick vom Mond zurück auf einen zerbrechlichen Blauen Planeten hatte den Boden für ein solches Thema und eine solche Aussage bereitet.
Ebenfalls 1972 gründeten die USA und die Sowjetunion zusammen mit 10 Staaten aus der Gruppe der Industrieländer das international Institute of Appiied Systems Analysis (IIASA). Gastgeber dieses Instituts mit Sitz in Laxenburg bei Wien war Österreich, ein politisch neutrales Land. Während einer kritischen Phase des Kalten Krieges, die die Welt in zwei feindliche Teile gespalten hatte, sollte dieser politisch unabhängige Think Tank Forschung mit einer globalen Perspektive betreiben, die durch politische und ideologische Grenzen möglichst nicht eingeschränkt werden sollte.
Das IIASA wurde aus einer tiefen Sorge heraus geboren: Der Wettbewerb um fruchtbares Land, um Wasser, Rohstoffe, um Bevölkerungsgruppen, die diese Ressourcen erobern, nutzen und verteidigen konnten, war im Laufe der Geschichte stets von Gewalt begleitet - ein Zustand, den das nukleare Gleichgewicht der Großmächte letztlich nur mühsam unter Kontrolle zu halten vermochte. Er schloss ein schicksalhaftes Ende der Geschichte keineswegs aus, das aus unbegrenzter menschlicher Expansion irgendwann wohl resultieren konnte2.
DIE KOPERNIKANISCHE WENDE HIN ZUM KONSUM
NACH DEM ZUSAMMENBRUCH DER VON DER SOWJETUNION angeführten Planwirtschaften konzentrierten sich die Geisteswissenschaften, insbesondere im „Westen", auf den Menschen als ein Wesen, das nicht nur durch Recht und Ordnung sondern vor allem medial beeinflusst werden konnte und sollte. Was bisher als klassisches, von der öffentlichen Hand finanziertes Pädagogik- und Bildungssystem verstanden wurde, erhielt auf diese Weise eine völlig neue Dimension. Politische Propaganda wurde durch gezielte materielle Werbung ersetzt zumindest ergänzt. Um ein makroökonomisches Gleichgewicht zu erreichen, sahen sich die Regierungen verpflichtet, durch administrative Maßnahmen Arbeitsplätze „zu schaffen". Um das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern, wurde ein ständiges Wachstum des Konsums angestrebt Glauben eine immer solidarischere Gesellschaft schaffen zu können.
2 Siehen: den Bericht des IIASA Energy Programms: Energy in a Finite World - Paths to a Sustainable Future and Global Systems Analysis (Häfele et al. 1981); Energy Strategies (Häfele and Sassin 1976); Energy Options and Strategies for Western Europe (Häfele and Sassin 1978); The Global Energy System (Häfele and Sassin 1979); On Energy and Economic Development (Sassin 1980) sowie weitere IIASA Programme etwa: Population Dynamics and Demography, Food and Agriculture - beide mit globaler Perspektive.
So entstand ein enges Bündnis zwischen Politik und Wirtschaft. Bildung wurde schrittweise in eine „Schule zur Förderung des Sozialverhaltens" umgewandelt. Neben dem geänderten Bildungssystem etablierten sich kommerzielle Medien. Über Werbeeinschaltungen finanziert, gewannen sie kontinuierlich an Gewicht und Einfluss, indem sie immer neue Bedürfnisse in der breiten Öffentlichkeit weckten.
Als Folge dieser neuen Wachstums- und Kontrollstrategie, die alle nationalen und sozialen Barrieren anscheinend mühelos überwinden konnte, ist zweifelsohne ein neuer Gesellschaftstyp entstanden: die Mediengesellschaft. Sie folgt dem Ziel das wirtschaftliche Wachstums zu fördern und manipuliert zu diesem Zweck den Einzelnen. Tatsächlich bildete sich so eine völlig neue Art von „WIRs" heraus. Die „Ichs" identifizierten sich vor allem als Mitglieder von Modelinien oder besonderen Formen eines Konsumstils.
Mit Blick auf die tatsächlichen ökonomischen Erfolge dieser Strategie erscheint die Idee des Menschen als freies und eigenverantwortliches Wesen als ein Relikt aus den Zeiten in denen das Weltbild des Ptolemäus vorherrschte. Freie und eigenverantwortliche Wesen steht in krassem Gegensatz zu dieser kopernikanischen Mentalitätswende, die Menschen zu Konsumbürgern reduziert. Letztere kreisen um einen materiellen Schwerpunkt, dessen innere Struktur durch Geld definiert wird. Unabhängig davon, welches religiöse oder weltliche Glaubensgebäude heute von einem Individuum verehrt wird, ist es zu einem untrennbaren Teil dieser kollektiven und zyklischen Massenbewegung um Geld geworden, das für Konsum steht, einer Bewegung, die von einzelnen Individuen nicht mehr beeinflusst werden kann.
Um diese Tatsache begreiflich und sichtbar zu machen würde es ausreichen, wenn jener inzwischen sehr kleine Teil der Menschheit, der als produktives und hochspezialisiertes Element in unserer Weltwirtschaft fungiert, für einige Wochen oder Monate streiken würde. Die überwältigende Mehrheit könnte einen solchen „Teilausfall" nicht kompensieren; weder Händler, noch Dienstleister, weder Bürokraten noch PR-Fachleute, weder Politiker noch Kirchenvertreter.
Milliarden, einschließlich der Streikenden, würden ihr Leben verlieren, ohne den Einsatz von Atomwaffen oder größerer militärischer Aktionen, die in einem solchen Szenario wohl erwogen würden.
VIRTUELLE MENSCHLICHE WESEN
DIE LANGFRISTIGEN FOLGEN EINES SOLCHEN VERLUSTES der eigenen Unabhängigkeit für das Selbstbild des Einzelnen sind nicht wirklich absehbar. Die existentielle Abhängigkeit der überwiegenden Mehrheit der Menschen von „Kollektiven" hat sich erst seit dem Ende der großen Kriege des 20. Jahrhunderts entwickelt. Sie hat innerhalb von weniger als zwei Generationen deren Wahrnehmung und Denken verändert. Das Individuum, auf eine „Ressource" reduziert, die innerhalb eines intransparenten globalen Systems permanent weiterentwickelt werden soll, ist zu einem hybriden Wesen mutiert. Die altruistische Idee eines auf seine unmittelbare Umgebung bezogenen Individuums läuft ins Leere. Spezielle
Neuronen, die so genannten Spiegelneuronen, bilden in unserem Gehirn die Situation derjenigen Personen ab, die uns nahe stehen. Sie erlauben es, deren wahrscheinlichen psychischen Zustand „zu spüren". inzwischen sind wir aber im wesentlichen von virtuellen, oder besser von anonymen Wesen umgeben. Wir sind von dem besseren, von dem gerechteren, ja sogar von einem sozialistischen Menschen umgeben, einem abstrakten Wesen das sich nicht mehr „erfühlen" lässt, denn es ist eine fiktive Größe ohne Fleisch und Blut3.
Solcherart virtuelle Wesen eignen sich als ideale Bausteine für ideologien. Sie haben nichts mit Menschen gemeinsam, die mit Hilfe von Spiegelneuronen kommunizieren. Reale Menschen in unserer Umwelt, deren wahren Charakter wir im Laufe der Zeit nur entdecken können, indem wir sie in den verschiedensten Situationen beobachten, wurden und werden durch „Nachbarn" ersetzt, die anonyme und zufällig austauschbare Wesen sind. Wir übertragen Funktionen auf solche Fremde. Wir haben es mit Gefährten, mit Genossen, mit Reichen oder mit sozialen Parasiten zu tun, mit schwarzen, roten, gelben oder sogar grünen Menschen, je nach den politischen Farben zu denen sie sich bekennen, definitiv mit „Außerirdischen" und Menschen mit einem anderen Glauben. Deren Namen sind Privatsache. Bestenfalls tragen diese „Fremden" Nummern, Titel oder Abzeichen.
Die daraus resultierende Entpersonalisierung des Egos, ein Vorgang bei dem man sich selbst in vorgegebene Klassen einordnet, sie trägt entscheidend dazu bei, sich an jene Verhaltensmodi anzupassen, die als Normen durch übergeordnete Organisationsstrukturen oder durch wirtschaftliche Einheiten festgelegt werden.
Der mobile Mensch hat immer Merkmale eines Migranten. Dessen „Hintergrund" erstreckt sich ziemlich weit, nicht nur geographisch in ferne Herkunftsländer. Er wechselt auch in immer kürzeren Zeitintervallen zwischen funktionellen Ebenen. Der Homo Billionis bildet unsere neue mentale Umwelt. Er ist unser neuer multipler Nachbar, von dem wir uns nicht mehr wirklich unterscheiden können.
Da wir von einem komplexen System abhängig geworden sind, passen wir uns abstrakten Regeln an, die uns unserer Individualität berauben, so wie diese auch unsere Nachbarn berauben. Wir sind zu „Etwas" geworden, aber immer nur für einen kurzen Moment: Wir sind Arbeiter, dann Familienmitglieder, auch Steuerzahler, Wähler, Beamte, Versicherte, Empfänger von Transferleistungen, Verdächtige, Geschworene, und all dies möglicherweise innerhalb eines Tages - und deshalb sind wir eigentlich keiner von ihnen. Eine fundierte Beschreibung des Homo Billionis als neue Inkarnation des Menschen, insbesondere seiner Überlebensfähigkeit, ist noch nicht möglich. Denn unsere instinkte, mit denen die Evolution uns ausgestattet hat, verbinden uns nur positiv mit den Menschen, mit denen wir eine dauerhafte Beziehung aufbauen können. Unsere Beziehungen zu funktionalen „Nachbarn" ergeben sich
3 Margot Honecker, die einstige Erziehungsministerin and Frau von Erich Honecker, dem Generalsekretär des Zentralkomitees der Deutschen Demokratischen Republik beharrte in einem Interview mit dem Ersten Deutschen Fernsehen (ARD) 2012, 23 Jahre nach dem Untergang der DDR: Wir haben eine Saat ausgebracht, die erst in 20 oder 30 Jahren wirklich aufgehen wird: den sozialistischen Menschen.
aus rein rationalem Kalkül, mit dessen Hilfe wir unsere eigenen Vorteile wie unsere persönlichen Risiken gegeneinander abwägen.
Eine emotionale Beziehung zwischen einzelnen Individuen, die durch äußeren Druck, z.B. durch die Makroökonomie, durch den Staat oder durch komplexe Umweltbedingungen entsteht, ist keine seltene Ausnahme in der Evolution. So manches Beispiel in der Natur sagt uns jedoch, dass solche erzwungenen Bedingungen den Einzelnen immer grundlegend verändern.
Vor drei bis einer Milliarde Jahren kam es zu häufigen Fusionen von Einzellern zu mehrzelligen Organismen, zu komplexen Wesen mit beeindruckenden Fähigkeiten. Aber diese multizellulären Organismen beherrschen die Biosphäre keineswegs. Ohne eine symbiotische Beziehung zu „Mono-Zellen" könnte kein höherer Organismus existieren. Ein menschlicher Körper beherbergt etwa 2 Kilogramm Bakterien, ohne die er seine Grundfunktionen überhaupt nicht erfüllen könnte.
Fig. 5. Das Schema der Fortsetzung der Evolution des Homos in Massengesellschaften. [Fig. 5. The schematics of continuation of evolution of hiomo in mass societies].
Nach ähnlichen Prinzipien, wenn auch im Detail sehr unterschiedlich, entwickelten sich Insektenpopulationen. Spezialisierte Mitglieder solcher „Gemeinschaften" erfüllen diskrete Funktionen. Sobald sich aber der Bedarf an ganz bestimmten Funktionen wesentlich ändert,
können einige dieser spezialisierten Mitglieder ihre körperlichen Eigenschaften ändern und so auf Umweltsituationen reagieren, die ihre Gemeinschaft als Ganzes herausfordern. Sogar die Fähigkeit sich selbst zu reproduzieren, wird beispielsweise an eine Bienenkönigin delegiert. In Massengesellschaften gibt es keine Individuen die als Ptolemäisches Zentrum wirken. Nicht die Königin in einem Bienenvolk bildet dessen Zentrum, sondern die Brut die aufgezogen werden muss, wenn die Art überleben will. Eine Biene oder eine Ameise existiert deshalb immer nur als Teil des Ganzen. Isoliert ist sie ohne Orientierung und nicht überlebensfähig.
Immer mehr Lebensbereiche sind inzwischen von einem globalen zivilisatorischen System abhängig, dessen Eigenschaften und Risiken vom Einzelnen nicht mehr erfasst werden können. Um die fortschreitende Transformation des Bewusstseins des Homo sapiens besser zu verstehen der in diese Abhängigkeit gedrängt wird, lohnt es sich das Entstehen gesellschaftlicher Ideen unvoreingenommen und kritisch zu analysieren. Diese Ideen haben uns dazu verführt, Schritt für Schritt immer größere Systeme zu etablieren, und sie haben eine spekulative Wahrnehmung einer „globalen Realität" geschaffen, die wir nicht verifizieren können, indem wir sie an gesellschaftlichen Bedingungen messen, die aus unserem unmittelbaren engen sozialen Umfeld hergeleitet werden.
Überdies wies die Entwicklung gesellschaftlicher Ideen immer Kipp- und Wendepunkte auf. Der Einzelne hat eine viel zu kurze Lebenszeit und er überblickt immer nur einen kleinen Teil des Lebensraums immer größer werdender Gesellschaften, zu denen er gehört und von denen seine Existenz abhängt. Ein Wechsel der allgemeinen Perspektiven und der damit verbundenen Paradigmen ist deshalb unvermeidlich wenn Gesellschaften in neue zivilisatorische Gebiete vordringen. Die Menschheitsgeschichte lässt sich als eine Abfolge von unterschiedlichen Bildern verstehen, die wir von uns selbst und von einer Welt entwerfen, in der wir glauben zu leben.
Funding. This work did not receive any specific financing from any governmental, public, commercial, non-profit, community-based organisations or any other source.
Conflicts of interest. None declared.
Ein Blick zurück ist deshalb notwendig, um besser zu verstehen, wie die Zukunft des Menschen immer von neuen gesellschaftlichen Ideen beeinflusst wurde, die als Reaktion auf erweiterte Horizonte, auf Engpässe und Misserfolge entstanden, um sich neu entstehenden Herausforderungen zu stellen.
REFERENCES
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EXTENDED SUMMARY
Sassin, Wolfgang. Transformation of Societal Consciousness.
The shifts of societal consciousness since 1969 thus far, are studied in the article. This date is chosen as a pivotal point not fortuitously. In 1969 Neil Armstrong on reaching the Earth's satellite made the first look back to Earth from outside in the history of humanity. Since that time, the Earth transformed to "our common home" in the societal consciousness. And exactly since that moment, the concept of Spaceship Earth began to
transform to the threatening idea of Jailhouse Earth. Why so? The elites on both sides of the Iron Curtain escaped then a completely different perspective and equally well recognisable perception about the change of the concept of Earth. They were not the only ones to be wrong about this. Hardly anyone in the industrialised and developing countries, would admit today that rapid population growth and expanding material demands would quickly turn an Spaceship Earth into a kind of Jailhouse Earth. Year 1969 made it clear that as soon as people would recognise the negative consequences of their successful expansion, their mental state would no longer remain unaffected.
The transformation of societal consciousness in mass societies includes the rejection of the idea of an individual in Ptolemy's sense. Instead, a human being commences to be perceived in an instrumental way as an insect in a hive. This insect may perform its particular duties and functions in the mass society in question. However, this individual specimen, without a proper orientation from the hive (mass society), not only cannot find its directions, but is even unable to survive.
Mass societies are characterised by the presence of invisible "Others" in our lives. At the times of intensive global economic exchange, the majority of people became dependent on the discipline and willingness of "others" to participate in a productively work. These "others" are practically invisible. They are microscopic parts of a huge and non-transparent system. Little, if any, is known about their socialisation across global distances. At such times it is quite necessary to think about the future forms of social organisations that are obscure and badly defined today. The constant disputes on a possible loss of national sovereignty, we are facing during the last twenty years, may be one of the symptoms of this. The weakening of the existing principles of common identity, probably their disintegration, has an effect similar to an explosive that threatens the internal cohesion of societies and their unions. Only shared identity can always compensate for repulsive cultural and social differences. The existence of social "me-ta-organisms" is therefore at stake. The fate of the colonial "commons" and the failure of several entire states now-a-days show which institutional changes are triggered by changes in the image of people or in people's ideas about the basis of life of their society, that is, what they share in common.
The development of social ideas always has its tipping and turning points. A human individual has a life time that is far too short and he can only look over a small part of the living space of ever-growing societies to which he belongs and on which his existence depends. A change in general perspectives and the associated paradigms is therefore inevitable when societies penetrate new areas of civilisation. Human history can be understood as a sequence of different images that we design of ourselves and of a world which we believe to live in.
Author / ABTopt
Dr-Ing Wolfgang Sassin's teaching, research, advisory activities and affiliations included the Technical University of Vienna (Austria), the Research Centre Jülich (Germany), IIASA (Austria), the International
Panel on Climate Change IPCC, the UN Program Habitat, the Directorate General on Research and Innovation of the European Commission (Belgium), and OEMs in the German automobile industry on man-machine interfaces.
Преподавательская, научная деятельность, консультацюнныя услуги и членство въ научныхъ коллективахъ доктора-инженера Вольфганга Зассина включаютъ Технически университетъ ВЪны (Австрiя), ИзслЪдовательсюй центръ Юлиха (Гермаыя), Международный Институтъ Прикладного Системнаго Анализа (Австрiя), Международную группу экспертовъ по измЪнеыю климата IPCC, программу ООН «Habitat», Генеральный директоратъ по из-слЪдованшмъ и инноващямъ Европейской комиссм (Бельпя) и консультироваые немецкой автомобильной промышленности по интерфейсамъ «человЪкъ-машина».
Wolfgang Sassin,
Independent researcher, Jochberg 5 6335 Thiersee Austria
© Wolfgang Sassin
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