Deja vue? Déja vu?
Wolfgang Sassin1
Wolfgang Sassin,
Dr-Ing,
Independent researcher, Austria
Вольфгангъ Зассинъ,
докторъ-инженеръ, независимый изслЪдователь (Австрiя)
DOI:
Article No / Номеръ статьи: 020210216
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Sassin, Wolfgang. 2019. "Deja Vue?" The Beacon: Journal for Studying Ideologies and Mental Dimensions 2, 020210216.
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Received in the original form: 14 August 2019 Review cycles: 2
1st review cycle ready: 2 October 2019 Review outcome: 3 of 3 positive Decision: To publish with minor revisions 2nd review cycle ready: 31 October 2019 Accepted: 2 November 2019 Published online: 5 November 2019
HEADLINE. Die technisch wissenschaftliche Zivilisation steht vor Entscheidungen, die die globale Gesellschaft verändern warden. [Civilization based upon technics and science, faces decisions that will change the global society].
ABSTRACT
Wolfgang Sassin. Deja Vue? In the 21st century, "humanity" is confronted with itself for the first time in history, as a consequence of an increasingly existential global crowding-out competition. „Nature" is more or less destabilized and needs human "help" because it can no longer sustain itself and at the same time "carry" billions of people. In such a critical situation, the future development of human societies must be reconsidered. Europe needs an autonomous vision of its possible role and place in view of foreseeable global challenges. Its interest must be carefully redefined in the emerging first truly global civilization. This is especially true for self-proclaimed global vanguards such as Germany. This situation is discussed in the paper.
Key words: Industrial Civilization, agricultural values, renewable source of energy, fossil energy, homo billionis, homo sapiens, German energy policy, Europe's future
ZUSAMMENFASSUNG
Wolfgang Sassin. Deja Vue? Im 21. Jahrhundert ist die "Menschheit" erstmals mit sich selbst konfrontiert, als Folge eines zunehmend existenziellen globalen Verdr ngungswettbewerbs. Die "Natur" ist mehr oder weniger destabilisiert und braucht menschliche "Hilfe", weil sie sich nicht mehr selbst erhalten und gleichzeitig Milliarden Menschen "tragen" kann. In einer solch kritischen Situation muss die zuk nftige Entwicklung der menschlichen Gesellschaften neu berdacht werden. Europa braucht eine autonome Vision seiner m glichen Rolle und seines Platzes im Hinblick auf die vorhersehbaren globalen Herausforderungen. Sein Interesse muss in der gerade entstehenden ersten wirklich globalen Zivilisation grunds tzlich neu definiert werden. Dies gilt insbesondere f r selbsternannte globale Vorreiter, wie Deutschland. Diese Situation wird in dem Papier erörtert.
Schlüsselwörter: Industrielle Zivilisation, landwirtschaftliche Werte, erneuerbare Energiequelle, fossile Energie, homo billionis, homo sapiens, deutsche Energiepolitik, Europas Zukunft
РЕЗЮМЕ
Вольфгангъ Зассинъ. Дежа-вю? Въ XXI веке человечество внезапно столкнулось съ самимъ собой какъ съ собственнымъ конкурентомъ въ экзистенцальной и поистине глобальной борьбе за существоваые, а не съ природой, которую оно до сихъ поръ было способно подчинить. Въ такихъ ключевыхъ точкахъ развита человеческаго общества Европа должна выработать свое собственное идеологическое видЬНе глобальныхъ проблемъ. Въ статье обсуждается возможная роль и место Европы, и въ особенности ГерманИ, въ приближающейся индустргалы-юй цивилизацИ II.
Ключевыя слова: Инду^альная цивилиза^я, сельскохозяйственный ценности, возобновляемые источники энерпи, ископаемое топливо, homo billionis, homo sapiens, энергетическая политика ГерманИ, будущее Европы
DIE NEUE INDUSTRIELLE ZIVILISATION UND IHRE MECHANISCHEN SKLAVEN
DASS UNSERE ZIVILISATION VOR EINER ENTSCHEIDUNG STEHT, die wie einst bei Varus2 zunächst nur taktischer Art schien, dann aber die Grundfesten des Römischen
2 Publius Quinctilius Varus (47/46 v. Chr. - 9 n. Chr.) war ein römischer Feldherr.
Reiches erschütterte, das wird deutlich bei einem Blick auf die höchst angespannten globalen energetischen Grundlagen, die das unabdingbare Fundament einer jeden Art von Zivilisation bilden.
Um die gegenwärtigen Ideen und Projekte von Energiewenden zum Schutz des globalen Klimas einzuordnen ist es hilfreich sich an den römischen Feldherrn Varus und sein Schicksal zu erinnern. Zur Schlacht am Teutoburger Wald findet sich bei Wikipedia:
»Unter Kaiser Augustus war der Zug des Varus Teil eines umfangreichen Vorhabens zur Ausdehnung des Reichs östlich des Rheins und nördlich der Alpen, die 15 v. Chr. mit dem von Augustus' Stiefsöhnen Drusus und Tiberius geführten Feldzug gegen die Räter und Vindeliker begann.« 3
Zu Quinctilius Varus schreibt der römische Historiker Cassius Dio (Quelle ebenfalls Wikipedia):
»Als aber Quinctilius Varus den Oberbefehl über die Germanen übernahm und sie zu rasch umformen wollte, indem er ihre Verhältnisse kraft seiner Amtsgewalt regelte, ihnen auch sonst wie Unterworfenen Vorschriften machte und insbesondere von ihnen wie von Untertanen Tribut eintrieb, da hatte ihre Geduld ein Ende (Cassius 1987, 214).«
Die Teutonen erhoben sich. Als Augustus dann die Nachricht von der Niederlage des Varus erhielt, soll er nach Sueton ausgerufen haben: „Quinctiii Vare, legiones redde! (Quinctilius Varus, gib mir die Legionen zurück!)"
2000 Jahre später geht es unter dem populären Vorwand „barbarische" Technik zu bekämpfen erneut um Amtsgewalt und das Eintreiben zusätzlichen Tributes. Die Klage, diesmal in umgekehrter Richtung, zeichnet sich schon ab: Europa, biiliones redde! Diesmal geht es um die zu verschrottenden, „veralteten", „gefährlichen" und „umweltschädlichen" Techniken mit deren Hilfe Europa einst groß geworden ist und die Welt beherrschen konnte. Und welche Techniken sollen künftig Europas Position in der Welt absichern, ja garantieren?
BLICKT man WEIT GENUG ZURÜCK, dann zeigt sich: Frühere Hochkulturen waren abhängig von einer breiten Verfügbarkeit von Biomasse, von Wasserkraft, Windenergie, menschlicher und tierischer Arbeitskraft. Das galt bis in die Neuzeit hinein. Die industrielle Revolution und mit ihr die Moderne haben zunächst auf Kohle, später auf Mineralöl und Erdgas gesetzt. Fossile Energien schienen zu Beginn der industriellen Revolution fast unerschöpflich, anders als die damals lokal schon weitgehend ausgeschöpften „erneuerbaren Quellen".
Die industrielle Revolution war, genau besehen, die zweite große Energierevolution seit
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Publius_Quinctilius_Varus
den Anfängen von Agrikultur am Ende der Steinzeit (Häfele and Sassin 1976; 1978). Durch sie erweiterten sich die menschlichen Möglichkeiten in noch ungeahnter Weise (Häfele et al. 1981, vol. 2, 32, 36-38). Ausgehend von England haben zuerst Westeuropa, später dann die USA und nach dem ersten Weltkrieg schließlich auch Russland und Japan mit Hilfe dieser zivilisatorischen Möglichkeiten begonnen wirklich globalen Einfluss auszuüben. Die Voraussetzung für das Entstehen übergreifender großer Machtstrukturen war nicht länger die räumliche Expansion eines Herrschaftssystems mit dem Ziel zusätzliche menschliche Arbeitskraft für zivile und militärische Projekte zu gewinnen. Das Wachstum der Industriezivilisation benötigte „nur" den Zugriff auf, global allerdings sehr ungleich verteilte fossile Energievorkommen. In geringerem Umfang galt und gilt ähnliches auch für jene Rohstoffe, die zum Aufbau der materiellen Infrastruktur und der technischen Artefakte einer Industriezivilisation notwendig waren bzw. sind: Erze, Phosphate, u.a..
Die heutige Industriezivilisation ist in ihrem Kern ein Zwitterwesen aus klassischen Großreichen und einer sich auf mechanische Sklaven stützenden Gesellschaft. In der multipolaren Welt der Gegenwart stehen sich dabei „Großreiche" wie eh und je in existentieller Konkurrenz gegenüber. Der Unterbau dieser Großreiche, also deren mechanische Sklaven ernähren sich von technischer Energie. Das Reproduktionsverhalten dieses Unterbaues ähnelt jenem von Ameisen- oder Termitenvölkern. Es gibt, wie bei den Königinnen dieser Völker, nur wenige große Produktionskomplexe, die solche modernen Sklaven zu generieren vermögen. Je größer dabei der Anteil der Sklaven, der für die Beschaffung von Energie im Staate eingesetzt werden muss, um so geringer die Reproduktionsrate der Sklaven.
Das Wohlergehen und die Leistungsfähigkeit von „Königinnen mit Hofstaat" bestimmen des-halb die Nachhaltigkeit und den Umfang der Macht, die diese Reiche auszuüben vermögen. Es kann in diesem Zusammenhang nicht deutlich genug daran erinnert werden, dass erst durch die Transformation einiger weniger Agrargesellschaften in Industriegesellschaften das für die Moderne charakteristische Problem der Aufspaltung der Welt in Industrie- und Entwicklungsländer und das damit verbundene Machtgefälle entstanden ist.
ZWEI WELTEN: EIN GEGENSATZ
Das existentielle Interesse jeder Industriegesellschaft ist heute auf die Sicherung der Energie- und Rohstoffversorgung ausgerichtet, so wie die Gewinnung und die Verteidigung des „Lebensraumes" zu den zentralen Interessen früherer Agrargesell-schaften gehörte. Fossile Energie und technische Rohstoffe lagen und liegen in Gebieten, in denen diese geologisch entstanden sind. Solche Gebiete waren für die Agrargesellschaf-ten des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts aber zumeist ohne machtstrategische Bedeutung. Zum Ausbau der materiell vermittelten Macht der neu entstandenen Industriegesellschaften kam es bald nicht mehr auf die Eroberung der Rohstoffländer und die damit verbundene Unterwerfung der dortigen Bevölkerung an. Im Gegenteil: die kulturelle und technische Bildung und die politische Führung der autochthonen Populationen stellte sich
als ein höchst Kräfte zehrender Begleiteffekt der Ressourcensicherung heraus. Der Kolonialismus geriet, ursprünglich auf die Kontrolle billiger Arbeit ausgerichtet, im Zuge dieser Entwicklung in eine Sackgasse. Die dortigen Arbeiter, ebenso wie die militärischen Hilfstruppen wurden nicht nur überflüssig, sie wurden zum Ballast.
Zwei unterschiedliche Welten prallten im imperialen Alltag aufeinander, nicht weil sie als einander ergänzende Teile einer von allen mit zu tragenden Zivilisation erforderlich gewesen wären. Der Stein des Anstoßes war das Desinteresse an den Autochthonen. Dem sich wandelnden Kolonialismus genügten die natürlichen Ressourcen.
Ähnliches hat der international ausgerichtete Sozialismus schmerzhaft genug erfahren. Er trat mit dem Versprechen an, alle dafür gewonnenen Menschen an den Segnungen der Industriezivilisation gleichermaßen zu beteiligen. Übersehen wurde dabei, dass die wirkliche Macht nicht von der politischen Führung, sondern immer von der jeweils beherrschbaren Technik ausgeht. Der Sozialismus ist daran gescheitert, dass seine Machteliten die inneren Bedingungen einer technologisch-wirtschaftlichen Entwicklung nicht verstanden haben. Diese Entwicklung lebt vom Wettlauf mit anderen mechanischen Sklavengesellschaften und sie erlahmt, wenn es nicht gelingt permanent einen technisch-wissenschaftlichen Vorsprung zu halten.
Das Überleben mechanischer Sklavenpopulationen wird nicht durch staatliche Planung oder Subventionen gesichert. Vielmehr entscheiden menschliche Konsumenten darüber. Letztere wollen dabei von der eigenen Elite nicht kontrolliert oder manipuliert werden. Die Konsumenten bestehen regelmäßig darauf, zu den Produkten fremder Sklaven überlaufen zu dürfen, sofern diese nur besser, billiger oder moderner sind, ganz gleich aus welchem Staatsgebilde sie kommen. Am Markt, das zeigt die Geschichte, gibt es keinen Waffenstillstand und keine Gnade. Und es gibt in Industriegesellschaften keine nationalen Loyalitäten, sobald es um das Materielle geht.
Die Frage, wie die zum Überleben des überwiegenden Teiles der Menschheit unverzichtbaren mechanischen Sklaven in ausreichender Zahl künftig immer neu geschaffen werden können - denn sie leben kürzer als die Menschen, denen sie dienen sollen - und wie diese Sklaven künftig ernährt werden können, das ist die eigentliche Frage, die sich heute in einer Welt stellt, deren politische Strukturen noch immer von agrarisch geprägten Werten dominiert sind.
Hierzulande scheint gegenwärtig die Meinung zu herrschen, dass unsere mechanischen Sklaven sich künftig mit erneuerbaren, nachhaltig verfügbaren Energiequellen vor Ort begnügen sollten. Erneuerbare Energieformen, ebenso wie die klassischen fossilen Energieträger sind aber in sehr unterschiedlicher Qualität und Menge auf dem Globus verteilt (Häfele and Sassin 1979). Das bedeutet, dass der gesamte Unterbau der gegenwärtigen Machtstrukturen mit Hilfe der alten Sklaven neu geschaffen und machtpolitisch abgesichert werden müsste. Die alten Sklaven würden danach entsorgt. Die Konkurrenzbedingungen zwischen den einzelnen, sehr unterschiedlich leistungsfähigen Sklavenpopulationen müssten sich in einem solchen Fall deutlich verschieben. Und es bliebe nicht wie bislang bei der Kontrolle der technischen Quellen. Denn mit der Bedingung „vor Ort" müssten auch die
Populationen in der Nähe der keineswegs natürlichen „Erntegeräte" für natürliche Quellen mit kontrolliert und „eingebunden" werden.
Ähnlich starke Standortvor- und -nachteile sind absehbar, wie das bei der Entfaltung der auf fossiler Energie beruhenden Epoche der Industriezivilisation I zu beobachten war4. Der als Lösung des Klima-, Umwelt- und fossilen Ressourcenproblems propagierte Pfad in Richtung erneuerbare Energien führt also offenkundig zu einer mindestens ebenso tiefgreifenden Veränderung der Strukturen einer Gesellschaft und auch zwischen verschiedenen Gesellschaften, wie das im ausgehenden 19. und im frühen 20. Jahrhundert beim Auseinanderfallen von Industrie- und Entwicklungsländern zu beobachten war. Das Konfliktpotential einer solchen grundlegenden Veränderung der individuellen, wie der gesellschaftlichen Konkurrenzsituation dürfte dabei eher größer, als kleiner sein. Außerdem stehen heute keine freien Räume mehr zur Verfügung, in die nicht weiter alimentierbare Bevölkerungsteile mit Kenntnissen und Fähigkeiten der untergehenden Zivilisationsform einst noch emigrieren könnten.
Die Frage, wie eine auf die Ausbeutung der fossilen Ressourcen gegründete, arbeitsteilige Weltwirtschaft umzugestalten wäre, wenn große Teile des heutigen Welthandels substituiert würden durch eine regional weitgehend geschlossene Kreislaufwirtschaft mit jeweils sehr unterschiedlichen Aktivitätspotentialen, diese Frage ist noch gar nicht diskutiert.
Jedenfalls wird in solcher Perspektive sichtbar, dass die Idee einer Vergleichmäßigung der globalen Lebensbedingungen auf diese Weise wohl nicht erwartet werden kann. Verteilungsgerechtigkeit und vergleichbare Lebenschancen erscheinen in einem grünen Szenario gar als Elemente einer Traumwelt.
Die noch schwerer wiegende Veränderung der politischen Gewichte, - auf Seiten der heutigen Machtzentren wie auf Seiten der für diese wichtigen Rohstoff- und Energielieferregionen, - wird bislang ebenfalls nicht betrachtet, wenn von einer "grünen Zukunft" gesprochen wird. Dabei partizipieren große Teile der weniger entwickelten Länder heute von den Diensten der Industriezivilisation I, weil Royalties und Windfall Profits ( also Explorations- und Förderabgaben sowie Preise, die sich an den nächst teuren Alternativen
4 Eine auf fossiler Energie ruhende Industriezivilisation I muss gegenüber einer, bislang nur postulierten, künftigen technisch-wissenschaftlichen Industriezivilisation, die auf der Basis nachhaltiger, ökologisch verträglicher Energie- und Rohstoffgewinnung aufsetzt, als Industriezivilisation II sprachlich klar abgegrenzt werden. Die Eigenschaften einer erwarteten, zweifellos radikal anderen Industriezivilisation II, insbesondere deren wirtschaftliche und politische Strukturen bleiben aber im Dunkeln.
Denn noch keine Zivilisation hat sich bislang auf Effizienzfragen, Nutzungsdichten oder Rezyklierungsparameter beschränken lassen, wenn sie sich selbst definieren wollte. Zum geistigen Horizont einer globalen, nachhaltigen Gesellschaft liegen keine Spekulationen, erst recht keine plausiblen Utopien vor. Es sei denn man wollte in H.G. Wells Aufspaltung der Spezies Mensch in Eloi und Morlocks einen solchen Entwurf sehen. Wells Eloi, die Lichtmenschen werden von seinen Morlocks, unter der Erde lebenden "Technikern", zu Nahrungszwecken gehalten (Wells 2018).
orientieren) aus Energie- und Rohstofflieferungen, also praktisch Steuern auf nationalisierte natürliche geologische Vorkommen erhoben, und von den industrialisierten Gesellschaften zur Besänftigung auch tatsächlich bezahlt werden.
Diese Transfers gehen weit über das hinaus, was an „Entwicklungshilfe" in die Dritte Welt fließt. Zur Verdeutlichung der Konsequenzen einer Energiewende sei die keineswegs rhetorisch gemeinte Frage aufgeworfen, wie es um die Stabilität der Gesellschaften des Nahen und Mittleren Ostens gestellt wäre, falls die Einnahmen aus Öl- und Gaslieferungen innerhalb einer Generation ersatzlos wegfielen5.
ALTER WEIN IN NEUEN SCHLÄUCHEN: EUROPA AM SCHEIDEWEG
Das Klimaproblem und die Energiefrage, in Verbindung mit den schleichenden, aber nicht weniger dramatischen Veränderungen der Stoffkreisläufe in der Biosphäre, sie werfen für eine auf fossilen Ressourcen aufgebaute Zivilisation völlig neue, innerhalb der uns bekannten Zivilisationsform gar nicht beantwortbare Fragen auf.
Zu diesen Fragen gehört, ob die bisherigen sehr unterschiedlichen Vorstellungen über die Organisation von Macht und deren Kontrolle in den heutigen Staatsgebilden weiter Bestand haben können, wenn deren existentielle Grundlagen auf einer quasi technischen Ebene global an Grenzen stoßen, oder der politische Versuch gemacht wird sie technokratisch zu begrenzen. Die Vorstellung erscheint naiv, dass die gegenwärtigen Gesellschaften in ihrem Kern unverändert blieben, wenn ihre Lebensgrundlagen in kurzer Zeit auf ein System umgestellt werden müssten, das sich weder mit den bisherigen territorialen Grenzen, noch mit bestehenden materiellen Austauschbeziehungen, und erst recht nicht mit vorhandenen Verfassungswirklichkeiten zur Deckung bringen lässt.
Letztlich geht es um Zustandsveränderungen von Gesellschaften, die sich nur mit Veränderungen vergleichen lassen, die bislang allenfalls durch Vernichtungskriege zwischen sich gegenseitig ausschließenden politischen oder religiösen Systemen herbeigeführt wurden. Es erstaunt daher, weshalb sich einige wenige Nationen, allen voran Deutschland, als technische Vorreiter begreifen und damit, ohne es zu bemerken, global verbindliche Vorstellungen über die richtige Bewirtschaftung des gesamten Planeten festlegen wollen. Die Konsequenzen dieser geistigen Vereinnahmung sind zwar nur vage zu erkennen, aber sie sind deswegen nicht weniger ernst. Leider sind sie verbal kaum zu beschreiben. Denn als Grundvoraussetzungen für eine Neuaufteilung der planetaren Lebensgrundlagen nach naturwissenschaftlichen Modellen, deren Ziel die Erhaltung von bestimmten Klimazuständen und von sich selbst regenerierenden biologischen Kreisläufen ist, müssen wohl folgende höchst
5 Der wissenschaftliche Beirat der deutschen Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, (WBGU), hält es beispielsweise für dringend geboten innerhalb der nächsten 30 Jahre die Freisetzung von Kohlendioxid aus fossiler Energie um mehr als 80 % zu verringern (WBGU 2011).
ungewöhnliche Zustände angesehen werden:
1. Existentielle Nachteile würden auf diesem Planeten nicht länger durch Kriege, sondern durch friedlichen Transfer von Energie, Rohstoffen, Wissen und durch Bewegung von Bevölkerungen ausgeglichen. Das wäre gerade kein wirtschaftlicher Austausch sondern zu planender und letztlich widerstandslos hinzunehmender Altruismus.
2. Effizienzen beim Einsatz von Produktionsfaktoren müssten ebenso streng überwacht werden, wie der sparsame Umgang mit deren Produkten. Das bedingt Ideolokratie.
3. Individuelle Freiheit bei der Gestaltung des Umgangs mit den natürlichen Lebensgrundlagen und die Notwendigkeit eines Schutzes dieser Grundlagen zugunsten einer globalen Inanspruchnahme schließen sich gegenseitig aus und würden als willkommener intellektueller Kompromiss einfach hingenommen.
In Summe liefe das wohl auf ein globales Umwelt- und Ressourcenmanagement und eine einheitliche und ungeteilte globale Machtstruktur hinaus. Letzteres scheint die Achillesferse des international angelegten Grünen Projektes zu sein.
Eine „erfolgreiche" Wende in der Ressourcen- und Klimastrategie würde also wohl tiefer in unsere gegenwärtigen Grundwerte eingreifen, als das nur scheinbar große Sicherheitsund Legi-timitätsproblem, das die deutsche Öffentlichkeit mit Kernkraftwerken verbindet.
Es scheint nicht weit hergeholt sich vorzustellen, dass rigidere Gesellschaften unter Berufung auf das Prinzip „one man one vote!" nicht nur den Deutschen eines ziemlich nahen Tages vorschreiben könnten, was ihnen materiell zusteht und in welcher Weise sie insgesamt das ihnen Zugestandene an Ressourcen und Umweltkapazität auszuschöpfen haben. Schließlich sind wir gerade dabei die Charta für eine globale Einheitsgesellschaft zu entwerfen, - mit jener Selbstsicherheit, die Musterknaben eben auszeichnet. Eine solche Charta kann sehr wohl auch gegen uns verwendet werden. Und das ist für alternde, am Rand des Aussterbens stehende Gesellschaften leider die wahrscheinlichste Perspektive. Wir sollten bei dieser Betrachtung nicht vergessen, dass uns Europäern schon einmal die aus Deutschland stammenden Ideen eines Marx und eines Engels von außen übergestülpt werden sollten, in Form eines real existierenden Sozialismus - einem typisch deutschen Experiment, für dessen Fehlschlag wir schon lange und noch lange zahlen werden.6
Das Grüne Projekt, heraus gewachsen aus der Lösung des Abfallproblems bezieht sich
6 Welche ökologischen und wirtschaftlichen Folgen der „Ausstieg" aus den tragenden zivilisatorischen Techniken, also aus Kohle, Öl und zunehmend auch aus Erdgas neben dem zuvor beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie für ein Land wie die Deutsche Bundesrepublik haben muss, lässt sich gar nicht absehen, solange die tragenden „Alternativen" und deren Einsatz im globalen Maßstab noch gar nicht bekannt sind. Dass der großflächige Einsatz von Wind- und Solarenergie seinerseits massive ökologische und auch finanzielle Folgen hat, die den Wohlstand ganzer Gesellschaften bis hin zur Abschaffung des privaten Eigentumsbegriffes umfassen, sei hier nur am Rande erwähnt.
auf die Erhaltung der natürlichen Umwelt. Nun unversehens ins Zentrum eines neuen, globalen Zivilisationsprojektes gerückt wirft das neue Fragen auf. Diese greifen wesentlich tiefer als das scheinbar große Sicherheitsproblem, das vor allem die deutsche Öffentlichkeit mit der Kernenergie verbindet. Denn es geht um die Konkurrenz der physischen Nachhaltigkeit von mehr als 7 und voraussichtlich bald 9 bis 10 Milliarden Menschen auf der einen und der Nachhaltigkeit einer nur noch historisch existenten Natur auf der anderen Seite.
NEUE RÖMER, NEUE BARBAREN?
BEDENKT MAN DIESE DIMENSIONEN, SO SCHÄLT SICH SEHR DEUTLICH HERAUS:
Es scheint zwei grundlegende zivilisatorische Zustände zu geben, die noch über eine lange Phase miteinander konkurrieren, ja sich gegenseitig beeinflussen werden:
- Verbünde von urbanen Zentren, die sich mittels einer artifiziellen, hoch entwickelten und empfindlichen Technik über Wasser halten, und die um knappe Ressourcen über weite Distanzen konkurrieren werden. Rom und Karthago haben solche Strukturen vorgelebt.
und daneben
- marginalisierte, in der Fläche, „der Natur nahe" lebende, keinem festen System zuordenbare Clans, neue "Barbaren" also, die wandern können, weil sie nichts zu verteidigen haben als das nackte Leben, und die auf einem sich ändernden Planeten, von urbaner Seite aus nur als irrlichternde asymmetrische Kräfte wahrgenommen werden. Die Eroberung der beiden Amerikas durch den „industrialisierenden weißen Mann" und die Wahrnehmung dieses auferlegten Jochs durch die indigenen Völkern, sie illustrieren die andere Seite der Geschichte.
Wie schon einmal steht die Errichtung von Grenzwällen und als deren stillschweigende Voraussetzung eine mentale Ausgrenzung an, wenn die Zuwanderung in die überfüllte urbane Zivilisation aus existentieller Notwendigkeit heraus begrenzt werden muss. Beginnt diese Verteidigung zu spät, entstehen anstelle Chinesischer Mauern eben innere Ghettos. Spiegelbildlich sind Piratentum und terroristische Attacken auf die "Tentakeln der urbanen Welt" die Antwort der Prekarier.
In den nächsten ein oder zwei Generationen wird die „Menschheit" um weitere 2 oder 3 Milliarden an neuen Mitgliedern wachsen. Wenden wir uns den Daten aus dem Weltbevölkerungsbericht zu (Fig. 1-2). Die Sieben-Milliarden-Marke wurde im Oktober 2011geknackt: Während in Europa, insbesondere in Deutschland die Gesellschaften altern, wächst anderswo die Bevölkerung rasch. Der Weltbevölkerungsbericht fasst das in Zahlen. Renate Bähr von der Stiftung Weltbevölkerung warnt im Interview mit tagesschau.de vor
einer „Armutsspirale". Wir stehen vor dem Problem der unkontrollierten Migration außereuropäischer Stämme des nächstgelegenen Mittelmeers zur EU, insbesondere nach Deutschland. Mit neuen Milliarden, die im Nahen Osten und in Afrika geboren werden, wird Deutschland vor einem Zusammenbruch stehen, wenn keine stringente Migrationspolitik ausgearbeitet wird (Fuchs 2018).
Es geht also künftig nicht nur um äußere, sondern auch um innere Wälle, also um das Entstehen von Parallelgesellschaften und die daraus entstehenden Spaltungen. Beide Arten von Abgrenzungen waren nie vollständig durch Transfers und durch ideologische Vereinnahmungen zu überwinden. Das Beispiel Roms lehrt uns, dass wir als vermeintliche „Ewige High-Tech Städter" einmal auch von "Soldatenkaisern" regiert werden könnten, die als Immigrierte, im schmutzigen Geschäft der Verteidigung der Versorgungslinien im flachen Land hochgedient, Macht und Einfluss gewonnen und schließlich als "römische Bürger" das System "Herrschaft zum Nutzen aller" korrumpiert haben.
Australien/ Oreanien 51
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Fig. 1. UN-Weltbevölkerungsbericht.
[Fig. 1. UN World Population Report.] © tagesschau.de
Fig. 2. Das wahrscheinliche Wachstum der Weltbevölkerung. Prognose bis 2050 ist neun Milliarden Menschen.
[Fig. 2. Supposed growth of the world population. The prognosis to 2050 is nine billion humans]. © tagesschau.de
Asia + 1064 mln Africa + 965 mln Latin America + 140 mln North Amerika + 96mln Europe -42 mln,
in Germany -11 mln
Wir sollten sehen, dass mit der jetzt ins Bewusstsein gerückten Energiewende und mit dem gleichzeitig hoch gehaltenen Prinzip, jedem Beladenen die Tür zu öffnen, die Weichen für die Zukunft Europas auf sehr lange Zeit gestellt und in ganz besonderer Weise festgelegt werden. Solche Weichenstellung muss in einen epochalen Zwiespalt münden:
Wir sind dabei als Europäer in eine globale Diaspora aufzubrechen, was uns zu Wanderpredigern machen würde, wie einst jene zum Christentum konvertierten Offiziere im römischen Heer, die der ökonomisch angetriebenen Kriegsmaschinerie nicht länger dienen wollten. Wenn wir vermeiden wollen auf solch steinigem Weg zu einer inneren Gefahr für das Überleben unseres noch immer tragenden, technisch basierten Imperiums zu werden, und andererseits auch nicht zu jenen Kohorten überlaufen möchten, die dieses Imperium mit allen Mitteln blind verteidigen, unabhängig davon, wie lange es noch existieren kann, dann bleibt uns nur eines:
Eine ausreichend groß bemessene Nische zu suchen anstatt den gesamten Globus erlösen zu wollen. Europa muss sich auf sich selbst besinnen und sich klar von jenen zivilisatorischen Nachzüglern abgrenzen, deren „Nachholbedarf die je eigene Existenz und auf Sicht auch die aller gefährdet. Und gerade diese Erkenntnis fällt den Deutschen, wie ihren westlichen Nachbarn anscheinend besonders schwer.
Für die Entscheidung wohin wir wirklich aufbrechen, müssen wir uns jedenfalls ausreichend Zeit nehmen. Eine solche, wirklich historische Entscheidung kann nicht indirekt über die Wahl der aus moralischen Gründen bevorzugten Energiequellen erfolgen. Und sie kann auf keinen Fall ohne enge europäische Alliierte gelingen (Sassin 2015). Wir sollten
deshalb unsere Augen öffnen und akzeptieren, dass die globale Gesellschaft seit der Industrialisierung längst gespalten ist, eine Situation die auch ein Konstantin nicht mehr rückgängig machen könnte, wenn er Altruismus statt kühlen Verstand zur Staatsreligion erhöbe. Und wir müssen uns klar machen, dass zunächst Glaubensfreiheit und kurz danach Wissensfreiheit per Dekret, oder als letzte freie Mehrheitsentscheidung in jeder Gesellschaft über Bord gehen, wenn der Wohlstand erst massiv erodiert.
Die Europäische Schuldenkrise und ihre Auswirkungen an den Rändern des urbanen Europas lassen keinen Zweifel: wir werden dem Bau neuer Limen, also neuer Grenzwälle nicht entrinnen (Sassin 2012). Denn Transfers in die „Barbarengebiete" schaffen nur neue Konkurrenten um knapper werdende Ressourcen und sie schwächen immer die alten Zentren. Das Hauptziel unserer Entwicklungspolitik müsste also die strikte Verhinderung weiteren Wachstums des globalen Prekariates sein. Dieser Gedanke ist bislang noch ein politisches Tabu, wahrscheinlich deshalb, weil wir nur zu gerne dem Trugschluss verfallen, Rom hätte sich mit einem perpetuierten URBI et ORBI retten können; also mit dem Programm erst den ganzen Weltkreis zu unterwerfen, um die Pax Romana durchzusetzen und in einem zweiten Schritt die eingemeindeten7 Barbaren zu kultivieren.
Die USA brechen gerade ähnliche Versuche ab. Sie beschränken sich auf Kriege gegen Terroristen, und verfolgen nicht länger die Ausbreitung ihrer Verfassung, ein Unterfangen, das sie wirtschaftlich nur wie einst Pyrrhus „gewinnen" könnten.
Was Europa deshalb in aller Sorgfalt prüfen und seinen Bürgern vermitteln sollte ist: Wir müssen uns Klarheit darüber verschaffen, welchen der sich gegenseitig ausschließenden zivilisatorischen Zustände wir uns anschließen wollen und welche Konsequenzen das hat. Denn es geht nicht einfach um technische Entscheidungen, etwa um eine Energiewende oder um das Überleben bestimmter Währungen. Es geht vielmehr um die Frage, ob wir ein solches grundlegendes Experiment beginnen, das wir auf halbem Wege nicht abbrechen werden und das Europas Chancen in einer Welt festlegt, die in der Regel keine Fehler toleriert. Fukushima lehrt uns - wenn überhaupt etwas - so dies.
ZIVILISATORISCHE ZUSTÄNDE
Das globale Wachstum des homo sapiens sapiens hat einen tiefgreifenden Konflikt zwischen der wissenschaftlich-technischen Zivilisation auf der einen und den biologischen und physiologischen Prozessen auf der anderen Seite hervorgebracht. Letztere bilden nicht nur die Lebensgrundlagen des Menschen, sondern sie stellen die sich selbst kontrollierenden Grundlagen für das Leben auf diesem Planeten überhaupt dar, einer Einsicht, der ursprünglich James Lovelock (2016) mit seiner GAIA Hypothese Ausdruck verliehen hat.
7 Konstantin der Große, römischer Kaiser 306 bis 337 n. Chr., beendete die Verfolgung der Christen und ließ deren Religion offiziell zu.
Die Vorstellung einer natürlichen Begegnung zum Zweck des nachbarschaftlichen Austausches haftet an dörflichen Gemeinplätzen. Diese waren allen Dorfbewohnern zugänglich, in beschränktem Umfang auch durchreisenden Fremden. Solche Plätze waren stets durch öffentliche Wegerechte verbunden. Auch auf den Wegen galt: der Aufenthalt war jedem erlaubt, solange er sich bewegte. Herbergen hatten die reisenden Fremden aufzunehmen; insofern waren sie öffentlich und erlaubten die Kontrolle Fremder.
Alles übrige genutzte Land war in Agrargesellschaften privat und dem Zugang Dritter verschlossen. Dieses Prinzip jeder Zivilisation, die an ortsfeste Ressourcen gebunden ist, gilt heute unverändert in urbanen Gebieten.
Wegen der hohen Verdichtung in urbanen Bereichen, die historisch wegen der Vertei-digbarkeit gegen feindliche Angriffe hingenommen wurde, entwickelte sich in den Städten eine Art MISCHFORM des öffentlichen Raumes: Es entstanden darin gewerbliche Nutzungen, die nicht mehr auf die klassischen Marktplätze und Basare beschränkt blieben. Das Credo „Stadtluft macht frei" hat neben der juristischen Besonderheit, nämlich des Wegfalls der Gerichtsbarkeit der Lehensherren, auch einen ganz praktischen Aspekt bezeichnet: Jeder konnte sich überall im so erweiterten öffentlichen Raum der Stadt aufhalten, ohne als Fremder sofort identifiziert und unter Beobachtung gestellt zu werden. Sozial Schwache als nicht auszuschließendes Element einer Gesellschaft sind deshalb ein Ergebnis der urbanen Lebensform. Das Aufenthaltsrecht in der Stadt ist sukzessive von der Fähigkeit zur Selbstversorgung abgespalten worden. Darin liegt der Hauptgrund für die Landflucht in die „gelobten Städte" hinein, ein Vorgang der sich mit um so höherem Tempo abspielt, je höher der Geburtenüberschuss in den ländlichen Gesellschaften ausfällt.
Mit „lebenserfüllten Fußgängerzonen" wird heute in den Industrienationen versucht das Bedürfnis nach nachbarschaftlichem Austausch in der urbanen Zone zu befriedigen und die Anonymität modernen urbanen Lebens wenigstens ansatzweise zu überwinden. Das Dorf kehrt damit in rudimentärer Form in die Stadt zurück. Solche Plätze dulden aber keinen Zustand der anonymisierten Fortbewegung. Daher die Verbannung anderer als „natürlicher" Fortbewegungsmittel. Pferdedroschken und Fuhrwerke, selbst Fahrräder stören.
Umgekehrt greift die urbane Lebensform heute sichtbar in die Lebensmöglichkeiten des „Dorfes", also des ursprünglichen Lebensraumes einer Agrarzivilisation ein. Das nimmt mit der Entwicklung von Landwirtschaftlichen Großbetrieben seinen Anfang. Es geht über Verkehrs- und Versorgungstrassen weiter, die private Räume nicht nur zerschneiden, sondern die auch direkt in die privaten Räumen hinein wirken. Zusätzlich geht von diesen Trassen ein z.T. erhebliches Risiko aus.
Eine neue Dimension dieses Eindringens ins Private wird mit der flächendeckenden Einführung erneuerbarer Energien angestoßen, die jetzt plötzlich in unmittelbarer Nähe des Wohnens und auch der öffentlichen Begegnung Gewerbe mit all seinen Auswirkungen etablieren, einschließlich der partiellen Öffnung privaten Raumes für Zugang, Kontrolle und Überwachung der dortigen Installationen durch Servicepersonal und staatliche Überwachung.
Wie weit die flächendeckende Rückkehr des Urbanen in das Ländliche gehen kann ist
fraglich. Letztlich zerstört ein Zuviel des jeweils anderen alle Vorteile des Gegenmodells. Ein weiterer Aspekt der schleichenden Aufweichung einer klaren Trennung zwischen öffentlich und privat wird in diesem Zusammenhang meist ausgeklammert: der Zuzug des Pre-kariates in etablierte Ordnungen. Es ist der spiegelbildliche Prozess zu dem mit der Kolonialisierung verbundenen Eindringen von Industriegesellschaften in Agrargesellschaften, deren Raum- und Kommunikationsmodell damit zerstört wurde. Dieser Prozess ist mit der Auflösung der Kolonialreiche zwar beendet worden. Die moderne Form der Projektentwicklung über Kapitalsammelstellen und die dadurch mögliche Umgestaltung ganzer Regionen, sowohl urbaner wie ländlicher Strukturen, weist deutliche Parallelen zu dem Phänomen der Kolonialisierung auf.
Bei der Durchmischung kultureller Gruppierungen durch Migration, die sich vor allem im Raumverständnis und der darauf bezogenen Kommunikationsmuster unterscheiden, zeigt sich vor diesem Hintergrund eines ganz klar:
Das Problem der Landnahme in fremdem Gebiet war in Agrargesellschaften friedlich nur über die Urbarmachung ungenutzten Gebietes möglich. Wälder und Brachflächen blieben dort in einem Schwebezustand zwischen nomadischem und agrarischem Raumverständnis. In diesem Schwebezustand siedelten die „Zigeuner" und die Gesetzlosen. Eine ähnlich kritische Situation entwickelt sich heute in den Slums. Sie ist eine Fortsetzung der Konflikt beladenen Konkurrenz zwischen der Raumvorstellung der produktiven Sesshaften und der archaischeren Lagervorstellung von Nomaden, also den nicht Seßhaften und nicht Produktiven, wie er einst von Sinti und Roma in Agrargesellschaften ausgelöst wurde. Heute wird dieser Konflikt in gleicher Weise von Migranten aus Kulturkreisen in unsere industrielle urbane Lebensform hineingetragen, die ihrerseits den kulturellen Bruch noch nicht wirklich bewältigt haben, der durch die Landflucht der Eltern und Großeltern ausgelöst worden ist. Besser als in dem Phänomen der Freizeitgesellschaft lässt sich das nicht besichtigen.
In den urbanen Zentren hat sich im Alltag ein gleichartiger Konflikt ausgebildet. Er manifestiert sich im Extrem in der Besetzung von Häusern durch Autonome, weniger sichtbar aber viel problematischer durch eine schwache Form der Ghettobildung, die von Zuwanderern mit geringem Einkommen und von autochtonen Drop-outs ausgelöst wird. Sie stellen die Ordnungsbehörden vor unlösbare rechtliche Probleme. Denn die meisten Verfassungen negieren schlicht die Tatsache, dass existentielle Not vor Recht prinzipiell nicht Halt macht. Das geht solange, bis schließlich die Not zum Feind erklärt und dieser mit Gewalt ferngehalten wird. Grenzzäune und Pogrome sind immer die Folge früheren Wegsehens, - oder sollte man präziser formulieren: Sie sind die unabwendbare Folge früherer Toleranz und früheren Mitgefühls.
GESELLSCHAFTSORDNUNG IN EINER WELT MIT STARKEN WIRTSCHAFTLICHEN UND KOMMUNIKATIVEN VERFLECHTUNGEN
Wie weit die großen „Freiheiten"8 der EU gehen können, ohne mehr Probleme zu schaffen als sie lösen, das ist die zentrale Frage deren Beantwortung über Europas Zukunft entscheidet. In dieser Hinsicht ist das politische Projekt Europa wirklich ein offenes Experiment. Nur wenn es gelingt, auf diese Frage eine Antwort zu finden, die die Europäische Bevölkerung fast ausnahmslos überzeugt, dann kann Europa für andere Regionen ein Vorbild werden. Gelingt es nicht, wird das alte Europa in Konflikten und in Bedeutungslosigkeit versinken. Denn solche Experimente können ja nicht rückgängig gemacht werden, ohne einen politischen und gesellschaftlichen Trümmerhaufen zu hinterlassen.
Die Einigung Europas insbesondere seine Erweiterung ohne Gewaltanwendung ist nur scheinbar ein friedlicher Prozess. Denn jeder politische Einigungsvorgang erfordert die Unterwerfung der Bürger unter politisch durchzusetzende Machtstrukturen, die prinzipiell Eingriffe zu Lasten eines immer weiter schrumpfenden Anteils produktiver Bürger bedeuten. Die daraus resultierenden Transfersysteme haben die durch Wahlen angelegte Tendenz, unablässig weiter zu wuchern. Bei jedem Urnengang sind zusätzliche, über die bisherigen Versprechungen hinausgehende neue Versprechen notwendig, um abermals Stimmen zu gewinnen. Das demokratische Prinzip erfordert so aus sich selbst heraus eine immer tiefer greifende Machtanhäufung des Staates. Um den Mechanismus dieses unaufhörlich wachsenden Gestaltungsanspruches des Staates in Gang halten zu können sind immer kühnere Visionen als Begründung für noch mehr Staat erforderlich. Die in diesem Zusammenhang dem Wahlvolk mit Maastricht und später Lissabon versprochenen Vorteile einer Erweiterung und Vertiefung der Gemeinschaft, nämlich mehr und weiter reichende Freiheiten, lassen sich aber kaum verwirklichen.
Die in den Raum gestellten Vorteile wurden bislang über die nationale Ebene hinaus für Europa nur als Vermeidung traditioneller militärischer Konflikte beschrieben. Europa sollte ein Kontinent des inneren Friedens werden. Negativziele, wie eben die Vermeidung militärischer Konflikte, bilden auf Dauer jedoch keine glaubwürdigen Ziele. Sie entwerten sich im Laufe der Zeit von selbst.
Wenn die Transferzahlungen zur Vermeidung harter wirtschaftlicher Interessenkonflikte sich aber schließlich den Kosten eines Wirtschaftskrieges annähern, dann fällt die Fiktion einer allen dienenden politischen Gemeinschaft in sich zusammen. An dieser Stelle ist Europa mit seinen überbordenden Staatsschulden inzwischen angelangt.
Deshalb wird neuerdings vor allem von der politischen Klasse Deutschlands eine weitere Fiktion in den Raum gestellt: Ohne eine weitgehende politische Einheit Europas werde
8 freier Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr.
dieser besondere zivilisatorische Raum im globalen Machtspiel künftig seinen Einfluss verlieren. Die Antwort auf die Frage aber, welche der absehbaren Veränderungen in der Welt im elementaren Interesse Europas überhaupt beeinflusst werden könnten oder gar müssten und für welchen Preis, diese Antwort bleibt die politische Klasse nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa schuldig.
Ja, diese Kardinal-Frage scheint überhaupt nicht gestellt zu werden, weder politisch noch intellektuell. Deshalb verfestigt sich der Eindruck, es gehe den Europäischen Politikern in Wahrheit nur um ihren jeweiligen, kurzfristigen Machterhalt.
Wir sind seit längerem Zeugen einer wachsenden Parteienverdrossenheit, nicht aber einer allgemeinen Politikverdrossenheit. Ganz im Gegenteil. Der Widerstand gegen das europäische Modell der Parteienherrschaft wächst9. Und es bedarf keiner großen Weitsicht, um zu erkennen, dass das Aufbegehren von Bürgern, nicht aber von oppositionellen Parteiengruppierungen an den Rändern Europas, insbesondere in den Randzonen Nordafrikas und des Nahen Ostens, bald auch Beispielwirkung für das Zentrum, nämlich die Kernländer der Europäischen Union haben wird. Revolutionen beginnen stets an den Rändern, ehe sie die Machtzentren erfassen.
Positiv gewendet: Es besteht heute ein grundlegendes politisches Defizit. Es fehlt an einer konkreten Europäischen Zukunftsvision, die die Lebensbedingungen der Europäer und der sie umgebenden Gesellschaften in einem globalen Vergleich zumindest bis zur übernächsten Generation beschreibt und auch die dazu gehörenden Forderungen eines Europäischen Staatsgebäudes an seine Bürger mit absolut gesetzten oberen Grenzen für die Belastung der einzelnen gesellschaftlichen Guppen klar bezeichnet. Eine solche Festsetzung der absoluten Belastungsgrenzen wäre gleichzeitig auch eine wirksame Vorsorge gegen staatlich betriebene Geldentwertung. Denn fallende Kaufkraft der Währung ergäbe dann automatisch eine reale Verringerung des dem Staat zugebilligten Anteiles an der Wertschöpfung seiner Bürger.
Es reicht eben nicht soziale Mindeststandards festzusetzen und diese weiter laufend anzuheben, wenn nicht gleichzeitig die Grenzen für wirtschaftliche Belastungen und Beschränkungen der persönlichen Lebensgestaltung festgelegt werden, die für keinen Bürger überschritten werden dürfen.10 Eine staatliche Schuldengrenze in der Verfassung muss durch eine individuelle Belastungsgrenze für Bürger ergänzt werden, die ebenfalls in der Verfassung festzuschreiben ist. Ansonsten bestimmt das politisch definierte und inzwischen als oberstes Ziel politischen Handelns erklärte Prekariat vollends über unsere Zukunft. Wo das
9 Werner Mussler: FAZ vom Euro in der Krise - Schwarzer Montag und zugehöriger Blog.
10 Der von Paul Kirchhof publizierte Entwurf eines Bundessteuergesetzbuches enthält neben einer radikalen Vereinfachung der Steuertatbestände ein zentrales Prinzip: Der Staat darf zu keiner Zeit mehr als die Hälfte der Einkünfte eines jeden Bürgers durch alle Arten von Steuern und Abgaben abschöpfen. Gerade dieses bereits an die Grenze des Akzeptablen reichende Prinzip wird von der weit überwiegenden Mehrheit aller Politiker abgelehnt. Dabei sollte es sich dabei um ein Grundrecht handeln, das eigentlich in einer freiheitlichen Verfassung verankert sein müsste.
enden würde? Brot und Spiele haben bislang noch jede Zivilisation zerstört. Deshalb müssen sie zur Privatsache, nicht aber zum Staatszweck gemacht werden11.
HOMO BILLIONIS ALS SEIN EIGENER KONKURRENT
KEHREN wir ALSO ZU Varus ZURÜCK: Es mag sein, dass Quinctilius Varus überzeugt war, die irrlichternden germanischen Kämpfer ausschalten zu müssen. Deren Restrisiko schien damals wohl nicht länger tragbar.
Dass Varus dabei die eigenen Legionen und mit ihnen das ganze Römische Projekt Germanien aufs Spiel gesetzt hat, das sollte uns zu mehr Weitsicht und zu kühler Abwägung unserer Ziele veranlassen, nicht nur zur Abwägung der dafür vermeintlich verfügbaren Mittel. Denn unsere Zukunft ist kein Farbenspiel zwischen Grün-Rot, Schwarz-Gelb, Jamaika oder einer anderen Kombination von Parteien. Parteien repräsentieren Meinungen auf Zeit. Sie spiegeln fast immer das Hier und Jetzt einer weitgehend uninformierten Mehrheit wider. So erinnert der aktuelle Ruf nach globaler Nachhaltigkeit an die stille Hoffnung der Saurier, die Welt möge sich nicht ändern, damit ihre Lebensform erhalten bleibe. Unsere Zukunft ist in Wahrheit eine Frage unserer geistigen, nicht unserer staatlichen Verfassung. Sie muss das Unbequeme, ja das Undenkbare zulassen und darauf wirksame, unausweichlich egoistische Antworten finden. Was zählt ist Erfolg oder Misserfolg bei der Anpassung an eine Realität, die wir vorgefunden haben und die wir nur sehr begrenzt und sehr langsam verändern werden. Diese Realität ist der mit jeder Generation neu nachwachsende, stets archaisch beginnende homo billionis12 (Sassin et al. 2018), ein Produkt der Evolution, geformt von einem Auslesevorgang, der nur jene Wenigen übrig lässt, die sich dem Zug der Herde zu entziehen vermögen - und das heißt: die ihrem Verstand, nicht aber ihren Gefühlen folgen.
Die Schlussfolgerung lautet:
1. Die globale Population ist zu groß, als dass sie den vorindustriellen Naturzustand je wieder herstellen oder auch nur in seiner Grundstruktur erhalten könnte.
2. Aus diesem Grund macht es auch keinen Sinn, eine globale politische Einheit anzustreben, um ein unerreichbares Ziel zu verfolgen.
3. Jene, die die Mittel haben, um sich an die bereits in Gang befindlichen Veränderungen der Ökosphäre anzupassen, müssen sich entsprechend organisieren. Ein globales Gießkannenprinzip wird die Konflikte nur befeuern, anstatt sie zu dämpfen.
11 Siehe FAZ Oligarchie für alle Demokraten.
12 Dieser Begriff wird auch in meinem Artikel ausführlich beschrieben:
Sassin, Wolfgang. 2018. "Die Transformation des sozialen Bewusstseins." The Beacon: Journal for Studying Ideologies and Mental Dimensions 1, 010210201.
Überraschend an unserer gegenwärtigen Situation und zutiefst verstörend erscheint, dass der homo bilionis sich plötzlich selbst als Konkurrent in einem existentiellen und wahrlich globalen Verdrängungswettbewerb gegenüber steht, nicht länger der Natur. Die „Natur" ist mehr oder weniger destabilisiert und bedarf menschlicher „Hilfe", denn sie kann sich nicht länger selbst erhalten und gleichzeitig Milliarden Menschen „tragen". In einer solch kritischen Situation muss die Entwicklung der menschlichen Gesellschaften grundlegend überdacht werden.
Funding. This work did not receive any specific financing from any governmental, public, commercial, non-profit, community-based organisations or any other source.
Conflicts of interest. None declared.
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REFERENCES
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EXTENDED SUMMARY
Sassin, Wolfgang, Deja Vue?
Earlier civilizations were dependent on the wide availability of biomass, hydropower, wind energy, human and animal labour. That was true until modern times. The industrial revolution and modernity relied on coal, later on mineral oil and natural gas. Fossil energies seemed almost inexhaustible at the beginning of the industrial revolution. This „revolution" was, strictly speaking, the second major energy revolution since the beginning of agriculture at the end of the Stone Age. It expanded human possibilities in an unexpected way. Starting from England, first Western Europe, later the United States, Russia and Japan finally began to exert truly global influence with the help of the new civili-zational means that became accessible by ever new powerful energy forms. The prerequisite for the emergence of overarching large power structures was no longer the spatial expansion of a system of rule with the aim of attracting additional human labour for civil and military projects. The growth of industrial civilization needed access to fossil energy deposits, which are rather unevenly distributed globally. To a lesser extent, the same was true for those raw materials that were or are necessary for the construction of the material infrastructure and the technical artefacts of an industrial civilization: ores, phosphates, etc.
Today's industrial civilization is essentially a hybrid between classic great empires and a society based on mechanical slaves. In the multipolar world of the present, great political "empires" are confronted with each other in an existential competition. The substructure of these "great empires," i.e. their "mechanical slaves," feed on technical energy. The reproduction behavior of this substructure is similar to that of ants or termites. As with the "queens" of these peoples, there are only a few large production complexes that can generate such modern slaves. The greater the number of slaves that are necessary to fuel a state, the lower the reproduction rate of these slaves.
The well-being and the performance of modern "queens with court" in "developed" countries therefore determine the sustainability and the level of power these empires can exercise. In this context, it cannot be indicated clearly enough that the transformation of the world into industrialized and developing countries and the resulting power gap only arose through the transformation of a few agricultural societies into industrial societies.
Modern Europe need be clear enough about which of the mutually exclusive civilization states we want to join and what the consequences may be, because it's not just about technical decisions, such as an energy turnaround or the survival of certain currencies.
Rather, the question is whether European countries can start such a basic experiment that cannot be stopped halfway through, and which will determine Europe's chances in a world that usually does not tolerate mistakes. In this paper the possible outcomes for Europe and in particular Germany are analyzed on the basis of ideologies and civilizational choices adopted thus far. The fact that our civilization is faced with a decision which at first sight seems purely tactical, as it once did when Publius Quinctilius Varus decided to control „wild" Germania with his troops which were dependent on a highly efficient infrastructure, must in fact shatter the foundations of the dominant political powers of today. A functioning and technically controllable energy infrastructure form the indispensable foundation of every form of modern civilization.
Because of the basic prerequisites for a redistribution of the planetary bases of life according to scientific models, the goal of which is to maintain certain climatic conditions and self-regenerating biological cycles, the following highly unusual conditions must be considered by Europeans politicians in the future: 1. Existential advantages and disadvantages on Planet Earth could no longer be defended or corrected by military actions. Instead they had to be compensated by peaceful transfers of energy, raw materials, knowledge and by resettlement of populations. That would not be an economic exchange via markets, but by a forced altruism to be planned centrally and ultimately accepted without resistance. 2. Efficiencies in the use of production factors would have to be monitored just as strictly as monitoring consumer goods and its strict ecological control. That will inevitably require ideocracy. 3. Individual freedom in shaping the way of dealing with the natural foundations of life and the need to protect these foundations in favor of global use, are mutually exclusive and would simply have to be accepted as a welcome intellectual compromise.
The inevitable conclusion therefore is:
1. The global population is too large to ever restore a pre-industrial natural status or even maintain the basic structure of the present culturally modified ecosystem, including climate.
2. For this reason, there is no point in striving for global political unity in order to pursue an unattainable goal.
3. Those who have the means to adapt to the changes in the ecosphere that are already underway must organize themselves accordingly. A global "watering can principle" will only fuel regional and global conflicts instead of dampening them.
Author / ABTopt
Dr-Ing Wolfgang Sassin's teaching, research, advisory activities and affiliations included the Technical University of Vienna (Austria), the Research Centre Jülich (Germany), IIASA (Austria), the International Panel on Climate Change IPCC, the UN Program Habitat, the Directorate General
on Research and Innovation of the European Commission (Belgium), and OEMs in the German automobile industry on man-machine interfaces.
Wolfgang Sassin,
Independent researcher, Jochberg 5 6335 Thiersee Austria
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