6. Thiele, G. Soziale Arbeit mit alten Menschen [Text] / G. Thiele. - Köln & Wien : Fortis & Bohmann-Manz, 2001.
7. Leuchtturmprojekte Demenz [Elektronische Ressourse] / Bundesministerium für Gesundheit. - Verfügt unter: http://www.wegweiser-demenz.de/fileadmin/de.wegweiser-
demenz/content.de/downloads/10_informationen_fuer_Fachkraefte/Abschlussbericht_Leuchtturmprojekt_Demenz.p df. - 14.04.2017.
8. Wirsing, K. Psychologisches Wissen für Altenpflegeberufe [Text] / K. Wirsing. - Weinheim : Beltz, 2000.
УДК 316.346.32
Michael Dillmann, Ludwigshafen am Rhein Deutschland
Alkohol- und Medikamentensucht im Alter
The subject of addiction and the abuse of substances by older consumers are still viewed as a marginal issue in science. Neither the causes nor the effects on the affected persons, their social environment or theirsocial conditionshave been adequately researched. This article provides an overview of current research on alcohol and medicationabuse by the elderly. The different types of alcohol and medication addictionby the elderly are going to be presented. Additionally the connections between substance consumption and the need for care and possible treatment approaches will be discussed.
Abuse of substances by the elderly, alcohol addiction,dependency on medication, risk factors for alcohol-related disorders, types of consume patterns, abuse and need for care in old age.
Михаэль Дильман, г. Людвигсхафен на Рейне Германия
Алкогольная и медикаментозная зависимость в пожилом возрасте
Предмет наркотической зависимости и злоупотребления наркотическими веществами в пожилом возрасте по-прежнему рассматривается как второстепенная проблема в науке. Ни причины, ни последствия данного вида зависимости с позиции пострадавших, социального окружения не изучены в достаточной степени. В статье приводится обзор современных исследований по алкогольной и медикаментозной зависимости пожилых людей, представлены различные типы алкогольной и медикаментозной зависимости. Кроме того, выносится на обсуждение связь между потреблением наркотического вещества и потребностью в уходе, а также возможными подходами к лечению указанного вида зависимости.
Ключевые слова: Злоупотребление субстанциями, содержащими наркотические вещества, алкогольная зависимость в пожилом возрасте, зависимость от лекарств, факторы риска расстройств, связанных с употреблением алкоголя, категории людей, злоупотребляющих алкоголем и лекарственными препаратами, злоупотребление и необходимость в уходе в пожилом возрасте.
Das „Alter" ist mit vielen unterschiedlichen Bildern und Vorstellungen belegt. Einige davon sind positiv, wie „Alter und Weisheit", „mehr Lebenserfahrung und Lebenszufriedenheit"
oder auch die Vorstellung, endlich frei von Pflichten zu sein und sich seine aufgeschobenen Wünsche erfüllen zu können. Andere Assoziationen sind dagegen negativ, z. B. „Immobilität", „Einsamkeit und Wertlosigkeit", „Intellektueller Abbau" und ein zunehmender Pflegebedarf. „Alt werden möchten alle, alt sein möchte niemand." In diesem Satz lässt sich die Einstellung der meisten Menschen gegenüber dem höheren Lebensalter zusammenfassen.
Womit das Alter in der Regel jedoch nicht verknüpft ist, ist eine Abhängigkeitserkrankung oder ein Missbrauch von Substanzen. Dass unsere Gesellschaft altert, ist allgemein bekannt und anerkannt. Während 2013 38 % der Bevölkerung in Deutschland 65 Jahre und älter waren, werden es 2030 ca. 45 % und 2060 ca. 49 % sein [12]. 2013 gab es in Deutschland 2,6 Mio Pflegebedürftige, von denen 1,86 Mio zu Hause mit und/oder ohne die Unterstützung ambulanter Pflegedienste versorgt warden [13]. Der Beginn der Lebensphase „Alter" wird in unserer Gesellschaft im Allgemeinen mit dem Beginn des Rentenbezugs bzw. dem Austritt aus dem Berufsleben in Verbindung gebracht. Ein Einschnitt der gegenwärtig meist um das 63. Lebensjahr vollzogen wird. Den Jahren nach Ältere, die noch aktiv im Berufsleben stehen, insbesondere wenn sie in Politik oder Wirtschaft leitende Positionen innehaben, werden nicht als alt, sondern allenfalls als „älter" wahrgenommen. Bei Frauen, die nicht selbst erwerbstätig sind, markiert in der Regel das Ausscheiden des Partners aus dem Berufsleben den Beginn des Alters. Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung umfasst der Lebensabschnitt „Alter" mittlerweile einen Zeitraum von zwei bis drei Jahrzehnten.
Im Folgenden wird ein Überblick über den momentanen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zum Themenkomplex Sucht im Alter gegeben. Es wird sich auf die Substanzen Alkohol und Medikamente beschränkt. Auf den Tabakkonsum, aber auch den Konsum von illegalen Drogen älterer Menschen wird an dieser Stelle nicht eingegangen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Abhängigkeit als einen „seelischen, eventuell auch körperlichen Zustand, der dadurch charakterisiert ist, dass ein Mensch trotz körperlicher, seelischer oder sozialer Nachteile ein unüberwindbares Verlangen nach einer bestimmten Substanz oder einem bestimmten Verhalten empfindet, das er nicht mehr steuern kann und von dem er beherrscht wird." „Substanzmissbrauch" oder neuerdings auch „Substanzgebrauchsstörung" führt zu einer körperlichen oder seelischen Gesundheitsschädigung und bezieht soziale und rechtliche Folgen mit ein, wobei eine Abhängigkeit (noch) nicht nachweisbar ist.
Alkoholkonsum im Alter
Lange galt das Forschungsinteresse dem Substanzkonsum der Altersgruppe zwischen 18 und 59 Jahren. Erst 2006 erweiterte der Epidemiologische Suchtsurvey für Deutschland seine Altersgrenze auf 64 Jahre. Repräsentative Studien zu Substanzkonsum im Alter sind selten.
In der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell 2010" (GEDA 2010) vom Robert-KochInstitut gaben insgesamt 22.050 telefonisch Befragte Auskunft zu ihrem Alkoholkonsum. 18,5 % der weiblichen und 27,0 % der männlichen Befragten ab 65 Jahren weisen demnach einen riskanten Alkoholkonsum auf.
Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit führen zu häufigerer Inanspruchnahme sozialer und medizinischer Dienste. So sind die Betroffenen (über 65 Jahren) innerhalb von Kollektiven, die ins Krankenhaus eingewiesen werden, in Hausarztpraxen kommen oder von SozialPsychiatrischen Diensten betreut werden, deutlich überrepräsentiert.
Bei Betrachtung der Risikofaktoren für alkoholbedingte Störungen im Alter hat sich die Unterscheidung in „Early-Onset-Alkoholabhängige" (EOA, Beginn des problematischen Trinkverhaltens vor dem 60. Lebensjahr) und „Late-Onset-Alkoholabhängige" (LOA, Beginn des problematischen Trinkens nach dem 60. Lebensjahr) bewährt [7]. Bei den EOA spielen die bekannten Risikofaktoren wie z. B. niedriger sozioökonomischer Status und Trinkverhalten in der Familie eine wichtige Rolle. Dagegen sind die LOA häufiger Frauen mit höherem sozialökonomischen Status, bei denen auch die sonstigen EOA bekannten Risikofaktoren nicht zutreffen. Vielmehr sind es häufiger Verlusterlebnisse, Erkrankungen in der Familie oder Veränderungen im sozialen Umfeld, welche eine Verschiebung von riskantem Konsum hin zu Missbrauch oder Abhängigkeit von Alkohol vorausgehen. Die LOA machen ca. ein Drittel der betroffenen Senioren aus.
Warum ältere Menschen ein Alkoholproblem entwickeln, lässt sich ebenso wenig pauschal erklären wie bei jüngeren. Immer bedarf es der Auseinandersetzung mit der konkreten Lebenssituation und den aktuellen Konflikten des betroffenen Menschen. Tatsächlich wird in der Auseinandersetzung mit der individuellen Vorgeschichte zumeist deutlich, dass Alkohol auch früher schon gezielt seiner Wirkung wegen getrunken wurde - beispielsweise um Stress, schwierige Situationen und schmerzhafte Gefühle besser ertragen zu können.
Die Konsummuster Älterer sind insgesamt weniger auffällig als die jüngerer Menschen mit Alkoholproblemen. Ältere trinken in der Regel insgesamt weniger exzessiv und ihre Rauschzustände sind weniger ausufernd. Sie trinken eher über den Tag verteilt und halten dabei einen gewissen Trinkpegel konstant. Auch die Trinkorte sind andere. Ältere trinken eher zuhause und allein, also unbemerkt. In diesem Zusammenhang ist auch auf den verdeckten Alkoholkonsum hinzuweisen. Stärkungsmittel und Hustensäfte enthalten bis zu 80 % Alkohol. In Kombination mit weiteren Medikamenten und weiterem Alkoholkonsum kann dies sehr problematische Nebenwirkungen nach sich ziehen.
Nicht zu vernachlässigen ist weiterhin, dass Personen, die regelmäßig Alkohol konsumieren, aufgrund einer veränderten Physiologie im Alter tatsächlich weniger Alkohol vertragen und so bei gleichbleibender Trinkmenge schneller ein körperlicher Schaden oder eine Abhängigkeit von Alkohol eintreten. Die Alkoholverträglichkeit des älteren Organismus ist verringert, da
- sich das Verhältnis von Muskulatur und Fettgewebe zugunsten des Letzteren verschiebt und der Alkohol sich auf weniger Masse konzentriert,
- ein geringerer Flüssigkeitsanteil im Körper einen höheren Wirkungsgrad der Substanz nach sich zieht,
- und sich die Aktivität der abbauenden Enzyme verringert und Alkohol und das Abbauprodukt Aldehyd langsamer abgebaut werden.
Neben den alkoholbedingten Erkrankungen steigt insbesondere das Risiko für Schäden an vielen Organen, Tumore, Wechselwirkungen mit Medikamenten, Stürze und Unfälle, psychiatrische Erkrankungen und die Beeinträchtigung kognitiver Funktionen.
Die Symptome alkoholbedingter Erkrankungen im Alter sind charakterisiert durch: Stürze, Schwindel, Gesichtsröte, Tremor, Durchfälle, Kognitive Defizite, Stimmungsschwankungen, Interesselosigkeit, Appetitverlust und Voralterung. Die sozialen Folgen sind vor allem soziale Isolation und Einsamkeit.
Die Konsequenzen aus sozialen und gesundheitlichen Folgen alkoholbedingter Störungen für das Gesundheitssystem sind ein niedrigeres Heimeintrittsalter (ca 10 Jahre früher!), ein erhöhter Bedarf an medizinischer Versorgung und hohe Kosten für chronische F olgeerkrankungen.
Medikamente im Alter
Bei keiner anderen Substanz ist es so schwer, Gebrauch, Missbrauch und Abhängigkeit voneinander abzugrenzen. Denn zunächst sind Medikamente ja keine Genuss- oder gar Suchtmittel, sondern Heilmittel zur Behandlung von Krankheiten und Beschwerden. Vielen ist nicht bewusst, dass sie sich durch ihren Medikamentengebrauch schädigen oder dass sie von ihrem Medikament abhängig geworden sind.
Der Pro-Kopf-Umsatz für Arzneimittel liegt in Deutschland bei rund 500 Euro im Jahr, davon entfallen ca. 450 Euro auf verordnete Mittel und 50 Euro auf Mittel, die im Rahmen der Selbstmedikation aus eigener Tasche bezahlt wurden. Umgerechnet sind das etwa 1.200 Tabletten, Kapseln, Zäpfchen etc. pro Kopf der Bevölkerung.
Der Medikamentengebrauch nimmt vom mittleren Lebensalter an kontinuierlich zu,von durchschnittlich etwa einer halben Tagesdosis pro versicherter Person und Tag um das 40. Lebensjahr auf rund zwei Tagesdosen bis zum 60. Lebensjahr und rund drei Tagesdosen bis zum 70. Lebensjahr. Mit rund vier Tagesdosen erreichen die Verordnungszahlen bei den 80 bis 89Jährigen ihren höchsten Wert. Insgesamt sind zwei Drittel aller verordneten Tagesdosen für Patientinnen und Patienten über 60 Jahre bestimmt. Der Anteil an der Gesamtbevölkerung dieser Gruppe beträgt 27 Prozent. Eine Tagesdosis (DDD=Defined Daily Doses) ist die Menge eines Wirkstoffes bzw. Arzneimittels, die typischerweise bei Erwachsenen im Rahmen eine Behandlung pro Tag verordnet wird.
Die Prävalenz der Einnahme von Medikamenten bzw. von mehreren Medikamenten ist also im Alter hoch. Ein erheblicher Anteil dieser Medikamente sind zum einen Schmerzmittel und zum anderen Psychopharmaka. Ein hohes suchterzeugendes Potential weisen dabei insbesondere die Schlaf- und Beruhigungsmittel auf. Z.B. besteht bei der Einnahme von Benzodiazepinen ein klares Abhängigkeitspotential bereits schon nach 8 Wochen Einnahme in therapeutischen Dosen. In Richtlinien wird daher empfohlen, eine Einnahmedauer von 4 Wochen nicht zu überschreiten, um die Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung zu minimieren. Da die Krankenkassen verstärkt auf die Einhaltung dieser Richtlinien achten, kam es in den vergangenen Jahren zu einem Anstieg der Verschreibungen auf Privatrezepten [5]. Bei einem abrupten Absetzen von Benzodiazepinen besteht die Gefahr einer gefährlichen Entzugssymptomatik ( u.a. Krampfanfällen). Bei gleichzeitiger Einnahme von Opioiden verstärkt sich das Suchtpotential gegenseitig.
Nach dem Epidemiologischen Suchtsurvey 2015 liegt die 30-Tagesprävalenz (Einnahme in den letzten 30 Tagen) von Schmerzmitteln in der Altersklasse 60-64 Jahren bei 37 %. 7 % nahmen Schlaf und Beruhigungsmittel und 5,8 % Antidepressiva ein. Sehr häufig werden diese Medikamente auch kombiniert eingenommen. Von den 60- bis 64-jährigen Konsumenten von Schlaf- und Beruhigungsmitteln haben (in den letzten 12 Monaten) 81,4 % auch Schmerzmittel und 30,3 % auch Antidepressiva eingenommen. Höhere Altersklassen waren bei diesem Survey nicht befragt worden [9].
Von einem problematischen Gebrauch psychoaktiver Substanzen, vor allem Benzodiazepinen, sind schätzungsweise 8% bis 13 % aller Menschen zwischen 60-64 Jahren
betroffen [10]. Es wurde auch deutlich, dass Frauen häufiger als Männern Medikamente verordnet werden. Bedenklich stimmt, dass nicht nur mit der Altersklasse der problematische Gebrauch sowie die Abhängigkeit von Medikamenten zunehmen, sondern dass die Prävalenzraten deutlich zugenommen haben. In der Altersklasse 50-59 Jahre lag im Jahr 2000 eine Medikamentenabhängigkeit bei 4,9 % der Befragten vor, bei 5,9 % wurde ein problematischer Gebrauch festgestellt. Im Jahr 2006 lag dieser Anteil bei 7,4 %. Unter der Annahme, dass dieser Anteil in den höheren Altersklassen nicht abnimmt, betrifft dies ca. 1,25 Millionen Menschen in Deutschland über 65 Jahre.
Die gesundheitlichen Folgen langanhaltenden Medikamentenkonsums sind abhängig von der Art des Mittels. Bei fortgesetztem Missbrauch von Benzodiazepinen kann es zu Schlafstörungen, Muskelschwäche, Koordinationsstörungen sowie Persönlichkeitsveränderungen kommen. Die Folgen äußern sich unter anderem in einer erhöhten Sturz- und Unfallgefahr.
Die Symptome der Benzodiazepinabhängigkeit im Alter sind: häufige Stürze, Ataxie, sozialer Rückzug, nachlassende Körperhygiene und Verwahrlosung, verwaschene Sprache, nachlassende Leistungsfähigkeit und Antriebs- und Interesselosigkeit.
Aus der fortgesetzten Einnahme von Schmerzmitteln können Dauerkopfschmerzen sowie Störungen der Nieren- und Leberfunktion resultieren [6]. Risikofaktoren für den problematischen Gebrauch oder Abhängigkeit von Psychopharmaka im Alter sind psychische und körperliche Störungen, Verlusterlebnisse und „allein leben". Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Raucherinnen, sowie alkoholkonsumierende Frauen sind wiederum häufiger betroffen als Frauen ohne weiteren Konsum. Medikamentenabhängigkeit geht bei Frauen häufiger mit niedrigerem sozialem Status und sozialer Benachteiligung einher [3]. Eine Hochdosisabhängigkeit von Medikamenten im Alter ist eher selten. Meistens handelt es sich um eine sogenannte Low-Dose-Abhängigkeit, d. h. Medikamentenverschreibungen werden ohne genaue oder mit falscher Indikationsstellung fortgesetzt.
Eine Reihe von Veränderungen im Organismus führt dazu, dass Medikamente bei älteren Menschen verzögert wirken und länger im Körper bleiben als bei Menschen im jüngeren oder mittleren Erwachsenenalter. Die Wirkstoffe werden von Magen und Darm langsamer aufgenommen und aufgrund der verringerten Pumpleistung des Herzens langsamer im Körper verteilt. Der geringere Wassergehalt des Körpers macht das Gewebe dichter und für Wirkstoffe weniger durchlässig. Das trägt auch dazu bei, dass die Aufnahme der Wirkstoffe länger dauert. Schließlich erfolgen auch der Abbau durch die Leber und die Ausscheidung durch die Nieren langsamer.
Medikamentenabhängige werden, wenn überhaupt, erst nach langer Zeit auffällig. Schlaf-und Beruhigungsmittel oder auch Schmerzmittel werden ja nicht eingenommen, um starke Gefühle oder gar einen Rausch zu erleben, sondern um Beschwerden zu begegnen. Hinzu kommt, dass Medikamente schnell und unauffällig eingenommen werden und sie keine „Fahne" hinterlassen. Für viele Betroffene ist es kaum vorstellbar, dass ihr Verhalten etwas mit Sucht zu tun haben könnte. Schließlich nehmen sie ein ärztlich verordnetes Medikament ein. Kommt es nach Absetzen dieses Medikaments zu Absetzphänomenen, beweist ihnen das lediglich, dass sie das Mittel wirklich brauchen - und zwar nicht aufgrund einer Sucht, sondern um die gesundheitlichen Beschwerden zu therapieren.
Substanzkonsum und Pflegebedürftigkeit
Wie schon dargestellt leiden ältere Menschen stärker unter den Auswirkungen eines problematischen Konsums von Alkohol und psychotropen Arzneimitteln. Die daraus resultierenden Symptome wie Gangunsicherheiten inkl. Stürzen, Zittern, Schwindel, Ängste, Depressionen, Stimmungsschwankungen usw. können als typische Alterssymptome fehlgedeutet oder, bezogen auf Medikamente, auftretende Entzugssymptome fälschlicherweise als Bestätigung der Notwendigkeit der Einnahme („Rebound-Effekt") missdeutet warden [4]. Grundsätzlich finden wir auch im Alter, wie in der Bevölkerung generell, dass Männer häufiger einen problematischen Konsum von Alkohol und Tabak und Frauen häufiger einen problematischen Gebrauch von Arzneimitteln aufweisen, allerdings zunehmend mit Annäherungstendenzen der Geschlechter. Die genannten Prävalenzen können nur grobe Schätzungen darstellen und berücksichtigen nicht die ungleiche Verteilung von Suchterkrankungen in bestimmten Bevölkerungsgruppen. Neben alten Menschen sind in den Bevölkerungsstudien z.B. Menschen in Institutionen ausgeschlossen. Die gefundenen Prävalenzzahlen unterschätzen möglicherweise das Ausmaß des problematischen Alkoholtrinkens im Alter, da in den Erhebungen bestimmte Gruppen, wie z.B. ältere Pflegebedürftige, unterrepräsentiert sind [11]. Einige Studien geben Hinweise darauf, dass der Anteil Alkoholabhängiger in der stationären Altenhilfe im Vergleich zu älteren Menschen in Privathaushalten überdurchschnittlich hoch ist. In US-amerikanischen Studien lagen die Prävalenzen einer Alkoholabhängigkeit bei bis zu 26 % [2]. In Deutschland wird ein hoher Gebrauch von Benzodiazepinen in Altenpflegeeinrichtungen belegt [8]. Zwischen 15,6 % und 20 % der Bewohner nahmen Benzodiazepine ein, zum Teil über einen längeren Zeitraum. Bei älteren Menschen in stationärer psychiatrischer Behandlung wurde festgestellt, dass der Anteil der Heimbewohner unter den Medikamentenmissbrauchern gegenüber der Allgemeinbevölkerung etwa dreifach erhöht ist [14].
Behandlung älterer Menschen mit substanzbezogenen Störungen
Alkoholbezogene Störungen werden bei älteren Menschen aus verschiedenen Gründen seltener diagnostiziert. Sie sind in der Regel berentet und ein problematischer Alkoholkonsum ist dadurch weniger sichtbar. Es besteht häufig eine Hemmschwelle auf Seiten des Hausarztes, konkret nach dem Alkoholkonsum zu fragen, auch weil die falsche Annahme besteht, ansonsten dem Betroffenen das letzte genussvolle Erleben zu nehmen. Vielfach herrscht eine resignative Haltung gegenüber älteren Personen mit substanzbezogenen Störungen vor. Den Betroffenen wird seltener als bei Jüngeren eine Behandlung empfohlen. Hierfür gibt es keine sachliche Begründung. Zwar ist die Evidenz der Behandlungseffektivität Älterer aufgrund fehlender Studien geringer als bei Jüngeren. Allgemein wird aber von einer Wirksamkeit der Suchtbehandlung auch bei älteren Personen ausgegangen[7]. Gute Erfolgsaussichten können schon proaktive, einfache Interventionen haben ( z. B. der Rat, das Trinken aufzugeben. Intensivere Behandlungen sollten die typischen Lebensbedingungen und Themen Älterer adaptieren, z. B. Vereinsamung, Verlusterlebnisse, veränderte Beziehungsgestaltung im Alter. Dies muss berücksichtigt und eine klare und geregelte Tages- und Wochenstruktur, sowie Möglichkeiten zur körperlichen, intellektuellen oder kreativen Beschäftigung geboten werden. Eine nicht konfrontative Haltung und vermehrte Teilnahme an „peer-groups" wurden als hilfreich beschrieben. Jüngere Erfahrungsberichte befürworten eine gemeinsame Behandlung mit Gleichaltrigen. Ältere Menschen sind bislang in Behandlungen unterrepräsentiert. So waren 2010 nur 10,9 % der in ambulanten Rehabilitationseinrichtungen Behandelten 61 Jahre und älter, von den stationären Patienten waren nur 7,2 % über 60 Jahre alt, darunter 3,2 % über 65 Jahre [1].
Ältere Personen mit alkoholbedingten Störungen, die ambulanter und stationärer Pflege bedürfen, können in der Regel an Suchtbehandlungen, wie sie derzeit vorgehalten werden, nicht teilnehmen. Es besteht eine erhebliche Versorgungslücke. Ältere, die sich um eine ambulante Psychotherapie bemühen, machen unter Umständen noch immer die Erfahrung, dass PsychotherapeutInnenes wegen ihres Alters ablehnen sie zu behandeln. Auch in der Suchttherapie und -beratung wenden sich viele Angebote mehr oder weniger ausdrücklich an jüngere Erwachsene bzw. solchen mittleren Alters. Es bedarf also einer altersspezifischen Anpassung der bestehenden Angebote. Einer längerfristigen - über die Klärung organisatorischer Fragen hinausgehenden - Beratung sprechen Fachleute dabei wachsender Bedeutung zu. Im höheren Alter geht es eher um Bilanzierung und Aussöhnung mit dem gelebten Leben sowie um die Erarbeitung konkreter Perspektiven und noch erreichbarer Ziele als um die Umstrukturierung der Persönlichkeit. Eine unterstützende Beratung eignet sich hierfür besser als eine Psychotherapie. Nicht zuletzt ist sicherlich ein gewisser Unwille, sich mit Fragen des Älterwerdens und Altseins zu befassen, mit dafür verantwortlich, dass es für ältere Betroffene oft noch schwierig ist, angemessene Hilfe zu finden.
LITERATURVERZEICHNIS
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4. Glaeske, G. Psychotrope und andere Arzneimittel mit Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial [Text] / G. Glaeske // Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren : Jahrbuch Sucht. - 2008.
5. Hofmann, F. Verbrauch von Zoipidem und Zopicion auf Privatrezepten zwischen 1993 und 2007 [Text] / F. Hofmann, W. Scharffetter, G. Glaeske // Nervenarzt. - 2009. - S. 576-583.
6. Küfner, H. Epidemiologie des Substanzkonsums und der Suchterkrankungen in Deutschland [Text] / H. Küfner // Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz. - 2010. - S. 217-283.
7. Alkoholbezogene Störungen im Alter - Aktueller Stand zu Diagnostik und Therapie [Text] / B. Lieb, M. Rosien, U. Bonnet, N. Scherbaum // Fortschr. NeurolPsychiat. - 2008. - S. 76, 67-68.
8. Pittrow, D. Arzneimittelanwendungen bei Alten- und Pflegeheimbewohnern im Vergleich zu Patienten in ambulanter Pflege bzw. ohne Pflegebedarf [Text] / D. Pittrow, J. Krappweis, W. Kirch // Deutsche Medizinische Wochenschrift. - 2002.
9. Kurzbericht Epidemiologisches Suchtsurvey 2015 [Text] / D. Piontek, J. Atzendorf, E. Gomes de Matos, L. Kraus. - München : IFT Institut für Therapieforschung, 2016.
10. Rösner, S. Gebrauch und Missbrauch von Medikamenten [Text] : Ergebnisse des Epidemiologischen Suchtsurveys 2006 / S. Rösner, S. Steiner, L. Kraus // Sucht. - 2008. - S. 47-56.
11. Schaufele, M. Epidemiologie riskanten Alkoholkonsums im höheren Lebensalter [Text] : eine Übersicht / M. Schäufele // Suchttherapie. - 2009. - S. 4-11.
12. Bevölkerung Deutschlands bis 2060 [Elektronische Ressourse] / Statistisches Bundesamt. - Verfügt unter: ; goo.gl/n9AmQ5. - 12.04.2017.
13. Pflegestatistik 2013. Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung. Deutschlandergebnisse [Elektronische Ressourse] / Statistisches Bundesamt. - Verfügt unter: goo.gl/FiAsAV. - 12.04.2017.
14. Wetterling, T. Medikamentenmissbrauch bei älteren psychiatrischen Patienten [Text] / T. Wettrling, B. Schneider // PsychiatPrax. - 2012. - S. 275-279.
15. Wolter, D. Sucht im Alter. Grundlagen, Klinik, Verlauf und Therapie [Text] / D. Wolter. - Stuttgart: Kohlhammer, 2011.
УДК 316.346.32
Wolfgang Krieger, Ludwigshafen am Rhein, Germania
Wohnbedürfnisse von alten Menschen und die Modernisierung von
Wohnangeboten
For elderly people the apartment represents the place where they spend most of their time.Regarding their restricted mobility and diminished cognitive abilities special demands are placed on the home and its surroundings. Considering the altered lifestyle and the need for security of elderly people their apartments have to be equipped adequately and residential environments have to be shaped with respect totheir often limited physical abilities. The main objective of these projectsis to maintain the independence and healthiness of elderly people. This article shows the special needs of the elderly and their consequences for the design of housing, living environments, infrastructureand the supply of important goods in the immediate vicinity.
Living needs, housing forms, design of housing, living environment, barrier-free living, infrastructure.
Вольфганг Кригер, г. Людвигсхафен на Рейне Германия
Необходимые условия проживания для пожилых людей и модернизация жилищных условий
Для пожилых людей квартира является местом, где они проводят большую часть своего времени. Что касается их ограниченной подвижности и познавательных способностей, особые требования предъявляются к дому и его окрестностям. Учитывая изменившийся образ жизни и потребность в безопасности пожилых людей, их квартиры должны быть надлежащим образом оборудованы в соответствии с их ограниченными физическими возможностями. Основная цель этих предложений -сохранение независимости и здоровья пожилых людей. В этой статье освещены особые потребности пожилых людей и их последствия для оборудования жилья, жилых помещений, социальной инфраструктуры и приобретение важных товаров в непосредственной близости.
Ключевые слова: Потребности в жилищных условиях, формы проживания, оборудование в доме, жилая среда, безбарьерное проживание, развитая инфраструктура.
Wohnen nimmt eine zentrale Bedeutung im Leben von Menschen jeden Alters ein. Gerade aber für ältere Menschen, deren Mobilität zunehmend eingeschränkt ist und die daher fast ihre gesamte Lebenszeit in der Wohnung verbringen, ist es von herausragender Bedeutung, dass