Научная статья на тему 'TEXTSORTENMERKMALE UND GRAMMATIKALISIERUNG IN DIACHRONER PERSPEKTIVE'

TEXTSORTENMERKMALE UND GRAMMATIKALISIERUNG IN DIACHRONER PERSPEKTIVE Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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Ключевые слова
Formulierungsmuster / Futur / Grammatikalisierung / Modalität / Modalverben / Sprachgeschichte / Textsorte / formulation pattern / future / grammaticalization / modality / modal verbs / language history / type of text

Аннотация научной статьи по языкознанию и литературоведению, автор научной работы — Christina Gansel

Am Beispiel der Textsorte Schulprogrammschrift des 18. Jahrhunderts überprüft der Beitrag Grammatikalisierungsprozesse in Hinblick auf die Entwicklung des Futurs mit werden und der Bedeutung von Modalverben. Dabei sollen Erkenntnisse zur Abgrenzung von Grammatikalisierungsprozessen und der Ausbildung von Textsortenmerkmalen gewonnen werden. Der Beitrag basiert auf der Annahme, dass Sprachgeschichte als Geschichte von Textsorten gefasst werden kann. Dies impliziert zugleich, dass sprachliche Merkmale, die sich im 18. Jahrhundert in einer Vielzahl von Textexemplaren unterschiedlicher Textsorten in Übereinstimmung finden lassen, nicht unbedingt sprachliche Merkmale, also Formulierungsmuster darstellen, wie sie den sich entwickelnden Textsorten inhärent sind. Ziel des Beitrags ist es also, eine Differenz zwischen Grammatikalisierungserscheinungen und Textsortenmerkmalen zu erfassen. Dabei kann zunächst auf sprachgeschichtliche Forschungen zu einzelnen relevanten sprachlichen Phänomenen und Grammatikalisierungserscheinungen zurückgegriffen werden, um diese sodann textsortenspezifisch zu interpretieren. Zum Vergleich dienen Wladimir Admonis Erkenntnisse zur deutschen Sprache des 18. Jahrhunderts zum Bereich literarischer und philosophischer Kommunikation, die mit der Schulprogrammschrift dem Bereich Erziehung und Bildung gegenübergestellt werden. Im Vergleich zweier Textexemplare kann gleichzeitig die Entwicklung der Textsorte aus einem Traktat zur Schulprogrammschrift beleuchtet werden. Weiterhin werden Ergebnisse erwartet, die den gemeinsamen Stand von Grammatikalisierungsprozessen aufweisen, hinsichtlich der Textsorte jedoch spezifische sprachliche Gestaltungen im grammatischen Bereich der Modalität zeigen, die in einem Kontext der Reflexion und Reflexivität im 18. Jahrhundert befördert wurde.

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TEXT TYPE FEATURES AND GRAMMATICALIZATION IN DIACHRONIC PERSPECTIVE

Using the example of the text type school program script of the 18th century, the paper examines grammaticalization processes with regard to the development of the future tense with werden and the meaning of modal verbs. The aim is to gain insights into the differentiation of grammaticalization processes and the formation of text type characteristics. The paper is based on the assumption that language history can be understood as the history of text varieties. At the same time, this implies that linguistic features, which can be found in agreement in a multitude of text copies of different text types in the 18th century, do not necessarily represent linguistic features, i. e. formulation patterns, as they are inherent in the developing text types. The aim of the paper is therefore to identify the difference between grammaticalization phenomena and text type characteristics. In doing so, research on the history of language can first be drawn upon in order to interpret individual relevant linguistic phenomena and grammaticalization phenomena in a way that is specific to the text type. For comparison purposes, Vladimir Admoni’s findings on the German language of the 18th century in the field of literary and philosophical communication are compared with the field of upbringing and education. In the comparison of two texts, the development of the text type from a tract to the school program script can be examined simultaneously. Furthermore, results are expected which show the common status of grammaticalization processes but, with regard to the text type, also demonstrate specific linguistic formations in the grammatical area of the modality, which was promoted in a context of reflection and reflexivity in the 18th century.

Текст научной работы на тему «TEXTSORTENMERKMALE UND GRAMMATIKALISIERUNG IN DIACHRONER PERSPEKTIVE»

II. ТИПЫ ТЕКСТА И ТЕКСТОВЫЕ КАТЕГОРИИ В ДИАХРОНИИ И СИНХРОНИИ

УДК 811.11-112

CHRISTINA GANSEL Universität Greifswald

TEXTSORTENMERKMALE UND GRAMMATIKALISIERUNG IN DIACHRONER PERSPEKTIVE

Schlüsselwörter: Formulierungsmuster, Futur, Grammatikalisierung, Modalität, Modalverben, Sprachgeschichte, Textsorte.

Am Beispiel der Textsorte Schulprogrammschrift des 18. Jahrhunderts überprüft der Beitrag Grammatikalisierungsprozesse in Hinblick auf die Entwicklung des Futurs mit werden und der Bedeutung von Modalverben. Dabei sollen Erkenntnisse zur Abgrenzung von Grammatikalisierungsprozessen und der Ausbildung von Textsortenmerkmalen gewonnen werden. Der Beitrag basiert auf der Annahme, dass Sprachgeschichte als Geschichte von Textsorten gefasst werden kann. Dies impliziert zugleich, dass sprachliche Merkmale, die sich im 18. Jahrhundert in einer Vielzahl von Textexemplaren unterschiedlicher Textsorten in Übereinstimmung finden lassen, nicht unbedingt sprachliche Merkmale, also Formulierungsmuster darstellen, wie sie den sich entwickelnden Textsorten inhärent sind. Ziel des Beitrags ist es also, eine Differenz zwischen Grammatikalisierungserscheinungen und Textsortenmerkmalen zu erfassen. Dabei kann zunächst auf sprachgeschichtliche Forschungen zu einzelnen relevanten sprachlichen Phänomenen und Grammatikalisie-rungserscheinungen zurückgegriffen werden, um diese sodann textsortenspezifisch zu interpretieren. Zum Vergleich dienen Wladimir Admonis Erkenntnisse zur deutschen Sprache des 18. Jahrhunderts zum Bereich literarischer und philosophischer Kommunikation, die mit der Schulprogrammschrift dem Bereich Erziehung und Bildung gegenübergestellt werden. Im Vergleich zweier Textexemplare kann gleichzeitig die Entwicklung der Textsorte aus einem Traktat zur Schulprogrammschrift beleuchtet werden. Weiterhin werden Ergebnisse erwartet, die den gemeinsamen Stand von Grammatikalisierungsprozessen aufweisen, hinsichtlich der Textsorte jedoch spezifische sprachliche Gestaltungen im grammatischen Bereich der Modalität zeigen, die in einem Kontext der Reflexion und Reflexivität im 18. Jahrhundert befördert wurde.

CHRISTINA GANSEL University of Greifswald

TEXT TYPE FEATURES AND GRAMMATICALIZATION IN DIACHRONIC PERSPECTIVE

Keywords: formulation pattern, future, grammaticalization, modality, modal verbs, language history, type of text.

Using the example of the text type school program script of the 18th century, the paper examines grammaticalization processes with regard to the development of the future tense with werden and the meaning of modal verbs. The aim is to gain insights into the differentiation of grammaticalization processes and the formation of text type characteristics. The paper is based on the assumption that language history can be understood as the history of text varieties. At the same time, this implies that linguistic features, which can be found in agreement in a multitude of text copies of different text types in the 18th century, do not necessarily represent linguistic features, i. e. formulation patterns, as they are inherent in the developing text types. The aim of the paper is therefore to identify the difference between grammaticalization phenomena and text type characteristics. In doing so, research on the history of language can first be drawn upon in order to interpret individual relevant linguistic phenomena and grammatical-ization phenomena in a way that is specific to the text type. For comparison purposes, Vladimir Admoni's findings on the German language of the 18th century in the field of literary and philosophical communication are compared with the field of upbringing and education. In the comparison of two texts, the development of the text type from a tract to the school program script can be examined simultaneously. Furthermore, results are expected which show the common status of grammaticalization processes but, with regard to the text type, also demonstrate specific linguistic formations in the grammatical area of the modality, which was promoted in a context of reflection and reflexivity in the 18th century.

1. Wladimir Admoni zur deutschen Sprache des 18. Jahrhunderts

In seinem Werk Historische Syntax des Deutschen gelangt Wladimir Admoni auf der Grundlage der Sichtung philosophischer und literarischer Texte zu der Erkenntnis, dass das deutsche Schrifttum im 18. Jahrhundert seine Reife erlangt hat und Ausdrucksmöglichkeiten auf allen Gebieten des Denkens und Schaffens ungewöhnlich steigert. Begründet wird dies mit einem hochdifferenzierten System von Wörtern und von syntaktischen Formen. Für grammatische Strukturen sieht Admoni keine Neuerungen, es würde vielmehr geordnet und vervollkommnet und zur Entfaltung gebracht: „In diesem Sinne kann man sagen, daß das 18. Jahrhundert nicht nur die deutsche klassische Literatur und Philosophie geschaffen hat, sondern auch die klassische

deutsche Sprache" [1, S. 202]. Diese Aussage erscheint stimmig, dennoch soll in dem folgenden Beitrag überprüft werden, ob sie gleichfalls für andere Bereiche der Gesellschaft wie den Bereich der Erziehung Gültigkeit besitzt. Dabei soll die folgende Ableitung Admonis im Zentrum stehen und ernst genommen werden: „Nicht nur die stilistischen Unterschiede, auch die in der Textgattung hatten auf die syntaktische Gestaltung der Texte Einfluß" [1, S. 203]. Anhand literarischer und philosophischer Texte und Belege kann Admoni zeigen, dass sich der Satzumfang reduziert. Die Aufgabe des Ausdrucks eines komplizierten Gedankenganges werde „durch die Mittel der Hypotaxe, der Parataxe und des Elementarsatzes in ihrer Wechselwirkung gleichmäßiger erfüllt" [1, S. 213]. Mit Blick auf Lessing sieht Admoni die Rahmenkonstruktion in einem mannigfaltigeren Gebrauch, Infinitiv- und Partizipial-konstruktionen würden in Äquivalenz zum Nebensatz stehen und der Relativsatz und Attribute entwickeln sich weiter. Dabei ist zugleich die folgende Einschränkung zu beachten: „Aber selbstverständlich wurde solche abgewogene Sprache nicht zum Gemeingut aller Bereiche des sprachlichen Lebens" [1, S. 213]. Der Betonung von Unterschieden in Gattungen wie dem Roman, dem Brief oder dem Traktat, die in diffe-renten gesellschaftlichen Bereichen produziert wurden, soll ebenso in diesem Beitrag Rechnung getragen werden.

Mit der sich im 18. Jahrhundert weiterentwickelnden Textsorte Schulprogrammschrift (auch Einladungsschrift) wird eine hochfrequente Textsorte des 18. und 19. Jahrhunderts als Beispiel herangezogen. Anhand dieser Textsorte überprüft der Beitrag insbesondere Grammati-kalisierungsprozesse als kontextspezifische Modalisierungsprozesse in Hinblick auf die Entwicklung modaler Bedeutungen des Futurs mit werden in Konkurrenz zu Bedeutungen von Modalverben. Dies erfolgt in einer exemplarischen textsortenbezogenen Analyse.

Der Beitrag basiert auf der Annahme, dass Sprachgeschichte als Geschichte von Textsorten gefasst werden kann. Dies impliziert, dass sprachliche Merkmale, die sich im 18. Jahrhundert in einer Vielzahl von Textexemplaren unterschiedlicher Textsorten in Übereinstimmung finden lassen, nicht unbedingt sprachliche Merkmale, also Formulierungsmuster darstellen, wie sie den sich entwickelnden Textsorten inhärent sind. Ziel des Beitrags ist es also, eine Differenz zwischen Grammatika-lisierungserscheinungen und Textsortenmerkmalen zu erfassen. Dabei sind Grammatikalisierungserscheinungen kontextuell und textsorten-spezifisch zu interpretieren.

2. Ausgangstextsorte: Schulprogrammschriften — Einordnung der Textsorte

Die Textsorte Schulprogrammschrift wurde umfänglich und erschöpfend von Friedrich Markewitz (vgl.: [9]) in textlinguistischer Perspektive untersucht, jedoch noch nicht in der hier angestrebten Zielsetzung des Beitrages betrachtet.

Mit dem Untersuchungsgegenstand der Schulprogrammschriften ist eine Textsorte innerhalb des sich entwickelnden Erziehungssystems angesprochen. Sie ist im 18. Jahrhundert auch in deutscher Sprache etabliert und wird bis in das 20. Jahrhundert hinein an höheren Schulen wie an Realschulen produziert und publiziert. Ihre Besonderheit besteht darin, dass sie ein Zeugnis der beginnenden und erforderlichen Selbstbeschreibung des Systems Erziehung darstellt: „Erst im Übergang zur Neuzeit stellt sich die Gesellschaft mehr und mehr auf einen Primat funktionaler Differenzierung um, und seit der Mitte des 18. Jahrhunderts formiert sich auch ein entsprechendes Problem Bewußtsein [sic!]. Seitdem wird die Resonanz auf Umwelt durch eine Mehrzahl von funktionsspezifischen Codes gesteuert und nicht mehr durch gesellschaftseinheitliches oder zumindestens oberschichtenspezifisches ,Ethos'." [8, S. 58].

Den Aspekt der „Selbstbeschreibung der modernen Gesellschaft" [8, S. 135], der sich seit dem 18. Jahrhundert entwickelt, haben Gansel [4] und Markewitz [9] in einer spezifischen auf das System Erziehung bezogenen Bereichsfunktion der Textsorte gefasst. Es handelt sich dabei um eine Funktion, mit der Informationsselektionen auf die Funktion des Erziehungssystems (Lernbefähigung) und die Leistung des Systems (Ermöglichung von Können für unwahrscheinliche Kommunikationen) selbst zu beziehen sind. Sie wird als Reflexionsfunktion bestimmt. Wichtige Erkenntnis ist dabei, dass die in den Schulprogrammschriften sichtbar werdenden Reflexionen von funktionssystemischen zu interaktionssystemischen Reflexionen voranschreiten (vgl.: [9]). Die in Schulnachrichten und Abhandlung geteilte Textsorte selegiert Themen, die sich auf Fachliches, den Unterricht, Unterrichtsgegenstände, didaktische Prinzipien im Vergleich zu wissenschaftlichen, Methodik, Auswahl von Lehrbüchern oder die kognitiven Fähigkeiten des Kindes (Zöglings) beziehen. In den Schulnachrichten der jeweiligen Lehranstalt werden in berichtender Themenentfaltung Prüfungen, das absolvierte Lehrprogramm, die Lehrpersonen und Schüler sowie die Chronologie, der Schule aufgeführt und fortgeschrieben.

In der Selbstbeschreibung durch Lehrende und Direktoren der jeweiligen Einrichtung geht es um die Sammlung von Erfahrungen und deren Darstellung sowie die Reflexion für andere Lehrende. Diese Reflexionen „schließen auch Zukunftsperspektiven ein, fordern Autonomie, erläutern Problemlösungskapazitäten und individualisieren ihr System" [7, S. 965].

Das Individualisieren des Systems zeigt sich in den Abhandlungen, die hier fokussiert werden, in folgender Weise: Die Akteure sind sich in ihren Reflexionen der Zugehörigkeit zu einem bestimmten funktionalen Bereich der Gesellschaft bewusst und reflektieren die Differenz zu Systemen in der Umwelt (vgl.: [4]). In Selbstbeobachtungen und Selbstbeschreibungen sind auf das System bezogene Reflexionen als Formen der Selbstreferenz in der Gestalt der Textsorte erkennbar. Reflexivität zeigt sich, wenn Vorher/Nachher-Differenzen einsehbar gemacht werden, Kommunikation über Kommunikation stattfindet. Das Selbst ist in seinen Prozessen und als System von Reflexivität und Reflexion betroffen (vgl.: [3]). Die tausendfache retrospektive Verschriftlichung der in den Lehranstalten vorgenommenen Variationen und Selektionen zu Lerninhalten und Lehrprogrammen, zu den Rollen von Lehrern und Schülern, zur Gestaltung des Unterrichts oder zu den kognitiven Fähigkeiten des Zöglings fordern einen sprachlichen Kontext, der Reglement und Normierung für das Handeln an einer Bildungseinrichtung (sozialer Kontext) sowie den Wissenskontext um den spezifischen Handlungsbereich und seine Kommunikation einschließt. Als sprachlicher Kontext werden vor diesem Hintergrund modalisierte Aussagen des Autorsubjekts erwartet, die mit einer bestimmten kommunikativen Absicht verbunden sind (vgl.: [10, S. 14]). Unter dieser Annahme soll im Folgenden an zwei Abhandlungen der Gebrauch des Hilfsverbs werden im Zusammenhang mit verwendeten Modalverben untersucht werden. Vorangestellt werden jeweils Befunde zu den syntaktischen Entwicklungen, wie sie Admoni beschrieben hat.

3. Befunde zur Grammatikalisierung und zu Textsortenmerkmalen: kontextspezifisches werden und kontextspezifische Modalverben

Der Aspekt der Zukunftsperspektiven und der Problemlösungskapazität erscheint für Reflexionen eines sich konturierenden modernen funktionalen Systems, wie es die Erziehung im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts darstellt, relevant. Aus der Sicht gewonnener Erfahrungen beschreiben die Autoren von Abhandlungen innerhalb der Textsorte Schulprogrammschrift zukünftige Erfordernisse, bewährte und der Verallgemeinerung

würdige Lehrprogramme. Für die textliche Bearbeitung von Zukunftsperspektiven und Problemlösekapazitäten werden Selbstpositionierungen in den Texten einsehbar, die verdeutlichen, was in dem Zusammenhang mit erworbenem Wissen über eine Handlungs- und Kommunikationssphäre notwendig erscheint. Damit wird Modalität zu einer „textbildenden Kategorie" [2, S. 28], die neben lexikalischen Mitteln von dem Feld grammatischer Mittel — dem Futur mit werden und den Modalverben — Gebrauch macht und deren modale Bedeutung stärkt.

Grundsätzlich kann zunächst in Hinblick auf die Polygrammatikali-sierung von werden festgehalten werden, dass in den hier untersuchten Texten des 18. Jahrhunderts werden in seiner Funktionsvielfalt als Kopula, Passivauxiliar, Futurauxiliar, Konjunktivauxiliar oder epistemisches Modalverb zu beobachten ist. Wie Szczepaniak [11, S. 144] ausführt, „(hat) im Deutschen <...> kein Modalverb die letzte Stufe in der Entwicklung von Modalverb > Intention > Futur erreicht. Diese Grammatikalisierung wurde abgebrochen, denn das Verb werden erwies sich als besserer Kandidat für das Futurauxiliar". Und weiter heißt es, dass „die Periphrase werden+Infinitiv <...> die Grammatikalisierung von Modalverben zu Futurauxiliaren blockiert" habe [11, S. 148]. Dennoch sind Modalverben in den hier untersuchten Texten des 18. Jahrhunderts sehr präsent, da der Reflexionskontext in der Eigenlogik des Systems ihre Verwendung befördert und damit die Schärfung und Konturierung von Modalität. Dies soll anhand der beiden Quellen a) Alberti (1727, Tractat) und b) Leun (1791, Abhandlung in einer Einladungsschrift) beleuchtet werden.

Zum methodischen Vorgehen sei vorangestellt, dass im Rahmen einer qualitativen Untersuchung in einem ersten Schritt einige ausgewählte Befunde zur Satzlänge, zu Nominalkonstruktionen sowie Infinitivkonstruktionen im Vergleich zu den Erkenntnissen zu syntaktischen Strukturen, wie sie Admoni gewonnen hatte, dargestellt werden sollen. In einem zweiten Schritt geht es um das Auxiliar werden in unterschiedlichen Funktionen sowie Modalverben in dem spezifischen Kontext der Reflexivität und Reflexion.

3.1. Alberti (1727)

Bei dem ersten Text von 1727 handelt es sich noch nicht um eine im Sinne der Schulprogrammschrift ausgewiesene Abhandlung1. Aus

1 Die Bibliothek der Universität Greifswald führt diesen Text allerdings in der Systematik der Schulprogramme. Der Tractat weist mit dem Autor und seiner Funktion

dem Titelblatt geht jedoch hervor, dass der Autor die Profession eines Con-Rectors einer Schule innehatte und in dieser Position eine wichtige selbstreflexive Abhandlung zur Rolle des Lehrers in der Erziehung verfasste. Er selbst bezeichnet seine Abhandlung in der Vorrede als „kleinen Tractat" [I, Vorrede, S. 5]. Traktate des 18. Jahrhunderts geben Einblicke in gesellschaftliche Modernisierungsprozesse2. Sie lassen sich als historische Textform der Wissenskompilierung, der Wissensakkumulation und Wissenszirkulation mit spezifischer Referenz auf einen sich modernisierenden funktionalen Bereich der Gesellschaft einordnen. Wie in dem hier aufgeführten Text gelangen bekanntes Wissen und Handeln zur Reflexion, das auf den Referenzbereich der Erziehung ausgerichtet wird. Alberti stellt seiner Abhandlung eine Vorrede voran, in der genau dies die Ursache für seine Schrift belegt. Er führt ein, „daß die allernützlich-sten und nöthigsten Sachen entweder gar versäumet, oder nur obenhin tractiret werden: so geht es auch insonderheit mit der Unterrichtung und Erziehung der Kinder. Es ist solches Werck von der grösten Nothwen-digkeit (Hervorhebung im Original. — Ch. G.) <...>" [I, Vorrede, S. 3]. Mit Kindern zu arbeiten, verortet Alberti als „höchstwichtige Sache" [I, Vorrede, S. 4]. Wie es nun einem Lehrer gelingt Kinder — in dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts noch gottesfürchtig — zu erziehen, „solches wird in diesem kleinen Tractat aufrichtig und wohlmeinend entdeckt werden" [I, Vorrede, S. 5-6]3.

Im Folgenden sollen Befunde der Paragraphen I bis III des ersten Kapitels (Von der Tüchtigkeit eines informatoris) [I, S. 7-12] aufgeführt werden. Bevor auf die Verwendung des Auxiliars werden und der Modalverben eingegangen wird, zeigt ein Blick auf Satzlängen und Satzformen, dass die Sätze auf den ersten beiden Seiten zwischen 22 und 57 Wörter enthalten. Von den sieben Sätzen sind fünf Satzgefüge und zwei Satzverbindungen. Der erste einfache Satz findet sich auf der Seite zwölf. Nominalphrasen und Präpositionalphrasen verweisen inhaltlich auf die grundsätzliche Richtung und Qualität der Information, also der gottbezogenen Arbeit des informatoris. Dabei dominieren Muster mit linksseitiger Erweiterung des Kernnomens, wie sie die folgende Tabelle zeigt.

zwar einen Schulbezug auf, erscheint jedoch ohne Nachrichtenteil, was ihn als Text in der Entwicklung vom Traktat zur Textsorte auszeichnet. Siehe dazu Gansel [6].

2 Siehe dazu ausführlich Gansel [5; 6].

3 In diesem Beleg findet sich werden gleichsam als Passiv- und Futurauxiliar in der Funktion, das Vorhaben der Abhandlung zu signalisieren.

Tabelle. Muster von Nominal- und Präpositionalphrasen*

Nominalphrase Belege Prapositionalphrase Belege

Pron. + N ihrem Nächsten, seinen Anvertrauten Prap. + N nach Wunsche

Pron. + Adj.+N sein göttliches Gedeyen, sein ganzes Herz Prap. + Pron. + N vor allen Dingen, mit seiner Gnade, zu allem Pflanzen und Begiessen, vor ihren Vorgesetzten

Art.+ N + Attr.„ /Attr... Gen. rrap. die Furcht des Herrn, die Prap. + N + Attr.Gen /Attr.p aus Liebe zu den Kindern

Gnade des heiligen Geistes, ein Meister über seine adfecten

Art.+ Adj.+N die wenigsten informatores, der große Gott, einen geistlichen Vater, eine rechtschaffene und ungeheuchelte Gottesfurcht Prap. + Art. + N + Attr.,, /Attr.„.. r Gen. Trap. in den Tagen seines Fleisches; in der Vermahnung zum HERRN

Art. + Adj. + N + Attr.Qen die wahre und ungeheuchelte Furcht Gottes Prap. + Pron. + Adj. + N zu ihrer sündlichen Gewohnheit, vor dessen allsehendem Auge, nach seiner unaussprechlichen Menschen=Liebe

Adj. + N reichem Segen Prap. + Art. + Adj. + N aus einer einfältigen Unbedachtsamkeit

Art. + Pron. + N eine solche Gabe Prap. + Art. + N + Adj.Attr + N auf eine Gott wohlgefällige Art

Art. + Pron. + Adj. + N eine solche thörichte Affenliebe — —

Präp.Qen + N der Weisheit Anfang, seiner Anvertrauten Bestes — —

Anmerkung. * Legende: Adj. = Adjektiv; Adj.Attr = adjektivisches Attribut; Art. = Artikel; Attr.Qen = Genitivattribut; Attr.pr„p = Präpositionales Atribut; N = Nomen; Präp. = Präposition; Präp.Gen — Präpositiver Genitiv; Pron. = Pronomen.

Infinitivkonstruktionen mit zu sind auf die Zielsetzung der Information (des Lehrens) gerichtet und dominieren in der Form Gott und dem Nächsten zu dienen als Finaladverbial.

In der untersuchten Textpassage findet sich die Konstruktion werden + Infinitiv neunmal:

da wird ein informator nicht ein Sclave von seinen adfecten seyn; in den Bestrafungen wird er sich nicht übereilen, noch viel weniger sich ungebehr-dig anstellen; sondern er wird warnen und strafen als ein solcher, der dies Amtes wegen thun müsse; nächst dem wird es sich auch wohl vorsehen [I, S. 9];

er wird gerade durch gehen, mit aller moderation seinen Anvertrauten vorstehen; weil ein informator alsdenn in seiner information nach Wunsche avanciren wird; ein Vertrauen wird man sich bey seinen Untergebenen zuwege bringen, wenn man sie liebet [I, S. 10];

wird nicht immer in sein Kind hineinschmeissen; er wird es suchen <...> zu ermahnen [I, S. 12].

Die Verwendung von werden im Aktiv/Indikativ + Infinitiv kann im Kontext der Reflexion der Rolle des Lehrers mit Bezug auf Gott nicht als Form des Futurs interpretiert werden. Die Interpretation, dass in den aufgeführten Formen eine Subjektivierung erfolgt, d. h. eine auf Annahmen des Schreibenden beruhende Haltung zur Äußerung eingebracht wird, erscheint hier sinnvoll. Dabei geht es jedoch nicht um Prognosen oder Vorhersagen über Zukünftiges, sondern um die Kanalisierung eigenen Handlungswissens als Anweisung zur Nachahmung und Berücksichtigung durch andere in der Profession des Lehrers agierende Personen. Werden + Infinitiv wird in dem Kontext des Tractats zur Kennzeichnung von Annahmen dazu genutzt, wie ein guter Lehrer sein soll, also als Notwendigkeit. Die Subjektivierung beruht auf der Beschreibung eigener Erfahrungen und damit in der Selbstbeschreibung einer sozialen Rolle, sie ist pragmatisch dominiert als Verallgemeinerung der Anforderungen an einen guten Lehrer.

Zur Verwendung von Modalverben ergibt sich in dem untersuchten Textabschnitt folgendes Bild (Modalverb im Indikativ/Konjunktiv): müssen 10/4; sollen 6/-; können 4/1; mögen 1/-; wollen -/2.

Das Modalverb dürfen erscheint in dem Abschnitt nicht. Ein Beleg zu dem Modalverb wollen (will hierzu nöthig sein [I, S. 10]) kann in zukünftiger Bedeutung gelesen werden. Die Dominanz des Modalverbs müssen

spiegelt sich gleichfalls paratextuell in den Glossen wider. Der Tractat enthält insgesamt auf seinen 72 Seiten 40 verallgemeinernde Glossen. Von diesen werden 27 in der Struktur x muss + Infinitiv gebildet. Sie verteilen sich auf zwei Kapitel, in denen jeweils zwei Glossen ohne Modalverb vorangehen: Kapitel I: Von einem tüchtigen informatore wird erfordert, 1) Gottesfurcht, 2) Muß er ein Herr seiner adfecten seyn. 3) Muß er ein Vaterhertz haben. usw.; das „andere" (II. Kapitel): 1) Von der Zucht überhaupt, 2) Was durch die Zucht verstanden wird. 3) Man muß einen Unterschied zwischen Bosheit und kindischem Muthwillen machen. usw.; Kapitel III: 1) Die erste Hinderniß ist der Kinder Frechheit. Es schließen sich Glossen nach dem Muster eines wenn-Nebensatzes an: Wenn man/ Eltern/informatoris <...>finites Verb.

Die komplexe modale Struktur des Textes wird in dieser Sichtung durch Modalverben und dabei die starke Präsenz von müssen, das kontextspezifische modalisierte werden, Konstruktionen nach dem Muster x ist nothwendig sowie den modalen Infinitiv haben/sein + zu + Infinitiv (Hat dahin zu sehen, ist zu verwahren, ist einzuschärfen oder ist zu nennen) gestützt und strukturiert. Mit Nefedov kann auf eine Form „prä-skriptiver Modalität" [10, S. 18, 20] geschlossen werden, die durch die benannten sprachlichen Mittel expliziert wird. In diesem Sinne könnte unter Rücksicht auf die benannten sprachlichen Mittel in ihrem Kontext gleichfalls von „ontologischer Notwendigkeit" [2, S. 28] gesprochen werden, indem ein Sein, das so zu sein hat, markiert wird.

3.2. Leun (1791) — Abhandlung in einer Einladungsschrift

Johann Georg Friedrich Leun lebte von 1757 bis 1823. Das Titelblatt zur Einladungsschrift weist ihn folgendermaßen aus: „Der Weltweisheit Doktor und ausserordentlichem Professor auf der Universität zu Giessen auch ordentlicher Lehrer bey dem Fürstlichakademischen Pädagogium daselbst" [II, S. 1]. Als Kenner alter Sprachen, insbesondere des Hebräischen, verfasste er die hier in Rede stehende Abhandlung. Zum Ende des 18. Jahrhunderts hat diese Abhandlung ihren Sitz im Erziehungssystem und setzt sich mit dem Zweck der Vermittlung und des Erlernens alter Sprachen nicht nur an höheren, sondern auch an niederen gelehrten Schulen auseinander. Damit wird programmatisch reflektiert, ob niedere und höhere Schulen tote und lebendige Sprachen in ihr Curriculum einbeziehen sollen oder nicht. Die Abhandlung folgt einem bis weit in das 19. Jahrhundert hinein typischen Argumentationsmuster, das

die These stützt, dass die Erlernung alter Sprachen die kognitive Entwicklung fördert. In diesem Sinne schließt die Abhandlung mit der folgenden Schlussfolgerung:

Ohne daß man also Ursache hat, die Erlernung der Realien auf Schulen ganz zu verwerfen, darf man sie doch nicht so hoch ansetzen, daß darüber die formelle Bildung des Geistes leidet, und diese schlechterdings nicht, besonders da junge Leute es doch nie in Realkenntnissen weit bringen werden, ihnen zu lieb vernachlässigen [II, S. 14].

Die Satzlängen auf den ersten beiden Seiten des Textes korrespondieren mit dem hypotaktischen Satzbau. Von zehn Sätzen auf den ersten beiden Seiten handelt es sich bei sieben Sätzen um komplexe hypotaktische Konstruktionen, deren Wortanzahl zwischen 50 und 90 Wörtern liegt. Drei Satzverbindungen haben eine Länge von jeweils 81, 59 und 39 Wörtern.

Nominalphrasen und Präpositionalphrasen werden auf der Grundlage rechtsseitiger Erweiterungen des Kernnomens umfangreicher. Der Verbindung aus Adjektiv bzw. Pronomen und Nomen folgt ein Attributsatz, Genitiv- und präpositionale Attribute treten nach dem Nomen in hierarchischer Staffelung bis zu drei Gliedern auf und enthalten adjektivische Attribute. Gleichzeitig sind adjektivische bzw. pronominale Attribute in hierarchischer Staffelung oder koordiniert linksseitig des Nomens zu verzeichnen. Auch in präpositionalen Gruppen ist der Attributivsatz nach dem Nomen zu beobachten. Linksseitig finden sich partizipiale attributive Phrasen. Einige ausgewählte Beispiele sollen dies illustrieren:

mehreren verdienstvollen Männern, denen die Erziehung am Herzen liegt [II, S. 3];

den niederen gelehrten Schulen [II, S. 3]; die Stelle des Unterrichts in alten Sprachen [II, S. 3]; die von ihnen hervorgebrachten Verteidigungsgründe [II, S. 4]; die Gegner des Studiums der alten Sprachen auf Schulen [II, S. 4]; aus der Natur der Wissenschaften und der menschlichen Seele hergenommenen Gründe [II, S. 6].

Die Nominalphrasen und Präpositionalphrasen dienen der Benennung der Reflexionsobjekte. Sie entsprechen den Zwecken von Erzie-

hung und Bildung hier nun losgelöst von göttlichen Bezügen. Zu + Infinitiv-Konstruktionen stehen gleichfalls im Dienst der Zwecksetzung, sie kennzeichnen zu erwerbende Fähigkeiten: nöthighat <...> zu erkennen <...> zu behandeln; Begriffe zu bilden, zu ordnen, zu denken; Fähig sein <...> mitzuteilen <...> zu ziehen <...> zu vermehren <...> zu berichtigen [II, S. 6].

Die ersten 14 Sätze des Textes sind der Einführung in die Problematik gewidmet. Sie geben im wissenschaftlichen Sinne die Diskussion um die Erlernung alter Sprachen zum Ende des 18. Jahrhunderts wieder und an sie knüpft die nachfolgende Argumentation an, weshalb Modalverben und Konjunktive zur Wiedergabe von Ist-Zuständen und fremden Positionen genutzt wurden:

Daß aber nach der itzigen Einrichtung alle, auch die nur einigermassen eine wissenschaftliche Bildung erhalten sollen, wenigstens die alte römische und griechische Sprache lernen müssen, das sey überaus zeitverderblich und schädlich, und der vornehmste Grund, warum soviele sich zu ihrem zukünftigen Berufe nicht geschickt genug machen: der junge Mensch müsse dasjenige vorzüglich lernen, was er in seinem übrigen Leben einmahl unmittelbar anwenden könne, und was er etwa gar nicht, oder doch sehr entfernt nutzen könne, das solle man ihm billig erlassen [II, S. 3].

In diesen Sätzen kann von Evidentialität statt von Modalität gesprochen werden. Die Informationsquellen werden in unterschiedlicher Weise benannt, indem der Autor Leun anonymen oder konkreten Bezug auf das Rauschen im Diskurs zur Rolle von alten Sprachen im Unterricht nimmt:

mehrere verdienstvolle Männer, man [II, S. 3];

es hat nicht an Männern gefehlt [II, S. 4];

in der Berliner Monatsschrift im Februar und März von 1788, durch die gelehrte Abhandlung des Herrn Rehbergs [II, S. 5].

Nach einem Absatz setzt der Autor auf der Seite fünf nach der Pro-blematisierung mit der Eigenpositionierung ein und argumentiert als Verfechter der Notwendigkeit des Studiums alter Sprachen für diese. Die Positionierung des Autors erfolgt in der Ich-Form:

Was ich itzt darzuthun gedenke [II, S. 5];

Ich nehme hier gar nicht darauf Rücksicht [II, S. 6];

Ich sage nun nicht [II, S. 7];

Ich will mich dermahlen, So sehr ich überzeugt bin, Ich sehe auch nicht ein [II, S. 9];

Daher glaube ich [II, S. 11];

Ich glaube, daß man überall nichts so vortheilhaftes auffinden könnte [II, S. 14].

Modalität erscheint in analytischen Verbformen in Verbindung mit Modalverben, die im Dienst der Reflexion der Funktionssetzung des Unterrichts in alten Sprachen stehen. Die Modalverben kommen in dem vierzehnseitigen Text in folgender Weise vor (Anzahl/davon Konjunktiv): sollen 12/2, können 16/5, müssen 13/3, dürfen 9/3, wollen 7/3, mögen 3/3:

Ich sehe auch nicht ein, wie besonders junge Leute, ohne eine Übersetzung in die Muttersprache, d. h. ohne Vergleichung einer ausländischen mit der Sprache des Mutterlandes zu einer Richtigkeit im Sprachstudium gebracht werden sollen, und welche Methode, die ihrer Fassungskraft angemessen wäre, man einschlagen wollte, um ihnen den gehörigen Sinn der Worte und Redensarten begreiflich zu machen <...> [II, S. 9].

In dem vorangegangenen Beispielbeleg wird eine Einstellung von anderen Personen dazu, wie das Sprachstudium aussehen soll, gegeben. Der Autor distanziert sich von der Idee und kritisiert sie in gewissem Maße, indem er durch die Formulierung Ich sehe auch nicht ein seine Gegenwehr signalisiert und das Finden einer richtigen Methode bezweifelt (Konjunktiv II von wollen). Damit positioniert sich der Autor in einer Gemeinschaft derjenigen, die spezifische Unterrichtsprogramme reflektieren. Modalität als textkonstituierendes Mittel changiert in diesem Text zwischen einer deontischen und epistemischen Modalität der Notwendigkeit, wie sie Andreewa (vgl.: [2]) für wissenschaftliche Texte nachweist. Dies ergibt sich nicht zufällig, denn Schreibende in der Doppelposition des Lehrers und des Wissenschaftlers an Schule und Universität präferieren ein wissenschaftliches Schreiben mit didaktischen Bezügen (vgl.: (9, S. 431-527]).

4. Fazit

Der Vergleich der beiden Quellentexte sollte zunächst einsichtig machen, dass syntaktische Strukturen in ihrer Entwicklung von solchen Faktoren wie dem funktionalen Bereich der Gesellschaft, der Profession des Autors, dem Entwicklungsstand der Textsorte abhängen. Der Kon-

text der frühen systemspezifischen Selbstbeschreibung und Selbstreflexion befördert einen Kontext der Modalisierung, der hier sprachliche Mittel einer ontologischen Modalität der Notwendigkeit im Zusammenhang mit Grundsätzlichem des Systems Erziehung (Lehrer, Schüler, Methode) in Selbstpositionierungen zeigte. Im Abstand von etwa 70 Jahren zeigen sich Schattierungen der Modalität der Notwendigkeit, mit denen eine Selbstpositionierung innerhalb einer Gemeinschaft zu interaktionssystemischen Zusammenhängen des Unterrichts vorgenommen wird. Es kann also geschlussfolgert werden, dass ein wie der hier beschriebene Kontext für die Verankerung von sprachlichen Mitteln, insbesondere der Modalverben, im Feld der Modalität förderlich und festigend war. Die Funktion der Reflexivität und Reflexion sucht sich ihre Form — sprachliche Mittel der Modalisierung. So kann konstatiert werden, dass nicht nur werden als Futurauxiliar die Funktion des Futurs bei Modalverben blockiert, sondern ein spezifischer Kontext die modale Kernbedeutung der Modalverben konturiert und festigt.

Quellen

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14 S.

Literatur

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References

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11. Szczepaniak R. Grammatikalisierung im Deutschen: Eine Einführung. Tübingen, Narr, 2009, 211 p.

Christina Gansel

Außerplanmäßige Professorin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Arbeitsbereich Germanistische Sprachwissenschaft, Institut für deutsche Philologie, Doctor Philosophiae Habilitatus

Adresse: Deutschland, D-17487, Greifswald, Rubenowstraße, 3 Christina Gansel

Extraordinary Professor, Scientific Associate, Department of German Linguistics, Institute for German Philology, Doctor Philosophiae Habilitatus Address: 3, Rubenowstraße, Greifswald, D-17487, Germany

E-mail: gansel@uni-greifswald.de

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