Научная статья на тему 'Korruption wird geschmiert wie Eh und je?'

Korruption wird geschmiert wie Eh und je? Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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Ключевые слова
KORRUPTION / BESTECHUNG / SCHMIERGELD

Аннотация научной статьи по языкознанию и литературоведению, автор научной работы — Kury Helmut

Der Artikel des deutschen Experte in der Korruption ist viel erkennbar. Mit dem Artikel von Helmut Kury haben wir die ausgezeichneten Schaetzungsuebersicht der Forschungen der Fremdautoren zu Korruptionsprobleme in Europe und Deutschland empfangen. Es sind die voelkerrechtliche Quelle der Korruptionbekaempfung vorgefuehrt. Man vergleicht sich einige Seiten der Korruption in verschiedener Staaten. Es gibt ebenfalls die Anschauungstabelle. Erkennbar ist auch die Information ueber die Taetigkeit der Internationalen Organisation, Transparency International, spezialisierende sich in Korruptionbekaempfung. Als Offenbarung und Neuheit wird es fuer russischen Lesern sich ueber die Einzelheiten der Korruption in Deutschland erkundigen. Alle diese Angaben, gewissene nur fuer enge Kreise von der Spezialisten, sind nuetzlich fuer jeden Leser und fuehren uns ins Problem hoechstens ungezwungen und sogar elegant hinein.

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Текст научной работы на тему «Korruption wird geschmiert wie Eh und je?»

уголовное право и криминологоия

УДК 341.4:343.352:328.185

helmut kury

Der Professor der Kriminologie

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht

KORRUPTION - WIRD GESCHMIERT WIE EH UND JE?

Der Artikel des deutschen Experte in der Korruption ist viel erkennbar. Mit dem Artikel von Helmut Kury haben wir die ausgezeichneten Schaetzungsuebersicht der Forschungen der Fremdautoren zu Korruptionsprobleme in Europe und Deutschland empfangen. Es sind die voelkerrechtliche Quelle der Korruptionbekaempfung vorgefuehrt. Man vergleicht sich einige Seiten der Korruption in verschiedener Staaten. Es gibt ebenfalls die Anschauungstabelle. Erkennbar ist auch die Information ueber die Taetigkeit der Internationalen Organisation, Transparency International, spezialisierende sich in Korruptionbekaempfung.

Als Offenbarung und Neuheit wird es fuer russischen Lesern sich ueber die Einzelheiten der Korruption in Deutschland erkundigen. Alle diese Angaben, gewissene nur fuer enge Kreise von der Spezialisten, sind nuetzlich fuer jeden Leser und fuehren uns ins Problem hoechstens ungezwungen und sogar elegant hinein.

1. Einleitung

Korruption wird in den letzten Jahren auch zunehmend mehr in westlichen Industriestaaten als Problem diskutiert. In Deutschland hat das Thema vor dem Hintergrund von Medienveröffentlichen und strafrechtlichen Ermittlungen seit etwa 1990 mehr und mehr Aufmerksamkeit erhalten. Gerade die Medien haben bei der Aufdeckung großer Fälle eine wichtige Rolle gespielt. Korruption steht für den Missbrauch einer Vertrauensstellung innerhalb der Verwaltung, Politik, Justiz, Wirtschaft oder auch nichtwirtschaftlicher Vereinigungen, wie etwa Stiftungen, um daraus unrechtmäßig einen Vorteil zu erlangen. Wie etwa Kaiser (1996, S. 433) zu Recht betont, stehen bei der Korruption «Gesellschaft und Staat, ja die politische Kultur schlechthin auf dem Prüfstand». Wie sehr die Aussicht auf großen Profit Menschen korrumpieren kann ist nicht nur aus wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt, sondern wurde auch in der schöngeistigen Literatur immer wieder thematisiert (vgl. etwa Dürrenmatt 1956). Hinsichtlich Definition und einer Abgrenzung zu nicht strafbaren Handlungen bereiten die «Vagheit und Konturenlosigkeit der Korruption» Probleme. Bannenberg (2009, S. 359) betont, Korruption sei vor allem in den Randbereichen schwer zu definieren, vor allem die Grenzen der politischen Korruption seien unscharf, da gerade diese

sich der empirischen Beobachtung und Strafverfolgung entziehen könne, was vor allem auch damit zu tun hat, dass es hier um Kriminalität der Mächtigen geht (vgl. a. Kaiser 1996).

Korruption findet sich in zahlreichen Bereichen des öffentlichen Lebens, neben der Verwaltung etwa im Baubereich, Gesundheitswesen oder auch der Politik. Weiss (2010) spricht hinsichtlich des Gesundheitswesens gar von einer «korrupten Medizin». Bannenberg u. Schaupensteiner (2007, S. 11) nennen explizit «Bestechung, Ämterpatronage, Filz, Vorteils-nahme, Verknüpfung privater und dienstlicher Interessen, dubiose Beraterverträge, illegale Parteispenden, Rüstungsgeschäfte, Müllskandal mit Korruption beim Bau von Müllverbrennungsanlagen wie den nachfolgenden langfristigen Entsorgungsverträgen und zunehmend Bestechungen in der Privatwirtschaft». Sie sprechen weiterhin von Bestechungen im Bankenwesen, im Fahrzeughandel, bei großen Automobilfirmen, «typischerweise» würden bei Großaufträgen von vornherein einige Prozente der Gesamtsumme als Schmiergeld einberechnet, es würden schwarze Kassen angelegt und Scheinrechnungen ausgestellt (vgl. neuerdings Vietz 2010). Vor allem Siemens ist in den letzten Jahren in negativer Weise in den Blickpunkt der Öffentlichkeit getreten, aber auch große Firmen wie der Volkswagenkonzern. Korruption ist auch kein

nationales Phänomen, lediglich der Umfang ihrer Ausprägung ist in den einzelnen Ländern abhängig von den Kontroll- und Verfolgungsstrukturen und der Informiertheit und Sensibilität der Öffentlichkeit deutlich unterschiedlich.

2. Korruption - ein neues Phänomen?

Die neuerliche intensivere Diskussion des Phänomens Korruption kann den Eindruck erwecken, als handle es sich hierbei um ein relativ neues Problem, was jedoch, wie ein Blick in die Geschichte zeigt, keineswegs der Fall ist (Sturminger 1982). Korruption als Teil sozial abweichendem bzw. kriminellem Verhalten ist, wie Kriminalität allgemein, so alt wie die Menschheit selbst (Barnick u.a. 2007). So weist etwa Kulesza (1995) auf Bestechung bereits im politischen Leben Athens im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. hin. Wie Barnick u.a. (2007) betonen werde Bestechung bereits in der Bibel, etwa im Alten Testament «ungezählte Male verurteilt», so etwa, wenn es im zweiten Buch Moses (Exodus 23,8) heißt: «Du sollst dich nicht bestechen lassen,; denn Bestechung macht Sehende blind und verkehrt die Sache derer, die im Recht sind» (Die Bibel 1980, S. 75). Bereits hier werden vor allem auch Korruption und Bestechung in der Rechtssprechung besonders beklagt, so etwa im ersten Buch Samuel (1 Sam 8, 2-3): «Als Samuel alt geworden war, setzte er seine Söhne als Richter Israels ein. ... Seine Söhne gingen nicht auf seinen Wegen, sondern waren auf ihren Vorteil aus, ließen sich bestechen und beugten das Recht» (Die Bibel 1980, S. 276).

Auch im Neuen Testament setzt sich die Korruption fort, etwa wenn Judas Jesus für Geld verrät (Mt 27,3) oder die Wächter am Grab Jesu für Geld falsch aussagen (Mt 28,12) (vgl. ausführlich Schirrmacher 2005, S. 4f.). Nach Schirrmacher (2005, S. 5) wurden auch damals schon die Gefahren der Korruption für eine Gesellschaft klar erkannt: «Den Filz der Korruption, der mehr und mehr alle Lebensbereiche verschlingt und die Gesellschaft von oben her verdirbt und zerstört, zeigt vielleicht kein Text besser auf als eine Anklage des Propheten Mich: «Der Oberste fordert, und der Richter richtet gegen Entgelt, und der Große entscheidet nach der Gier seiner eigenen Seele, und sie flechten es ineinander».

Wie nicht anders zu erwarten findet sich eine ausgiebige Korruption auch im Alten Rom. Weeber (1995, S. 281) berichtet etwa, dass trotz strenger Strafen bis hin zur Todesstrafe es immer wieder und durchgehend

zur Korruption kam, beispielsweise hinsichtlich der Bestechung der Kuriere für die Staatspost, die sich so ein Zubrot verdient haben, von größeren Fällen staatlicher Korruption oder im Bereich der Wirtschaft und Politik ganz abgesehen (vgl. Bringmann 2010; Badian 1997). Korruption wurde auch in der Hochkultur des alten Ägyptens streng bestraft, was darauf hinweist, dass ihre Schädlichkeit erkannt wurde. So wurden bis 1.300 v. Chr. Priester hingerichtet, wenn sie sich in ihrer richterlichen Funktion bestechen ließen (Barth 2000).

Schubert (2007, S. 183) berichtet bezogen auf das Mittelalter, dass Korruption einen «großen Bereich der Oberschichtkriminalität» ausgemacht habe. «In einer Welt von Gabe und Gegengabe ist naturgemäß schwer auszumachen, wo das höfliche Geschenk beginnt und die Bestechung anfängt. Eindeutig allerdings vergingen sich in fränkischer Zeit Grafen gegen das Gesetz, wenn sie Verbrechern Hilfe oder Unterstützung angedeihen ließen». In Bern wurde 1612 ein Landvogt wegen nachgewiesener Bestechlichkeit hingerichtet. Kriminalität war in allen Schichten anzutreffen, auch bei der Geistlichkeit (S. 184), «was bei der Sonderstellung der Geistlichkeit große Probleme (bereitete). Das ,privilegium fori' schützte den Kleriker vor dem Zugriff des weltlichen Gerichts. Unendlich die Zahl der daraus erwachsenden Konflikte. Geistliche können Betrüger werden, Mönche kriminell. Und immer wieder wird Klerikern Amtsmissbrauch vorgeworfen». Diese Sonderstellung der Geistlichkeit hinsichtlich des Umgangs mit straffälligem Verhalten, heute (sexueller) Missbrauch von Schutzbefohlenen, beschäftigt die Diskussion bis in unsere Tage.

Nach Schubert (2007, S. 205) wird der Ausdruck «Betrug» bis ins 16. Jahrhundert nur in nichtjuristischen Texten verwandt. «Weder das Mittelalter noch die frühe Neuzeit kennen einen juristisch klassifizierenden Begriff» für Betrug. Nicht nur Kaiser, Fürsten und Adelige betrogen, auch die bürgerliche Oberschicht. Kaufmannskriminalität, etwa seitens der Fugger, war ein breites Thema des Mittelalters, wurde «jedoch nur in wenigen Hansestädten als Straftat verfolgt» (S. 206). Auch im Zusammenhang mit den später folgenden Hexenprozessen spielt diese Form der Kriminalität eine zentrale Rolle (Schubert 2007, S. 243): «Gestörte soziale Beziehungen, Nachbarschaftskrisen, Familienstreitigkeiten sind häufig Voraussetzungen für Hexenprozesse, nicht zu vergessen auch Korruption und Gewinnsucht».

Im 18. Jahrhundert wurde Korruption auf politischer Ebene teilweise systematisch praktiziert. So wurden etwa Minister an den Höfen anderer Staaten bestochen. Ludwig II, der frühere König Bayerns, soll von Bismarck jährlich mit ca. 300.000 Goldmark bestochen worden sein, damit er sich für die Ernennung des Preußenkönigs zum deutschen Kaiser einsetzte (Barth 2000).

Karl Liebknecht, ein prominenter internationaler Sozialist, hat 1913 in Deutschland einen der größten und ersten Korruptionsskandale aufgedeckt. Damals galt Korruption unter deutschen Beamten fast als unmöglich. Kaiser Wilhelm II. betrieb eine aggressive Rüstungspolitik, an der deutsche Unternehmen, vor allem die Stahlwerke Krupp AG, verdienen wollten. Entsprechend verteilten Vertreter der Firma in der Regierungszentrale Berlin Geschenke an entscheidende Personen. Im Herbst 1912 flog alles auf, wobei Karl Liebknecht bei der Aufdeckung des Skandals eine wesentliche Rolle spielte. Wie nicht selten verriet ein entlassener Mitarbeiter den Skandal. Nach Bekanntwerden im Kriegsministerium ging die Polizei gegen Krupp vor, allerdings möglichst verdeckt und geheim. Liebknecht machte den Skandal schließlich öffentlich, da er vermutete, dass die Angelegenheit unter den Tisch gekehrt werden sollte. Die Medien berichteten daraufhin entsprechend breit, der Kriegsminister musste zurücktreten, die Angeklagten kamen mit leichten Strafen davon, der Ruf der Firma war allerdings beschädigt, zu deutlich wurde der Schul-terschluss zwischen Staat und Großindustrie. Bald vergessen war die Sache allerdings, als man 1914 mit Krupp-Kanonen in den ersten Weltkrieg zog.

Obwohl somit «Bezeichnung und Erscheinungen der Korruption seit alter Zeit bekannt sind, vermittelt erst der moderne Verwaltungsstaat mit seinen Ansprüchen, demokratisch, rechts- und sozialstaatlich, d.h. zweckrational, objektiv und unpersönlich zu handeln, dem Begriff Schubkraft und Bedeutung» (Kaiser 1996, S. 435).

3. Korruption in Deutschland

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Korruption alle Zeiten überlebt hat. Zu groß sind die Verlockungen, auf diese Weise zu Reichtum und/ oder Macht zu kommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg spielte das Thema in Deutschland zunächst allerdings keine prominente Rolle. Der Aufschwung nach der weitgehenden Zerstörung durch den Krieg und das «Wirtschaftswunder» lenkten von dem Problem ab,

ging es doch vorrangig darum, Deutschland wieder aufzubauen. Im Vordergrund stand der Wiederaufbau, da wurde weniger etwa auf fragwürdige Geschäftsmethoden geachtet, man hatte andere Sorgen. «Wie sehr die Sensibilität in Deutschland für die Korruptionsproblematik fehlte, zeigt bereits der Umstand, dass von 1971 bis 1993 die Bestechungsdelikte nicht im Einzelnen, sondern nur unter der Gruppenbezeichnung ,Straftaten im Amt' in der Polizeilichen Kriminalstatistik ausgewiesen waren ... Genaue Zahlenangaben über Bestechungstatbestände waren bis 1993 nicht möglich» (Bannenberg u. Schaupensteiner 2007, S. 36). Korruption wurde eher mit «Bananenrepubliken» oder Ländern der Sowjetunion verbunden, im eigenen Land wurde sie (noch) nicht als Problem erkannt.

Kriminologische Lehrbücher behandelten das Thema Korruption, wenn überhaupt, oft stiefmütterlich. So findet sich in den Lehrbüchern von Göppinger (1976), Schneider (1987) oder Kaiser (1980) noch kein entsprechendes Stichwort, bei Kaiser allerdings zu Bestechung, die Neuauflage von 1996 dann auch zu Korruption. In seinem neueren Lehrbuch behandelt Schneider (2001) zwar das Thema Korruption, allerdings weitgehend beschränkt auf die Polizei auf internationaler Ebene. Lange (1970, S. 40ff.) behandelt das Thema, allerdings im Wesentlichen als Erscheinungsform von Kriminalität im Ausland, insbesondere den USA. Er sieht noch beim «chronischen Verbrechertum ., etwa im Gangstertum, der endemischen Korruption und ähnlichen Erscheinungen», weniger dagegen bei den «Jedermannsdelikten der Wohlstands-, Verkehrs- und White-Collar-Krimina-lität» Verschiedenheiten zwischen den Ländern.

Kaiser (1996, S. 435f.) betont in aller Deutlichkeit die Schädlichkeit der Korruption für das Gemeinwesen, «insbesondere wenn Führungseliten in sie verwickelt sind», verweist auf eine italienische Korruptionsaffäre von 1995, bei dem es um Schmiergeldzahlungen an den staatlichen Elektrizitätskonzern Enel ging und in den namhafte Politiker, wie der frühere Ministerpräsident Craxi und Parteichefs, zahlreiche Manager und Beamte verwickelt waren. Es ließe sich «nicht verkennen, dass Korruptionsformen in manchen Staaten in traditionelle Sozialbeziehungen eingebunden sind und dort auch weithin toleriert werden». Was solle ein Staatsanwalt in einem Land wie Italien unternehmen, «wenn Meinungsumfragen ihm bedeuten, dass drei Viertel der Unternehmer des Landes Korruption im Umgang mit Angestellten des

öffentlichen Dienstes als gängige Praxis ansehen». Auch hier wird Korruption noch mehr als Problem von Ländern wie Italien angesehen, in denen sich das organisierte Verbrechen der Korruption «als spezifisches Mittel ... zur Zielerreichung» bedient (S. 873). Immerhin sorgte er dafür, dass am Freiburger MaxPlanck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht bereits in den 1970er Jahren ein Projekt zur Wirtschaftskriminalität in Angriff genommen wurde (Berckhauer 1977; Meinberg 1985).

Auch das Kleine Kriminologische Wörterbuch (Kaiser u. a. 1993) enthält kein Stichwort für Korruption oder Bestechung, Heinz (1993, S. 589ff.) behandelt allerdings das Thema «Wirtschaftskriminalität». Er weist einerseits auf das enorme Dunkelfeld und andererseits die hohen gesellschaftlichen Schäden hin. Über die Entwicklung könne aufgrund des Dunkelfeldes und fehlender aussagekräftiger Untersuchungen kaum etwas Zuverlässiges gesagt werden. Aufgrund der Schwierigkeit der Strafverfolgung und der oft vorhandenen Beschwerdemacht der Täter würde ein erheblicher Teil der Strafverfahren eingestellt.

Inzwischen hat man in Deutschland begreifen müssen, dass auch hier Korruption ein zentrales Problem darstellt und der Gesellschaft erhebliche Schäden zufügt. Dazu haben vor allem die Medien beigetragen, die nicht wenige der großen Korruptionsfälle aufgedeckt haben, was auf die zentrale Bedeutung einer Medienfreiheit hinweist. Den Medien wurde und wird bis heute vielfach (anonym) Informationsmaterial zugespielt, das nach einer Veröffentlichung immer wieder zur Ingangsetzung von entsprechenden strafrechtlichen Untersuchungen führte. Das neueste Beispiel stellt die Diskussion um WikiLeaks dar.

«Zweierlei hat sich in den Neunziger Jahren verändert. Einmal ist unsere Sensibilität gegenüber korrupten Praktiken gestiegen. Zugleich hat sich der politische Apparat, aber nicht nur dieser, in Bezug auf die Einbindung in das Sozialsystem weiter verselbständigt. Überall, wo die Staatsaufgaben zur Daseinsfürsorge erweitert wurden, wo sich das Subventionswesen ausdehnte, wo Korporationen mit unscharf definierten Aufgaben betraut wurden, durchdringen sich Politik und Verwaltung. Gefährdet sind alle Bereiche, in denen Gebote und Verbote nicht durch paralleles Rechtsempfinden unterfüttert wurden» (Barth 2000).

Zwar sind empirische und aussagekräftige Untersuchungen zu dem Thema in Deutschland nach wie

vor selten, was vor dem Hintergrund der Komplexität des Problems und entsprechend der Schwierigkeit der Forschung nicht überrascht, allerdings haben große Korruptionsfälle, die vielfach die Landesgrenzen überschritten, ab Anfang der 1990er Jahre mehr und mehr auf die Brisanz des Themas, insbesondere die Gesellschaftsschädlichkeit, hingewiesen, sowohl was Korruption in der Wirtschaft als auch Politik betrifft (Bannenberg 2009, S. 359). Die «hohe Kunst der Korruption» wurde dadurch zunehmend transparenter (Richter 1989). So betonen Bannenberg u. Schaupensteiner (2007, S. 46): «Wir kommen um die Erkenntnis nicht herum: Korruption ist mittlerweile in Deutschland weiter verbreitet und tiefer verwurzelt, als bisher für möglich gehalten wurde». Es müsse erkannt werden, dass Korruption ein Teil von Geschäftspolitik sei (S. 47), aber auch in der deutschen öffentlichen Verwaltung sei sie ein verbreitetes Problem (S. 58). Eine Untersuchung an der Universität Halle-Wittenberg, bezogen auf die Jahre 2003 und 2004, habe gezeigt, dass 46% der befragten Unternehmen von unterschiedlichen Korruptionsdelikten betroffen waren. Neben materiellen wurde insbesondere auf Imageschäden, negativen Auswirkungen auf die Mitarbeiter und Geschäftsbeziehungen hingewiesen (S. 46). Trotzdem herrsche bis heute eine mangelnde Sensibilität dem Problem gegenüber vor, es werde nach wie vor unterschätzt und vielfach verharmlost (S. 66). Die zunehmenden internationalen Verflechtungen von Politik und Wirtschaft im Rahmen der Grenzöffnungen ab Anfang der 1990er Jahre im Zusammenhang mit einer wachsenden Globalisierung verschärften das Problem, machten auch eine wirksame Strafverfolgung schwieriger.

Dass Korruption durch ein besonderes politisches und gesellschaftliches Klima gefördert werden kann, zeigen nicht nur Vergleiche zwischen einzelnen Ländern, sondern auch zwischen Regionen innerhalb eines Landes. So wurde seit Jahrzehnten in diesem Zusammenhang immer wieder der «Kölner Klüngel» genannt, ein Netzwerk gegenseitiger Gefälligkeiten und Unterstützungen. Netzwerke sind ausgesprochen wichtig, für die Wirtschaft teilweise überlebensnotwendig. Das macht auch die Schwierigkeit einer Grenzziehung zwischen Erlaubtem und Korruptem deutlich. In neuerer Zeit kam es hinsichtlich politischer Unkorrektheiten bzw. Großprojekten im Zusammenhang mit der «Kölner Spendenaffäre», wobei es um die Nichtveröffentlichung von Spendeneinnahmen der Kölner SPD zwischen 1994 und

1999 ging, dem Neubau der Kölner Messegesellschaft (2004), oder der Müllverbrennungsanlage, wobei es u.a. um Schmiergeldzahlungen, dubiose Beraterverträge und hochbezahlte Posten ging, jeweils zu großen breit diskutierten Skandalen. Das Kölner Landgericht bezifferte den Schaden, der durch die Schmiergeldzahlungen im Rahmen der Kölner Müllverbrennungsanlage entstanden ist, auf 20,4 Millionen €. Das Strafverfahren gegen den verantwortlichen Unternehmer wurde 2005 gegen Zahlung von 5 Millionen € eingestellt.

In den letzten Jahren sind Spitzenpolitiker zunehmend dadurch in die Kritik geraten, dass sie direkt oder kurz nach ihrem politischen Amt in die Wirtschaft wechselten, wo sie lukrative Angebote erhielten, wohl vor dem Hintergrund der berechtigten Annahme, dass sie den Firmen als Lobbyisten Vorteile verschaffen könnten. Nach Information der Deutschen Welle (DW-World.de) vom 21. 12. 2010 wechselten allein in den letzten beiden Regierungsperioden 9 Staatssekretäre nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt direkt in die Wirtschaft, wo sie hochdotiert deren Interessen vertreten, hierbei ihr erworbenes Wissen und ihre Beziehungen nutzen können.

Der frühere Ministerpräsident von Hessen, Koch, der im August 2010 von seinem Amt zurücktrat, hat sich während seiner Amtszeit für den Ausbau des Frankfurter Flughafens durch die Firma Bilfinger Berger, die zweitgrößte deutsche Baufirma, in dem von ihm regierten Bundesland eingesetzt. Kurz nach seinem Ausscheiden wurde er mit einem Jahresgehalt von 1,5 Millionen € zum Vorstandsvorsitzenden bei gerade dieser Firma ernannt. Bereits Jahre davor erhielt der frühere Bundeskanzler Schröder, nachdem er sich während seiner Amtszeit für eine Zusammenarbeit hinsichtlich Gaslieferungen von Gasprom aus Russland einsetzte, in dieser Firma einen Posten. Ende Dezember 2010 berichten die Medien, dass der aus der EU ausgeschiedene Kommissar für Industriepolitik Verheugen und seine Kabinettschefin potentiellen Kunden ihrer Potsdamer Beratungsinsfirma «European Experience Company ... die richtige Strategie für Ihren Erfolg im Umgang mit europäischen Institutionen» anbieten (Weingärtner 2010). Immer wieder wird gefordert, zwischen einem leitenden politischen Amt und späteren Berufspositionen eine «Ruhepause» von mehreren Jahren einzuschalten (vgl. Gräßle 2010). Die EU-Parlamentarierin Gräßle betont in diesem Zusammenhang, «alles was nicht verboten ist, ist offensichtlich erlaubt, weil es keine

persönliche Sensibilität mehr gibt, wie man damit umgehen soll» (Gräßle 2010).

Die CDU in Rheinland-Pfalz wurde 2010 von einer Affäre um illegale Wahlkampffinanzierung 2006 erschüttert. Inzwischen hat die CDU-Spitze eingestanden, mit illegalen Parteispenden den Wahlkampf 2005/06 finanziert zu haben. Man griff in die Fraktionskasse, nutzte somit Steuergelder für den Wahlkampf, was illegal ist, entsprechend wurde eine hohe Geldstrafe ausgesprochen. Auch aus Österreich werden in neuester Zeit Korruptionsskandale aus dem politischen Bereich berichtet, bei denen es um Schmiergeldzahlungen geht. Im Dezember 2010 ging die Meldung durch die Medien, dass ein begründeter Verdacht bestünde, dass in deutschen Auslandsvertretungen in den früheren Sowjetrepubliken in Osteuropa, Südamerika und Afrika Visen für Deutschland durch Bezahlung von Bestechungsgelder erlangt worden seien. Transparency International (TI) (2010b, S. 3) kommt aufgrund ihrer Erhebungen zu dem Ergebnis: «Political parties are identified as the most corrupt institution around the world».

Bannenberg u. Schaupensteiner (2007, S. 11) schildern zahlreiche Beispiele von Korruption in Deutschland und sprechen geradezu von einer «Wachstumsbranche». Moralisches Handeln in Wirtschaft und Politik scheint nach ihnen zunehmend an Überzeugungskraft zu verlieren, obwohl dadurch gerade auch dem Gewinnstreben geschadet werde. Nach Einschätzung der Deutschen Welle (DW-World. de vom 21. 12. 2010) setzen zwar «immer mehr Unternehmen und Behörden in Deutschland . auf Anti-Korruptionsexperten und strenge Verhaltensregeln. Dennoch nimmt die persönliche Vorteilsnahme zu - und auch die Dreistigkeit, mit der vorgegangen wird». Auch TI (2010b, S. 3) stellt fest: «Corruption levels around the world are seen as increasing over the past three years». Vielleicht eröffnete die zunehmende Globalisierung auch hier neue «Möglichkeiten», die von cleveren Managern genutzt werden, wohl wissend, dass das Risiko, gerade bei internationalen Geschäften, zur Verantwortung gezogen zu werden, ausgesprochen niedrig ist.

Welchen Umfang Korruption in Deutschland -oder auch anderen Ländern - letztlich erreicht, kann nur ausgesprochen grob geschätzt werden, das Dunkelfeld ist enorm, muss als deutlich höher als bei der «üblichen» Kriminalität eingeschätzt werden (Kury u. Obergfell-Fuchs 1998; Kury 2001). Bei Korruption fehlt in aller Regel der klassische Zeuge bzw. das

persönliche Opfer einer Straftat, das an einer Anzeige und Aufklärung der Tat interessiert sein könnte, es handelt sich somit um «opferlose Kriminalität», da es meist «keine individuell Geschädigten gibt. Die Korruption hat wenige Nutznießer, geht aber zu Lasten aller» (Bannenberg u. Schaupensteiner 2007, S. 39). In der Regel ist somit letztlich die Allgemeinheit, der «Steuerzahler», das Opfer. Hinzu kommt, dass gerade bei größeren Korruptionsskandalen die Täter vielfach relativ einflussreich sind, sich somit leichter einer Strafverfolgung entziehen können.

Seit 1994 gibt es in Deutschland vom Bundeskriminalamt (BKA) ein «Lagebild Korruption», das 2003 neu gestaltet wurde, bereits seit 1991 gibt es ein «Lagebild Organisierte Kriminalität». «Die Masse der Korruptionsdelikte wird den Verfolgungsbehörden nicht bekannt und damit auch statistisch nicht erfasst. Die aufgeklärten Fälle bilden nur die Spitze des Eisbergs, dessen Ausdehnung und Tiefgang bekanntlich ungewiss ist» (Bannenberg u. Schaupensteiner 2007, S. 38). Wie die Autoren weiter betonen, handle es sich bei Korruption um ein typisches «Heimlichkeitsdelikt». In Bezug auf die Drogenkriminalität werde angenommen, dass nur 1% der Delikte den Strafverfolgungsbehörden bekannt wird (vgl. Kreuzer 1994, S. 10). «Für die Korruption gilt nichts anderes». Nach Einschätzung von Korruptionsfachleuten betrage das Dunkelfeld mindestens 95%, somit sind keine zuverlässigen Aussagen über Zu- oder Abnahme möglich, Schätzungen beruhen auf ca. 5% oder weniger des Gesamtphänomens. «Sicher ist, dass die Profiteure der Bestechung in ihrer übergroßen Mehrheit unbehelligt bleiben. Die Bilanz der Strafandrohung ohne Strafverfolgung fällt im Bereich der wirtschaftskriminellen Korruption dramatisch schlecht aus» (Bannenberg u. Schaupensteiner 2007, S. 39). Damit ist selbstverständlich auch die Abschreckungswirkung einer Strafandrohung ausgesprochen niedrig.

Bis 1996 waren Schmiergeldzahlungen im Ausland als «nützliche Aufwendungen» im Zusammenhang mit der Anwerbung von Aufträgen für die Industrie auch in Deutschland noch steuerlich absetzbar, vor dem Hintergrund der Annahme, dass sonst die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie benachteiligt werde. Erst in den Folgejahren wurde durch neue gesetzliche Regelungen eine Änderung geschaffen, etwa durch das «Gesetz zur Bekämpfung der Korruption (KorrBG)» von 1997. Hier wurden Verschärfungen, etwa bei der Bestechung von Amtsträgern festgelegt, neue Vorschriften bei der Bestechung in der Privat-

wirtschaft erlassen und wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen deutlicher unter Strafe gestellt (vgl. zusammenfassend Schwind 2010, S. 646; Bannenberg 2009, S. 359). Wieweit das tatsächlich weitergeholfen hat, muss allerdings kritisch gesehen werden (vgl. neuerdings Vietz 2010).

4. Empirische Untersuchungen

Wie erwähnt gibt die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS; Bundeskriminalamt 2010) kein getreues Abbild der Kriminalität wider, aufgrund des enormen Dunkelfeldes insbesondere nicht bei Korruption (Bannenberg 2009, S. 371). So wurden in der PKS von 2009 als «Wettbewerbs-, Korruptions- und Amtsdelikte» 5.881 Fälle registriert, das ist gegenüber dem Vorjahr (2008 = 6.329) ein Rückgang um 7,1% (2007 waren es noch 6.629 Fälle). Die Aufklärungsquote lag bei 79,9% (2008 bei 79,5%). Davon entfallen auf Vorteilsnahme, Bestechlichkeit 759 Fälle (2008 = 1.090), auf Vorteilsgewährung, Bestechung 734 (2008 = 672), auf Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen 50 (2008 = 42) und auf Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr 719 (2008 = 612). Der Rest entfällt auf Körperverletzung im Amt (2.196; 2008 = 2.314). Schwankende Fallzahlen über die Jahre lassen sich vor dem Hintergrund des enormen Dunkelfeldes kaum interpretieren, sie können etwa auf Veränderungen des Anzeigeverhaltens oder der Verfolgungsintensität der Sanktionsinstanzen zurückzuführen sein (Bannenberg 2009, S. 372).

4.1. International Crime and Victimization Survey - ICVS

Die seit 1989 in zahlreichen Ländern in mehreren Wellen weitgehend standardisiert durchgeführte International Crime and Victimization Survey (ICVS) enthält seit der dritten Welle (1996) auch eine Frage zur Korruption (erwartete Schmiergeldzahlung an einen Beamten) (Killias 1998, S. 240). Die Ergebnisse für einzelne Länder sind ausgesprochen unterschiedlich. In Ländern mit hoher Korruptionsbelastung werden entsprechende Straftaten gleichzeitig auch weniger angezeigt, was darauf hinweisen kann, dass solche Praktiken hier eher als «normal» und «üblich» angesehen werden bzw. dass man sich von einer Anzeige wenig Erfolg und Änderung verspricht. Dadurch wird allerdings das korrupte Handeln gleichzeitig unterstützt (Killias 1998, S. 240), die bereits hohen Angaben müssen in Wirklichkeit als noch höher vermutet werden.

Während in den Entwicklungsländern durchschnittlich etwa 20% der Befragten entsprechende Vorkommnisse bezogen auf das Jahr 2004 berichteten, waren es in den osteuropäischen Ländern etwa einer von 8, in industrialisierten Ländern erwies sich Korruption dieser Art dagegen als eher ungewöhnlich. Von den in der ICVS 2005 erfassten Ländern berichteten mit Abstand die meisten von Korruption dieser Art in Griechenland (13,5%). Innerhalb der EU berichteten dagegen durchschnittlich nur 1,4% von irgendeinem entsprechenden Vorfall. Wie in früheren Wellen war die Korruption ebenfalls relativ hoch in Polen, Ungarn und Estland. Deutschland nahm unter den 18 berücksichtigten Ländern einen mittleren Platz ein, die Korruptionsbelastung lag hiernach unter dem Durchschnitt aller Länder. Die Ergebnisse der ICVS wurden mit dem Corruption Perceptions Index (CPI) von TI in Beziehung gesetzt, die Korrelation lag bei r = .73, was auf einen hohen Zusammenhang hindeutet. Hierbei muss auch beachtet werden, dass mit der ICVS die für die Bürger «sichtbare» und damit abfragbare Korruption erfasst wurde, nicht die «hinter geschlossenen Türen». Entsprechend betonen die Autoren der ICVS zu Recht (Dijk u.a. 2007, S. 58): «The EU ICS measures do not capture less visible but potentially more damaging forms of big level or grand corruption. Low prevalence rates on the EU ICS based measure of petty corruption should ot be seen as proof that other forms of corruption ar equally rare».

4.2. Transparency International (TI)

Eine Organisation, die sich weltweit um die Bekämpfung von Korruption bemüht, ist Transparency International (TI) mit Sekretariat in Berlin. TI versteht sich als weltweite Vereinigung im Kampf gegen Korruption (http://www.transparency.org/about_us). TI wurde 1993 gegründet und gibt seit 1995 jährlich den internationalen «Corruption Perceptions In dex - CPI» heraus. Inzwischen wurde ein weltweites Netzwerk mit mehr als 90 lokalen Standorten aufge -baut. Zu Recht wird betont, dass Korruption einen Staat gefährden, zumindest seine Entwicklung enomi behindern kann, in der Regel auf Kosten der weniger einflussreichen Bürger, wie etwa zahlreiche Beispiele aus Entwicklungsländern zeigen.

Der jährlich herausgegebene internationale CPI beruht auf Umfragedaten, etwa auch «business opinion surveys», die von unabhängigen und vertrauenswürdigen Institutionen durchgeführt werden. Es werden Daten zu administrativen und politischen Aspekten

von Korruption erfasst (Transparency International 2010a, S. 4). Damit ein Land beim CPI berücksichtigt werden kann, müssen mehrere von TI herangezogene Datenquellen zur Erfassung von Korruption zur Verfügung stehen. Ob ein Land letztlich in den Datensatz aufgenommen wird, hängt somit von der Verfügbarkeit von zuverlässigen Informationen ab.

Da die Erfassungsmodalitäten sich im Laufe der Jahre verändert haben, sind die Daten nur eingeschränkt für einen Längsschnittvergleich geeignet. Wo eine Interpretation der Unterschiede vertretbar ist, zeigt sich von 2009 auf 2010 bei 9 der inzwischen 178 berücksichtigten Länder eine Verbesserung, bei 7 eine Verschlechterung, das vor allem in der Tschechischen Republik, Griechenland, Ungarn, Italien und den USA (Transparency International 2010a, S. 4). Die Ergebnisse des CPI 2010 zeigen, dass nahezu drei Viertel der 178 berücksichtigten Länder auf der Skala von 10 (= sehr wenig Korruption) bis 0 (= sehr viel Korruption) einen Index-Wert von unter 5 haben. Nach TI deutet das nach wie vor auf ein ernsthaftes Problem mit Korruption in der Welt hin (Transparency International 2010b). Tab. 1 gibt die Ergebnisse für 53 Länder wider.

Tab. 1

Corruption Perceptions Index (CPI) 2010,

ausgewählte Länder (10 = sehr wenig Korruption ... 0 = sehr viel Korruption; Transparency International 2010a, S. 3)

Rangpl. Land CPI Rangpl. Land PI

1 Dänemark 9,3 56 Türkei 4,4

4 Finnland 9,2 67 Italien 3,9

4 Schweden 9,2 68 Georgien 3,8

7 Niederlande 8,8 78 China 3,5

8 Schweiz 8,7 78 Griechenlan 3,5

10 Norwegen 8,6 105 Kasachstan 2,9

11 Island 8,5 105 Moldavien 2,9

11 Luxemburg 8,5 123 Armenien 2,6

14 Irland 8,0 127 Weißrussld. 2,5

15 Österreich 7,9 134 Aserbaidschan 2,4

15 Deutschland 7,9 134 Ukraine 2,4

17 Japan 7,8 146 Iran 2,2

20 Großbrit. 7,6 154 Russland 2,1

22 USA 7,1 154 Tadschikistan 2,1

25 Frankrei ch 6,8 164 Kirgistan 2,0

30 Spanien 6,1 172 Turkmenistan 1,6

32 Portugal 6,0 172 Usbekistan 1,6

41 Polen 5,3 175 Irak 1,5

50 Ungarn 4,7 176 Afghanistan 1,4

53 Tschech.Rep. 4,6 178 Somalia 1,1

Daraus geht hervor, das die nordischen Industrieländer Europas, Dänemark, Finnland und Schweden, neben anderen westlichen Staaten am besten abschneiden. Deutschland liegt, wie Österreich, auf Platz 15, hat sich im Vergleich zu früheren Erhebungen (leicht) verschlechtert. So berichtete die Deutsche Welle (http://dw-world.de/dw/article/html) nach Veröffent-

lichung des neuesten CPI, Deutschland sei im Kampf gegen Korruption kein Vorbild. Aufgrund lascher Strafen, etwa bei der Bestechung von Abgeordneten, nehme das Land im Vergleich mit anderen Industriestaaten nur einen mittleren Platz ein, sei gegenüber dem Vorjahr um einen Platz abgerutscht. Es fehle der «politische Wille», wirklich etwas zu verändern. Als notwendiger Schritt zur Korruptionsbekämpfung wird die Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption gesehen, was bisher nicht geschehen sei, weil die scharfen Regelungen gegen Parteispenden nicht akzeptiert würden. Am anderen Ende der Skala liegen Länder wie Somalia mit einem Wert von 1,1, knapp darüber Afghanistan (1,4) oder Irak (1,5). Insbesondere auch die früheren Sowjetstaaten schneiden neben Russland (2,1, Rangplatz 154) relativ schlecht ab und kommen, etwa aufgrund mangelnder Pressefreiheit oder Unabhängigkeit der Justiz immer wieder in die Kritik (vgl. zu Russland a. Pleines 1998). So berichteten die Medien nach dem erneuten Strafverfahren gegen den früheren Ölmagnaten Chodorkowsky im Dezember 2010 von «Korruptionsvorwürfen riesigen Ausmaßes gegen Putin» (Windisch 2010).

«Weit verbreitete Korruption steht im Zusammenhang mit grundlegenden Mängeln der Staatsorganisation wie einer schlecht funktionierenden Verwaltung (...), einem hohen Ausmaß an Schattenwirtschaft und damit erheblichen Steuerverlusten für den Staat, einem Mangel an wirtschaftlichem Wettbewerb (...) und allgemein mit Armut und Ungleichheit (...)» (Bannenberg 2009, S. 369). Killias (1998) weist darauf hin, dass in Ländern mit einer umfangreichen kleinen Korruption sich auch ein deutlicher Machtmissbrauch der Eliten zeigt. Nach Galtung (1994, S. 29f.) ist Korruption in Entwicklungsländern vor allem auch deshalb ein Problem, weil sie in einem großen Ausmaß zu einer täglichen Erfahrung, zur «Normalität», geradezu zur Selbstverständlichkeit geworden sei. Eine solche Praxis führt zwangsläufig dazu, dass jeder versucht, mit zu «profitieren», damit in Gefahr gerät, selbst korrupt zu werden.

TI fordert vor diesem Hintergrund mehr Maßnahmen der einzelnen Länder gegen Korruption, etwa eine konsequentere Implementation der UN-Convention gegen Korruption, «the only global initiative that provides a framework for putting an end to corruption». In dem Bericht wird entsprechend betont (Transparency International 2010b, S. 3): «Across the globe, transparency and accountability are critical to restoring trust and turning back the tide of corruption.

Without them, global policy solutions to many global crisis are at risk".

In der UN-Convention against Corruption (Resolution 55/61 vom 4. 12. 2000) weist die Generalversammlung der UNO in Ergänzung der UN-Convention gegen transnationale Organisierte Kriminalität (Resolution 55/25, Anhang I) auf die Wichtigkeit internationaler rechtlicher Regelungen für eine wirksame Bekämpfung der Korruption hin. Als Folge wurde in Wien im Hauptquartier des UN-Office on Drugs and Crime eine Kommission zur Ausarbeitung eines Vorschlages eingerichtet. Die Generalversammlung nahm am 31. 10. 2003 die ausgearbeitete Empfehlung zu Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung an (Resolution 58/4). Am 14. 12. 2005 trat dann die «United Nations Convention against Corruption» in Kraft (United Nations 2004). Im Vorwort betont der damalige Generalsekretär Kofi A. Annan (S. III) die weite Verbreitung und gesellschaftsschädigende Wirkung von Korruption. «This evil phenomenon is found in all countries - big and small, rich and poor - but it is in the developing world that its effects are most destructive". Die Armen sind besonders betroffen, da ihnen etwa für sie gedachte finanzielle Unterstützung verweigert wird. «Corruption is a key element in economic underperformance and a major obstacle to poverty alleviation and development». Zuversichtlich kommt der Generalsekretär zu dem Schluss: «If fully enforced, this new instrument can make a real difference to the quality of life of millions of people around the world. And by removing one of the biggest obstacles to development it can help us achieve the Millennium Development Goals ... It is a big challenge, but I think that, together, we can make a difference". Schwierigkeiten machten sich allerdings bereits bei der zurückhaltenden Umsetzung der neuen Regelungen bemerkbar, obwohl ergänzend «Rules of Procedure» (United Nations 2007), ferner «Legislative Guides for the Implementation of the United Nations Convention against Corruption» (United Nationsl 2006), schließlich «Technical Guides» (United Nations - UNICRI 2009), welche die Umsetzung unterstützen sollen, veröffentlicht wurden. .

Die Konvention betont vor allem wirksame Präventionsmaßnahmen gegen Korruption, damit diese möglichst gar nicht erst auftritt. Entsprechend werden Vorschläge für den öffentlichen und privaten Bereich ausgearbeitet, betont wird vor allem auch eine deutliche Kriminalisierung entsprechender Taten. Unter Strafe gestellt werden sollten nicht nur «basic forms

of corruption such as bribery and the embezzlement of public funds, but also trading in influence and the concealment and laundering of the proceeds of corruption». Schließlich wird auf die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit abgehoben.

5. Schäden durch Korruption

Die Deutsche Welle berichtete im Dezember 2010 vor dem Hintergrund der Daten von TI über Milliardenschäden durch Korruption (DW-World.de). In Deutschland finde Korruption überwiegend in Wirtschaft und Politik statt. Im öffentlichen Dienst gehe es meist um Bestechung für größere Bauaufträge, besonders anfällig für Korruption seien Genehmigungsbehörden.

Korruption führt nicht nur zu hohen materiellen sondern darüber hinaus vor allem auch zu erheblichen immateriellen Schäden, wie Imageverlust, Verlust an Vertrauen in Politik und Verwaltung und Beschädigung des Rechtsempfindens der Bevölkerung (Arnim 2003). Im Gesundheitswesen etwa führt Korruption zu überhöhten Preisen, Nach Schätzungen der Weltbank entfallen durchschnittlich 7% der Arbeitsleistung für Korruptionsschäden (Wikipedia). Es muss einerseits im wesentlichen Interesse von Unternehmen liegen, Korruption zu unterbinden, da die Gefahr besteht, dass sie dadurch im Extremfall in den Ruin getrieben werden. Andererseits gehen integre Unternehmen die Gefahr ein, durch Konkurrenten übervorteilt zu werden, die sich durch Bestechung Aufträge und damit ökonomische Vorteile verschaffen.

Vor dem Hintergrund des enormen Dunkelfeldes bei Korruption können verständlicherweise auch die Schadensschätzungen nur ausgesprochen vage sein. Heinz (1993) berichtet, für die Zeit Anfang der 1970er Jahre sei der Schaden durch Wirtschaftskriminalität für die BRD auf 15 - 20 Mrd. DM geschätzt worden, teilweise sogar auf bis zu 55 Mrd. DM (Liebl 1984).

Bannenberg u. Schaupensteiner (2007, S. 43) berichten für 2005 von einem Schaden von 4,2 Mrd. € durch Wirtschaftskriminalität. Das entspreche etwa der Hälfte des polizeilich aufgrund von registrierten Straftaten insgesamt festgestellten Schadens von 8,4 Mrd. €. Die festgestellten Fälle von Wirtschaftskriminalität entsprächen allerdings nur 1,4% aller registrierten Delikte. «Die Wirtschaftskriminalität war schon immer von ausgeprägter Sozialschädlichkeit, nur wird sie anders als die sonstigen Vermögensdelikte nicht als eine Staat und Gesellschaft besonders

gefährdende Kriminalitätsform wahrgenommen. Dies ist eine der Ursachen, warum sie als weniger strafwürdig gilt» (S. 43). Selbst wenn man berücksichtigt, dass Wirtschaftskriminalität nicht zwangsläufig Korruption darstellen muss, dürfte ein erheblicher Teil des Gesamtschadens hierauf entfallen.

6. Präventionsansätze

Korruption ist ein ausgesprochen komplexes Verbrechen, dessen Prävention und Strafverfolgung somit besonders schwierig sind, insbesondere wenn es nicht (nur) um Straftaten «auf der Straße», die in westlichen Industrieländern in aller Regel weniger oder kaum vorkommen, sondern um solche in den Führungsetagen von Politik und Wirtschaft geht. Hier sind die Strukturen in aller Regel sehr verwoben, die Sachverhalte ausgesprochen komplex und nur für Fachleute zu durchschauen, die Täter und Mittäter und deren Netze mächtig, so dass es auch eines starken und klaren politischen Willens bedarf, wirklich Änderungen zu erreichen. Zur wirksamen Kontrolle und Bekämpfung von Machtmissbrauch ist wiederum Macht erforderlich. So führt TI die Herabstufung von Deutschland in seinem Rangplatz im CPI insbesondere auf unzureichende Strafen bei der Bestechung von Abgeordneten zurück. Nach Ansicht von TI sollte der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung deutlich verschärft und den strengeren Bestimmungen bei ausländischen Abgeordneten angepasst werden. Weiterhin wird auf die Bedeutung der Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption hingewiesen.

Aufgrund einer größeren Sensibilität gegenüber Korruption, zu der die Medien einen wesentlichen Beitrag geleistet haben, ist in Deutschland die Zahl der polizeilichen Ermittlungsverfahren in Sachen Korruption gestiegen. In Privatwirtschaft wie in öffentlicher Verwaltung wurden vor diesem Hintergrund auch mehr Präventionsmaßnahmen ergriffen (vgl. http://de-world.de/dw/article/html; vgl. zu Österreich: Österreichische Juristenkommission 2009).

Auf einer Tagung der Friedrich Ebert-Stiftung zusammen mit TI (2004, S. 112ff.) wurden Empfehlungen zur Bekämpfung von Korruption an Gesetzgeber und Verwaltung ausgearbeitet. So wurden auf der gesetzgeberischen Ebene vorgeschlagen: - die bundesweite Einführung eines zentralen Korruptionsregisters, - die Verabschiedung von Informationsfreiheitsgesetzen in Bund und Ländern zur Schaffung einer höheren Transparenz hinsichtlich Aktivitäten in Politik und Behörden, - ein umfassendes Verbot

der Abgeordnetenbestechung, - die Einführung einer Fünf-Jahres-Sperre, mit welcher verhindert werden soll, «dass Amtsträger ohne angemessene Karenzzeit in geschäftliche oder arbeitsrechtliche Beziehungen zu solchen Unternehmen treten, mit denen sie dienstlich näher befasst waren, wenn die Gefahr einer Interessenkollision nicht auszuschließen ist», - die Zulassung von Telefonüberwachung bei der Strafverfolgung von Korruption, - die Einführung einer Kronzeugenregelung, die aus korrupten Verwicklungen aussteigenden Tätern «einen berechenbaren Anspruch auf Strafmilderung» einräumt, - die Einführung der Strafbarkeit von Unternehmen, - eine Erleichterung von Gewinnabschöpfung und - ein Schutz von Informanten. In Bezug auf die öffentliche Verwaltung wurde vorgeschlagen: - die Ernennung von unabhängigen Ombudsleuten bzw. Vertrauensanwälten, Einführung eines BKMS-Systems (Business-Keeper Monitoring System), - eine Verpflichtung aller Behörden zur Kooperation mit Strafverfolgungseinrichtungen, - die Einrichtung von integrierten Ermittlungseinheiten zur Effizienzsteigerung der Strafverfolgung, - wirksamere Strafverfolgung internationaler, grenzüberschreitender Korruption und - regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Gerichte bzw. Polizei).

Bannenberg (2004), die eine bundesweite Untersuchung zum Bereich Strafverfolgung bei Korruption durchführte (Bannenberg 2002) fand vier Strukturen von Korruption, die auch ein differenziertes Vorgehen verlangen: - situative Bagatellkorruption, - strukturelle Korruption als «gewachsene Beziehungen», -Netzwerke organisierter Wirtschaftskriminalität und die in Deutschland nicht nachgewiesene - gewaltorientierte organisierte Kriminalität als Angriff auf demokratische Strukturen (Bannenberg 2009, S. 363). Zur Wirksamkeit des Strafrechts hinsichtlich der Prävention von Korruption stellt die Autorin kritisch fest, es habe «Hinweise (gegeben), dass Verfahren, in denen Politiker in irgendeiner Weise involviert waren, nicht zugänglich» gewesen seien (Bannenberg 2004, S. 47). Korruptionsverfahren im Zusammenhang mit Netzwerken stellen nach ihr meist Verfahren von einem Ausmaß dar, «die weder durch die Strafverfolgung noch durch die wissenschaftliche Forschung angemessen bewältigt werden können, weil sich eine Vielzahl von Personen, Tatkomplexen und Ermittlungsansätzen dahinter verbergen» (S. 48). Vor dem Hintergrund der Komplexität der großen Verfahren, die in aller Regel einen erheblichen Schaden verur-

sachen, verwundert es nicht, wenn die Autorin zu dem Ergebnis kommt (S. 49): «Die Erledigung der Strafverfahren in den schädlichsten Strukturen ... sind erheblich durch Absprachen, folgenlose Einstellungen und Verurteilungen zu Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt werden, geprägt. Die meisten Verfahren wurden eingestellt (über 40%), davon der größte Teil nach §170 II StPO aus Beweisschwierigkeiten. Der Anteil ist sogar noch höher anzusetzen, weil unter den 28% nicht abgeschlossenen Verfahren wiederum bei den meisten Verfahren eine Einstellung nach §170 II StPO zu erwarten war». Wie Bannenberg (2009, S. 373) weiter betont würden auch Aktenanalysen ein erhebliches Dunkelfeld deshalb nahe legen, «weil in jedem der umfangreichen Verfahren nur ein Bruchteil der Delikte aus Kapazitätsgründen angeklagt wird», häufig liege Veij ährung vor. Gilt also doch die alte Volksweisheit: «Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen?»

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Das Strafrecht kann hier, wenn überhaupt, nur partiell abschrecken, da angedrohte Strafen nur im Zusammenhang einer öffentlich bekannten hohen Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit wirken. «In Korruptionsverfahren, die der organisierten Wirtschaftskriminalität zuzuordnen sind, besteht für Geber und Nehmer eine geringe oder nur minimale Entdeckungswahrscheinlichkeit durch die Strafverfolgung. Damit besteht keine Abschreckung durch die abstrakte Strafdrohung der Strafnorm» (S. 50). Bei einem geschätzten Dunkelfeld von 95% bis gar 99% ist das verständlich. Die Anzeigewahrscheinlichkeit ist gering (Bannenberg 2009, S. 377).

Um die Strafnormen zur Geltung zu bringen wäre neben einer Verschärfung der Sanktionen vor allem eine Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit erforderlich (vgl. Andrews u. Bonta 2010; Bannenberg 2004, S. 54). So betont etwa auch Dölling (1996, S. 97) zu Recht, dass eine verbesserte Korruptionsbekämpfung durch Strafrecht nicht allein vom materiellen Recht bestimmt werden könne, wesentlich sei eine «Organisation der Strafverfolgung, die eine wirksame Aufklärung und Sanktionierung von Korruptionsstraftaten ermöglicht» (vgl a. Dölling 2007; Kube 1984). Das würde bedeuten, dass die Strafverfolgungsbehörden effizienter ausgestaltet werden müssten, vor allem ein entsprechendes qualifiziertes Personal zur Verfügung stehen müsste, Überlegungen, die nicht neu sind und auf die etwa bereits Baumann (1972) oder Schönherr (1985, S. 294) hinwiesen, wenn letzterer betont, dass «Wirtschaftsstrafver-

fahren einen erheblichen Teil der Arbeitskapazität der Staatsanwaltschaften und der Gerichte für sich beanspruchen und gleichzeitig blockieren» (vgl. Bannenberg 2004, S. 51). So wird es verständlich, dass es gerade bei großen Verfahren, wie Bannenberg in ihrer Untersuchung feststellte, am Schluss nicht selten zu irgendwelchen «Deals» zwischen den Parteien kommt, um das Verfahren überhaupt noch angemessen zu einem Ende bringen zu können. Die Autorin lässt zu Recht trotz aller Probleme keinen Zweifel daran, dass das «Strafrecht für die Eindämmung der Korruption wichtig und notwendig» ist (S. 54), allerdings bedarf es einer effizienten Durchsetzung. Wirtschaftskriminalität wird nach Bussmann u.a. (2004, S. 244ff.) durch nicht ernsthafte Maßnahmen zur Bekämpfung, Neutralisierungstechniken und mangelnder Kontrolle erleichtert.

Auf der Basis dieser Überlegungen wurden in Großstädten zunehmend so genannte Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Korruptionsbekämpfung eingerichtet. Die Bekämpfung von Korruption erfordert eine Bündelung von Ressourcen und Kompetenzen, etwa auch in Landes-Zentralstellen. Spezialisierte Fachleute müssen bei der Aufklärung der Sachverhalte mitarbeiten. Nach Bannenberg (2004, S. 55) reicht die seit 1994 festzustellende Spezialisierung der Strafverfolgung jedoch bei weitem noch nicht aus

In der öffentlichen Verwaltung werden zunehmend Antikorruptionskonzepte ausgearbeitet. In NordrheinWestfalen etwa wurde 2004 eine Korruptionshotline eingerichtet. Schleswig-Holstein hat seit 2007 einen Antikorruptionsbeauftragten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat 2002 einstimmig einen umfangreichen Katalog mit 10 Punkten zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet. Unter anderem wurde ein Rotationsprinzip vorgeschlagen, d.h. die für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen zuständigen Personen sollten regelmäßig wechseln, um verfilzte Strukturen zu unterbinden, ferner ein VierAugen-Prinzip, nach dem alle Behördenvorgänge von mehreren Mitarbeitern überwacht werden sollen, schließlich das Transparenz-Prinzip, nach dem Aufträge mit exakter Beschreibung auf elektronischem Weg vergeben werden (DW-World.de).

7. Schluss

Korruption ist auch in Deutschland inzwischen zu einem großen Problem geworden, dass mehr und mehr erkannt wurde. Es vergeht kaum ein Tag, an welchem die Medien nicht über den einen oder anderen

Fall aus Politik, Verwaltung oder Wirtschaft berichten. Die Bevölkerung musste in den letzten 20 Jahren lernen, dass auch in Deutschland etwa Bestechung und Bestechlichkeit, zweifelhafte Vorteilsnahme, zum Alltag gehören. Aufgrund der vergleichsweise hohen Einkommen finden wir in westlichen Industrieländern Korruption kaum «auf der Straße», allerdings in erheblichem Ausmaß und in ausgesprochen gesell-schaftsschädigender Weise in den «Chefetagen» bzw. knapp darunter. Petty Corruption ist hier vergleichsweise niedrig: «In Deutschland ist es nicht notwendig, Schmiergelder im Kleinstbereich zu fordern, um den Lebensunterhalt sicher zu stellen, weil die Gehälter nicht unter der Armutsgrenze liegen», hier geht es eher um «grand corruption» (Bannenberg 2009, S. 370). Anders war es beispielsweise bis vor wenigen Jahren in Georgien, wo eine grassierende Korruption auf polizeilicher Ebene vorherrschte und der Leiter eines großen Polizeidistrikts auf die Konfrontation mit selbst erlebter mehrfacher Zahlung von Bestechungsgeldern an Polizisten meinte, diese hätten auch Familien, die sie ernähren müssten (Kury u.a. 2003). Entsprechend galt es als besonderes Privileg, Polizist auf der Straße zu werden, da dort zusätzliche Einnahmequellen lockten. Empirische Untersuchungen zur Korruption sind immer noch selten, sicherlich auch aufgrund der Schwierigkeit von Forschung in diesem Bereich (Bannenberg 2009, S. 359).

Nach Aufdeckung des Korruptionsskandals bei Siemens mit geschätzten Kostenfolgen von etwa 2,5 Milliarden € ist nach Bannenberg (2009, S. 367) eine erheblich gesteigerte Aktivität bei den deutschen Unternehmen um so genannte Compliance zu beobachten, was dazu führte, das deutsche Firmen das Problem inzwischen ernster nehmen (vgl. allerdings Vietz 2010). Wie der von TI jährlich veröffentliche CPI deutlich zeigt, ist die Korruptionsbelastung zwischen einzelnen Ländern enorm unterschiedlich (vgl. a. Killias 1998, S. 240). Die empirische Kriminologie ist bei der Untersuchung der Korruption «national wie international zurückhaltend» (Bannenberg 2009, S. 368), besser sieht die Forschungslage hinsichtlich Studien aus dem Bereich Ökonomie und Politikwissenschaft aus (vgl. Lambsdorff 1999). Härtere Strafgesetze können einiges bewirken, letztlich aber nur, wenn sie denn konsequent umgesetzt werden, wichtig ist eine öffentliche Diskussion und die Schaffung einer «neuen Moral», gerade auch in Wirtschaft und Politik (Leyendecker 2007). Der Eindruck, dass der politische Wille fehlt, wirksame Maßnahmen gegen

Korruption zu ergreifen, ist nicht von der Hand zu weisen.

Die Bekämpfung der Korruption kann nicht den Behörden alleine überlassen werden, auch jeder Bürger muss mithelfen, zu größerer Transparenz beizutragen (Kury u. Würger 2004). Die «großen Fälle» dürfen nicht von der «Alltagskorruption» ablenken. Verschlechterungen der wirtschaftlichen Lage dürften eher zu einer Ausweitung der Korruption als zu einer Reduzierung beitragen. Nach Bussmann (2010) hat sich in den letzten Jahren enorm viel verändert, er sieht selbst eine «Wirtschaftskriminologie im Aufbruch», das lässt auf positive Veränderungen hoffen.

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In die Redaktion der Artikel war gesendet 17.03.11

Schluesselworte: Korruption, Bestechung, Schmiergeld.

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