ПЕДАГОГИЧЕСКАЯ ПСИХОЛОГИЯ Hans Schieser
почетный профессор Университета Де Пола (Чикаго, США) Prof.Dr. Hans Schieser, Professor emeritus DePaul University Chicago
УДК 37 ББК 6/8
КАК ВЫРАБОТАТЬ ДЕТЯМ ИММУНИТЕТ ПРОТИВ НАРКОТИКОВ,
НАСИЛИЯ И ИСКУШЕНИЯ?
Призыв Арнольда Тойнби «выработать у людей иммунитет против пропаганды» стал на сегодняшний день особенно актуальным, поскольку влияние средств массовой информации (главным образом телевидения, рекламы, публикаций) зачастую губительно и ведёт к жестокому поведению.
Разъяснение понятия «пропаганда» и влияние пропаганды на поведение. Вековой опыт и советы от философов, педагогов, антропологов, психологов. Роль «системы поддержки» (семьи, школы, государства).
Ключевые слова: иммунизация; пропаганда; влияние на поведение; антропология; психология; воля; идентичность; семья; государство.
HOW TO IMMUNIZE CHILDREN AGAINST DRUG ABUSE AND
SEDUCTION?
Arnold Toynbee's call to „immunize people against propaganda“ has become highly relevant today, since the influence of the media (mainly television, advertising, publications) is often harmful, leading to addiction and violent behavior.
Clarifying the concept of „propaganda“ and its effects upon behavior. Experience of centuries and advice from philosophers, educators, anthropologists, psychologists. Role of the „support system“ (family, school, state).
Key words: Immunization , Propaganda, Influence on behavior, Anthropology, Psychology, Will, Identity, Family, State.
WIE KANN MAN KINDER IMMUN MACHEN GEGEN DROGEN, GEWALT
UND VERFÜHRUNG?
Nach dem 2. Weltkrieg (1945) rief der englische Historiker, Arnold Toynbee (1869-1975) die Eltern und Lehrer Europas auf: „Macht die Menschen immun gegen Propaganda!“ Er sah dies als die einzige Möglichkeit, und höchste Notwendigkeit, in Zukunft Diktaturen und totalitäre Systeme zu verhindern.
Heute fragen wir uns, warum dies nicht geschah und wir immer noch und immer wieder sehen, wie Jugendliche und Erwachsene durch „Propaganda“ verführt, missbraucht und verwirrt werden.
Eigentlich ist der Begriff „Propaganda“ ohne „sens péjoratif— (negativ gedacht), sondern bedeutet lediglich „Verbreitung— von Ideen (oder sogar von Pflanzen). Aber gerade die Verbreitung von Ideen und Ideologien durch gewissenlose „Propagandisten“ in totalitären Systemen (zum Beispiel Hitler's Nationalsozialismus) belegt jetzt diesen Begriff mit einer negativen Konnotation. Wir leben zur Zeit zwar nicht in einem solchen „totalitären“ System, aber die Reklame und die Massenmedien „verbreiten“ vieles, was unverantwortlich ist und negativen Einfluss auf das Denken und Verhalten der Menschen ausübt. Darum geht es hier: die Frage zu stellen, ob man g egen diese negativen Einflüsse „immunisieren“ kann.
Kann man überhaupt „immun machen“ („Impfen“) gegen negative und schädliche Einflüsse, wie etwa gegen Krankheiten?
Wenn wir Kinder gegen Pocken oder Polio (Kinderlähmung) impfen, dann werden (geschwächte) Erreger dieser Krankheiten in den Organismus eingeführt, um dort Gegenkräfte zu aktivieren. Wollte man dies bei geistigen Einflüssen anwenden, dann müsste man also Kinder schon früh mit etwas Schlechtem und Bösem und Brutalen in Berührung bringen, um sie „resistent“ zu machen. Das wurde (und wird immer noch) in der Tat von manchen „progressiven“ Pädagogen vorgeschlagen und ausprobiert; mit verheerenden Folgen: Brutalisierung und Kriminalisierung schon von Kindern sind heute keine Seltenheit!
Die Erfahrung von Jahrhunderten zeigt, dass es eine Immunisierung gegen negative Einflüsse auf Kinder und Jugendliche gibt: in der empfindsamen Phase der Kindheit durch Bewahrung, und in der Entwicklungsphase der Pubertät, durch die
Bewährung.
Wie bei einer Pflanze muss man ihr Wachstum vor schädlichen Einflüssen schützen („bewahren“), bis sie stark genug ist, bei den wechselnden Umweltbedingungen (Wind, Trockenheit, Frost) „stehen“ zu bleiben.
Schon vor 2000 Jahren hat der griechische Philosoph Platon (ca 400 vChr) darauf hingewiesen, dass der Mensch von Natur aus auf das Gute, Schöne und Wahre ausgerichtet ist. Die „normale“ Umwelt für den Menschen ist demnach gut, schön und wahr (= „echt“). Er rät den Eltern, alles zu tun (alles!), um das Schlechte, Hässliche und Verlogene (Falsche) so lange wie möglich von ihren Kindern fernzuhalten.
Platon war skeptisch und glaubte, dass die meisten Eltern gar nicht in der Lage seien, und oft auch gar nicht wollten, „alles“ zu tun. So meinte er, es wäre besser, wenn man ihnen die Kinder schon ganz früh wegnimmt, und sie gut ausgebildeten und verantwortungsbewußten Paidagogoi (Pädagogen, Erzieher) übergibt. Diesen Rat haben manche Diktatoren (Hitler, Stalin) befolgt und wollten so einen „neuen Menschen“ heranbilden, der in einer für ihr politisches System „guten“ (das heißt vom Staat definierten „nationalsozialistischen“ oder „bolschewistischen“) Umgebung aufgezogen und gebildet wird. Die Geschichte zeigt, dass da kaum Gutes, aber viel Hass und Brutalität herangezüchtet wurde. Auch heute sehen wir die Früchte einer
„Erziehung“, die Kinder schon im frühen Alter mit Brutalität und hässlichen Dingen „vertraut“ macht: die Kriminalstatistiken und die täglichen Ereignisse zeigen das!
Pädagogen wie Fröbel (1782-1852) mit seinem „Kindergarten“ (= der „Garten“, in dem Kinder geschützt und ohne störende Einflüsse wachsen können), Pestalozzi (1746-1827), Don Bosco (1815-1888) und Maria Montessori (1870-1952) wiesen darauf hin, wie wichtig eine gute („vor-bereitete“) Umgebung ist, in der das Kind ungestört seine ersten Erfahrungen machen (= lernen) kann. In unserer Zeit ist es vor allem Christa Meves (1925 - ), die mit ihren Büchern und Vorträgen auf die schädlichen Einflüsse hinweist, die unsere Kinder und Jugendliche „lebens-untauglich“ machen.
Die Erkenntnisse der neueren Hirnforschung1 und die Erfahrung von Jahrhunderten zeigen, dass die ersten Eindrücke beim Kind (vor allem in den ersten fünf Jahren) entscheidend für die Verhaltens- und Denkmuster sind und nur noch schwer verändert werden können. So wird das Kind, das zum Beispiel in seinen ersten Jahren vor schlechten und brutalen Erfahrungen bewahrt bleibt, auf solche Dinge sofort „richtig“ reagieren, wenn sie einmal vorkommen. Das heißt, die „richtige“ Reaktion auf etwas Hässliches oder Böses ist „Erschrecken“ und „Zurückweichen“. Wenn manche Kinder und Jugendliche sich sogar „freuen“, wenn sie Brutalität und Gewalttätigkeit anschauen, dann ist das nicht normal! Was da an Video-“Spielen“ angeboten wird, führt zu dieser „Perversion“ der Gefühle -und nicht selten zu Ausübung brutaler Handlungen.
Man wird kaum verhindern können, dass Kinder einmal „Schreckliches“ sehen, aber man kann vieles (wenn schon nicht „alles“) tun, um dies so weit und so lange wie möglich vom Kind fernzuhalten.
Das ist eine „Immunisierung“ gegen das Un-normale, wenn es uns gelingt, die Kinder so lange wie möglich mit dem „Normalen“ (Gutes, Schönes, Wahres) zu umgeben und zuerst erfahren zu lassen. Diese ersten Erfahrungen werden dann zur richtigen Reaktion führen, wenn einmal etwas Böses und Schlechtes auf das Kind zukommt.
Die Eltern und Lehrer sollen darauf achten, dass die Kinder zuerst positive und erfreuliche Erfahrungen machen. Man kann darauf achten, dass im Haus und im Klassenzimmer Sauberkeit und Schönes vorherrschen, dass man zum Beispiel über den Leib (Sexualität, Hygiene), über andere Menschen mit Respekt spricht, und mit den Dingen in der Umwelt „sachgemäß“ und „sorg-fältig“ umgeht.
Sachgemäßes Handeln lernt ein Kind schon bei den Dingen im Haus: wie man mit Wasser und Gefäßen, mit Glas und Holz, und mit dem Spielzeug, aber auch mit Tieren (Hund, Katze) und mit anderen Kindern (Geschwister, Nachbarn) umgeht.
1 Manfred Spitzer, Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen, (München: Droemer Verlag, 2012) und M. Spitzer, Vorsicht Bildschirm! (Stuttgart: Klett Verlag, 2005) und Christa Meves, Geheimnis Gehirn. Warum Kollektiverziehung und andere Unnatürlichkeiten für Kleinkinder schädlich sind, (Gräfelfing: Resch Verlag, 2007).
Man kann Kinder hin-führen zum Schönen in der Natur, in der Umgebung, in der Schule und sie erleben lassen, was überall an Schönem und Gutem existiert.
Dass in der Natur auch Un-gutes und Erschreckendes vorkommt (Raubtiere, oder wenn die Katze einen Vogel erwischt), sollte nicht unbedingt zu den ersten Erfahrungen des Kindes gehören.
Wenn Montessori von „sach-gemäßem Verhalten“ spricht, meint sie auch den Prozess der „Sozialisation“ des Kindes. Das heißt, das Kind lernt - nicht systematisch, sondern in allen möglichen Situationen - mit anderen Kindern, mit Tieren und mit Gegenständen „richtig“ umzugehen. Am besten geht das natürlich in der Familie, mit den Eltern und Geschwistern, Verwandten und Freunden und Haustieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass normalerweise immer Menschen verschiedenen Alters (junge, alte) das Kind umgeben. Einzelkinder sind da genauso benachteiligt, wie Kinder, die immer (oder die meiste Zeit) in der gleichen Altersgruppe (zum Beispiel im Kollektiv des Kindergartens) leben.
Bronfenbrenner hat in USA mit seiner Forschung gezeigt, dass die age segregation (Alterstrennung, Leben in immer derselben Altersgruppe) die Sozialisation und Kommunikationsfähigkeit des Kindes und Jugendlichen wesentlich beeinträchtigt.1
Ein wichtiger Faktor für die „Aktivierung der Widerstandskräfte“ gegen negative Einflüsse ist die Religion. In allen Religionen, auch bei den sogenannten „primitiven“ Völkern gibt es „Tabus“ und Verhaltensregeln, die nicht von menschlichen Autoritäten, sondern von Göttern oder einem Gott aufgestellt wurden. Die Anthropolo-
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gen wissen um dieses „Regulativ“ des Verhaltens: so sind zum Beispiel Kinder von christlichen Familien, in denen Religion eine wichtige Rolle spielt, diszipliniert und erscheinen kaum in den Kriminalstatistiken. Bei den Moslems ist das ebenso: die Kinder wachsen in der Regel wohlbehütet auf und sind zuhause und in der Schule diszipliniert.
Carl Gustav Jung (1875-1961) fand in seiner Forschung und Praxis als Psychotherapeut, dass religiöse Menschen besser mit Schwierigkeiten im Leben fertig werden. Die „religionslose“ Pädagogik hat jedenfalls bis jetzt nirgends die versprochene „Befreiung“ der Jugendlichen gebracht, sondern vielmehr Probleme, wie Kriminalität, Gewalttätigkeit, sexuelle Verwilderung, Drogensucht, Selbstmord. Viktor Frankl (1905-1997) zeigte auch den Grund: wer im Leben keinen „Sinn“ findet, endet immer in der Sackgasse der „Sinnlosigkeit“- entweder in Apathie und Selbstmord, oder in Aggressivität und Brutalität.
1 Urie Bronfenbrenner, Influences on Human Development, Hinsdale (USA): Dryden Press, 1972 (p.664)
2 Die „Anthropologin“ Margaret Mead (1901-1978) wurde weltbekannt durch ihre „Forschung“ bei Völkern der Südsee („Growing up in Samoa“, 1928), die angeblich „Kinder und Jugendliche ohne Tabus gesund und fröhlich aufwachsen lassen“. Ihre „Forschungsergebnisse“ wurden allerdings als Schwindel und unwissenschaftliche, journalistische Machenschaft entlarft. (D. Freeman, Margaret Mead and Samoa: The Making and Unmaking of an Anthropological Myth, Cambridge USA: Harvard University Press, 1983).
Die pädagogische Literatur der letzten 50 Jahre beschäftigt sich viel mit Moral und Werten, aber meistens wird auf „Mechanismen“ im Gehirn und auf „UmweltEinflüsse“ hingewiesen. Dass der Mensch (schon das kleine Kind!) einen Willen hat, und in der Lage ist, Impulse aus der Umwelt zu bewerten und entsprechend zu handeln, wird vielfach ignoriert, oder sogar geleugnet. Die Häresie des Behaviorismus (B.F. Skinner in USA), die behauptet, dass der Mensch (wie das Tier) nur auf äußere Reize („stimuli“) reagiert und von sich aus gar nichts „willentlich“ tut, hat in der Pädagogik viel Unheil angerichtet.1
Heute wird wieder der „Altmeister der deutschen Pädagogik“ aktuell, der schon vor über 80 Jahren mit seinen Büchern auf die Wichtigkeit der Willens - und Charakterbildung hingewiesen hat: Friedrich Wilhelm Foerster (1869-1966).
Der Wille wird von der Intelligenz „gesteuert“, das heißt, er richtet sich nach der Erkenntnis (Einsicht) oder der Meinung über Werte aus. Es gibt in jeder Kultur g e-wisse „Standards“(Normen, Regeln; Lateinisch mores), die nicht nur das Verhalten (Höflichkeit, Anstand, Takt) betreffen, sondern auch die Sprache, die Kleidung und Wohnkultur.
Man hat diese „Normen“ oft hinterfragt und als „Unterdrückung“ (Repression) bezeichnet, die jede Kreativität und Freiheit verhindert. Da sagt man zum Beispiel, dass man über Geschmack nicht diskutieren kann, und was einem gefällt, nicht unb e-dingt auch einem anderen gefallen muss. Dennoch gibt es einen „Standard“, unterhalb von dem die Dinge einfach „geschmacklos“ und „abstrus“ und „häßlich“ sind. Das gilt genauso für die Sprache, für Spielsachen, für Bücher und die Kleidung und den Raum, in dem die Kinder leben.
In unserer „pluralistischen“ Gesellschaft hat sich vieles durchgesetzt, was alles andere als schön ist. Wer jedoch schon seit seiner Kindheit an eine schöne Kleidung (zum Beispiel an das Sonntagskleid), an eine schöne Wohnung und an nette Spiels achen gewöhnt ist, wird das ein Leben lang als „normal“ erkennen, auch wenn in der Pubertät eine Zeitlang das „Verrückte“ und „Abstruse“ interessant sein wird.
Ein Beispiel: Bei meinen Besuchen von Schulen in Sibirien habe ich immer -ohne Ausnahme - gesehen, wie Lehrerinnen ihre Klassenzimmer schön machen, meist auf eigene Kosten, und das in oft unglaublich heruntergekommenen Gebäuden. Auch die Wohnungen der Familien in den hässlichen und schmutzigen Plattenbauten sind beeindruckend sauber, schön und gemütlich.
Die Bemühungen um das Gute gelten auch für die Nahrung. Man weiß, was für das Kind als „gute Ernährung“ wichtig ist: gewisse Vitamine und Proteine und Kalorien sind notwendig für die Gesundheit und das Wachstum. Oft verweigern Kinder gewisse Speisen (Spinat, Hülsenfrüchte, wie Bohnen und Erbsen). Das sind oft nor-
1 Das Experiment mit Pavlov's Hund und die Ideen von Skinner werden zum Teil heute noch in der Pädagogik und in der politischen Propaganda angewandt. Siehe auch Vance Packard, Die geheimen Verführer, Düsseldorf:Econ Verlag, 1962 (orig: The Hidden Persuaders, USA, 1957).
male Reaktionen, die vielfach auf Allergien hinweisen. Eine Mutter kann das beachten. Der Mensch nimmt aber nicht wie ein Tier die Nahrung auf, sondern kennt eine „Esskultur“, die bei den Völkern zwar verschieden sein kann, aber überall kennt man „Tisch-Sitten“: man ißt am „gedeckten Tisch“, nicht auf dem schmutzigen Boden, oder auf der Straße. Ausnahmen sind freilich das Picknick auf einer Wanderung, oder auf Reisen, aber auch in der Eisenbahn und im Flugzeug, oder beim Camping kann man einen Tisch „decken“ und „zivilisiert“ essen.
Manche mögen sich darüber lustig machen, aber wer als Kind an einem gedeckten Tisch mit der Familie zu essen, gewohnt ist, der wird sich bei einem MacDonald oder einer Bar nicht gerade wohl fühlen, auch wenn er zuweilen auf Reisen dort einkehren wird. Es gilt immer noch, dass Kinder lieber zuhause essen, wenn die Mutter besser kocht, als MacDonald, und man seine Freunde lieber mit heimbringt, als woanders schlechtes Essen zu bekommen.
Im Montessori-Kindergarten werden die Kinder angehalten, einen Tisch zu decken und sich hinzusetzen, wenn sie etwas essen wollen. Das gehört zum Programm der „Zivilisierung“, das die Ärztin Montessori für die Kinder aus den Armenvierteln Roms für unbedingt notwendig hielt. Das gilt auch heute noch und ist „Immunisierung“ gegen die Niveaulosigkeit, die mit der Vorliebe für „fast food“ (schnelles E s-sen) einhergeht und allmählich zur „Mode“ wird.
Gerade für Kinder und vor allem für Jugendliche ist der Familientisch wichtig! Da soll immer eine gute Atmosphäre herrschen: keine kontroversen Diskussionen, keine Streitigkeiten (eine bewährte Regel: am Tisch diskutiert man kein G-Thema: Geld, Gesundheit, Geschäft). Das ist nicht immer leicht, aber es soll die Regel bleiben: „Zuhause ist's am schönsten!“ Da muss man sich die Mühe machen, dass wenigstens einmal am Tag die Familie zum Essen an den Tisch sitzt. Wenn da eine saubere Tischdecke liegt und eine Kerze brennt, und vielleicht eine Blume steht, kann jede Mahlzeit ein kleines „Festmahl“ sein. Man sagt, dass bei den Juden das Sabbat-Mahl wesentlich dazu beigetragen habe, ihre Identität trotz Verfolgung und Ausgrenzung beizubehalten. Diese „Identität“ wird durch die Mahlgemeinschaft gefördert!
Zur „Immunität“ gehört wesentlich die Identität: „wer seiner sicher ist, läßt sich nicht alles gefallen! “ Man spricht vom „Charakter“, einem Begriff den wir in der Pädagogik kaum mehr finden, aber jeder weiß, was „charakterlos“ ist: ein Hinweis auf eine negative Verhaltensweise, wie Unzuverlässigkeit, Entscheidungsschwäche und dergleichen Mängel.
Es ginge hier zu weit, den Begriff und die Problematik der „Identitätsfindung“ in der Entfaltung der Persönlichkeit zu behandeln.1 Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Identifikation des Jugendlichen mit einer „Ideologie“ wesentlich ist
1 Der Psychologe Erik Erikson (1902-1979): beschäftigte sich mit diesem Thema in seiner „Persönlichkeitstheorie“
Identität und Lebenszyklus, (Frankfurt: Suhrkamp, 2000),
für sein Verhalten.1 Das Beispiel des Christen, oder des gläubigen Moslems, der „so etwas nicht tut...“ bewahrt ihn vor mancher Verführung. Dazu gehört jedoch das gestärkte Bewusstsein um die „Identität“ sei es die ethnische („wir Schwaben...“), oder religiöse („ wir Katholiken... “) oder berufliche („wir Ärzte... “).
Kinder und Jugendliche müssen dazu ein „Zuhause“ haben, das nicht nur ein eigenes Zimmer (nur wenige haben das auch heute noch) bedeutet, sondern auch das Wissen um seine „Wurzeln“. Der „entwurzelte“ Mensch ist leicht verführbar!
Welches sind diese Wurzeln? Das ist zunächst einmal die Heimat, in der sich die Familie „zuhause“ fühlt. Der Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi hat darauf hingewiesen, wie wichtig für das Kind, und erst recht für den Jugendlichen, die „Heimat“ ist. Das gehört zum Support system (= „Unterstützungssystem“), das die Eltern ergänzt oder gar ersetzt, wenn deren Autorität nicht mehr voll anerkannt oder zeitweise sogar abgelehnt wird - eine normale Phase in der Pubertät, die aber gerade eine „Unterstützung“ notwendig macht, - durch Menschen, die ihm wohlgesinnt sind, ihn gern haben und ihm helfen, das Leben zu meistern. Das können keine Gleichaltrigen sein, die in der gleichen Entwicklungsphase mit ihren Problemen stehen. Man braucht auch noch als Erwachsener ein solches „Unterstützungssystem“ (gute Freunde, zuverlässige Fachleute und Berater)!
Dazu gehört auch der Staat, der zwar kein Mandat (Auftrag) für Bildung und Erziehung hat, sondern nur eine Kontrollfunktion. Die „Allgemeine Menschenrechts-Deklaration der Vereinten Nationen“ (von 1948), die von fast allen Nationen ratifiziert wurde, stellt im Artikel 26/1 fest, dass die „Eltern das erste Recht haben, die Bildung und Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen“, Der Staat hat hier (und überhaupt!) nur ein sekundäres (sekundär = „an zweiter Stelle“ und „als Hilfe gedacht“) Recht und die Pflicht, den Eltern zu helfen, aber nicht gegen ihren Willen und ohne ihre Zustimmung, in die Erziehung einzugreifen, solange diese ihre Elternpflicht ausüben. Natürlich gibt es Fälle, wo Eltern versagen und die staatlichen Behörden eingreifen müssen. Aber das sind Ausnahmen, die den Behörden niemals eine allgemeine Autorität über alle Kinder zugestehen dürfen. Dagegen ist es wichtig und notwendig, dass vom Staat bestimmte Gesetze durchgeführt und beachtet werden, die zum Schutz der Jugend vor schädlichen Einflüssen bestehen (zum Beispiel Verbot von Pornografie, Drogenhandel, Alkoholverkauf, Aufenthalt in Nachtlokalen u.dgl.)
Es ist unverantwortlich, wenn Jugendschutzgesetze aufgehoben und Dinge „legalisiert“ werden, die eindeutig zu problematischem Verhalten führen, wie gerade in Deutschland, obwohl die Erfahrung in allen Ländern die verheerenden Folgen von Drogensucht und sexueller Verwilderung zeigt.
1 Erikson betont, dass man „ohne Ideologie keine Identität“ findet und hat; er versteht „Ideologie“ als neutralen Begriff, der „Ideale“ und „Vorbilder“ enthält.
2 In unserer Zeit ist es der Anthropologe Edward Hall (USA), der in seinem Buch The Hidden Dimension (Garden City New York: Doubleday, 1969) zeigt, wie wichtig für das Tier und den Menschen der „Raum“ ist, der ihm gehört und wo er „hin-gehört“ (das eigene Nest)
Die von staatlicher Seite auch in „freien“ Nationen vorkommende „Indoktrination“ der Jugend in den öffentlichen Schulen und in den Medien ist ein Problem, das nicht genug ernst genommen wird. In praktisch allen Nationen haben Eltern die Freiheit, ihre Kinder in alternative (Privat-)Schulen zu schicken und sogar sie zuhause zu unterrichten („Home schooling“ ist nur noch in Deutschland verboten.) Die „Propagi e-rung“ von sexueller „Aufklärung“ und die Negierung der elterlichen Autorität („Elternrecht“!), wenn sie zum Beispiel mit dem obligatorischen „Sex-Unterricht“ an den Schulen nicht einverstanden sind, ist unverantwortlich! Psychologen und Ärzte sind eindeutig gegen diese Art von „Aufklärung“, wie sie schon für Schulkinder in allen Schulen vorgeschrieben ist. Die erwartete „Freizügigkeit“ und „ungezwungene“ Haltung zur Geschlechtlichkeit ist jedenfalls nach all den Jahren nicht eingetreten: im Gegenteil haben sexuelle Verwilderung, Missbrauch und Geschlechtskrankheiten in einem bisher noch nie vorgekommenen Ausmaß zugenommen.
Die menschliche Geschlechtlichkeit wird immer „problematisch“ sein, und niemand wird „immun“ gegen die naturgegebene Anziehungskraft, aber es gibt die Möglichkeit, sie zu beherrschen! Es gibt auch bessere „Aufklärungsmethoden“, als die in den Schulen praktizierte, und bessere Literatur, vor allem von verantwortungsbewussten Fachleuten, wie Ärzten und Psychologen1 geschrieben, und nicht von selbst-ernannten (S-)experten.
Wenn Kinder und Jugendliche Zugang zu schädlichen Dingen (Drogen, Schundliteratur) haben, ist dies zumeist nur möglich, wenn sie Geld haben. Über Geld zu verfügen (Taschengeld? Gestohlenes Geld?) ist immer mit Verantwortung verbunden. Eltern (und Lehrer) sollen mit den Kindern über Geld sprechen und ihnen zeigen, dass es auch ein „gefährliches Werkzeug“ sein kann. Mit Geld kann man nicht nur gute und schlechte Dinge kaufen, sondern auch seine Freiheit und Würde „verkaufen“.
Es geht uns hier um die „Bewahrung“ unserer Kinder vor schädlichen Einflüssen. Eine vollständige und „absolut sichere“ Immunisierung wird uns nie gelingen, denn zu komplex sind die Anreize aus der Umwelt, mit denen sie (und auch wir Erwachsene) verführt werden können. Man muss einsehen, dass es noch nie möglich war, dass Eltern das allein schaffen, ihre Kinder zu „bewahren“. Um ein Kind zu erziehen, „braucht man ein ganzes Dorf—, wie ein afrikanisches Sprichwort sagt. Der Erfolg der SOS-Kinderdörfer in der ganzen Welt (zur Zeit sind es über 500 in 132 Ländern) die von Hermann Gmeiner (1919-1986), einem Österreicher, gegründet wurden, zeigt das: wenn eine Familie (Vater, Mutter, Geschwister) in einem Heim (das kann eine einfache Wohnung, oder ein Haus sein) und in einer Nachbarschaft (Dorf, Gemeinde)
1 Dr. med.Siegfried Emst, ,Jst die Sexualethik der Päpste zeitgemäß?“ Ulm: Europäische Ärzteaktion, 1988 (diese Broschüre wurde von einem evangelischen Arzt geschrieben!).
Dr.med. Alfred Häußler, „Die Pille - das Unheil des 20. Jahrhunderts“, Jestetten: Miriam Verlag,
1988.
Christa Meves, Erziehung zur Liebe: Altersgerechte Sexualerziehung, (Stein: Christiana Verlag,
leben kann, die auch als ein „Support System“ wirkt, dann - und mit der Hilfe Gottes, wie Gmeiner immer betonte - dürften die schlechten Einflüsse auf die Kinder nicht wirksam sein.
BIBLIOGRAFIE
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Don Boscos als Ursache seiner pädagogischen Erfolge,(München: Salesianische Offizin, 1951).
Paul Avallone, Reason, Religion, Kindness: The Educational Method of Don Bosco, New Rochelle USA: Salesians, 1965. zu F.W. Foerster: Lebensführung, (Mainz: 1961).
Schule und Charakter, (Mainz: 1958).
Die Hauptaufgaben der Erziehung, (Freiburg: Herder Verlag,
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Moderne Jugend und chritliche Religion, (Freiburg: Herder,
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zu C.G. Jung: David Cox, Modern Psychology: The Teachings of C.G.Jung, New York:Harper& Row, 1968. zu Platon: POLITEIA (ca. 400 vChr) in Übersetzungen oft als „Der Staat“. zu Montessori: Ulrich Steenberg, Kinder finden ihren Weg: Montessori Elternbuch, (Freiburg: Herder, 2004.
zu Viktor Frankl, Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn, (München: Piper Verlag, 200518.Auflage
zu Christa Meves, Erziehen lernen. Was Eltern und Erzieher wissen sollten, (München: Resch Verlag, 2005).
Verführt, Manipuliert, Pervertiert: Ursachen, Folgen, Auswege, (München: Resch Verlag, 2007) zu Gmeiner: Claudio Honsal, Für die Kinder dieser Welt, Hermann Gmeiner, der Vater der SOS-Kinderdörfer, (München: Kösel verlag, 2009).
zum Thema Propaganda: Arnold Toynbee, Civilization on Trial, London: Oxford University Press, 1958.
(deutsch: Kultur am Scheidewege, Frankfurt: Ullstein Verlag, 1958).
Jacques Ellul, Propaganda: The Formation of Man's Attitudes, (NewYork: Knopf, 1965.
zum Thema Religion:Sofia Cavaletti, Das religiöse Potential des Kindes (Montes-sori), (Wien: Herder,1994).
Angela Reinders, Kinder brauchen Gott. Wie man Kindern Vertrauen in das Leben schenkt, (München: Pattloch Verlag, 2001)
Friedrich Schweitzer, Das Recht des Kindes auf Religion. Ermutigung für Eltern, (Gütersloh: Kaiser, 2000).
P. Goepfert & H.Ohly, Religion - muß das sein? Den Kindern soll das Leben gelingen, (München: Pfützner, 1977).
zum Thema Verführung: K.Ledermann, Der Griff nach unseren Kindern, Einblicke in ein (un-heimliches) Erziehungsporgarmm (Aßlar: Gerth, 2001).
Vance Packard, Die geheimen Verführer, Der Griff nach dem Unbewußten in jedermann (Düsseldorf: Econ Verlag, 1958 /1992).
Dr. Hans A. Schieser, Prof.emeritus DePaul University Chicago * © Januar 2013
ДЕТСКИЙ САД: ТЕОРИЯ И ПРАКТИКА Лебедева Ирина Юрьевна
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ИНФОРМАЦИОННОЙ СИСТЕМЫ «РАННЕЕ РАЗВИТИЕ ДЕТЕЙ»
В данной статье рассматривается проблема использования информационнокоммуникативных технологий в учебно-воспитательном процессе в дошкольном образовательном учреждении. Представленная в работе авторская Информационная система «Раннее развитие детей» служит для решения новых дидактических задач, наполняет новым содержанием воспитательнообразовательный процесс. В качестве методических рекомендаций были использованы методики раннего развития. Информационная система рекомендуется педагогам и родителям, заинтересованным в раннем развитии детей; помогает всесторонне развивать ребенка. Цель исследования - обосновать внедрение авторской Информационной системы «Раннее развитие детей» для организации взаимодействия педагогов, воспитанников и их родителей в различных дошкольных образовательных учреждениях.
Ключевые слова: развивающие занятия; мультимедиа технологии; ИКТ-компетентность; раннее развитие детей; информационная система; дошкольное образовательное учреждение.
INTERACTION ORGANIZATION BETWEEN KINDERGARTEN EDUCATORS, PRESCHOOLERS AND THEIR PARENTS BY USING
AUTHOR INFORMATION SYSTEM “CHILDREN’S FORWARDNESS”
The article deals with the informational-communicative technologies used in the educational process of preschool educational institution. The purpose is to show the author information system “Children Forwardness” used to solve the new didactical problems, fill educational process with the new content, and corroborate its usage in the organization of interaction between kindergarten educators, preschoolers and their parents in different preschool educational institutions.
Key words: developmental lessons; multimedia technologies; ICT-competence; children’s forwardness; information system; preschool educational institution.