Научная статья на тему 'Tolck means interpreter: comments on a question on the study of the Russian language in medieval Livonia and the Hansa'

Tolck means interpreter: comments on a question on the study of the Russian language in medieval Livonia and the Hansa Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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Ключевые слова
ГАНЗА / ЛИВОНИЯ / НОВГОРОДСКАЯ КОНТОРА / НОВГОРОД / ПЕРЕВОДЧИК / ЯЗЫКОВОЙ УЧЕНИК / ТОРГОВЫЕ ДОГОВОРЫ / НОВГОРОДСКАЯ ШРА / HANSA / LIVONIA / NOVGOROD OFFICE / NOVGOROD / TRANSLATOR / LANGUAGE STUDENT / TRADE CONTRACTS / NOVGOROD SHRA / HANSE / LIVLAND / NOWGORODER KONTOR / NOWGOROD / DOLMETSCHER / SPRACHLERNER / HANDELSVERTRäGE / NOWGORODER SCHRA

Аннотация научной статьи по языкознанию и литературоведению, автор научной работы — Гонсовска Майя,

Коммуникация означает возможность взаимного общения и понимания не только внутри своего сообщества, но также между представителями разных иностранных, этнических и языковых группа. На этапе примитивного товарообмена знание языка другой стороны, по-видимому, не являлось обязательным условием его возникновения. Все, что тогда было нужно, это язык жестов. Но заключение коммерческих соглашений в письменной форме требует не только определенного уровня грамотности обоих партнеров, но также знания языка другой стороны, особенно в условиях их удаленности, когда нет возможности взаимного понимания без необходимой подготовки или использования переводчиков (толкователей). Такая ситуация существовала сначала при заключении торговых договоров княжеств Северной Руси с иностранными купцами, позже и с ганзейскими городами. Дополнительной трудностью было использование на Руси специфической системы письма, незнание которой мешало прочтению текста иноземцем. Участие переводчиков, точнее, толкователей, известных в средневековых ганзейских источниках как толк (tolk), было непременным условием функционирования торговли. Вместе с тем, социальное положение толкователей было низким, и лишь в XV веке появились персонализированные упоминания их присутствия. Ганзейцы в новгородской конторе нанимали толкователя и разрешали группам молодых людей (до 20 лет) учиться русскому языку вплоть до закрытия конторы в 1494 г. С начала XV века появились запреты на преподавание русского языка голландцам. Таким образом, знание русского языка стало одним из элементов политики монополизации торговли с Русью ганзейскими городами. Создается представление, что Ливония по причине ее соседства с северными русскими княжествами имела оптимальные условия для изучения русского языка по сравнению с другим городам Ганзы, но есть многочисленные свидетельства того, что часто даже в самых больших торговых городах (Рига, Ревель, Дерпт) возникали проблемы с поиском людей, которые могли бы произвести переписку на русском языке. С аналогичными проблемами сталкивались также купцы и чиновники из русских княжеств.

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TOLCK - ОЗНАЧАЕТ «ТОЛКОВАТЕЛЬ»: ЗАМЕЧАНИЯ К ВОПРОСУ ОБ ИЗУЧЕНИИ РУССКОГО ЯЗЫКА В СРЕДНЕВЕКОВОЙ ЛИВОНИИ И ГАНЗЕ

Communication means the possibility of mutual communication and understanding not only within one’s community, but also between representatives of different foreign, ethnic, and linguistic groups. At the stage of primitive exchange of goods, knowledge of the language of the other side, apparently, was not a prerequisite for its occurrence. All that was needed then was sign language. Written commercial agreements require not only a certain level of literacy of both partners, but also knowledge of the language of the other side, especially when there is no possibility of mutual understanding without the necessary training or use of translators (interpreters). That was a problem at the conclusion of trade agreements of the principalities of Northern Russia with foreign merchants, and later with the Hanseatic cities. An additional difficulty was the use in Russia of a specific writing system, the lack of knowledge of which prevented the foreigner from reading the text. The use of translators, or rather, interpreters, known in medieval Hanseatic sources as tolk, was an indispensable condition for the functioning of trade. At the same time, the social position of the interpreters was low, and only in the 15th century we can see personalized references to their presence appear. The Hanseatic people in the Novgorod office hired an interpreter and allowed groups of young people (under 20) to learn Russian until the closure of the office in 1494. From the beginning of the 15th century, there were bans on teaching the Russian language to the Dutch. Thus, knowledge of the Russian language has become one of the elements of the policy of monopolizing trade with Rus by Hanseatic cities. It seems that Livonia, due to its proximity to the northern Russian principalities, had optimal conditions for learning the Russian language compared to other cities of the Hansa, but there is numerous evidence that even in the largest trading cities (Riga, Revel, Derpt) there were problems with the search for people who could make correspondence in Russian. Merchants and officials from the Russian principalities faced similar problems.

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УДК 94 https://doi.org/10.34680/2411-7951.2019.5(23).8

Maja G^ssowska

TOLCK — BEDEUTET DOLMETSCHER ANMERKUNGEN ZUR FRAGE DES RUSSISCHLERNENS IM MITTELALTERLICHEN LIVLAND UND IN DER HANSE

Kommunikation bedeutet die Fähigkeit, nicht nur zwischen Mitgliedern ihrer eigenen Gemeinschaft, sondern auch zwischen ethnisch und sprachlich fremden Gruppen zu kommunizieren und sich gegenseitig zu verstehen. In der Phase des primitiven Tauschhandels scheint die Kenntnis der Sprache der Gegenpartei keine Voraussetzung für dessen Auftreten zu sein. Alles was Sie brauchen ist eine Sprache der Gesten. Der Abschluss von Handelsvereinbarungen in schriftlicher Form setzt jedoch nicht nur ein gewisses Maß an Kenntnissen beider Vertragspartner voraus, sondern auch Kenntnisse der Sprache der anderen Vertragspartei, insbesondere in Bezug auf entfernte Systeme, in denen es unmöglich war, sich ohne die erforderliche Vorbereitung oder Verfügbarkeit von Dolmetschern zu verstehen. Eine solche Situation bestand in den Handelsbeziehungen zwischen einerseits erst den Kaufleuten und später den Städten der Hanse und andererseits den Fürstentümern der nördlichen Rus. Eine zusätzliche Schwierigkeit war die Verwendung eines völlig separaten grafischen Notationssystems in Russland, dessen Unkenntnis es daran hinderte, den Text zu lesen. Die Anwesenheit von Dolmetschern, die im hanseatischen Mittelalter als tolk bezeichnet wurden, war eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren des Handels. Trotzdem war die soziale Position der Dolmetscher gering, und erst im 15. Jahrhundert tauchten persönlichere Erwähnungen ihrer Anwesenheit auf. Die Kaufleute beschäftigten Dolmetscher der russischen Sprache im Nowgoroder Kontor und ließen Jugendlichen (unter 20 Jahren), die Kinder der vornehmsten Ratsfamilie der Hansastädte die russische Sprache erlernen. Dies war bis zur Schließung des Kontors im Jahr 1494 der Fall. Seit Anfang des 15. Jahrhunderts gab es Verbote des Erlernens der russischen Sprache für Niederländische Kaufleute. Auf diese Weise wurde die Kenntnis der russischen Sprache zu einem der Elemente der Politik, mit dem die Hansestädte versuchten, den Handel mit Russland zu monopolisieren. Livland mag aufgrund ihrer geographischen Nähe zu Fürstentümern Nordrußlands in Bezug auf die Möglichkeit, die russische Sprache zu erlernen, im Vergleich mit anderen Städten der Hanse, privilegiert zu erscheinen, doch sind zahlreiche Belege erhalten geblieben, die beweisen, dass dies selbst in großen Städten Livlands (Riga, Rewal, Dorpat) sehr oft der Fall war und es Probleme gab, Leute zu finden, die die eingehende russische Korrespondenz dolmetschen und übersetzen konnten.

Stichworte: Hanse, Livland, Nowgoroder Kontor, Nowgorod, Dolmetscher, Sprachlerner, Handelsverträge, Nowgoroder Schra

Das Problem der Fremdsprachenkenntnisse tritt immer dann auf, wenn sich Leute, die verschiedenen Sprachen

benutzen, begegnen. Im Stadium des primitiven Tauschhandels scheint die Kenntnis der Sprache der anderen Partei keine Voraussetzung für dessen Auftreten zu sein. Alles was sie brauchen ist eine Sprache der Gesten. Der Abschluss von Handelsabkommen in schriftlicher Form erfordert jedoch nicht nur ein gewisses Maß an Alphabetisierung beider Auftragnehmer, sondern setzt auch die Kenntnis der Sprache der anderen Vertragspartei voraus, insbesondere dann, wenn Gruppen weit voneinander entfernte Sprachsysteme verwenden, bei denen es unmöglich ist, ohne die erforderliche Vorbereitung sich miteinander zu kommunizieren oder Dolmetscher zu haben. Eine solche Situation bestand bei Handelskontakten zwischen Kaufleuten, später zwischen Hansestädten und Fürstentümern Nordrußlands (hauptsächlich Nowgorod, Pleskau und Polozk). Eine zusätzliche Schwierigkeit für die Hanse-Städte war die Verwendung eines vom lateinischen Alphabet ganz anderen grafischen Aufzeichnungssystems. Die Unkenntnis dieses Systems machte es unmöglich, einen Text zu lesen und zu verstehen.

Das Wort, das verwendet wird, um die Personen zu beschreiben, die eine Sprache dolmetschen, in deutschen Quellen lautet tolk (tolck). Die Etymologie dieses Wortes ist nicht ganz klar und wird meistens vom nordischen Begriff tulkr abgeleitet1, aber beispielweise laut Allan Murray das Wort tolk ist slawischen Ursprungs. Zur Begründung seiner Hypothese führt er unter anderem Polnisches Wort tiumacz an2. Jekaterina Squires leitet dieses Wort aus der russischen Sprache ab3. Es ist zweifellos etymologisch mit dem russischen Wort толкователь verwandt, das neben dem Wort переводчик, funktioniert und aus denen die Verben толковать und переводить, das heißt geschriebenen Text übersetzen, stammen.

Es ist mir aber schwierig, die beiden letzten Ansichten zuzustimmen, da der russische Begriff толкователь, der in anderen slawischen Sprachen keine Analogie aufweist, eher darauf hinweist, dass die Übertragung in die andere

1 Vgl.: Vries J. de Altnordisches etymologisches Wörterbuch. 4. Aufl. Leiden, 2000. S. 600.

2 Murray A.V. Henry the Interpreter: Language, Orality and Communication in the Thirteenth-century Livonian Mission // Crusading and Chronicle Writing on the Medieval Baltic Frontier. A Companion to the Chronicle of Henry of Livonia. Farnham, 2011. S. 118, Anm. 32.

3 Сквайрс E.P., Фердинанд С.Н. Ганза и Новгород. Языковые аспекты исторических контактов. М., 2002. S. 134-147; Skvajrs Е. Sprachkontakte des Mittelniederdeutschen mit dem Russischen. Mit einer Vergleichsstudie über die Hanse in England. Köln, 2009. S. 18. N.Angermann und H.Raab vertreten auch diese Meinung (Angermann N. Deutsche Übersetzer und Dolmetscher im vorpetrinischen Russland // Zwischen Christianisierung und Europäisierung. Beiträge zur Geschichte Osteuropas in Mittelalter und früher Neuzeit. Festschrift für Peter Nitsche zum 65. Geburtstag. Stuttgart, 1998. S. 225; Raab H. Die Anfänge der Slawistischen Studien im deutschen Ostseeraum unter besonderer Berücksichtigung von Mecklenburg und Vorpommern // Wissenschaftliche Zeitschrift der Ernst Moritz Arnd-Universität Greifswald. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe. 1955/1956. Bd. 5. S. 242, Anm. 13).

Richtung erfolgte und das Wort doch aus einer der germanischen Sprachen entlehnt ist. In diesem Zusammenhang sollten vor allen die skandinavischen Sprachen genannt werden4. Im Schwedischen gibt es ein Wort en tolk, das einen Dolmetscher bedeutet, sowie das Verb att tolka, das eine solche Aktivität beschreibt, und das Verb att översätta bedeutet die Übersetzung geschriebener Texte. Gleiches gilt für Dänisch und Norwegisch. In ihnen bedeutet das Wort tolk auch einen Dolmetscher. Hier sollte man auch eine schwedische Wortfamilie aufführen: das Verb att tala (sprechen), und das Substantiv ett tal (eine Re-de), die nicht nur phonetisch sich mit att tolka ähneln - denn außerdem muss zugegeben werden, dass das Dolmetschen nur zu sprechen bedeutet, sondern mit Verwendung Fremdwörter.

Chronologisch gesehen begannen die Kontakte der Bewohner Nordrußlands und Livlands mit den skandinavischen Völkern bereits in der vorchristlichen Zeit5. Diese Kontakte gab es einige Jahrhunderte bevor deutsche Kaufleute aus den baltischen Handelszentren (Lübeck, Wisby) nach Livland gekommen sind6. Schon damals bestand die Notwendigkeit der Kommunikation, um die Handelsbedingungen und die Regeln für die Streitbeilegung festzulegen. Mit dem Beginn der Penetration der südlichen und östlichen Ostseeküste durch deutsche Kaufleute in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und vor allem mit dem Aufkommen der Praxis des schriftlichen Abschlusses von Handelsabkommen (zwischen dem sogenannten „gotischen Ufer" und den russischen Fürstentümern), haben die gegenseitigen Kontakte eine weiter fortgeschrittene Form erreicht7. Diese Form erforderte eine bessere Kenntnis der von beiden Auftragnehmern verwendeten Sprachen. Es reichte nicht aus, nur die gesprochene Sprache zu verstehen. Es entstand das Bedürfnis, die Schrift zu benutzen und die geschriebenen Texte zu lesen und zu verstehen. Trotz dieser Schlussfolgerung ist anzumerken, dass in erhaltenen Quellen nur selten Hinweise auf Dolmetscher und Russisch lernen in Nowgorod oder Livland zu finden sind8. Ihre soziale Position war gering. Dies wird — insbesondere im 13. und 14. Jahrhundert — durch das Weglassen ihrer Namen belegt. Es gab nur einen allgemeinen Begriff, den quodam interpres9. Es kam im fünfzehnten Jahrhundert zur Änderung, aber immer noch wurden sie manchmal verächtlich als Diener beschrieben10. Auf diese Weise wurde die Tatsache ignoriert, dass ihre sprachlichen und diplomatischen Fähigkeiten die positive Lösung komplizierter Konflikte ermöglichten11.

Zweifellos waren die deutschen Kaufleute aktiver als die Russen, um sich günstige und sichere Handelsbedingungen in den russischen Ländern zu besorgen12. Daher ist es nicht verwunderlich, dass nur ein Handelsabkommen — die Vereinbarung von 1229 mit Smolensk in Wisby auf Gotland unterzeichnet wurde13. Zu diesem Zweck schickte der Fürst von Smolensk seine Boten an den „gotischen Ufer"14. Alle anderen Abkommen wurden in Nowgorod ausgehandelt und unterzeichnet15.

4 Paul Johansen scheint auch für die skandinavische Etymologie des Wortes tolk zu sein (Johansen P. Novgorod und die Hanse // Städtewesen und Bürgertum als geschichtliche Kräfte. Gedächtnisschrift für Fritz Rörig. Lübeck, 1953. S. 130.

5 Vg.: Duczko W. Rus wikingöw. Historia obecnosci Skandynawöw we wczesnosredniowiecznej Europie Wschodniej. Warszawa, 2006 mit umfangreicher Literatur; Rybina E.A. Früher Handel und westeuropäische Funde in Novgorod // Novgorod. Markt und Kontor der Hanse. Köln, 2002. S. 121-125; Сквайрс E.P., Фердинанд С.Н. Ганза и Новгород. S. 19ff, 41ff; Skvajrs Е. Sprachkontakte des Mittelniederdeutschen mit dem Russischen. S. 25f; Gqssowska M. Der heilige Olaf und Holmgärd — Novgorod als Grenzraum zwischen Ost und West im 11.-12. Jahrhundert // Rome, Constantinople and Newly-Converted Europe. Archaeological and historical Evidence. Kraköw [u.a.], 2012. S. 263-274; die neueste Publikation (Mägi M. In Austrvegr. The Role of the Eastern Baltic in Viking Age Communication across the Baltic Sea. Leiden, 2018) präsentiert den neusten Wissenstand, berücksichtigt dazu die Ergebnisse der archäologischen Ausgrabungen von litauischen, lettischen und estnischen Forschern.

6 Hier werden nur ein paar grundlegende Publikationen zur Hansageschichte genannt: Dollinger Ph. Die Hanse. 4. Aufl. Stuttgart, 1989; Hammel-Kiesow R. Die Hanse. Darmstadt, 2009; Jahnke C. Die Hanse. Stuttgart, 2014; Die Hanse — Lebenswirklichkeit und Mythos. 2. Aufl. Lübeck, 1989; Rennkamp W. Studien zum deutsch-russischen Handel bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Nowgorod und Dünagebiet. Bochum, 1977.

7 Zur Geschichte der Hanse in Livland: Johansen P. Novgorod und die Hanse // Städtewesen und Bürgertum als geschichtliche Kräfte. Gedächtnisschrift für Fritz Rörig. Lübeck, 1953, S. 121-148; Johansen P. Die Bedeutung der Hanse für Livland // Hansische Geschichtsblätter. 1940/1941. Bd. 65/66. S. 1-55; Казакова Н.А. Русско-ливонские и русско-ганзейские отношения. Конец XIV начало XVI века. Л., 1975; Angermann N. Livland und Rußland // Die Hanse — Lebenswirklichkeit — und Mythos. S. 82-86, 137-141; Angermann N. Die Bedeutung Livlands für die Hanse // Die Hanse und der deutsche Osten. Lüneburg, 1990, S. 97-115.

8 Stieda W. Zur Sprachenkenntniss der Hanseaten // Hansische Geschichtsblätter. 1884. Bd. 5. S. 157-161; Raab H. Die Anfänge der Slawistischen Studien. S. 342-344; Angermann N. Deutsche Übersetzer und Dolmetscher. S. 223; Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher und Sprachpolitik im Rußlandhandel der Hanse während des Mittelalters // Novgorod. Markt und Kontor der Hanse. Köln, 2002. S. 162-163.

9 Hansisches Urkundenbuch, Bd. 1 (975—1300) / hg. K. Höhlbaum. Halle, 1876 (weiter - HUB 1). № 1093.

10 Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch. 2. Abt. Bd. 1 (1494 Ende Mai — 1500) / hg. L. Arbusow. Riga-Moskau, 1900 (weiter - LECUB II, 1). № 603 (16 X 1497): unsze truwe dener unde Russche tolck; LECUB II 1. № 836 (Ende Juni 1499); LECUB

11 1. № 837 (Ende Juni 1499); LECUB II 1 №. 921 (26 I 1500): He was eyn diener; vgl. Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher. S. 163.

11 Dies geschah 1496 im Falle der Freilassung der Kaufleute, die 1494 im Nowgoroder Kontor verhaftet wurden — vgl.: Vegesack S. von. Die Gesandtschaften Wolter von Plettenbergs an den Großfürsten von Moskau in den Jahren 1494-1497 // Baltische Monatsschrift. 1913. Bd. 75, S. 315-340.

12 Сквайрс E.P., Фердинанд С.Н. Ганза и Новгород. S. 96.

13 Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch nebst Regesten. 1. Abt. Bd. 1 (1093—1300) / hg. F.G. von Bunge. Reval, 1853 (weiter — LECUB I 1). № 101; Napiersky C.E. Russisch-livländische Urkunden (Русско-ливонские акты). St. Petersburg, 1868 (weiter — RLU). № 2; Goetz K.L. Deutsch-Russische Handelsverträge des Mittelalters. Hamburg, 1916. S. 297 ff; Goetz K.L. Deutsch-Russische Handelsgeschichte des Mittelalters. Lübeck, 1922. S. 249f.

14 Hildebrand H. Das deutsche Kontor zu Polozk // Baltische Monatsschrift. 1873, 22 (NF. 4). S. 343.

15 Das war die Forderung der Russischer Seite der Abkommen — vgl.: Skvajrs Е. Sprachkontakte. S. 37; Сквайрс E.P., Фердинанд С.Н. Ганза и Новгород, S. 262.

Versuchen wir, den Modus operandi eines solchen Unternehmens auf der Grundlage der verfügbaren, wenn auch verstreuten Referenzen, die in Korrespondenz und in Verträgen zu finden sind, zu rekonstruieren. Der erste Schritt bestand anscheinend darin, einen Entwurf in Lübeck (in früherer Zeit in lateinischer Sprache16) zu schreiben und ins Deutsche zu übersetzen17. Die Gesandtschaft, die vom Stadtrat von Lübeck ernannt und mit schriftlichen Anweisungen und Briefen an die Behörden der livländischen Großstädte (Riga, Dorpat, Reval) versehen worden war, fuhr auf dem Seeweg über Wisby nach Riga18.

Dort musste man zuerst einen guten Dolmetscher19 und einen Führer einstellen. Aufgabe des Führers war es, die Gesandtschaft auf dem günstigsten Weg nach Nowgorod zu begleiten. Der Wasserweg flussaufwärts des Flusses Düna wurde oft benutzt. Es wurde auch ein Schreiber engagiert, der später schriftliche Kopien anfertigen sollte20. Im dreizehnten Jahrhundert kam es in Nowgorod selbst nicht immer zu einer Begegnung21. Die Gesandtschaft sollte sich damals mit dem Fürst von Nowgorod (später mit dem Erzbischof), Stadtbehörden und Gemeinschaft der Nowgoroder Kaufleute zusammentreffen22. Probleme bereiteten immer die finanziellen Ansprüche der hanseatischen Kaufleute (z.B. Entschädigung für gestohlene Waren). Es gab die Fälle, wenn der Fürst die Boten nicht immer persönlich treffen wollte und sandte zu ihnen seine eigenen Leute23. Unabhängig von der Entwicklung der Situation begann hier die Tätigkeit des Dolmetschers. Es war an ihm, die eingebrachten Briefe zu dolmetschen, Erklärungen abzugeben und Fragen zu beantworten (Quellen setzen gleichermaßen Verve undBreve, also Wörter und Briefe24).

Dann bat der Dolmetscher um eine offizielle mit den Siegeln versehene schriftliche Antwort25. Er hat diese Antwort später ins Deutsche gedolmetschet, Diese russische Gramota, sowie eine von einem Schreiber angefertigte Abschrift sollten nach Lübeck zurückgebracht werden26. So bestand die Bearbeitung der Texte aus zwei getrennten Tätigkeiten: eines Dolmetschen (vielleicht sprach tolk laut) und der Schreiber schrieb gleichzeitig den Text auf. Es war wahrscheinlich selten, dass der tolk auch auf Russisch schreiben konnte27. Es ist nicht klar, in welcher Sprache die Handelsverträge verfertigt wurden: auf Deutsch oder Russisch, oder gab es zwei gleichwertige Sprachversionen28. Es soll darauf hingewiesen werden, dass in einer der Kopien des sogenannten Nieburs Frieden aus dem Jahre 139229, (dieser Frieden ist später zum Maßstab und Bezugspunkt für alle späteren Verträge und Geschäftsbeziehungen zwischen Nowgorod und die Hanse geworden30), wurden Namen von zwei hanseatischen Boten in russischer Form genutzt: Gert Witte tritt als Grehorie Wit und Johann Niebur als Ivan Nybur auf31. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Sprache seines Originals Russisch war32.

16 Das war der Fall mit dem Handelsvertrag von 1269. Der lateinischer Entwurf: LECUB I 1, Nr. 413; vgl.: Сквайрс С.Н., Фердиианд С.Н. Ганза и Новгород. S. 41, 70.

17 LECUB I 1. № 414 — der deutsche Text des Vertrages.

18 Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch, 1. Abt. Bd. 10 (1444—1449) / hg. Ph. Schwartz. Riga-Moskau, 1896 (weiter — LECUB I 10). № 503 (28. X 1448).

19 LECUB I 10. № 503: unde toveghen ene enen guden tolk, de dar gherecht to zii, unde meninghe unde inholdinghe unser breve lympliken unde vornemeliken <.. .> bringhen moge.

20 Die Anwesenheit eines Schreibers wird durch spätere Quellen bestätigt — vgl.: LECUB II 1. № 829 (15. VI 1499): Johan Hildorp und Hertleff Pepersack mit unszenn schrivern <...> moghenn erkant und beloent werdenn; LECUB II 1. № 836 [Ende Juni 1499]: beloninghe der baden <. > und erer gnaden schrivers.

21 1292 trafen sich die hanseatischen Boten mit Vertretern des Fürsten von Nowgorod und Kaufleuten von Nowgorod ausßerhalb der Stadt - vgl.: HUB 1. № 1093 (26. III [1292]). Vgl.: Johansen P. Novgorod und die Hanse. S. 126.

22 LECUB I 10. № 505 (nach 28. X 1448): wo du lymplikest to Naugarden komest unde to werve unde breve vor den heren ertzebisschopp unde vor Grote Naugarden lympliken bringhen moghest; vgl.: Сквайрс E.P., Фердинанд С.Н. Ганза и Новгород. S. 55.

23 HUB 1. № 1093: se esse oculos, aures et os domini regis et idcirco deferent nostram legationem audire ac deinde domino regi et communibus Nogardensibus hanc deferre.

24 LECUB I 10. № 505.

25 HUB 1. № 1093: et ut ea nobis conscriberent et sigilis domini regis et Norgardensium consignarent, quod et hec possemus civitatibus que nos miserant reportare; vgl.: Skvajrs Е. Sprachkontakte. S. 49.

26 LECUB I 10. № 505: so essche van den heren ertzebisschoppe unde van Groten Naugarden een scrifftlik antwerde, unde dat ziik de tolk darane vorwete, dat antwerde unde den Russchen breff in das Dudesche to stellende unde na rade der stede. Unde bringk den Russchen breff mede unde dat wii weten moghen, wo wii uns na richten scholen.

27 Vgl.: Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch. 2. Abt. Bd. 3 (1506—1510) / hg. L.Arbusow. Riga-Moskau, 1914 (weiter — LECUB II 3). № 775 (3.II — 11. III 1510): is van deme tolke, nadem der van Reval kranck ys, <...> tolke medeneme, angesehen, dat der van Revall Rusch beide schriven und leszen kan.

28 Zum Beispiel Napiersky C.E. RLU. S. XIII nimmt keine Entscheidende Stellung zu diesem Problem; vgl.: Mahling M. Ad rem publicam et ad ignem: das mittelalterliche Schriftgut des Rigaer Rats und sein Fortbestand in der Neuzeit. Berlin, 2012. S. 89f., 185f.

29 Der Text des Nieburs Vertrag (Hansisches Urkundenbuch. Bd. 4 (1361—1392) / hg. K.Kunze. Halle 1896 (weiter — HUB 4). № 1080; RLU. № 115; Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch. 1. Abt. Bd. 6: Nachträge zu Bd. 1-5 / hg. F.G. von Bunge. Reval, 1873 (weiter — LECUB I 6). № 2924.

30 Vgl.: Goetz L.K. Deutsch-Russische Handelsverträge des Mittelalters. Hamburg, 1916. S. 190f; Казакова Н.А. Русско-ливонские и русско-ганзейские отношения. S. 78-82; Angermann N. Die Bedeutung Livlands. S. 101.

31 LRU. № 115.

32 Hier bin ich mit E. Р. Сквайрс einverstanden, die also sieht Russisch als die Sprache des Originals — vgl.: Сквайрс E.P., Фердинанд С.Н. Ганза и Новгород. S. 80; Skvajrs Е. Sprachkontakte. S. 41f.

Die Notwendigkeit, Wisby und Lübeck jedes Mal zu konsultieren33 (der Lübecker Stadtrat war der letzte Instanz, um Entscheidungen zu treffen) verlängerte diesen Prozess erheblich (die Schifffahrtssaison in der Ostsee dauerte nur ein halbes Jahr — von Ostern bis zum 29. September, dem St. Michaelis-Tag). Aus diesem Grund wurde 1442 die Verwaltung des Nowgoroder Kontors an die drei größten livländischen Städte34 (besonders dem Dorpat und Rewal) übergeben35.

In der täglichen Arbeit des Nowgoroder Kontors36 war die Anwesenheit eines Dolmetschers der russischen Sprache unentbehrlich. Seine Beschäftigung wird erst durch die vierte Version der Schra37 bestätigt, die aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammt (1355—1361)38. Es wurde festgestellt, dass der Dolmetscher einen Wohnraum mit bis zu sechs unabhängigen Kaufleuten belegen soll39. Die fünfte Fassung der Schra (vom 1392) gibt seine Vergütung für mindestens acht Stück Silber pro Jahr an40. Der Dolmetscher hatte auch das Recht, Bier zu brauen, wenn er die Genehmigung des Aldermans des Hofes hatte41. Zu dieser Zeit betrug das Gehalt des Kaplans 10 Stück Silber pro Jahr42. Ein höheres Gehalt für einen Geistlichen ist nicht überraschend, aber es sollte beachtet werden, dass der Dolmetscher an der Spitze von Konflikten zwischen Auftragnehmern stand. Es musste vor allen die Beschimpfungen und Beleidigungen der unzufriedenen Handelspartner, die zwar nicht direkt an ihn gerichtet waren, aber im Gegensatz zu deutschen Kaufleuten er konnte sie verstehen, zu erleiden. Seine Arbeit war also mit viel Stress verbunden. Außerdem musste er versuchen, Streitigkeiten mit seinem Verhalten nicht zu verschärfen. Solche Belege können in einigen Berichten gefunden werden43. Viel wichtiger war seine Arbeit für die Kaufleute. Der Dolmetscher musste sie über die Bedingungen der Transaktionen auf dem Laufenden halten. Sein fehlerhaftes Dolmetschen könnte zu materiellen Schäden bei den Kaufleuten führen. Kaufleute forderten manchmal eine harte Bestrafung eines ignoranten Dolmetschers (z.B. seine Zunge herausreißen44).

Der Priester des Hofes wurde wechselweise von Wisby und Lübeck für ein Jahr ins Kontor geschickt45. Es gibt jedoch keine Informationen über den Herkunftsort und die Arbeitszeit der Dolmetscher. Man kann davon ausgehen, dass der Erwerb einer Person, die die russische Sprache gut beherrschte, viel schwieriger war als die Einstellung eines Priesters. Es ist deswegen möglich, dass sie mehrere Jahre im Kontor geblieben sind46. Im fünfzehnten Jahrhundert war

33 Vgl.: Empfehlungen des Lübecker Stadtrat für livländische Städte für die Verhandlungen vor der Unterzeichnung des Niebur-Friedens: und wes jw dar van weddervaret, dat ghy uns und den van Gotlande dat overscriven, so wille wy unser willen jw dar umme wedder enbeden (Die Recesse und andere Akten der Hansetage von 1256-1430 / hg. K.Koppmann. Bd. 3 (Nachträge, 1387—1390). Leipzig, 1875 (weiter — HR I 3). № 451 (29. IX 1389).

34 Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch. 1. Abt. Bd. 9 (1436—1443) / hg. H.Hildebrand. Riga-Moskau, 1889 (weiter — LECUB I 9). № 877 (20 VI 1442); vgl.: Goetz L.K. Deutsch-Russische Handelsgeschichte. S. 130f; Казакова Н.А. Русско-ливонские и русско-ганзейские отношения. S. 116f; Angermann N. Die Bedeutung Livlands. S. 101f.

35 Hanserecesse von 1431—1476. 2. Abt. / hg. G. F. von der Ropp. Bd. 3 (1443—1451). Leipzig, 1881 (weiter — HR II 3). № 598 (4. V 1450): Diit sollen desylven van Darbte und Revel dem kopman to Naugarden schryven. Vgl.: P.Johansen P. Novgorod und die Hanse. S. 141.

36 Zur Geschichte der Nowgoroder Höfe: Riesenkampff N.G. Der Deutsche Hof zu Nowgorod bis zu seiner Schließung durch Iwan Wasiljewitsch III. im Jahre 1494. Dorpat, 1854; R. Hausmann R. Zur Geschichte des Hofes von St. Peter in Nowgorod // Baltische Monatsschrift. 1904. Bd. 46(58). S. 193-215, 257-291; Svahnström G. Gutagärd och Peterhof. Tvä Handelsgärdar i det medeltida Novgorod // Gotländskt Arkiv. 1960. Vol. 32. S. 35-50; Johansen P. Die Kaufmannskirche // Die Zeit der Stadtgründung im Ostseeraum. Uppsala, 1965. S. 85-134; Рыбина Е.А. Археологические очерки истории новгородской торговли X—XIV веков. Москва, 1978; Рыбина Е.А. Иноземные дворы в Новогроде XII—XVII веков. Москва, 1986; Rybina E. Ausländische Höfe in Nowgorod vom 12. bis 17. Jahrhundert // Autonomie, Wirtschaft und Kultur der Hansestädte / hg. K.Fritze [u.a.]. Weimar, 1984. S. 111-129.

37 Die Nowgoroder Schra in sieben Fassungen vom XIII. bis XVII. Jahrhundert / hg. W.Schlüter. Dorpat, 1911. S. 27-28; Angermann

N. Deutsche Übersetzer und Dolmetscher. S. 225.

39 Die Nowgoroder Schra. S. 135, IV § 28.

39 Die Nowgoroder Schra. S. 135, IV § 28: Vortmer in deme hove scolen stan uppe den dren cleten XXIII mesterman und VI unde uppe des tolkes klete, mer nicht; derselbe Absatz wurde auch in die fünfte Version der Schra, als V § 36 übernommen (Ibidem. S. 135); vgl.: LECUB I 6. № 2821, § 2 (22. II 1346); vgl.: Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher. S. 164-165.

40 Die Nowgoroder Schra. S. 34-35.

41 Die Nowgoroder Schra. S. 161: sal men geven deme tolke VIII stucke sulvers, und jo nycht myn, und nycht to bruwende, et ene myt vullbord der olderlude und des copmans (V, § 112).

42 Die Nowgoroder Schra. S. 161, V § 111: Item sal men deme prestere geven des jares X stucke nauwersches sulvers.

43 de myt dussen <. > steden weren to Nugarden und degedyngeden myt den Russen alse umme de welde, unrecht und smaheit und hon, dat se deme dutschen companne in mannygen dyngen todreven anbracht hadden (Die Nowgoroder Schra. V, § 140. S. 173).

44 Liv- Esth- und Curländisches Urkundenbuch. 1. Abt. Bd. 4 (1394—1413) / hg. F.G. von Bunge. Reval, 1859 (weiter — LECUB I 4). № 1601 (1403): dat de bref, den wi em mede to Novgarden geven, int erste urechte getolket wart; und do na vort quam Duercop, den de bref bevolen wart recht to tolken up sin sele, und wer he erst unrecht getolket, men solde den tolke den tunge mit der wortelen af sniden, und do wart de bref van Duercope recht getolket, also dat he darin gescreven was vor enen bref wiser und solde en allir sake muntliken wol berichten; LECUB I 4. № 1882 (19. V 1411): van des breves wegen, de to Novgarden unrechte tolket wart, der sake schal men nummer denken ane alle behendicheit; vgl.: Angermann N. Deutsche Übersetzer und Dolmetscher. S. 225.

45 Die Nowgoroder Schra. IV, § 68. S. 144; V § 79. S. 144; LECUB I 6. № 2821, § 16 (22. II 1346).

46 Über die Probleme mit dem Dolmetscher im Nowgoroder Kontor vgl.: LECUB I 4. № 1602 (19. II 1402), § 25: spreken umme enen tolk to Novgarden, des dar nemeliken wol behoeff is, dar willen de van der Rige und van Revale umme vorhoren und arbeidende wesen, des den van Darpte een antwerde to srivende; LECUB I 4. № 1656 (29. III 1405), § 4: sint de stede eens geworden, dat men deme tolke to Novgarden orlef geven sal und geven eme sin gelt, wente he dem kopmanne nicht nutte is.

es vielleicht der Dorpater Stadtrat, der damals die entscheidende Rolle in der Leitung des Kontors spielte, der dafür sorgte, dass eine richtige Person eingestellt wurde. Es ist nämlich bewiesen, dass schon am Anfang des 14. Jahrhunderts im Dorpat Bürger russischer Herkunft lebten47. Es gab es dort im Mittelalter zwei orthodoxe Kirchen (von St. Nikolaus und St. Georg) für russische Kaufleute aus Pleskau und Nowgorod48. Hier sicherlich war es einfacher, die russische Sprache mit hören zu lernen oder einen Lehrer zu finden49. Aber auch in Dorpat gab es manchmal keinen Schreiber, der einen Text auf Russisch schreiben konnte50.

Das Erlernen der russischen Sprache war auch im Nowgoroder Kontor möglich. Die Willkür des deutschen Kontors in Nowgorod aus dem Jahre 1346, bestätigt, dass dort die junge Leute Russisch gelernt haben. Es wurde festgestellt, dass kein Jugendlicher über 20 Jahre das Recht hat, die russische Sprache im Kontor zu lernen51. Diese Bestimmung ist auch in den entsprechenden Absätzen der vierten52 und fünften53 Fassung der Schra enthalten. Es wurde also schon im Mittelalter anerkannt, dass in jungen Jahren bessere Effekte beim Erlernen einer Fremdsprache erzielt werden können. Gleichzeitig hat man jedoch festgestellt, dass die Anwesenheit von Jugendlichen im Kontor verschiedene Probleme verursachen könnte54.

Dies könnte darauf hindeuten, dass die Personen im Alter über 20 Jahre am Sprachenlernen früher teilnahmen. Bewusst oder unbewusst wurde hier das von Konrad von Megenberg (1309—1374) ausgedrückte Prinzip angewendet55. Dieser Grundsatz besagt, dass die ersten sieben Lebensjahre dem Erlernen der Muttersprache gewidmet sein sollten. Die zweiten sieben Jahre sind die Zeit, um Schreiben und Fremdsprachen (hauptsächlich lateinisch) zu lernen. Die dritten sieben Jahre sind die Zeit, einen Beruf zu erlernen56. Hier sollte man annehmen, dass das Erlernen der russischen Sprache als Bestandteil der beruflichen Bildung im dritten Siebten enthalten war. Kleine Kinder unter 14 Jahre wurden sicherlich nicht in ein fremdes Land geschickt.

Es ist einigermaßen bekannt, wie das Erlernen des Lateinischen (die für Christen wichtigste Fremdsprache, neben Hebräisch und Griechisch, in der die Heilige Bibel geschrieben ist) im Mittelalter ausgesehen hat57. Es ist jedoch schwierig, etwas über die Lehrmethoden anderer Sprachen zu sagen, die im Alltag in einem fremdsprachigen Umfeld benötigt werden. Ich glaube, dass die einfachste Methode die sogenannte total immersion war, das heißt das vollständige Eintauchen in eine fremdsprachige Umgebung. Auf solche Weise wurden Schüler zum Denken und Verstehen einer Fremdsprache angeregt. Manchmal lebten junge Adepten der russischen Sprache an den Höfen russischer Bojaren58, und das half ihnen sicherlich sich mit der Sprache vertraut zu machen.

Die Praxis, junge Menschen, Söhne der bedeutendsten Kaufmannsfamilien59, zum Erlernen der russischen

47 Vgl.: Das Rigische Schuldbuch (1286—1352) / hg. H.Hildebrand. St. Petersburg, 1872. № 312: Jurian Rutenis et civis Tarbatensis.

48 Selart A. Ortodox Churches in Medieval Livonia // The Clash of Cultures on the Medieval Baltic Frontier / ed. A.V.Murray. Farnham, 2009. S. 283-286; Pickhan G. Pleskau und Livland im 15. Jahrhundert // Deutschland, Livland, Rußland. Ihre Beziehungen vom 15. bis 17. Jahrhundert / hg. N.Angermann. Hamburg, 1988, S. 18; Angermann N. Die Bedeutung Livlands. S. 100.

49 Vgl.: Angermann N. Deutsche Übersetzer und Dolmetscher. S. 226.

50 Vgl.: Den Brief von Dorpat an Reval - Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch. 1. Abt. Bd. 5 (1414—1423) / hg. F.G. von Bunge. Reval, 1867 (weiter — LECUB I 5). № 1960 (25 II 1414?): des hadde wi den bref gerne uttolken unde overscriven laten uppe Russesch, dat wi doch umme breklicheit willen enes Russeschen scrivers nicht to wege bringen konden <. > is id, dat gi dar bi ju wene hebben, de Russches scriven kann, so moge gi den bref uttolken und overscriven laten, und senden; vgl. : Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher. S. 161.

51 LECUB I 6. № 2821, § 32 (22. II 1346): Nen lere kint boven twintich iar olt scal leren de sprake in deme Novgardeschen richte, noch to Novgarden en binnen, he si we he si, de in des kopmannes rechte wesen will. In der dritten Version der Schra gilt dasselbe Verbot nicht speziell für das Erlernen von Sprachen. Die Nowgoroder Schra, S. 125, IIIb § 8: Vortmer dat nen lerekint, dat boven twintich jar olt is, in deme rechte to Nogarden noch to Nogarden anbinnen leren schal, de in des kopmanens rechte wesen will, he si we he si; vgl.: Goetz K.L. Deutsch-Russische Handelsgeschichte. S. 77; Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher. S. 168, Anm. 54; Raab H. Die Anfänge der Slawistischen Studien. S. 343.

52 Vortmer nen lerekint boven twintigh jar olt scal leren de sprake in deme Nougardeschen righte noch to Nougarden enbinnen, he si we he si, de in des copmannes rechte wesen wil — Die Nowgoroder Schra. S. 151, IV § 92; Hansisches Urkundenbuch. Bd. 3 (1343—1360) / hg. K.Höhlbaum. Halle, 1882 (weiter — HUB 3). № 593.

53 Item nen leerkint boven XX jar olt sal leren de sprake in deme Nauwerschen rechte, noch to Naugarden bynnen, he sy we he sy, de in des copmans rechte wesen wyl - Die Nowgoroder Schra. V § 95. S. 151; HUB 3, № 593.

54 Vortmer sint wi des rade worden na des menen kopmannes behuf, dat lerekindere boven XX jare olt to Nogarden binnen noch in dem rechte leren schollen, de in des kopmannes rechte wesen willen, wente de kopman grote lindinghe unde smaheyt van den groten lerekinderen — Die Nowgoroder Schra. IIIb § 8. S. 125; vgl.: Raab H. Die Anfänge der Slawistischen Studien. S. 343.

55 Krüger S. Konrad von Megenberg // Neue Deutsche Biographie. Bd. 12. Berlin, 1979. S. 546-547.

56 Konrad von Megenberg Werke. Ökonomik (Buch I) / hg. S.Krüger. Stuttgart, 1973. I, 2, cap. 17. S. 95: Sicut enim primum septennium lactiferis moribus nutritur et materna lingua instruitur, sic secundum septennium litteris afficitur, aliena lingua docetur et moralibus documentis maturioribus informatur, et tercium septennium uberibus prudencie pasci incipit et racionabilibus provisionibus decorari; ibidem. I, 2, cap. 21. S. 101: Mercaturus etiam iuvenis in tercio sue etatis septennio incipit evolare. Qui cum a principio linguas quam etiam mores nesciat et solerciam mercandi ignoret, fideli socio ac trito in eisdem negociandis committatur; vgl.: Bischof B. The Study of Foreign Languages in the Middle Ages / Speculum. 1961. Bd. 36. № 2. S. 210.

57 Ebenda, passim.

58 Goetz K.L. Deutsch-Russische Handelsverträge. S. 131; Angermann N. Deutsche Übersetzer und Dolmetscher. S. 225f.; Сквайрс E.P., Фердинанд С.Н. Ганза и Новгород. S. 59.

59 Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher. S. 167-168.

Sprache ins Nowgoroder Kontor zu schicken, hat bis zum Ende seiner Existenz überdauert60. Am Tag der Schließung des Kontors, das heißt am 6. November 1494, befanden sich dort etwa 50 Gefangene, darunter mindestens 11 sprakeler, um deren Freilassung zuerst verhandelt wurde61.

Die Kenntnis der russischen Sprache war ein zusätzlicher Vorteil für hanseatische Kaufleute bei ihrer Geschäftstätigkeit62. Für die größten livländischen Städte war die Anstellung von Dolmetscher eine Notwendigkeit. Der Grund war der Briefwechsel mit den russischen Behörden und die Anwesenheit von russischen Kaufleuten, die nur ihre eigene Sprache benutzten63. Die einzige bekannte Ausnahme ist die lateinsprachige Gramota, die von Olechno Sudymontowicz (Staathalter des Großfürsten von Litauen, in Polozk) an den Rat von Riga geschickt wurde. In dieser Weise wollte er erklären seine Verspätung mit der Beantwortung der Ratsbriefe. Der Grund war das Fehlen eines Schreibers, der Deutsch beherrschte. Deshalb konnten seine russischen Schreiber den deutschen Text nicht übersetzen64. Fast alle Polozk-Gramoten stammen aus dem Rigaer Stadtarchiv und zeugen von der Intensität der gegenseitigen Kontakte65.

Die Kontakte zwischen Dorpat und Narva (die den russischen Ländern am nächsten waren) verliefen sicherlich ähnlich, aber der Mangel an Quellen macht es unmöglich, Statistiken und Analysen vorzulegen66. Der Fall von Narva ist sehr interessant. Narva, die formell nicht zur Hanse gehörte, unterhielt enge Beziehungen zu den Einwohnern von Nowgorod. Einige Vertreter der Narvaer Familien (Pepersack67, Korf68) dienten jahrelang sowohl der Hanse als auch dem Deutschen Orden in Livland als Dolmetscher und Boten (sogar zum Großherzog von Moskau)69.

Die geistlichen Hierarchen aus Livland (Bischöfe und Erzbischof von Riga) hielten es nicht für notwendig, Dolmetscher der russischen Sprache dauerhaft einzustellen. Sie hatten kein Problem damit, einen Dolmetscher zu finden, wenn sie in der Hauptstadt ihrer Diözese (Dorpat, Riga) waren. Es kam jedoch zu Problemen und einer plötzlichen Suche nach einem Dolmetscher, als sie sich an anderen Orten aufhielten. Einige Belege bestätigen dies.

Beispielweise hielt sich 1466 der Erzbischof von Riga Sylvester Stodewescher (1448—1479) im Schloss Ronneburg (lettisch: Rauna) auf. Der Erzbischof wandte sich an den Stadtrat von Riga mit der Bitte, einen Brief ins Deutsche (vordutschen) zu dolmetschen. Der Brief wurde gerade von einem russischen Boten aus Polozk zugestellt. Das bedeutet, dass unter den Leuten, die den Erzbischof begleiteten, keiner den auf Russisch geschriebenen Text lesen und verstehen vermag70.

Aus dem weiteren Teil des Briefes geht jedoch hervor, dass der Erzbischof vom Boten (der hat den Brief wohl selbst geschrieben) aus Polozk erfahren konnte, welche Probleme dieser Brief aufwirft. Dies bedeutet, dass entweder der Erzbischof selbst oder jemand aus seiner Umgebung die russische Sprache in etwa verstehen konnte, dass er über die aktuellen Handelsangelegenheiten zwischen Riga und Polozk erfahren konnte. Die anwesenden in Ronneburg besaßen jedoch keine aktive Fähigkeit des Lesens und des Schreibens auf Russisch, das heißt, die kyrillische Schrift zu verwenden.

60 Vgl.: grothe lude tho Lubeck unde yn den anderen steden ore kinder plegen tho Nowgarden tho szenden — Hanserecesse von 1477—1530. 3. Abt. Bd. 3 (1491—1497) / hg. D.Schäfer. Leipzig, 1888 (weiter — HR III 3). № 502b.

61 HR III 3. № 699 (13 VIII 1496). Sie kamen aus verschiedenen Städten: Lübeck, Hamburg, Dortmund, Reval — vgl. HR III 3. № 697 (5. VIII 1496); vgl. Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher. S. 170.

62 Pöltsam-Jürjo I. Das livländische Mittelalter. Die Städte: Alltag, soziale Schichten, Handel und Gewerbe // Das Baltikum. Geschichte einer europäischen Region. Bd. 1. Von der Vor- und Frühgeschichte bis zum Ende des Mittelalters / hg. K.Brüggemann [u.a.]. Stuttgart, 2018. S. 321.

63 Vgl. beispielweise: LECUB I 4. № 1666 (23. IX 1405?): de Nowgarders uns sanden enen bref mit eren boden <. > welkes breves copie, ut deme Russchen in Dudesch getolket, gi hiir inne vindet besloten, up welken bref wi en unsen bref denken wedder to scrivende, ludende in Russchen alse hiir na steit beschreven to Dude; LECUB I 4. № 1672 (13. XII 1405): Des screven se uns wedder to an erem breve, besegelt mit twen ingesegeln, welke breff ludde van worden to worden aldus, over to settende dat Russisch an Dudisch.

64 Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch. 1. Abt. Bd. 12 (1460—1472) / hg. Ph.Schwartz [u.a.]. Riga-Moskau 1910 (weiter: LECUB I, 12), Nr. 765 (24 XII 1470); Полоцкие грамоты XIII — начала XVI вв. Вып. II / ^ст. А.Л.Хорошкевич. Москва, 1978. № 43: et hoc fatum est, quia tunc temporis notorium in lingua Theutonica circa nos non habuimus, quia licet aliqui sunt slasythe, illi tamen plenarie lingwam vestrum non interpretant. Que littere usque nunc non sunt lecte, sed quamcito perleguntur, extunc ad amiciciam vestram responsum mittemus aliquem per nostrum; vgl.: Angermann N. Die Bedeutung Livlands. S. 102.

65 Insgesamt mehr als 330 für die Zeit bis 1511 — vgl.: Полоцкие грамоты XIII — начала XVI вв. Вып. I—V / ^ст. А.Л.Хорошкевич. Москва, 1977—1990; Mahling M. Ad rem publicam et ad ignem. S. 54 — ist der Meinung, dass Rigaer Stadtrat schon im 13. Jh. Jahrhundert Schreiber der Russischen Sprache beschäftigte.

66 Ein interessanter Beitrag ist der Brief des Dorpater Stadtrats an den Stadtrat von Riga: Noveritis, nos quasdam litteras recepisie Ruthenicas, quas interpretatas a Ruthenico ydiomate in Theutonicum fecimus conscribi — HR I 3. № 464 (23. XII 1390); Liv-, Esthund Curländisches Urkundenbuch. 1. Abt. Bd. 8. (Mai 1429—1435) / hg. H.Hildebrand. Riga-Moskau, 1884 (weiter — LECUB I 8). № 199 (26. IV 1431) — der Dorpater Stadtrat über die Vorbereitungen, um einen Dolmetscher nach Novgorod zu schicken.

67 Сквайрс E.P., Фердинанд С. Н. Ганза и Новгород. S. 61, 97f; Казакова Н.А. Русско-ливонские и русско-ганзейские отношения S. 277f.; Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher. S. 171-173; Raab H. Die Anfänge der Slawistischen Studien. S. 343; Бессуднова М.Б. Специфика и динамика развития русско-ливонских противоречий в воследней трети XV века. Воронеж, 2016. S. 268ff.

68 Сквайрс E.P., Фердинанд С.Н. Ганза и Новгород. S. 238; Frederick Korff sprach nicht nur Russisch, sondern er konnte auch Russisch lesen — LECUB II 1. № 144 (3 II 1495); vgl.: Бессуднова М.Б. Специфика и динамика. S. 251f.

69 Vegesack S. von. Die Gesandtschaften, passim.

70 Hansisches Urkundenbuch. Bd. 9 (1463—1470) / hg. W.Stein, Leipzig, 1903. № 277 (27. V 1466): wy hebben nymant, de en uns lesen kan.

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Ebenso wandte sich der spätere Erzbischof von Riga Jasper Linde (1509—1524) an Riga, um einen Dolmetscher der russischen Sprache in sein Schloss in Kokenhusen zu schicken. Es war das Jahr 1510 und der Erzbischof erwartete die Ankunft der russischen Gesandtschaft, die vom Landmeister des Deutschen Ordens nach Russland zurückkehrte aber er hatte keinen Dolmetscher bei sich gehabt71.

Die obigen Beispiele beweisen, dass die manchmal vertretene Meinung, dass die Kenntnis der russischen Sprache unter den Bewohnern Livlands üblich war72, nicht stimmt. Man kann den Eindruck gewinnen, dass es genau das Gegenteil war. Einen Dolmetscher zu finden, der diese Sprache besser, als nur kommuniktiv, beherrschte, ein großes Problem darstellte.

Die Kenntnis der russischen Sprache war einer der Faktoren, mit denen mindestens ab Mitte des 14. Jahrhunderts versucht wurde, die „niederländische" Konkurrenz im Handel mit den russischen Ländern zu monopolisieren, oder zumindest zu begrenzen. Man glaubte, dass die Verbote der Einreise in die livländischen Städte, sowie des Erlernens der russischen Sprache und der Einstellung von Dolmetschern der russischen Sprache, mit den hohen finanziellen Straffen befestigt, werden verhindern oder erheblich erschweren entmutige Kaufleute außerhalb der Hanse, tief nach Russland einzureisen73. Das erste bekannte Verbot wurde in der Willkür des deutschen Kontors in Nowgorod aus dem Jahre 1346 verankert74.

In den Bestimmungen des Hansetages aus dem Jahre 1423 in Lübeck ist festgelegt, dass junge Niederländer nicht nach Livland kommen dürfen, um die russische Sprache zu lernen75. Dies zeigt zum einen, dass auch Leute außerhalb der Hanse aufgrund ihrer Kenntnisse der russischen Sprache versucht haben, ihre Kontaktchancen mit den russischen Ländern zu erhöhen. Andererseits zeigt es, dass man sich der strategischen Bedeutung von Livland bewusst war, um hier das Eindringen von Kaufleuten von außerhalb der Hanse nach Russland zu verhindern76. Die Satzungen des livländischen Städtetages von 1450 zu Pernau verlängerte das Handelsverbot in den livländischen Städten für viele Nationen, verbot ihnen die Einreise nach Russland und verhängte für ihre Führer und Dolmetscher hohe Strafen77. Diese Bestimmungen wurden etwa um 1450 in die Rigaer Bursprache aufgenommen78. Gleichzeitig wurde das Sprachunterrichtsverbot (sicherlich Russisch) für Personen von außerhalb der Hanse im ganzen Livland hinzugefügt.

Wie effektiv war dieses Verbot? Es ist schwer zu sagen. Seine ständige Aufrechterhaltung deutet darauf hin, dass Kaufleute von außerhalb der Hanse immer versuchet haben, nach Russland zu gelangen. Der erste Livländische Krieg war sicherlich die Zäsur. Infolge dieses Krieges kam es zum Zerfall des sogenannten Altlivlands, dagegen die Entstehung und der Erfolg der sogenannten Narvaer Schifffahrt (1558—1581) ermöglichte den Kaufleten von außerhalb der Hanse den freien Zugang zum russischen Markt, endlich zu bekommen.

Die Wiedereröffnung des Kontors in Nowgorod im Jahr 1514 brachte keine Wiederbelebung des Hansehandels mit den russischen Ländern. Aus dem 16. Jahrhundert haben sich jedoch wesentliche Denkmäler — vor allem für Linguisten und Historiker — erhalten, die die Bedeutung der Kenntnis der russischen Sprache in deutsch-russischen Kontakten bestätigen. Dies sind drei Korpora russisch-deutscher Gesprächsbücher79 — zwei davon sind mit Nowgorod, und einer mit Pleskau verbunden. Vermutlich entstand die Praxis des Aufschreibens russischer Wörter und Ausdrücke, die durch das Gehör erlernt wurden, schon viel früher während des Wohlstands des Nowgoroder Kontors. Es war sicherlich eine Antwort auf den tatsächlichen Bedarf an praktischen Sprachkenntnissen. Gleichzeitig war es eine

71 LECUB II 3. № 825 (17 V 1510): Szo hebben wy up ditmael nenen Ruschen tolcken by uns, begeren vruntlik, gy uns jwen Ruschen tolcken <...> senden wollen, de alszdan mit em und ock mitsampt den Russen thoglieke uth Riga beth alhir tegen Kokenhusen an uns gelangen mach.

72 Сквайрс EP., Фердинанд С. Н. Ганза и Новгород. S. 64, 83ff.; Skvajrs Е. Sprachkontakte. S. 47.

73 Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher. S. 176; Meier J., Möhn D. Die Sprache im Hanseraum // Die Hanse — Lebenswirklichkeit und Mythos. S. 587; Goetz K.L. Deutsch-Russische Handelsverträge. S. 132-133.

74 LECUB I 6. № 2821, § 20 (22. II 1346): Neman, de in sante Peters rechte wesen will, scal here bringen in das land vromede geste, it si Lumbarde, eder Vlaminge, eder wat lude it sin, noch he en scal ere gut in dit land voren, bi L marken und bi des hoves rechte. V. neman de in sante Peters rechte wesen will, scal cumpenie hebben mit Vlamingen uns mit sodanem luden, de buten des kopmannes rechte sint; vgl.: Reitemeier A. Sprache, Dolmetscher. S. 174f.

75 Die Recesse und andere Akten der Hansetage von 1256-1430 / hg. K.Koppmann. Bd. 7 (1419—1425). Leipzig, 1893. № 609 (16 VII 1423), § 23: <...> en schal men nicht steden, dat man jennigen Hollandesschen jungen up de sprake bringe <...> to des gemeynen copmans beste <...>; vgl.: Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch. 1. Abt. Bd.7 (Mai 1423- Mai 1429) / hg. H. Hildebrand. Riga-Moskau, 1881. Nr. 22, § 22.

76 Angermann N. Die Bedeutung Livlands. S. 103, 110; Raab H. Die Anfänge der Slawistischen Studien. S. 343.

77 Hanserecesse von 1431—1476. 2. Abt. hg. G. Frh. von der Ropp, Bd. 3 (1443—1451). Leipzig, 1881. № 598 (4 V. 1450), § 4: besloten, dat neyne koplude van Fransosen, van Walen, van Lumbarden, van Engelschen, van Schoten, van Spangerden, van Vlamyngen und van solken wenderlingen sollen noch mogen kopslagen in dessen Lifflandeschen steden. Isset dat etwelk hir kompt, den sal men ungekopslaget utwysen den wech den he ingekomen is, und men sal en ok nicht gunnen in Ruslande to theende. Were ok we van Dutschen, de siik erer guder undirwunde edder ere tolk werde, de sal vorvallen in pene van 50 mark Rigesch; auch: Akten und Rezesse der livländischen Ständetage. Bd. 1. Lief. 4 (1424—1450) / hg. L.Arbusow. Riga, 1929. № 526.

78 Liv-, Esth- und Curländisches Urkundenbuch. 1. Abt. Bd. 11 (1450—1459) / hg. Ph.Schwartz. Riga—Moskau, 1905. № 75, § 85: hebben de gemenen hensestede eynsgedregen, dat nemat sprake leren sal in Liefflande, he sy in der hanse begrepen. Ok sal nemant, de in der hense nicht is, sine kopenscop soken in Liefflande anders dan in den steden by der zee belegen.

79 „Ein Rusch Boeck...": ein russisch-deutsches anonymes Wörter- und Gesprächsbuch aus dem XVI. Jahrhundert / hg. A.Falowski. Köln, 1994; „Ein Russisch Buch" Thomasa Schrouego: slownik i rozmöwki rosyjsko-niemieckie z XVI w. Cz. 1-2 / hg. A.Falowski [a.o.]. Kraköw, 1992—1997; Tönnies Fenne's Low German Manual of Spoken Russian. Pskov 1607. Vol. 1-4 / ed. L.L.Hammerich [a.o.]. Copenhagen, 1961—1986.

halsbrechende Aufgabe — der Versuch mit lateinischem Alphabet eine phonetische Aufzeichnung zu schaffen, von einem Menschen, dessen Muttersprache Deutsch war. Diese Gesprächsbücher scheinen hervorragend jene Probleme veranschaulichen, denen Jahrhunderte lang Dolmetscher in ihrer täglichen Arbeit für die hanseatischen Kaufleute gegenüberstanden.

Гонсовска Майя. То1ск — означает «толкователь»: замечания к вопросу об изучении русского языка в средневековой Ливонии и Ганзе. Коммуникация означает возможность взаимного общения и понимания не только внутри своего сообщества, но также между представителями разных иностранных, этнических и языковых группа. На этапе примитивного товарообмена знание языка другой стороны, по-видимому, не являлось обязательным условием его возникновения. Все, что тогда было нужно, это язык жестов. Но заключение коммерческих соглашений в письменной форме требует не только определенного уровня грамотности обоих партнеров, но также знания языка другой стороны, особенно в условиях их удаленности, когда нет возможности взаимного понимания без необходимой подготовки или использования переводчиков (толкователей). Такая ситуация существовала сначала при заключении торговых договоров княжеств Северной Руси с иностранными купцами, позже и с ганзейскими городами. Дополнительной трудностью было использование на Руси специфической системы письма, незнание которой мешало прочтению текста иноземцем. Участие переводчиков, точнее, толкователей, известных в средневековых ганзейских источниках как толк (^з1к), было непременным условием функционирования торговли. Вместе с тем, социальное положение толкователей было низким, и лишь в XV веке появились персонализированные упоминания их присутствия. Ганзейцы в новгородской конторе нанимали толкователя и разрешали группам молодых людей (до 20 лет) учиться русскому языку вплоть до закрытия конторы в 1494 г. С начала XV века появились запреты на преподавание русского языка голландцам. Таким образом, знание русского языка стало одним из элементов политики монополизации торговли с Русью ганзейскими городами. Создается представление, что Ливония по причине ее соседства с северными русскими княжествами имела оптимальные условия для изучения русского языка по сравнению с другим городам Ганзы, но есть многочисленные свидетельства того, что часто даже в самых больших торговых городах (Рига, Ревель, Дерпт) возникали проблемы с поиском людей, которые могли бы произвести переписку на русском языке. С аналогичными проблемами сталкивались также купцы и чиновники из русских княжеств.

Ключевые слова: Ганза, Ливония, новгородская контора, Новгород, переводчик, языковой ученик, торговые договоры, Новгородская шра.

G^ssowska Maja. Tolck means Interpreter: Comments on a question on the study of the Russian language in medieval Livonia and the Hansa. Communication means the possibility of mutual communication and understanding not only within one's community, but also between representatives of different foreign, ethnic, and linguistic groups. At the stage of primitive exchange of goods, knowledge of the language of the other side, apparently, was not a prerequisite for its occurrence. All that was needed then was sign language. Written commercial agreements require not only a certain level of literacy of both partners, but also knowledge of the language of the other side, especially when there is no possibility of mutual understanding without the necessary training or use of translators (interpreters). That was a problem at the conclusion of trade agreements of the principalities of Northern Russia with foreign merchants, and later with the Hanseatic cities. An additional difficulty was the use in Russia of a specific writing system, the lack of knowledge of which prevented the foreigner from reading the text. The use of translators, or rather, interpreters, known in medieval Hanseatic sources as tolk, was an indispensable condition for the functioning of trade. At the same time, the social position of the interpreters was low, and only in the 15th century we can see personalized references to their presence appear. The Hanseatic people in the Novgorod office hired an interpreter and allowed groups of young people (under 20) to learn Russian until the closure of the office in 1494. From the beginning of the 15th century, there were bans on teaching the Russian language to the Dutch. Thus, knowledge of the Russian language has become one of the elements of the policy of monopolizing trade with Rus by Hanseatic cities. It seems that Livonia, due to its proximity to the northern Russian principalities, had optimal conditions for learning the Russian language compared to other cities of the Hansa, but there is numerous evidence that even in the largest trading cities (Riga, Revel, Derpt) there were problems with the search for people who could make correspondence in Russian. Merchants and officials from the Russian principalities faced similar problems.

Keywords: Hansa, Livonia, Novgorod office, Novgorod, translator, language student, trade contracts, Novgorod shra

Сведения об авторе. Майя Гонсовска — доктор, сотрудник Института истории Академии наук Польши в Варшаве (Maja G^ssowska, Dr., employee of the Institute of History of the Polish Academy of Sciences in Warsaw); maj agassowska@gmail. com.

Статья публикуется впервые. Поступила в редакцию 20.10.2019. Принята к публикации 10.11.2019.

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