Научная статья на тему 'PRIAMOS VOR VERSCHLOSSENEN TüREN (IL. 24, 443-458). EIN TYPICAL MOTIF UND DAS ENDE DER ILIAS'

PRIAMOS VOR VERSCHLOSSENEN TüREN (IL. 24, 443-458). EIN TYPICAL MOTIF UND DAS ENDE DER ILIAS Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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ИЛИАДА / ILIAD / ПРИАМ / PRIAM / ТИПИЧЕСКИЙ МОТИВ / TYPICAL MOTIF / ГРЕЧЕСКИЙ ЭПОС / GREEK EPIC POETRY / ГОМЕР / HOMER / АХИЛЛ / ACHILLES

Аннотация научной статьи по языкознанию и литературоведению, автор научной работы — Хельман Оливер

Внимание читателя последней песни «Илиады» в ключевой момент рассказа, рисующего Приама на пути в ахейский стан, оказывается сосредоточенным на одном вещном образе тяжелом засове, накинутом на двери Ахиллова шатра. Балка столь громадна, что трем сильным нужно сдвигать ее с места, чтобы открыть дверь, тогда как хозяин шатра, вождь мирмидонян, легко управляется с этим в одиночку (Il. 24, 453-458). Здесь просматривается типический мотив, обычно намекающий на поворот в сюжете (сопоставить следует Il. 5, 302-306; 12, 445-450; 16, 140-144). Важно заметить, что засов блокирует дверь изнутри, тогда как гость, руководимый Гермесом, находится снаружи. Слушавшим стихи Гомера из уст их автора картина представлялась глубоко символичной: герой отгородился от мира, замкнулся в непроницаемой оболочке своего горя. Как вернуть ему мир? Освободить его (и двинуть вперед сюжет) возможно лишь извне, но мешает засов. Такова символика запертых дверей в 24-й песни «Илиады»: стена неизбывной скорби, сломать которую способна только высшая сила. Что в итоге и происходит. Гермес выступает в роли deus ex machina, совершающего чудо «счастливого финала»: невидимой рукой засов поднят и сброшен, Приам вступает в шатер, острая боль вот-вот прольется слезами и будет исчерпана, а осевой конфликт «Илиады» разрешен. Без божественного вмешательства Приам остался бы стоять перед запертыми дверьми. Тема засова помогает, таким образом, уяснить художественный метод эпика.

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Приам перед закрытыми дверьми (Il. 24, 443-458): typical motif и завершение "Илиады"

On the way to his famous encounter with Achilles in the last book of the Iliad, Priam is confronted with a series of obstacles. The final and biggest is the huge bolt on the door of Achilles’ dwelling, a unique object that is described elaborately by the poet of the Iliad. Three men are needed to open this bolt, only Achilles is able to unbolt the door alone. (Il. 24, 453-458). By using in an innovative way a typical motif of the oral epic tradition with several parallels in the epic (Il. 5, 302-306; 12, 445-450; 16, 140-144), the poet has given this bolt a singular symbolic meaning. It symbolizes Achilles’ isolation and unapproachability after the death of Patroclus. Priam, the old king of Troy, would never be able to approach Achilles in this situation without divine help. Hermes, his godly guide, opens the bolt for Priam and clears the way to Achilles, as he helped him before. Without divine intervention, there would be no encounter, no communication, no pity (eleos) in Achilles’ room. The reconciliation can only come to pass by divine motivation and guidance. Without the gods, Achilles’ bolt would remain closed and Priam would be forced to stand in front of locked doors.

Текст научной работы на тему «PRIAMOS VOR VERSCHLOSSENEN TüREN (IL. 24, 443-458). EIN TYPICAL MOTIF UND DAS ENDE DER ILIAS»

UDC 821.14

Philologia Classica. 2018. Vol. 13. Fasc. 1

Priamos vor verschlossenen Türen (Il. 24, 443-458). Ein typical motif und das Ende der Ilias1

Oliver Hellmann

FB II, Klassische Philologie,

Universität Trier 54286, Trier, Deutschland; hellmann@uni-trier.de

For citation: Oliver Hellmann. Priamos vor verschlossenen Türen (Il. 24, 443-458). Ein typical motif und das Ende der Ilias. Philologia Classica 2018, 13(1), 26-39. https://doi.org/10.21638/11701/ spbu20.2018.102

On the way to his famous encounter with Achilles in the last book of the Iliad, Priam is confronted with a series of obstacles. The final and biggest is the huge bolt on the door of Achilles' dwelling, a unique object that is described elaborately by the poet of the Iliad. Three men are needed to open this bolt, only Achilles is able to unbolt the door alone. (Il. 24, 453-458). By using in an innovative way a typical motif of the oral epic tradition with several parallels in the epic (Il. 5, 302-306; 12, 445-450; 16, 140-144), the poet has given this bolt a singular symbolic meaning. It symbolizes Achilles' isolation and unapproachability after the death of Patroclus. Priam, the old king of Troy, would never be able to approach Achilles in this situation without divine help. Hermes, his godly guide, opens the bolt for Priam and clears the way to Achilles, as he helped him before. Without divine intervention, there would be no encounter, no communication, no pity (eleos) in Achilles' room. The reconciliation can only come to pass by divine motivation and guidance. Without the gods, Achilles' bolt would remain closed and Priam would be forced to stand in front of locked doors. Keywords: Iliad, Priam, typical motif, Greek epic poetry, Homer, Achilles.

1. Einleitung

Die Begegnung von Priamos und Achill im letzten Gesang der Ilias gehört sicher zu den eindrücklichsten und bewegendsten Szenen des gesamten Epos. Der betagte König Troias betritt unbemerkt Achills Hütte, umfasst die Knie des Myrmidonen und küsst die Hände des Mannes, der seinen Sohn getötet hat. Dieser Moment höchster Spannung war bereits in der Antike ein beliebtes Motiv bildlicher Darstellung.2 Im Handlungsverlauf der Ilias haben wir hier einen entscheidenden Wendepunkt. Der lange Zeit unerbittliche Achill wird nun seine Isolation und Verbitterung überwinden, die noch zu Beginn des 24. Gesangs den Rezipienten so eindrücklich vor Augen gestellt wurde.3 Er wird Mitleid (eXeo;)4 zeigen und dem Vater Hektors Leichnam übergeben.

Bis zu diesem Punkt war es ein langer Weg, nicht nur im übertragenen Sinne. Ich möchte im Folgenden diesen Weg etwas näher betrachten, speziell den Moment unmit-

1 Überarbeitete Version eines Vortrags, der am 10.4.2008 an der Universität Bochum gehalten wurde. Für eine Durchsicht des Manuskripts und wertvolle Hinweise danke ich Dr. B. Herzhoff (Trier) sehr herzlich.

2 Vgl. Friis Johansen 1967, 127-138 und Kemp-Lindemann 1975, 180-188.

3 S. Il. 24, 1-18.

4 Zur Bedeutung des eXsoc; am Ende der Ilias s. Crotty 1994, 42-69. Vgl. auch de Romilly 1997, 218-219. © St. Petersburg State University, 2018

telbar vor dem Zusammentreffen der beiden Heroen, eine Szene, die symbolische Bedeutung für das Ende des Epos insgesamt hat und die zugleich einen interessanten Einblick in die homerische Verwendung traditioneller wiederholter Elemente der Erzählung — in unserem Fall eines typical motif — in der Ilias bietet.

2. Priamos vor verschlossenen Türen (II. 24, 443-458)

Es ist Zeus selbst, der höchste Gott, der Priamos auf den Weg zu Achill schickt.5 Nachdem Iris ihm den göttlichen Auftrag überbracht hat, macht sich Priamos unverzüglich auf den Weg. Er lässt einen Wagen bereitmachen und unterrichtet seine Frau Hekabe von seinen Plänen. Sie reagiert entsetzt und zweifelt am Verstand ihres Gatten.6 In einem emotionalen Appell stellt sie ihm drastisch vor Augen, welche Folgen es haben könnte, wenn er alleine (oioc;: 24, 203 betont am Ende des Verses)7 zu Achill geht.

e'i -ydp a' alpr|a£i Kai saö^Exai Ö90a\|ioiaiv, ü>|ir|CTTn<; Kai aniaxo^ äv^p ö -ye, ou a' £A.£ra£i oüös xi a' alösaexai.8

„Denn wenn er dich fassen wird und vor sich sehen mit den Augen, Der rohfressende und treulose Mann: nicht wird er sich deiner erbarmen, Und dich nicht scheuen."

(24, 206-208)9

Hekabe entwirft hier ein alternatives Handlungsszenario10 der Begegnung zwischen Priamos und Achill: Achill wird kein Mitleid zeigen (oü ... ¿X.er|a£i, 207) und kein Gefühl der Scheu und des Respekts entwickeln (oüSe ... alSeaexat, 208). Durch die doppelte Negation wird dieses Szenario deutlich als negatives Gegenbild zum folgenden tatsächlichen Handlungsverlauf markiert. Aus Hekabes Sicht, die den göttlichen Auftrag vollkommen ausblendet,11 ist dieser Verlauf zu erwarten. Der Rezipient ist in einer anderen Situation, er ist über den göttlichen Auftrag und das göttliche Versprechen eines gefahrlosen Verlaufs umfassend informiert und bewertet die Situation daher anders.12

Mit dem alten Herold Idaios macht sich Priamos im Anschluss auf den Weg zum Achaierlager. Als am Skamander Hermes erscheint, bekommt es Idaios mit der Angst zu tun.13 Er fürchtet den Tod und möchte fliehen. Auch Priamos ergreift die blanke

5 Il. 24, 143-158.

6 Il. 24, 200-202.

7 Zur betonten Endstellung s. Richardson 1993, 295 zu Il. 24, 203-205 und Brügger 2009, 85 zu Il. 24,

203.

8 Alle griechischen Textzitate aus der Ilias nach den Ausgaben von Martin West (West 1998 und West 2000).

9 Die zitierten deutschen Übersetzungen der Ilias entstammen, soweit nicht anders angegeben, der Übersetzung von Wolfgang Schadewaldt 1975.

10 Vergleichbar wäre die „If not-situation", in der der Erzähler einen alternativen Handlungsverlauf präsentiert, s. de Jong 1987, 68-81 und Nünlist / de Jong 2000, 171: „Die Intervention des Erzählers ist hier besonders deutlich zu sehen, weil er einen anderen (freilich kontrafaktischen) Ereignisverlauf wenigstens andeutet." Weitere Literatur bei Nünlist / de Jong 2000, 171 Anm. 64.

11 Vgl. Brügger 2009, 83 zu Il. 24, 200-216: „Hekabe ... ignoriert, daß es ein Auftrag des Zeus ist.".

12 Vgl. Il. 24, 152-158 und 181-187.

13 Il. 24, 355.

Angst.14 Aus der individuellen Fokussierung gewinnt die Szene ihre Spannung.15 Idaios und Priamos wissen zunächst nicht, um wen es sich bei dem Ankömmling handelt, der Rezipient des Epos ist dagegen durch den Erzähltext bereits über dessen Identität informiert.16 Hermes bestätigt anschließend Idaios' Befürchtungen indirekt, indem er Priamos im Gespräch klar macht, dass er bei einer Entdeckung durch die Achaier völlig hilflos wäre:

oüös au y' EÖÖEiaa^ |isvsa nveiovra^ Axaiou;, 01 toi 6ua|sv£s^ Kai äväpaioi ¿yy^ saaiv; Tüv s'i ti^ as 'iöoito 0o^v öiä vuKTa |is\aivav Toaaaö' övsiaT' aYovTa, ti^ av ö| toi voo^ s'ir|; out' aÜTÖ^ veo^ saai, Yspwv ös toi oüto^ önr|ösi, avöp' äna|uvaa6ai, öts tu; npÖTspo^ xaA.snr|vr|i.

„Und nicht fürchtest du die Kampfmut atmenden Achaier, Die dir bösgesonnen und feindlich hier in der Nähe sind? Sähe dich einer von denen, wie du durch die schnelle Nacht, die schwarze,

So viele Schätze führst, wie wäre dir dann wohl der Sinn?

Selbst bist du nicht jung — und ein Greis ist dieser dein Begleiter! -Um einen Mann abzuwehren, wenn einer als erster beschwerlich wird."

(24, 364-369)

Doch der Gott sichert unmittelbar seine Hilfe zu.17 Für den Rezipienten tritt damit die Frage in den Vordergrund, wie es Priamos schaffen wird, mit Hermes' Hilfe ins Lager der Achaier zu gelangen. Dass er dorthin gelangen kann, ist ja bereits durch die Götter vorherbestimmt.18

Der Ort dieser Begegnung ist bewusst gewählt. Jenny Strauss Clay hat dargelegt, dass der Fluss Skamander in der Ilias die Grenze zum troischen Territorium markiert.19 Claude Brügger spricht im Kommentar zu unserer Stelle von der „Grenze zwischen sicherem und gefährlichem Bereich."20 Entsprechend verlässt Hermes Priamos auf dem Rückweg auch genau an dieser Stelle wieder.21

Bevor die Fahrt fortgesetzt wird, lernen sich zunächst Priamos und Hermes in einem Gespräch näher kennen. Der Gott gibt sich als wohlhabender junger Myrmidone aus, der bereit ist, Priamos zu Achill zu geleiten. Nachdem er Priamos' Sorgen um den Leichnam seines Sohnes zerstreut hat, besteigt er Priamos' Wagen und fährt mit ihm zum Achaier-lager.

äAA' öts ö^ nupYou^ Ts vsüv Kai T&9pov ikovto — o'i ös vsov nspi ööpna qmAaKTfpsi; tcoveovto -Toiai ö' ¿9' unvov sxsus öiäKTopo^ 'ApYsi9ÖvTr|<;

14 Il. 24, 358-360.

15 Zur Erzeugung von Spannung an dieser Stelle vgl. Brügger 2009, 129 zu Il. 24, 349-361.

16 Vgl. de Jong 1987, 105 Anm. 10 (abgedruckt 266).

17 Il. 24, 370-371.

18 Einmal mehr scheint der Ausgang des Geschehens im Epos klar und die Spannung ergibt sich aus der Frage, wie das Geschehen diesen Ausgang nimmt, s. Thornton 1984, 63.

19 Strauss Clay 2011, 103-104 und 107-108 mit Anm. 33.

20 Brügger 2009, 130 zu Il. 24, 351.

21 S. Brügger 2009, 130 zu Il. 24, 351 und Strauss Clay 2011, 109.

naaiv, a9ap ö' «si^s nuAai; Kai änüasv öxrjai;, s^ ö' a-ya-ye npia|öv Ts Kai ä-yAaä öüp' sn' änr|vr|<;. äAA' ÖTs ö^ KAiair|v nr|Ar|iäös« ä^KovTo

— T^v Mup|iöövs^ noi^aav avaKTi öoüp' sA&Tr|<; KEpaavTs^, äTäp Ka0unep0sv spstyav Aaxv|svT' öpo9ov Asi|i«vö0sv ä|i|aavTS(v ä|9i öE o'i |is-yaAr|v aüA^v noi^aav avaKTi aTaupoiaiv nuKivoiai^ 0upr|v ö' sxs |oüvo^ snißA-i^ slA&Tivoi;, tov Tpsi^ |sv snippraasaKov 'Axaioi, Tpsi^ ö' ävosrysaKov |is-yaAr|v KAr|iöa 0upa«v, twv aAAwv, 'AxiAsü^ ö' ap' snippraasaKs Kai oio^ -ö| pa TÖ0' 'Ep|sia^ spiouvio^ wi^s -yEpovTi, s^ ö' a-ya-ys KAuTä öüpa noöwKsi nr|Asi«vi.

„Doch als sie zu den Türmen bei den Schiffen und dem Graben gelangten,

Da waren die Wächter eben bemüht um das Nachtmahl.

Und über sie goß einen Schlaf der Geleiter, der Argostöter,

Sie alle, und öffnete sogleich die Tore und stieß zurück die Riegel

Und führte Priamos hinein und die prangenden Gaben auf dem Wagen.

Doch als sie nun zur Lagerhütte des Peliden gelangten,

Der hohen, die die Myrmidonen gebaut hatten für den Herrn,

Balken der Tanne schneidend, und darüber hatten sie gedeckt

Wolliges Schilfrohr,22 das sie abgemäht hatten vom Wiesenland;

Und hatten ihm ringsher einen großen Hof gemacht, dem Herrn,

Mit dichten Pfählen, und die Tür hielt ein einziger Querbalken

Von Tannenholz; den pflegten vorzuschieben drei Achaier

Und drei wieder zu öffnen, den großen Riegel der Türen,

Von den anderen: Achilleus aber schob ihn vor auch allein.

Ja, damals öffnete ihn Hermeias, der Gedeihenbringer, für den Alten

Und führte hinein die rühmlichen Gaben für den fußschnellen Peleus-Sohn."

(24, 443-458)

Priamos sieht sich hier drei Hindernissen gegenüber, den Wachen der Achaier, dem Tor des Lagers und der Tür zu Achills Behausung. Die beiden ersten werden schnell überwunden: Hermes versetzt die Wachen in Schlaf23 und öffnet das Tor zum Lager, indem er den Riegel zurückschiebt. All dies wird in fünf Versen geschildert. Das dritte Hindernis nimmt in der Erzählung breiteren Raum ein, es wird in elf Versen beschrieben. Als eigentliche Barriere erweist sich ein gewaltiger Türriegel am Hoftor, der den ungewollten Zugang zu Achill verhindern soll.24

Im 24. Gesang der Ilias wird Achilleus' Behausung keineswegs als bescheidene Hütte beschrieben, wie KAiaq gewöhnlich — und so auch bei Schadewaldt — übersetzt wird. Sie hat einen Hof (aüA|, 24, 452), in den Priamos an unserer Stelle eindringt, später wer-

22 Zur Problematik der Bedeutung von öpocpo; vgl. MacLeod 1982, 123 zu Il. 24, 450-451; Richardson 1993, 319 zu Il. 24, 450-451 und LfgrE, Bd. 3, 816 s.v. öpo^o;: „Überdachung ... Jedenf.[alls] nicht '(Schilf-) Rohr' o.ä. ... obgleich von der Sache her richtig." (M. de Leeuw).

23 Dies wird durch die Beschreibung von Hermes' Stab, mit dem er Menschen in Schlaf versetzen und aufwecken kann, Il. 24, 343-344 vorbereitet.

24 Zu einer möglichen bildlichen Darstellung dieser Szene vgl. Beazley 1963, 406, 2; CVA Great Britain 17, 66-68 mit Tafel 74; LIMC 7/2, 403, Priamos 69.

den auch eine Vorhalle (aiöouaa, 644), ein |£yapov (647) und ein „Vorhaus" пробоцос; (673) erwähnt, wie Nicolas Richardson angemerkt hat. Die Behausung ähnele, den Palästen der Odyssee, und dies habe auch die Funktion, einen Eindruck von Achills Größe zu erzeugen, wie er sich aus der Perspektive des Priamos und Idaios ergebe.25 Achill residiert also, wie es seiner Machtstellung entspricht.26

An der hier betrachteten Stelle konzentriert sich die Beschreibung zum Ende ganz auf ein Detail dieses Gebäudekomplexes, einen gewaltigen Riegel am Hoftor, dessen Handhabung enorme Kraft erfordert. Drei Mann sind zur Bedienung dieses Riegels üblicherweise notwendig, nur Achill ist in der Lage, ihn allein vorzuschieben.27 — Derartige Beschreibungen spezieller Objekte sind im Epos in der Regel Hinweis auf bedeutende Geschehnisse!28

3. Typical Motifs — Typical Scenes

Strukturell ähnliche Szenen sind im Epos in größerer Zahl vorhanden. Die erste findet sich im fünften Gesang, innerhalb der Aristie des Diomedes. Nach seiner Verwundung kehrt der Sohn des Tydeus von Athene gestärkt in die Schlacht zurück. Er tötet mit einem Lanzenwurf den auf dem Wagen befindlichen Pandaros und greift darauf im Kampf gegen Aineias, der vom Wagen springt, um den Leichnam seines Partners zu verteidigen, zu einem Stein als Waffe:

... ö öe xep|iäöiov Aäße xsipi Tuöeiöri;, |i£"ya ep-yov, ö oü öüo y' avöpe q>Epoiev, oioi vüv ßpoxoi e'ia'- ö öe |iv pEa näAAe Kai oio; toi ßäAev A'iveiao Kar' laxiov, ev0ä те |ir|p°; laxiwi svaTpEqieTai, KoTÜAr|v öe te |iv KaAEouaiv.

„.Doch der ergriff einen Feldstein mit der Hand, Der Tydeus-Sohn, ein großes Werk, wie nicht zwei Männer ihn tragen, So wie jetzt die Sterblichen sind; doch der schwang ihn leicht auch allein. Damit traf er gegen die Hüfte des Aineias, dort, wo der Schenkel Sich in der Hüfte dreht: sie nennen es die «Pfanne»."

(5, 302-306).

In ähnlicher Weise werden auch an anderen Stellen gewaltige Steine als Waffen im Kampf genutzt. Im Kampf um die Mauer im 12. Gesang tötet zunächst Aias seinen Gegner Epikles mit einem großen Stein, den ein junger Mann kaum halten könnte (Il. 12, 378-386) und kurz darauf schafft Hektor den entscheidenden Durchbruch durch das Tor ebenfalls mit Hilfe eines Steines:

"Ектшр ö' äpnä^a; Aäav 9Epev, ö; pa nuAäwv ёатг|ке1 проабе, npu|vo; naxu;, aÜTap unepGev ö^ü; er|v- tov ö' oü ке öu' ävEpe ö||ou ар(атш

25 S. Richardson 1993, 318 zu Il. 24, 448-456. Man könnte in der Terminologie der modernen Erzählforschung also von einer „embedded focalization" sprechen, vgl. de Jong 1987, 101-148.

26 Zur älteren Kritik an dieser Stelle und ihrer Widerlegung vgl. Beck 1964, 219-222.

27 Vgl. den Riegel an der Tür Heras, den kein anderer Gott öffnen kann, Il. 14, 166-169 mit Janko 1992, 174 zu Il. 14, 166-169.

28 Weitere Beispiele bei Griffin 1980, 17-19.

pniöiw^ ¿n' a|iai;av an' ouöso; ¿xAiaasiav. TÖv o'i ¿Aa9pov s0r|Ks Kpövou nai; &YKuAo|ir|Ts№

„Hektor aber raffte auf und trug einen Stein, der vor den Toren

Gestanden hatte, unten dick, doch am oberen Ende

War er scharf: den hätten auch nicht zwei Männer, die besten im Volk,

Leicht vom Boden auf einen Wagen gewuchtet;

Den machte ihm leicht der Sohn des krummgesonnenen Kronos."

(12, 445-450) 29

An anderer Stelle ist es eine Lanze, die im Mittelpunkt des Interesses steht, die Lanze Achills. Als sich Patroklos im 16. Gesang mit den Waffen Achills wappnet, nimmt er die gesamte Kampfausrüstung in Gebrauch: Beinschienen, Brustpanzer, Schwert, Schild und Helm, allein die Lanze lässt er zurück:

£YX0^ ö' oüx eAst' oiov ä|iU|iovo; A'iaKiöao ßpiGü |SYa aTißapöv- To |sv oü öuvaT' aAAo; 'Axaiüv naAAsiv, aAAa |iv oio; ¿niaTaTo nfAai 'AxiAAsu;, n^Aiaöa |isAir|v, T^v naTpi 9iA«i nöps Xsipwv n^Aiou ¿k K0pu9f; 9Övov s|i|isvai ^pwsaaiv.

„Die Lanze allein aber nahm er nicht des untadligen Aiakiden, die schwere, große, wuchtige: die konnte kein anderer der Achaier Schwingen, sondern allein verstand sie zu schwingen Achilleus, Die Esche vom Pelion, die seinem Vater gebracht hatte Cheiron Von des Pelion Gipfel, Mord zu sein den Helden."

(16, 140-144)30

Das strukturelle Schema ist erkennbar ganz ähnlich, allein der Gegenstand ist ein anderer und — was auf den ersten Blick vielleicht nicht ins Auge fällt — der Bezugsrahmen des immanenten Kräftevergleichs. Achills Kraft übertrifft diejenige der Achaier, seiner Mitmenschen im Epos, Diomedes dagegen wurde mit zwei Männern verglichen „so wie jetzt die Sterblichen sind" — also mit den Zeitgenossen des Dichters.31 Führt man diese Aussagen zusammen, so ergibt sich ein ranking, das auf physischer Stärke basiert. Achill überragt alle anderen Personen der in der Vergangenheit lokalisierten epischen Welt, die epischen Helden überragen die Zeitgenossen des Dichters.32 Diese Überlegenheit wird teilweise auch dadurch drastisch vor Augen gestellt, dass die Menschen des Epos nicht nur in der Lage sind, etwas zu tun, was die Zeitgenossen des Dichters nicht vermögen,

29 Vers 449 (oioi vuv ßpoToi da'- o ös |iv psa naAAs Kai oio;) wird von Martin West athetiert. Zur Begründung vgl. West 1999, 190: „Der gleiche Vers steht schon an zwei früheren Stellen (E 304, M 383), an denen von einem Helden die Rede ist, der einen großen Stein hochhebt. Hier aber paßt der Vers nicht. Derjenige der ihn einfügte, hat nicht begriffen, daß die Antithese an dieser Stelle eine andere ist, als an den beiden anderen Stellen: nicht den Männern von heute wird Hektor gegenübergestellt, sondern den Männern des öf|o;, des Volkes. Auch sonst steht in der Ilias das Wort öf|o; im Gegensatz zu den ßaaiAfs;, dem Adel."

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30 Entsprechend Il. 19, 387-391. S. auch 20, 283-291 und 11, 632-637. Zur späteren Rezeption vgl. Ap. Rhod. Argon. 3, 1365-1369; Quint. Smyrn. 4, 436-456; Verg. Aen. 12, 896-907; Stat. Theb. 2, 559-562 und Juv. 15, 62-68.

31 Ebenso Aias: Il. 12, 383.

32 Vgl. Hellmann 2000, 43. Die unterschiedlichen Bezugsebenen betont bereits das Scholion bT zu Il. 24, 456a (zitiert unten Anm. 41).

sondern dass sie dies auch noch ohne große Anstrengung vollbringen — so wirft Diome-des im ersten Beispiel den Stein sogar „mühelos" (pEa: Il. 5, 304).33

Versucht man, dass erkennbare Schema abstrakt zu fassen, so lässt sich dies so formulieren:34

1. Ein Gegenstand zeichnet sich durch besondere Größe oder besonderes Gewicht aus.

2. Eine Gruppe von Menschen, die zum Vergleich herangezogen wird, vermag diesen Gegenstand nicht oder nur mit viel Mühe handzuhaben.

3. Eine einzelne Person der dargestellten Heroenwelt handhabt den Gegenstand ohne Probleme.

4. Mit dem Gegenstand wird eine für den Handlungsverlauf bedeutsame (militärische) Handlung vollbracht.

Was wir hier vor uns haben, ist eine wiederholte Ereignissequenz, die in der Terminologie der Oral-poetry-Forschung als typical motif bezeichnet wird. Wiederholte Ereignissequenzen erscheinen im Epos in verschiedener Form. Am bekanntesten ist sicher die typische Szene (engl. typical scene oder type scene)?5 Sie wird von Mark Edwards definiert als „a recurrent block of narrative with an identifiable structure".36 Diese Definition ließe sich auch auf die hier zuvor betrachteten Textabschnitte anwenden, die Differenz liegt jedoch im Umfang der Textabschnitte. Während eine typische Szene in der Regel mehrere Handlungsschritte umfasst, die nicht in jedem Fall alle vorhanden sein müssen, handelt es sich bei einem typical motif um eine kurze Ereignissequenz, die sich häufig auf einen Handlungskomplex beschränkt. Nimmt man die typische Szene als Referenzpunkt, so ist in der Klassifikation wiederholter Elemente die ihr übergeordnete größere Einheit das story pattern oder narrative pattern,37 die untergeordnete kleinere Einheit das typical motif.3 Der rein quantitative Unterschied zur typischen Szene zeigt sich daran, dass Edwards schlicht jeden kleineren Gegenstand, der nicht in die beiden übergeordneten Kategorien passt, als motif definiert.39 Zu bemerken ist hier, dass die Übergänge zwischen den Kate-

33 Vgl. auch Il. 20, 287 und 12, 449, dazu oben Anm. 29. Die Diskrepanz wird in der poetischen Darstellung auch dadurch gesteigert, dass die epischen Helden die Gegenstände werfen (ndAAe: Il. 5, 304; 20, 287; 12, 449; ßaAwv: 12, 380), die zum Vergleich herangezogenen Personen dagegen nicht einmal imstande sind, sie zu tragen (cpEpoiev: Il. 5, 303; 20, 286) zu heben (öxAiaaeiav: 12, 448) oder einfach zu halten (§xoi: 12, 382). Durch kleine Variationen innerhalb des Schemas ergeben sich weitere Differenzierungen. Übertrifft das Leistungsvermögen des Diomedes oder Aineias das von zwei anderen Männern (Il. 5, 303; 20, 286), so wird Aias zwar nur mit einem Mann verglichen, freilich mit keinem gewöhnlichen, sondern einem „der in der Blüte der Jugend steht" (Üb. O. H.) (|iaA' ^ßwv: 12, 382) und Hektor ist gar „zwei der besten des Demos" (Üb. O. H.) (öu' ävEpe ö||ou äpiaT«: 12, 447) überlegen.

34 Vgl. Brügger 2009, 161 zu Il. 24, 454-456.

35 Zu den typischen Szenen s. Arend 1933; Fenik 1968 und besonders Edwards 1992.

36 Edwards 1992, 285.

37 Als Beispiel gibt Edwards 1992, 286: „withdrawal, devastation, return". Vgl. hierzu auch Lord 1960, 159-197 und Nagler 1974, 131-166.

38 Synonym wird hierzu in der Forschung auch der deutsche Begriff „Motiv" verwendet, doch ist dessen Gebrauch insgesamt häufig unspezifisch, vgl. Nünlist, de Jong 2000, 171.

39 Edwards 1992, 286: „Any recurrent small-scale item (a trope, a topos) that does not fit well within either of the above terms may conveniently be termed a MOTIF. " Nünlist, de Jong 2000, 170-171 führen zur Übersetzung des englischen „theme" den Begriff „Typisierte Ereignissequenz" ein, den sie definieren als „Wiederkehrende Ereignissequenzen, die weniger klar strukturiert und sprachlich weniger formalhaft sind als die eigentlichen Typischen Szenen." Es ergibt sich für sie daraus „eine aufsteigende Linie 'Motiv' — 'Typisierte Ereignissequenz' — 'Typische Szene'".

gorien als fließend anzusehen sind. Dennoch wird man die von uns betrachteten Textausschnitte, die nur wenige Verse umfassen, eindeutig als typical motifs bestimmen. Entsprechend ist auch die Beschreibung von Achills Torriegel, die zu Beginn betrachtet wurde, Teil einer größeren typischen Szene, die Walter Arend als „Wagenfahrt" klassifiziert hat.40

4. Funktionen eines typical motif

Die primäre Funktion unseres typical motif dürfte aus den vorgestellten Textbeispielen schon deutlich geworden sein. Es ist die außergewöhnliche Kraft einer Einzelperson, die mit der Beschreibung des Gegenstandes und seiner Handhabung besonders hervorgehoben werden soll. In den gezeigten Beispielen war es die außergewöhnliche Kraft des Diomedes im Rahmen seiner Aristie sowie diejenige Achills, der selbst Patroklos weit unterlegen ist. Diese Funktion wird in der Forschung auch für die zu Beginn betrachtete Textpassage des 24. Gesangs postuliert, in der Priamos vor Achills Behausung steht. So kommentiert Colin MacLeod, die Darstellung des Riegels bringe Achills große Kraft zum Vorschein. Die gesamte Passage bereite uns auf den Mann vor, der Priamos' Bewunderung hervorrufen werde.41 Auch Nicolas Richardson verweist auf den „contrast between Ak-hilleus' strength and that of others".42 Gegen diese Interpretation ist natürlich überhaupt nichts einzuwenden, fraglos wird hier einmal mehr Achills einzigartige physische Kraft deutlich. Doch damit scheint der Bedeutungsgehalt der Stelle nicht erschöpft.

Besondere Aufmerksamkeit der Rezipienten erweckt die Passage schon durch die Wortwahl: Gleich mehrere seltene Ausdrücke erscheinen auf engstem Raum, zunächst das hapax legomenon ¿nißAr; in betonter Stellung am Ende des Verses zu Bezeichnung des Torriegels (Il. 24, 453), sodann die nur an dieser Stelle erscheinende Iterativform ävoeiYeaKov (455).43 Auch das vorangehende Iterativum ¿nippraaeaKov, welches das wiederholte „Zustoßen" des Riegels beschreibt, erscheint nur an dieser Stelle, jedoch zweimal. (454 und 456: ¿nippraaeaKe).44

Wie hat man sich aber konkret das Tor vorzustellen, mit seinem großen Riegel, vor dem Priamos, Idaios und Hermes angelangt sind? Der Text gibt hier relativ wenig Informationen: Wir erfahren nur, dass es sich um einen Riegel handelt, |oüvo; ¿nißAr; (453), der durch die Erläuterung |sY&Ar|v KA^iSa Bupawv (455) näher beschrieben wird: Er zeichnet sich eben durch Größe aus. Das seltene Verbum ¿mppr|aasiv mit der Bedeutung

40 Arend 1933, 88-89. Im Umfang unterhalb des typical motif liegen noch Iteratverse und Formeln, wobei natürlich der ein Unterschied darin besteht, dass diese aus verbalen Wiederholungen bestehen, während ein typical motif oder eine type-scene zwar verbale Wiederholungen enthalten können und dies auch sehr oft tun, es jedoch nicht zwangsläufig tun müssen, vgl. Edwards 1992, 285.

41 MacLeod 1982, 123 zu Il. 24, 448-456: „The account of the bolt brings out Achilles' great strength. Thus the whole passage prepares us for the man who is to arouse Priam's wonder (629-30)." Bereits das Scholion bT zu Il. 24, 456a interpretiert in diesem Sinne: |isydAr|v Tiva r^v 'AxiXXsw; ünspox^v ¿^^aviZsi, si' ys o Aio|ir|5r|c; „xsp|i&5iov Mßs x£iP', ö oi> 5uo av5ps cpspoisv, oioi vuv ßpoToi siaiv" (vgl. E 302-304), o 5s 'AxiAAsu;, öv rpsi; "EW^vs; dvswyov, toutov |ovo; avswysv. w; eoiksv ouv, E^anXaaiov rwv vuv ¿5uvaro, si'ys o'i |sv KaTa toü; aÜTou xpovou; npo; 5uo T«v vuv iaxuouaiv, auTo; 5s T«v tots npo; Tpsi;.

42 Richardson 1993, 319 zu Il. 24, 453-456. Vgl. auch Brügger 2009, 161 zu Il. 24, 454-456.

43 avoEiysoKov nach West und Fick, die Handschriften überliefern ävaoiysaKov, vgl. hierzu West 1998, Praefatio XXXIII.

44 Vgl. auch Richardson 1993, 319 zu Il. 24, 457-459: „The innovative contracted form w^s occurs only here in Homer."

„zustoßen, verriegeln",45 das physischen Kraftaufwand impliziert,46 verstärkt diesen Eindruck. Nach Aussage des Scholions zur Stelle spielt das Wort auch auf das Geräusch an, das beim Verriegeln entsteht.47 Die Tür selbst wird nicht näher charakterisiert. Auffälligerweise erscheint ÖUpn zunächst im Singular (453), was auf eine einflügelige Tür schließen lassen könnte, gleich anschließend jedoch im Plural (455), was eher auf zwei Türflügel hindeutet. Diese Konstruktion war nach Auskunft des Lexikon des frühgriechischen Epos eher die Regel.48 Auch die Untersuchung weiterer epischer Stellen, an denen Türen und Tore beschrieben werden, hilft hier nicht weiter. Das Tor der Achaierlagers hat nachweislich zwei Riegel,49 ist also in der Konstruktion nicht identisch. Auch die Odyssee bietet mehrere „Türszenen", die wichtigste wohl im 21. Gesang, in dem Penelope die Tür zu einer Kammer öffnet, in der sich der Bogen für die Bogenprobe befindet. Penelope öffnet diese Tür mit Hilfe eines gebogenen Schlüssels und eines Riemens, der offenbar dazu diente, den innen befindlichen Riegel von außen zuzuziehen (Od. 21, 46-50). Man hat in der Forschung viel Scharfsinn darauf verwendet, diesen Türverschluss zu rekonstruieren, insbesondere Hermann Diels ist hier zu erwähnen.50 Auf den letzten Gesang der Ilias lässt sich diese Konstruktion sicher nicht übertragen. Zunächst hören wir nicht von einem Schlüssel oder einem Riemen, ferner ist der Riegel, wie ihn die Odysseestelle fordert, klein. Wäre er größer, wie ihn der Text der Ilias beschreibt, könnte man ihn kaum mit einem Schlüssel zurückstoßen.

Im letzten Gesang der Ilias wird man sich eine einfachere Konstruktion vorzustellen haben, eine ein- oder zweiflügelige Tür,51 mit einem großen Riegel. Dies liegt schon deshalb nahe, weil ja das Achaierlager, in dem die Situation spielt, eine vorübergehende Konstruktion ist. In den Scholien wird davon ausgegangen, dass der Riegel von der einen Wand bis zur anderen reicht, und damit wohl in der Wand verankert ist.52

Wenn wir nun auch die detaillierte Konstruktion dieser Tür, wie sie dem zeitgenössischen Publikum vor Augen stand, nicht sicher rekonstruieren können, so ist der symbolische Gehalt von Tür und Riegel jedoch eindeutig: 53 Dieser Riegel ist eine unüberwindliche Schranke, eine Grenze, die den ungewollten Zugang zu Achill verhindert.54 Er ist ein Sinnbild der Unzugänglichkeit des zürnenden Anführers der Myrmidonen.55 Die Unzugänglichkeit Achills und ihre Überwindung sind das große Thema des letzten Gesangs der Ilias, und darum geht es auch an Achills Tor, viel mehr als um seine überragende Stärke, die ja am Ende der Ilias eine eher untergeordnete Rolle spielt.

45 S. LfgrE, Bd. 4, 31 s.v. p|aaw (G. Markwald).

46 S. Brügger 2009, 161 zu Il. 24, 454-456.

47 Schol. bT zu Il. 24, 454a: Enipp|aeaKov: EnEKAeiov, йпо tou yivo|Evou кота T^v KAeiaiv i^xou.

48 LfgrE, Bd. 2, 1094 s.v. 9üpr|, Süpai (H. W. Nordheider).

49 Vgl. Il. 12, 455-456.

50 S. Diels 1897, 117-151; 1965, 40-56. Vgl. auch Willetts 1986, 181-200.

51 Auch Eustathios scheint sich hier nicht sicher zu sein, vgl. folgende Anm.

52 Schol. AabT zu Il. 24, 453d: |oxAo; ÖE EaTiv EnißaAA6|ievoc; йпо Toixou el; Toixov. Vgl. Eust. zu Il. 24, 453, p. 932, 8-10 van der Valk:'EnißA^; ÖE ^üAov auvExov EniKeKAeia^Eva; та; 9upa; Ev тф йпо Toixou el; Toixov ^ йпо aTuAou el; aTuAov Tfj 9üpa ^ toi; 9upai; EnißäAAea9ai.

53 Zur symbolischen Bedeutung von Objekten in den Epen vgl. Griffin 1980, 1-49: „Symbolic Scenes and Significant Objects".

54 Als bedeutsame Grenze wird Achills Tür mit ihrem Riegel auch von denjenigen gesehen, die Pria-mos' Gang zu Achilleus als Gang in das Reich des Todes interpretieren, s. Whitman 1958, 217, Nagler 1974, 184, Herrero de Jauregui 2011, 46. Kritisch zu diesem Interpretationsansatz: Matijevic 2015, 85-86.

55 S. Anhalt 1995, 284: „While the description emphasizes the disparity between Achilles' strength and that of other men, it also underscores Achilles' physical inaccessibility." Vgl. auch Reinhardt 1961, 484.

Diese unüberwindliche Grenze, die der gewaltige Riegel eindrücklich ins Bild setzt, wird durch Hermes' Hilfe überwunden — sie muss durch göttliche Kraft überwunden werden! Karl Reinhardt spricht in diesem Zusammenhang von einem „Wunder".56 In diesem Sinne fügt sich die Szene in die Gesamthandlung des 24. Gesangs ein. Sie ist von Beginn an maßgeblich durch göttliches Handeln bestimmt, angefangen von der Götterversammlung, die den Bittgang initiiert, über das Vogelzeichen eines Adlers, das Emily Katz Anhalt sehr schön als Vorverweis auf unsere Szene interpretiert hat,57 bis hin zu Hermes' Geleit, seiner Ausschaltung der Wachen und Öffnung der Tore.

Nur mit göttlicher Unterstützung kann der Bittgang zu Achill stattfinden. Ohne göttliche Hilfe ist ein solcher Bittgang undenkbar, wie bereits eine Szene im 22. Gesang deutlich macht. Als Priamos in unmittelbarer Reaktion auf Hektors Tod versucht, die Stadt zu verlassen und Achill anzuflehen, wird er von den Troern zurückgehalten.58 Der Bittgang wird von den Mitbürgern unterbunden, da er in dieser Situation — ohne göttliche Unterstützung — sicher Priamos' Tod bedeutet hätte.

Und die Unabdingbarkeit göttlicher Unterstützung wird noch durch ein weiteres Detail verstärkt. Um dieses deutlich zu machen, muss ich nochmals kurz auf die Konstruktion der Tür zurückkommen. Es wird im Text nicht explizit gesagt, ob sich der gewaltige Riegel des Tors auf der Innen- oder auf der Außenseite der Türe befindet. Wir dürften jedoch wohl davon ausgehen, dass er sich auf der Innenseite befindet. Nur so kann er ja seine Schutzfunktion erfüllen und so sind auch die Riegel an anderen Türen im Epos angebracht. Ein derart großer, innen angebrachter Riegel kann jedoch nicht ungewollt von außen geöffnet werden. Martin Schmidt hat dies in seinem Artikel KAn'i'; im Lexikon des frühgriechischen Epos deutlich formuliert: „Der auf der Innenseite des Tores querliegende Balken ... verhindert die Öffn[un]g des Tores von außen (außer durch Gott, vgl. V. 457 u. 566f.)."59 Möglich wäre die Öffnung von innen, Achill hätte die Möglichkeit und auch die notwendige Kraft, den Riegel von innen zu öffnen. Doch ist dies lediglich ein Gedankenspiel des Rezipienten, das im Iliastext keine Entsprechung findet. Achill ist zwar bereit, auf Intervention seiner Mutter den Leichnam herauszugeben, er wird jedoch nicht selbst aktiv.

Versucht man nun, das Symbol der unüberwindlichen Schranke in größerem Kontext zu interpretieren, so ergeben sich ausgehend vom Bild der Barriere, die zwischen Priamos und Achill steht, zwei Interpretationslinien:

Zunächst eine, die von Achill ihren Ausgang nimmt. Achill ist am Ende der Ilias in einer Situation angelangt, die er ohne göttliche Hilfe nicht mehr verlassen kann. Sein unermesslicher Schmerz über den Tod des Patroklos hat ihn in diese Situation gebracht. Er selbst hat sich auf menschlicher Ebene vollkommen isoliert, er hat Schranken aufgebaut, die unüberwindlich sind. Eine Überwindung dieser Situation ist nur mehr durch Götter möglich. Dies lässt durchaus an den deus ex machina im weiteren Sinne denken.60 In der Tragödie kann er darauf hindeuten, „daß ein guter Ausgang des Geschehens nur auf der

56 Reinhardt 1961, 484.

57 Anhalt 1995.

58 Il. 22, 412-428. Vgl. Reinhardt 1961, 466-469, der die Szene zu Recht als Vorbereitung des 24. Gesangs deutet.

59 LfGrE, Bd. 2, 1442.

60 Einen Bezug der Ilias zum deus ex machina stellt bereits Arist. Poet. 15, 1454a37-b6 her, allerdings bezieht er sich auf die Heerprobe im 2. Gesang. Zu Athena als „dea ex machina" am Ende der Odyssee vgl. Kullmann 1992, 304 und Kullmann 2002, 90.

Bühne, nicht aber im täglichen Leben möglich ist."61 Überträgt man diesen Gedanken auf das Epos, muss man schließen, dass die „Lösung" (im doppelten Sinne), die uns die Ilias an ihrem Ende präsentiert, auf rein menschlicher Ebene, „im täglichen Leben", nicht realisierbar ist.

Die zweite Interpretationslinie nimmt ihren Ausgang von Priamos vor dem Tor. Führt man aus seiner Perspektive den Gedanken weiter, so ist klar, dass auf rein menschlicher Ebene sein Bittgang nicht vollendet werden kann. Achill selbst betont dies im Gespräch mit Priamos:

Kai ös as -yivwaK«, npia|is, 9psaiv, oüös |s Ar|0si;, otti 0süv Ti; a' ^-ye 0oä; sni vfja; Äxaiüv^ oü -yap ke TAain ßpoTo; sA0E|isv, oüös |i&A' ^ßüv, s; aTpaTÖv- outs -yäp av 9uAaKoü; Aa0oi, oüös k' öxrja psia62 |SToxAiaaeie 0upa«v ^|STepdwv.

„Und ich erkenne auch von dir, Priamos, im Sinn, und nicht entgeht es mir, Daß einer der Götter dich geführt zu den schnellen Schiffen der Achaier. Denn nicht wagte es ein Sterblicher, und wäre er noch so jugendkräftig, Ins Lager zu kommen: nicht wäre er den Wachen entgangen, und auch den Riegel Hätte er nicht leicht hinweggewuchtet von unseren Türen!"

(24, 563-567).

Ohne göttliche Unterstützung wäre für Priamos also die Tür zu Achilleus verschlossen geblieben.63

5. Homerische Poetik

Kommen wir zum Schluss noch einmal auf die Homerische Poetik zurück. Als typical motif ist die Beschreibung des Türriegels an Achills Hoftor ein Element der mündlichen Epentradition. Dieses typical motif ist jedoch weit mehr als ein Versatzstück, das eingefügt wird, um einen Gegenstand hervorzuheben und die Kraft eines Helden darzustellen. Besondere Bedeutung erhält ein wiederholtes Element der mündlichen Tradition vor dem Hintergrund des Schemas, das den Rezipienten bekannt ist. Gerade die Gleichheit der wiederkehrenden Muster, sagt Charles Segal treffend, mache den Hörer umso sensibler für die Variation, sofern sie erscheine.64

Das oben entwickelte Schema soll hier noch einmal kurz in Erinnerung gerufen werden:

1. Ein Gegenstand zeichnet sich durch besondere Größe oder besonderes Gewicht aus.

61 So interpretiert Zimmermann 1997, 491 die „Epiphanie des Apollon im Orestes" des Euripides, „durch die die Handlung gewaltsam auf die vom Mythos vorgeschriebene Bahn zurückgebracht wird."

62 Zur Bedeutung von psia vgl. den Kommentar von MacLeod, zu Il. 24, 565-567: „the gods characteristically do things 'easily'" mit Verweis auf Il. 15, 362; Od. 3, 231; 10,574; Hes. Op. 5-8.

63 Auch Effe 1988, 15 betont den utopischen Charakter des Endes der Ilias: „ein utopisches Durchscheinen einer Welt des Friedens und der Versöhnung inmitten einer Welt leid- und todbringenden Krieges".

64 Segal 1971, 5: „The very sameness of recurrent patterns makes the listener all the more sensitive to variation when it occurs."

2. Eine Gruppe von Menschen, die zum Vergleich herangezogen wird, vermag diesen Gegenstand nicht oder nur mit viel Mühe handzuhaben.

3. Eine einzelne Person der dargestellten Heroenwelt handhabt den Gegenstand ohne Probleme.

4. Mit dem Gegenstand wird eine für den Handlungsverlauf bedeutsame (meist militärische) Handlung vollbracht.

In Bezug auf Punkt (1.) und (2.) entspricht die Szene aus dem 24. Gesang voll dem Schema. Anders verhält es sich bei Punkt (3.): Der gewaltige Türriegel könnte zwar von Achill gebraucht werden, doch er gebraucht ihn nicht. Achill, der als einziger Heros die Möglichkeit hätte, öffnet die Tür nicht, ein Gott muss eingreifen! Der Riegel wird so zum Symbol für die Ohnmacht des Priamos einerseits, da Priamos sein Vorhaben nur durch den Gott realisieren kann, und für die Bedeutung der göttlichen Macht im Handlungsverlauf andererseits, denn Achill bleibt ja passiv. Auch mit Blick auf Punkt (4.) weicht das Geschehen vom Üblichen ab. Es folgt keine bedeutsame militärische Aktion,65 das göttliche Öffnen des Riegels schafft vielmehr die Möglichkeit zu Kommunikation und Verständigung auf menschlicher Ebene.66

Einmal mehr wird so an Achills Hoftor deutlich, wie in der Ilias Elemente der mündlichen Dichtungstradition individuell adaptiert und kontextsensitiv und kontextspezifisch verwendet werden. An bedeutender Stelle im Schlussteil des Epos gewinnt das typical motif eine symbolische Bedeutung, die über dessen traditionellen Bedeutungsgehalt weit hinausgeht und im Werk singulär ist.

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65 Eine andere Varianz ist im Fall der Lanze Achills zu erkennen (Il. 16, 140-144). Hier bleibt die „bedeutsame (meist militärische) Handlung" mit dem Gegenstand ebenfalls aus. Patroklos versucht erst gar nicht, Achills Lanze zu benutzen, und dies ist Symbol für sein folgendes Scheitern, s. Janko 1992, 335 zu Il. 16, 141-144.

66 Diesen Punkt hat Anhalt 1995, 288-289 deutlich herausgestellt: „Priam's peaceful penetration of Achilles' 9upr| reveals the possibility of a new mode of transcendence distinct from the violent barrier crossings that have preceded, the possibility of peaceful penetration through communication, mutual understanding, sympathy."

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Received: 21.12.2017 Final version received: 15.03.2018

Приам перед закрытыми дверьми (II. 24, 443-458):

typical motif и завершение «Илиады»

Оливер Хельман

Внимание читателя последней песни «Илиады» в ключевой момент рассказа, рисующего Приама на пути в ахейский стан, оказывается сосредоточенным на одном вещном образе — тяжелом засове, накинутом на двери Ахиллова шатра. Балка столь громадна,

что трем сильным нужно сдвигать ее с места, чтобы открыть дверь, тогда как хозяин шатра, вождь мирмидонян, легко управляется с этим в одиночку (Il. 24, 453-458). Здесь просматривается типический мотив, обычно намекающий на поворот в сюжете (сопоставить следует Il. 5, 302-306; 12, 445-450; 16, 140-144). Важно заметить, что засов блокирует дверь изнутри, тогда как гость, руководимый Гермесом, находится снаружи. Слушавшим стихи Гомера из уст их автора картина представлялась глубоко символичной: герой отгородился от мира, замкнулся в непроницаемой оболочке своего горя. Как вернуть ему мир? Освободить его (и двинуть вперед сюжет) возможно лишь извне, но — мешает засов. Такова символика запертых дверей в 24-й песни «Илиады»: стена неизбывной скорби, сломать которую способна только высшая сила. Что в итоге и происходит. Гермес выступает в роли deus ex machina, совершающего чудо «счастливого финала»: невидимой рукой засов поднят и сброшен, Приам вступает в шатер, острая боль вот-вот прольется слезами и будет исчерпана, а осевой конфликт «Илиады» — разрешен. Без божественного вмешательства Приам остался бы стоять перед запертыми дверьми. Тема засова помогает, таким образом, уяснить художественный метод эпика.

Ключевые слова: Илиада, Приам, типический мотив, греческий эпос, Гомер, Ахилл.

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