Научная статья на тему 'INKLUSIVITäT IN TRANSLATION: ÜBERLEGUNGEN ZUR EINEM PRäSKRIPTIVEN PHäNOMEN'

INKLUSIVITäT IN TRANSLATION: ÜBERLEGUNGEN ZUR EINEM PRäSKRIPTIVEN PHäNOMEN Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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Ключевые слова
INKLUSIVITäT / INKLUSIVER SPRACHGEBRAUCH UND TRANSLATION / GESCHLECHTERSENSIBLE SPRACHE / GENDERN / DIVERSITY-BEWUSSTE SPRACHE / POLITISCHE KORREKTHEIT / öFFENTLICHER DISKURS / KOMMUNIKATIVE PRAKTIKEN / INTERKULTURELLE KOMMUNIKATION / GENUSLOSE SPRACHE / EUPHEMISMUS / INKLUSIVES ÜBERSETZEN / INKLUSIVES DOLMETSCHEN

Аннотация научной статьи по языкознанию и литературоведению, автор научной работы — Korencsy O.

Der Beitrag Inklusivität und Translation befasst sich mit dem aktuellen Phänomen des inklusiven Sprachgebrauchs, welcher derzeit nicht nur unter Linguisten und Translatologen intensiv diskutiert wird. Das Phänomen wird in zahlreichen Zeitungsartikeln, Fernsehsendungen oder Blogs thematisiert. Der Artikel identifiziert neue Sprachtrends, vor allem den nicht-binären Ansatz zur Reflexion des Geschlechts; aber ebenso Veränderungen in der Konzeptualisierung der Nationalität, der Altersbezeichnung und der körperlichen Verfassung des Einzelnen. Konkrete Beispiele aus der ungarischen, deutschen und englischen Sprache zeigen die Wirkung inklusiver Mechanismen im Verhältnis zwischen verschiedenen Kulturen. Ziel des Artikels ist es, die Konsequenzen der neuen Regelungen für den Sprachgebrauch zu beschreiben. Auch werden die Schwierigkeiten einer politisch korrekten interkulturellen Kommunikation aufgezeigt, die mit der fortschreitenden Evolution der Sprache, den Unterschieden in kulturellen Normen und Wertorientierungen, sowie der grammatikalischen Gestaltung und Semantik von Spracheinheiten und ihren assoziativen Verknüpfungen verbunden sind. Aus translatologischer Sicht ist beachtenswert, dass Inklusivität stark sprachenabhängig ist, da beispielsweise nicht alle Sprachen das grammatische Genus kennen. Da sich sprachliche Inklusivität vor allem im gendergerechten Sprachgebrauch manifestieren sollte, sind Sprachen ohne grammatisches Genus wie z. B. Finnisch oder Ungarisch von dieser Diskussion nicht betroffen. Der Artikel geht auch darauf ein, welche Probleme grammatische Genuslosigkeit bei Übersetzungen/Verdolmetschungen bereiten kann. Ein weiteres Problemfeld bilden Ethnonyme. Auch dies ist sprachenpaarabhängig. Deutlich wird dies bei der Bezeichnung Sinti und Roma, die im deutschen Sprachgebiet allgemein verbreitet ist als politisch korrekte Variante der ehemaligen, pejorativ konnotierten Variante Zigeuner. Translatologisch kann dies zu sprachlichen und interkulturellen Problemfällen führen. Die Erforschung des Themas Inklusivität für den Bereich der Translatologie liefert den Übersetzern und Dolmetschern wichtige Informationen, um Übersetzungsstrategien für die inklusive interkulturelle Kommunikation zu entwickeln und trägt so zu einer korrekten, effektiven und qualitativ hochwertigen Übersetzung/Verdolmetschung bei.

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INCLUSIVENESS IN TRANSLATION: SPECULATIONS ON THE PRESCRIPTIVE PHENOMENON

The article deals with the current phenomenon of inclusive language use, which is lately intensively discussed not only among linguists and translatologists but also in numerous newspaper articles, television programmes and blogs. The article identifies new language trends, especially the non-binary approach to reflecting gender; but also the changes in the conceptualisation of nationality, age designation and the physical condition of the individual. Paricular examples from the Hungarian, German and English languages show the impact of inclusive mechanisms in the relationship between different cultures. The article is aimed to describe the consequences of the new regulations for language use. It also highlights the difficulties of politically correct intercultural communication associated with the progressive evolution of language, differences in cultural norms and value orientations, as well as the grammatical design and semantics of language units and their associative links...The article deals with the current phenomenon of inclusive language use, which is lately intensively discussed not only among linguists and translatologists but also in numerous newspaper articles, television programmes and blogs. The article identifies new language trends, especially the non-binary approach to reflecting gender; but also the changes in the conceptualisation of nationality, age designation and the physical condition of the individual. Paricular examples from the Hungarian, German and English languages show the impact of inclusive mechanisms in the relationship between different cultures. The article is aimed to describe the consequences of the new regulations for language use. It also highlights the difficulties of politically correct intercultural communication associated with the progressive evolution of language, differences in cultural norms and value orientations, as well as the grammatical design and semantics of language units and their associative links. From a translatological point of view, it is important that the construction of inclusivity is strongly language-dependent, since, for example, not all languages have a grammatical genus. Linguistic inclusivity manifests itself primarily in gender-equitable language use, languages without grammatical genus, such as Finnish or Hungarian, are not affected by this discussion. The article also discusses the problems that grammatical genderlessness can cause in translations/interpretations. Ethnonyms are another problem area. This is also language pair-dependent. This becomes clear with the term Sinti and Roma, which is generally used in the German-speaking world as a politically correct variant of the former, pejoratively connoted variant Gypsy. Translatologically, this can lead to linguistic and intercultural problem cases. Researching the topic of inclusivity for the field of translatology can provide translators/interpreters with important information to develop translation strategies for inclusive intercultural communication and thus contribute to correct, effective and high-quality translation/interpretation.

Текст научной работы на тему «INKLUSIVITäT IN TRANSLATION: ÜBERLEGUNGEN ZUR EINEM PRäSKRIPTIVEN PHäNOMEN»

АПФ&ПЛ

Тематический выпуск ЛИНГВОКОННУНИКАТИВНЫЕ

ИССЛЕДОВАНИЯ: ИННОВАНИИ И КРЕАТИВНОСТЬ

CIP&PL

Thematic issue LINGUISTICS AND COMMUNICATION STUDIES: INNOVATION AND CREATIVITY

http://philjournal.ru 2022 No 1 140-152

ПЕРЕВОД СКВОЗЬ ПРИЗМУ МЕЖЪЯЗЫКОВОГО ВЗАИМОДЕЙСТВИЯ

TRANSLATION THROUGH THE PRISM OF INTERLINGUAL INTERACTION

Original Paper yOK 81'25

DOI: 10.29025/2079-6021-2022-1-140-152

Inklusivität inTranslation: Überlegungen zur einem präskriptiven Phänomen

Korencsy O.

Eötvös Lorand University, 1088 Budapest, Räköczi ut 5., Ungarn ORCID ID: 0000-0001-6134-2205; Scopus Author ID: 16420541200; Researcher ID: L-6003-2018

Abstrakt: Der Beitrag Inklusivität und Translation befasst sich mit dem aktuellen Phänomen des inklusiven Sprachgebrauchs, welcher derzeit nicht nur unter Linguisten und Translatologen intensiv diskutiert wird. Das Phänomen wird in zahlreichen Zeitungsartikeln, Fernsehsendungen oder Blogs thematisiert.

Der Artikel identifiziert neue Sprachtrends, vor allem den nicht-binären Ansatz zur Reflexion des Geschlechts; aber ebenso Veränderungen in der Konzeptualisierung der Nationalität, der Altersbezeichnung und der körperlichen Verfassung des Einzelnen. Konkrete Beispiele aus der ungarischen, deutschen und englischen Sprache zeigen die Wirkung inklusiver Mechanismen im Verhältnis zwischen verschiedenen Kulturen. Ziel des Artikels ist es, die Konsequenzen der neuen Regelungen für den Sprachgebrauch zu beschreiben. Auch werden die Schwierigkeiten einer politisch korrekten interkulturellen Kommunikation aufgezeigt, die mit der fortschreitenden Evolution der Sprache, den Unterschieden in kulturellen Normen und Wertorientierungen, sowie der grammatikalischen Gestaltung und Semantik von Spracheinheiten und ihren assoziativen Verknüpfungen verbunden sind.

Aus translatologischer Sicht ist beachtenswert, dass Inklusivität stark sprachenabhängig ist, da beispielsweise nicht alle Sprachen das grammatische Genus kennen. Da sich sprachliche Inklusivität vor allem im gendergerechten Sprachgebrauch manifestieren sollte, sind Sprachen ohne grammatisches Genus wie z. B. Finnisch oder Ungarisch von dieser Diskussion nicht betroffen. Der Artikel geht auch darauf ein, welche Probleme grammatische Genuslosigkeit bei Übersetzungen/Verdolmetschungen bereiten kann. Ein weiteres Problemfeld bilden Ethnonyme. Auch dies ist sprachenpaarabhängig. Deutlich wird dies bei der Bezeichnung Sinti und Roma, die im deutschen Sprachgebiet allgemein verbreitet ist als politisch korrekte Variante der ehemali-

* © KopeHKCH O., 2022.

[gv Q I This work is licensed under a Creative Commons Attribution 4.0 International License K^^KEI^H https://creativecommons. org/licenses/by/4.0/

gen, pejorativ konnotierten Variante Zigeuner. Translatologisch kann dies zu sprachlichen und interkulturellen Problemfällen führen.

Die Erforschung des Themas Inklusivität für den Bereich der Translatologie liefert den Übersetzern und Dolmetschern wichtige Informationen, um Übersetzungsstrategien für die inklusive interkulturelle Kommunikation zu entwickeln und trägt so zu einer korrekten, effektiven und qualitativ hochwertigen Übersetzung/ Verdolmetschung bei.

Schlüsselwörter: Inklusivität, Inklusiver Sprachgebrauch und Translation, geschlechtersensible Sprache, Gendern, diversity-bewusste Sprache, politische Korrektheit, öffentlicher Diskurs, kommunikative Praktiken, interkulturelle Kommunikation, genuslose Sprache, Ethnonym, Euphemismus, inklusives Übersetzen, inklu-sives Dolmetschen.

Zum Zitieren: Korencsy O. Inklusivität in Translation. Translatologische Überlegungen zur einem präskrip-tiven Phänomen. Aktuelle Probleme der Philologie und der pädagogischen Linguistik. 2022. №1. S. 140-152 (Im Deutsch).

Оригинальная статья УДК 81'25

DOI: 10.29025/2079-6021-2022-1-140-152

Инклюзивность в переводе: размышления о предписывающем феномене

Kоренкси O.

Университет Этвос-Лоран, 1088 Будапешт, ул. Ракоци 5, Венгрия ORCID ID: 0000-0001-6134-2205;

Scopus Author ID:16420541200;

Researcher ID: L-6003-2018

Резюме: В статье обсуждаются инклюзивная и эксклюзивная метрики организации перевода и межкультурной коммуникации. В современных условиях, когда в приоритете общечеловеческие ценности, предпочтение отдается инклюзивной метрике организации переводческой деятельности, что позволяет устранить двоякое толкование и вольную интерпретацию того или иного языкового явления, исключить инвективы, относящиеся к различным аспектам личностной идентичности. Среди прочих выделяется отказ от слов с нежелательными ассоциациями и коннотациями, избегание стереотипов, эвфемизмов, ложных семантических связей. Выявляются новые языковые тенденции, как небинарный подход к отражению гендера; изменения в концептуализации национальности, обозначении возраста и физического состояния личности. На конкретных примерах из венгерского и немецкого языков показывается действие инклюзивных механизмов во взаимоотношениях между различными культурами. Обосновывается, что инклюзивность, основанная на понятиях «свобода слова», «политическая корректность» и «инклюзивный язык» не предполагает отказа от своей культурной, национальной, религиозной, гендерной идентичности, от своих убеждений и ценностных ориентаций; напротив, она подразумевает восхождение метрики идентичности на новый синергийный уровень, что является основой современной стратегии переводческой деятельности. Правильный набор метрик обозначает сложности политически корректной межкультурной коммуникации, связанных с непрекращающейся эволюцией языка, различиями в культурных нормах и ценностных ориентациях, грамматическом оформлении и семантике языковых единиц, их ассоциативных связях, и может обеспечить переводчика, специалиста по межкультурной коммуникации информацией, насколько корректно, эффективно и качественно осуществлен перевод.

Ключевые слова: инклюзивный язык, переводческая деятельность, политическая корректность, публичный дискурс, коммуникативные практики, межкультурная коммуникация, венгерский язык, эвфемизм.

Для цитирования: Коренкси О. Инклюзивность в переводе: размышления о предписывающем феномене. Актуальные проблемы филологии и педагогической лингвистики. 2022. №1. С. 140-152 (на нем.).

Статья подготовлена по результатам обсуждения доклада на IV Международной научно-практической конференции «Инновационные технологии и креативность в исследовании и преподавании иностранных языков и культур».

Original Paper

DOI: 10.29025/2079-6021-2022-1-140-152

Inclusiveness in Translation: Speculations on the Prescriptive Phenomenon

Korencsy O.

Eotvos Loránd University, 1088 Budapest, Rákóczi út 5., Hungary ORCID ID: 0000-0001-6134-2205;

Scopus Author ID: 16420541200;

Researcher ID: L-6003-2018

Abstract: The article deals with the current phenomenon of inclusive language use, which is lately intensively discussed not only among linguists and translatologists but also in numerous newspaper articles, television programmes and blogs.

The article identifies new language trends, especially the non-binary approach to reflecting gender; but also the changes in the conceptualisation of nationality, age designation and the physical condition of the individual. Paricular examples from the Hungarian, German and English languages show the impact of inclusive mechanisms in the relationship between different cultures. The article is aimed to describe the consequences of the new regulations for language use. It also highlights the difficulties of politically correct intercultural communication associated with the progressive evolution of language, differences in cultural norms and value orientations, as well as the grammatical design and semantics of language units and their associative links.

From a translatological point of view, it is important that the construction of inclusivity is strongly language-dependent, since, for example, not all languages have a grammatical genus. Linguistic inclusivity manifests itself primarily in gender-equitable language use, languages without grammatical genus, such as Finnish or Hungarian, are not affected by this discussion. The article also discusses the problems that grammatical genderlessness can cause in translations/interpretations. Ethnonyms are another problem area. This is also language pair-dependent. This becomes clear with the term Sinti and Roma, which is generally used in the German-speaking world as a politically correct variant of the former, pejoratively connoted variant Gypsy. Translatologically, this can lead to linguistic and intercultural problem cases.

Researching the topic of inclusivity for the field of translatology can provide translators/interpreters with important information to develop translation strategies for inclusive intercultural communication and thus contribute to correct, effective and high-quality translation/interpretation.

Keywords: inclusivity, inclusive language use and translation, gender-sensitive language, gendering, diversity-aware language, political correctness, public discourse, communicative practices, intercultural communication, genus-less language, ethnonym, euphemism, inclusive translation, inclusive interpreting.

For citation: Korenscy O. Inclusiveness in Translation: Speculations on the Prescriptive Phenomenon. Current Issues in Philology and Pedagogical Linguistics. 2021, no 1, pp. 140-152 (In German).

The article is prepared on the basis of the report at IV International Conference "Innovative Technologies and Creativity in Foreign Languages Research and Teaching".

Der folgende Beitrag versteht sich weniger als eine streng wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem sprachpolitischen Phänomen, es geht vielmehr um den translatologischen Umgang mit der Inklusi-vität, der mitunter schier unüberbrückbare Schwierigkeiten mit sich bringen kann. Das Thema inklusiver, ni-cht-ausschließender, geschlechtersensibler, geschlechterfairer, vielfaltssensibler, diskriminierungsfreier, gen-derneutraler, gendergerechter, geschlechtergerechter, sensibler, geschlechterinklusiver, geschlechtsneutraler, fairer, diversityfairer, diversity-bewusster(die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen) Sprachgebrauch ist zur Zeit in aller Munde, Beleidigtsein scheint gegenwärtig ein moderner Trend zu sein [1]. Nichtsdestotrotz ist es noch nicht entschieden, wie das Phänomen eigentlich heißen sollte.

Diese öffentliche Diskussion wird meist innerhalb einer Sprachgemeinschaft ausgetragen, wohl mit der Ausnahme des Englischen, das dank seiner internationalen Stellung auch andere Sprachen und Kulturen beeinflusst. Phänomene, die in der englischsprachigen Welt thematisiert werden, schlagen sich auch in Kulturen nieder, die von diesen weniger betroffen sind, zum Beispiel wird auch in Ungarn über koloniale Vergangenheit diskutiert, einem Land, das nie Kolonien im klassischen Sinne des Wortes besaß (vielmehr kolonisiert wurde), aber was in der angelsächsischen Welt Diskussionsthema ist, muss ja überall in der westlich geprägten Welt Gegenstand einer Reflexion bilden.

Die oben geschilderte terminologische Vielfalt weist aber zumindest einen gemeinsamen Punkt auf; es handelt sich bei diesen Bezeichnungen um (eine Art) politische Korrektheit, d. h. um einen Sprachgebrauch, der möglichst niemande/n/s verletzt/beleidigt. Einige Adjektive, wie geschlechtergerecht oder genderneutral, beziehen sich lediglich auf die Miteinbeziehung aller Geschlechter/Gender, während andere, wie inklusiv oder vielfaltssensibel auch andere Lebensbereiche betreffen, wie z. B. Menschen mit Behinderungen, die unterschiedlichen sexuellen Orientierungen von Menschen oder gar Ortsnamen. Aus diesem Grunde wird im vorliegenden Artikel der Begriff inklusiv verwendet, der über die Geschlechter hinausgeht und möglichst alle gesellschaftlichen Gruppen, die sich sprachlich ausgegrenzt fühlen können, umfasst. Die Frage, ob es überhaupt gesellschaftliche Gruppen gibt, die sich durch den Sprachgebrauch nicht ausgegrenzt fühlen können, bleibe an dieser Stelle dahingestellt. Die Definition des Dudens, die als Grundlage für die Bezeichnung inklusiv dient, lautet: „Die Inklusion... betreffend" [2], wobei Inklusion folgendes bedeutet: „das Mit-einbezogen-Sein; gleichberechtigte Teilhabe an etwas" [3].

Zunächst einmal handelt es sich darum, inwieweit - wenn überhaupt - es möglich ist, beleidigungsvermeidend zu kommunizieren und welche Konsequenzen diese Kommunikationsform mit sich zieht. Eine ständige Verunsicherung („Habe ich etwas Falsches gesagt?") wird immer dabei sein, denn mit der Vermehrung der Geschlechter und sexueller Identitäten entstehen fast jeden Tag neue Forderungen an den Sprachgebrauch, und was gestern noch als politisch korrekt galt, gilt heute bereits als diskriminierend. Als würde es bei der Sprache gar nicht um Inhalte gehen, sondern allein um die Form. Es können wahrscheinlich nie alle Ansprüche befriedigt werden, die an den inklusiven Sprachgebrauch gestellt werden, und die Verunsicherung, etwas Falsches gesagt zu haben, wird immer dabei sein.

Historischer Exkurs: PC gab es bereits auch in der DDR (und früher), das heißt politisch motivierten und verordneten Sprachgebrauch mit Konsequenzen: Deutschland durfte nur in historischem Kontext erwähnt werden, in der (damaligen) Gegenwart gab es nur die BRD und die DDR. Deutsche gab es auch nicht; nur BRD-Bürger und DDR-Bürger (ohne _innnen) Ähnliche Beispiele ließen sich aus früheren Zeiten, in denen Sprachgebrauch vorgeschrieben wurde, ebenfalls zitieren.

An diesem Punkt stellt sich bereits die Frage, wie tief verordneter Sprachgebrauch ins Privatleben eindringen darf (oder je nach Standpunkt sollte). Soll(te) tatsächlich eine Umschichtung im Gehirn erfolgen, nämlich dass sich die gegenwärtige Generation vom schlechten Gewissen geplagt vor jeder Äußerung überlegen muss, wo und wann eine Exklusionsgefahr besteht, die mögliche Sanktionen mit sich zieht. Sollte es auch zu Hause beim Fernsehen heißen, US-Amerikanerinnen und Amerikaner oder Menschen aus den USA? Der Begriff Amerikanerin für US-Amerikaner innen grenzt ja andere, auf diesem Kontinent lebenden Menschen aus. Sollte man/frau sich auch zu Hause hüten, Äußerungen wie „Ich gehe zum Bäcker" von sich zu geben, oder sollte sich - wie in der DDR damals - ein Gefühl einstellen, dass ein Inhalt zu Hause anders als am Arbeitsplatz ausgedrückt wird? Ein politisches code switching wie zwischen Dialekt und Standardsprache? Ist Doppelzüngigkeit wirklich anstrebenswert? Das Nebeneinander von Dialekt und Standardsprache bereichert das Leben, aber verordneter Sprachgebrauch macht es ärmer; zu Hause darf zum Bäcker gegangen werden, aber soll man am Arbeitsplatz die Arbeitskraft Backwaren holen lassen? Selbstverständlich sind sprachliche Äußerungen stark situationsgebunden, aber sollte es tatsächlich so weit kommen, dass spontane Äußerungen auch im Privatleben einer mentalen Überprüfung unterzogen werden müssen, bevor sie zur Artikulation kommen?

Der exklusive Teufel lauert nämlich überall, auch in Situationen, in denen er gar nicht vermutet wird, wie es sich im Folgenden herausstellen wird.

Ungar als Volksbezeichnung klingt wie das Adjektiv ungar (un-gar, also nicht gar, unausgereift, unvollkommen, wie z.B ungares Fleisch). Sollte sich ein Ungar etwa also halbfertig vorkommen? Im Deutschen existieren die Bezeichnungen Magyar/Madjar und Magyarin/Madjarin [4], Magyardivers (noch) nicht. Sollten die Betroffenen nun eine Umstellung verlangen? Der bittere Geschmack der Ungarneinfälle im Frühmittelalter könnte durch kreative Bezeichnungen wie Einfälle der Madjarinnen, Madjaren und Madjardiverse wesentlich abgemildert und daher weniger verletzend für die Personen sein, die von den die Einfälle ausgeführten Menschen abstammen.

Es ist ein bisschen so, wie bei der Namensgebung von Produkten, wo peinlich darauf geachtet werden sollte, dass ein Produkt, das für den globalen Markt bestimmt ist, mit Vorsicht benannt wird, ansonsten gibt es peinliche Produktnamen wie früher Chevrolet Nova („no va" heißt auf Spanisch „geht nicht") oder Mitsubishi Pajero, der spanisch etwas vulgär, daher aber auch lustig klingt [5].

Aber im Gegensatz zu Produktnamen, die in der Regel nicht von heute auf morgen ausgedacht werden, muss das menschliche Gehirn verletzungsverdächtige Gedanken im Bruchteil einer Sekunde identifizieren und eliminieren, ansonsten ist es bei der Artikulation bereits zu spät. Denn außer bereits kanonisierten Fällen (z. B. Student_innen) können sich überall Abgründe auftun, wie wir es in der Einleitung gesehen haben. Sollte eventuell das Argument aufkommen, dass das Beispiel Ungar/ungar übertrieben sei, kann es mit der Begründung abgewiesen werden, dass die Betroffenen sich beleidigt fühlen (ein zweites Volk der Beleidigten). Die Frage, ob die Mehrheit der deutsch sprechenden Madjarinnen/Madjaren/Madjardiverse das ebenso empfindet, könnte eine repräsentative Umfrage klären, unseres Wissens aber wurden zu Produktnamen wie Student*in-nenfutter auch keine repräsentativen Umfragen durchgeführt, ob sich Frauen ausgegrenzt fühlen, wenn sie Studentenfutter sehen. Diverse Personen könnten sich aber selbst mit Student*innenfutter ausgegrenzt fühlen.

Im Gegensatz zum privaten Sprachgebrauch kann im öffentlichen Bereich eine gewisse Sprachform mit mehr Erfolg vorgeschrieben werden, da sich das Amtsdeutsch ohnehin vom alltäglichen Deutsch unterscheidet und immer (besser gesagt, seit es deutschsprachige Kanzleien gibt) „disziplinierter" war. Da gab es lokale Traditionen und sie wurden - als sich eine überregionale deutsche Schriftsprache um die Mitte des 17. Jahrhunderts herausgebildet hatte - allmählich vom überregionalen Amtsdeutsch abgelöst, was aber keinesfalls weniger Disziplin für die gesprochene Sprache mit sich führte.

An impliziten oder expliziten Empfehlungen zur sprachlichen Formulierung hat es also seit geraumer Zeit nicht gefehlt, aber diese betrafen das Privatleben eben nicht. Privatleben war eben privat.

An dieser Stelle möchten wir zwei Leitfäden kurz schildern, die Empfehlungen zur Vermeidung sprachlicher Diskriminierung enthalten, und zwar für den öffentlichen Bereich. An erster Stelle sei Eine Sprache für alle! Leitfaden für geschlechter- und diversityfairen Sprachgebrauch an der FH Campus Wien [6] aus dem Jahre 2015 erwähnt, der auf 54 Seiten die Ratschläge der das Werk verfassenden Menschen schildert, wie an der FH Campus Wien kommuniziert werden sollte. Die guten Absichten der das Werk verfassenden Menschen sind nicht verkennbar, aber wer soll sich schon 54 Seiten Empfehlungen verinnerlichen? Übung macht die Meisternden, heißt es, früher oder später wird sich die Menschheit an diese Sprechweise gewöhnen. Von einer Verarmung der Sprache ist nicht die Rede, statt dessen wird die Kreativität hervorgehoben, die durch die Umprogrammierung des Gehirns vor einer Äußerung hervorgerufen wird.

Das Wort Ausländer gilt auch als negativ konnotiert, aber was ist denn ein ungarer Ungar oder eine ungare Ungarin in Österreich oder Deutschland? Eine diversityfaire Methode wäre,dass sich die Betroffenen mit den Navi-Koordinaten des Herkunftsortes charakterisieren:"Ich komme aus 47.500/19.039". Die künstliche Intelligenz gibt den Inhalt der Koordinaten den Interessenten ohnehin bekannt, eine Entschlüsselung kann per Handy erfolgen; kreativ ist es auf jeden Fall, nur etwas umständlich, und ob es eine Bereicherung für die Sprache ist, bliebe an dieser Stelle dahingestellt.

Im Folgenden geht es um die (Un)Übersetzbarkeit des Trends. Wir fangen mit einem Abstecher in die Vergangenheit an. In der Romantik sahen übersetzende Menschen den Sinn einer Übersetzung in der Bereicherung der eigenen Sprache durch fremde Elemente, was aber mitnichten den Verzicht auf die eigenen sprachlichen Elemente bedeutete, denn diese sollten keinesfalls durch das Fremde verdrängt werden.

Eine Bereicherung ist z. B. auch eine innersprachliche, eine intralinguale Übersetzung, die auch im Alltag üblich ist, wenn gegebenenfalls ein medizinischer oder juristischer Fachtext aus der Fachsprache in die Alltagssprache übertragen wird. Aber das Original wird dabei ja nicht weggeworfen! Wie klassische literarische

Werke auch (noch) nicht verschrottet oder verboten werden, weil sie Ausdrücke enthalten, die dem gegenwärtigen Zeitgeist nicht hundertprozentig entsprechen. Als diese Werke geschrieben wurden, dachten die die Werke verfassenden Personen wohl auch nicht daran, wie ihre Texte zwei- oder dreihundert Jahre später interpretiert werden, wie wahrscheinlich auch zeitgenössische Literatur schaffende Personen nicht daran denken, dass ihre Wortwahl in dreihundert Jahren als verletzend empfunden werden könnte.

Der Rohstoff für das inklusiveUmdenken ist ebenfals bereits vorhandenes Sprachgut, wobei das mit der Geschichte einer Sprache eng verbundene „sündhafte" Original in vielen Fällen verloren geht. Auf Seite 22 des Leitfadens steht, abwertende Speisebezeichnungen wie Mohr im Hemd oder Indianer mit Schlag sollten gemieden werden, statt dessen sind warmer Schokoladekuchen mit Schlag bzw. gefüllter Brandteigkrapfen mit Schlag zu bevorzugen. Nebenbei vermerkt, ist warm nicht etwa eine versteckte Anspielung auf Homosexualität?

Nach dieser Logik dürfte toter Hund Tiere schützende Menschen schockieren, zumal im nächsten Abschnitt auch schwarzes Schaf als rassistisch gilt, also weg mit einem Phraseologismus, damit die Sprache bereichert wird. Der Speisename Zigeunerschnitzel soll auch tabuisiert werden, aber über eine inklusive Paraphrasierung der Operette Zigeunerbaron in Sinti- und Romabaron ist bis dato nichts bekannt. Es bedarf weiterer Forschung, in welchem Maße der Speiserassismus unser tägliches Leben beeinflusst.

Ethnische Zugehörigkeit ist auch ein potenzielles Minenfeld, infolgedessenAusdrücke wie „Das kommt mir spanisch vor" oder „Das sind böhmische Dörfer für mich" wohl auch in den Mülleimer der Inklusivität gehören. Es wäre wirklich interessant zu wissen, wie viele Spanisch oder Tschechisch sprechende Menschen sich durch diese Phraseologismen verletzt fühlen, aber das können wir leider nicht belegen, da unseres Wissens keine großen Umfragen in diesem Bereich durchgeführt wurden, aber es ist ja irrelevant, denn nach den Regeln der PC müssen sie sich verletzt fühlen. Private Umfragen des Verfassers haben ergeben, dass sich keine spanischen oder tschechischen Menschen von den Ausdrücken verletzt fühlten, sie fanden die Ausdrücke eher lustig, aber es handelte sich dabei nicht um eine repräsentative Umfrage. Es gilt die Lautstärke.

Es muss aber nicht immer eine Redewendung sein, die als verletzend empfunden werden kann; auch die lexikographische Erfassung von Ethnonymen und ihren Bedeutungen können zu Gerichtsverfahren führen, wie der folgende Fall zeigt.

Am 13. Juli 1998 wurde der griechische Sprachwissenschaftler Prof. Georgios Babiniotis von einem Gericht in Thessaloniki zu 2 Millionen Drachmen (ca. 6000 €) bzw. zu einer Haftstrafe von einem Monat verurteilt, es sei denn, er fügt sich der Entscheidung des Gerichts und verzichtet auf die Darstellung der Bedeutung 2) eines Stichwortes in seinem im gleichen Jahr erschienenen „Wörterbuch der Neugriechischen Sprache". Der Auslöser des Rechtsstreites war das kontroverse Wort BovXyapoq (Bulgare), dessen Bedeutung 2) in der ersten Ausgabe des Wörterbuches wie folgt erklärt wurde: „Anhänger oder Spieler einer Mannschaft aus Thessaloniki, besonders von PAOK." Der Verfasser fügt der Bedeutungserklärung auch noch die Markierung hinzu, dass der Ausdruck darüber hinaus in beleidigender Absicht von Südgriechen auf Nordgriechen verwendet werde.

Wegen dieser Bedeutungserklärung leitete die Kommunalverwaltung von Thessaloniki ein Gerichtsverfahren gegen den Lexikographen ein, in dem Babiniotis vorgeworfen wurde, er hätte die Persönlichkeitsrechte der nordgriechischen Menschen auf gesetzlich unzulässigem Wege verletzt. Die Anklage bekam Recht und der Prozess endete mit der Verurteilung des Wörterbuchautors. In der Begründung des Urteils erwähnte das Gericht, die Bedeutungserklärung des Lemmas verletze die nationale Würde der nordgriechischen Menschen.

In Kenntnis des Gerichtsbescheids verzichtete Professor Babiniotis auf Bedeutungserklärung 2) und strich auch ein zweites Ethnonym aus dem Wörterbuch, das zwar keinen Grund für einen Prozess lieferte, jedoch in der Presse ebenfalls für Aufsehen sorgte: OdmrcwsZa (Filipinesa) = 1) Bewohnerin der Philippinen, 2) Putzfrau [7].

Das griechische Wörterbuch von Georgios Babiniotis beherrschte im Sommer 1998 die Inlandsseiten der Zeitungen in Griechenland. Zahlreiche Artikel und Briefe von zeitungslesenden Menschen äußerten sich zum Thema und spalteten die interessierte Öffentlichkeit mit folgender Fragestellung: besteht die Aufgabe eines Wörterbuches darin, die Sprache in ihrer wirklichen Erscheinungsform darzustellen, die alle menschlichen Sinnesregungen (unter anderem auch Beleidigungen) widerzuspiegeln versucht, oder muss ein Wörterbuch politisch korrekt und erzieherisch sein und allgemein bekannte Bedeutungen unter den Teppich kehren.

Professor Babiniotis gab nicht auf und ging trotz zahlreicher Unkenrufe in Berufung, und schließlich bekam er vom Obersten Gerichtshof Griechenlands, dem Areios Pagos Recht; in seinem Urteil vom April 1999 entschied der Areios Pagos, dass die lexikographische Erfassung und Darstellung einer ohnehin allgemein bekannten Bedeutung eines Wortes die menschliche Würde nicht verletzt. Entscheidet also die Politik über Wortbedeutungen? In diesem Fall nicht.

Aber kehren wir zurück zum Wiener Leitfaden, in dem sogar Empfehlungen zum englisch(sprachig)en Sprachgebrauch unterbreitet werden (zum griechischen noch nicht); in dem der Ausdruck going Dutch (getrennt zahlen) niederländische Menschen wohl auch verletzen könnte (wurden sie gefragt?), also weg mit diesem Ausdruck, damit die Sprache kreativer und von jeder Historizität befreit wird. Der Ausdruck going Dutch hat seinen Ursprung im 17. Jahrhundert, als sich England und die Niederlande hinsichtlich der Handelsrouten milde gesagt uneinig waren.

An dieser Stelle muss ein weiteres Ethnonym erwähnt werden, das im deutschen Sprachraum in dem Maße tabuisiert wurde, dass viele Menschen sich nicht einmal trauen, es niederzuschreiben: Zigeunerin/Zigeuner (Paraphrase: Z-Wort, nach dem Muster N-Wort. Es fragt sich nun, ob in der Zukunft die Buchstaben des lateinischen Alphabets für vermeintlich beleidigende Bezeichnungen ausreichen werden, bald kommt das U-Wort für ungarische Menschen, das S-Wort für spanische Menschen, usw. Aber dann kann das G-Wort-Alphabet immer noch eingesetzt werden, das wenigstens aus der Mathemetik bekannt ist).

Wenn sich Menschen im deutschsprachigen Raum durch dieses Z-Wort diskriminiert fühlen, ist mit dessen gegenwartssprachlichem Gebrauch natürlich vorsichtig umzugehen; die Bezeichnung Sinti und Roma hat sich seit einiger Zeit eingebürgert. Aber warum muss historisch entstandenes Wortgut mit zum Fenster hinausgeworfen werden? Zitat: „Eigentlich wäre im Februar vom Glockenspiel auf dem Dach des Offenburger Rathauses wieder das Lied „Lustig ist das Zigeunerleben" zu hören gewesen. Die Stadt hat sich aber nun entschieden, den Titel aus dem Repertoire zu streichen. Der Liedtext sei diskriminierend." [8]. Für bestimmte Religionen gilt der Mond als eine Gottheit. Wird die Mondscheinsonate von Beethoven die Gefühle dieser Menschen verletzen? Gefragt werden sie sicherlich nicht, ein selbsternanntes Gremium wird entscheiden, ob die Mondscheinsonate gespielt werden darf, oder ob sie Mondgläubige verletzt.

Seit wann singen denn Glocken einen Liedtext? Das Lied ist verboten, weil im Text das Wort Zigeunerleben vorkommt. Ist es nicht etwa Geschichtsfälschung? Gibt/gab es das Wort nicht? Werden die im Titel vorkommenden Menschen im Lied diskriminiert? Muss Vergangenes ausradiert werden? Ist eine retuschierte Geschichte tatsächlich wünschenswert? Beispiele sind Legion aus den dunkelsten Kapiteln der Menschheitsgeschichte. Wenn ältere Texte nach gegenwärtigen PC-Maßstäben neu geschrieben werden, werden die kommenden Generationen ein falsches Geschichtsbild überliefert bekommen.

Ist ein Zigeunerschnitzel nach der Meinung der Mehrheit der Sinti und Roma wirklich beleidigend, oder geht es vielmehr um die Meinung Einzelner?Kann eine laute Minderheit den Sprachgebrauch vorschreiben? Wenn die Mehrheit gegen den Ausdruck ist, sollte von der Bezeichnung Abstand genommen werden, aber nur wenn einige lautstarke Menschen die Abschaffung eines Teiles des Wortschatzes verlangen?

Dieses Thema hat aber auch multikulturelle Aspekte, die den Rahmen der Interpretation der deutschsprachigen Länder sprengen müssen. Im deutsch-ungarischen sprachlichen Kontext kann das oben geschilderte Phänomen nämlich konkrete Probleme hervorrufen. In Ungarn oder in der ungarischen Sprache ist das Wort cigäny (es bedarf wohl keiner Übersetzung) nach wie vor Selbstbezeichnung der Volksgruppe, wie die Namen von Einrichtungen auch zeigen: Wäli Istvän Reformätus Cigany Szakkollegium [9], das kein Roma- Fachkolleg ist. Wie kann sich diese Einrichtung ohne rechtliche Folgen ins Deutsche übersetzen lassen? Alle sind nämlich cigäny, aber nicht alle Roma, und alle bestehen auf die Eigenbezeichnung cigäny.

Im ungarischsprachigen Kontext wird die Bezeichnung Roma immer öfter verwendet, aberes ist (noch) keine Todsünde, die traditionelle Bezeichnung in der Öffentlichkeit zu verwenden. Es scheint eine Praxis herauszubilden, dass Angehörige der Minderheit cigäny sich so nennen, aber die Mehrheit das Wort Roma benutzt.

Da praktische Beispiele aus dem Alltag immer nützlich (und Grundlage für weitere, eventuell wissenschaftliche Überlegungen) sein können, seien hier einige Konfliktsituationen aus interkulturellen Begegnungen erwähnt.

Es handelt sich (schon wieder) um eine internationale Konferenz mit Verdolmetschung zum Thema Sinti und Roma. Die für die Verdolmetschung verantwortlichen Menschen benutzen den Ausdruck Roma, in der Hoffnung, nicht diskriminierend zu kommunizieren. Sinti gibt es in Ungarn nicht, sie heißen unter den ungarischen cigäny „deutsche cigäny". In der Pause werden sie von einem an der Konferenz teilnehmenden Menschen angesprochen, der sie bittet, das Wort cigäny zu verwenden, denn er sei cigäny, aber kein Roma. Dem Wunsch wird natürlich stattgegeben, im weiteren Verlauf der Konferenz wird auf Ungarisch cigäny gesagt. In der nächsten Pause kommt eine die Menschenrechte schützende Person (die nicht zur betroffenen Minderheit gehört) zu den für die Verdolmetschung verantwortlichen Menschen und empfiehlt ihnen, statt ci-

gany Roma zu sagen. Es handelt sich um eine prekäre Situation, was soll nun gesagt werden? Wer ist in diesem Fall die den Sprachgebrauch diktierende präskriptive Autorität, wessen Leitfaden gilt? Für die Kabine, in der die für die Verdolmetschung verantwortlichen Personen saßen, blieb nichts anders übrig, als die kontroversen, die den Streit auslösenden Bezeichnungen zu meiden und mit Umschreibungen zu vermitteln („die vom Thema betroffene Minderheit", „Angehörige der vom Thema betroffenen Minderheit"). Immerhin kreativ; lustig ist das interkulturelle Vermittlungsleben.

Im zweiten Fallbeispiel geht es um die Deutschlandtournee eines ungarischen Orchesters, das laut seiner ungarischsprachigen Broschüre „Klassische Musik nach den Traditionen der Zigeunermusik spielt". Im Grunde genommen ein spannendes Angebot, das jedoch beim deutschsprachigen Publikum nicht ankommen durfte. Das Tabuwort war ja mit enthalten. Zigeunermusik ist seit geraumer Zeit bekannt und beliebt, aber sie durfte nicht erwähnt werden. Es gab Überbrückungsvorschläge wie „Musik der Roma oder der Sinti und Roma", die aber vom Orchester abgelehnt wurden, da nicht alle Roma und Sinti waren. Am Ende des Tauziehens blieb in der deutschsprachigen Broschüre übrig, dass ein ungarisches Orchester klassische Musik spielen wird. Hauptsache, die PC wird eingehalten, der Inhalt ist sekundär; d. h. eine wahre Bereicherung.

Aber Ethnonyme sind bei Weitem nicht das letzte Kapitel im Leitfaden.

„Abwertende Witze" sind selbstverständlich ebenfalls zum Alteisen zu werfen, aber Empfehlungen zu inklusiven Witzen gibt es leider nicht. Gibt es den politisch korrekten/inklusiven Witz? Natürlich nicht. Humor beleidigt, weil er kritisch ist. Der Altmeister des (britischen) Humors, John Cleese, äußerte sich kurz und bündig dazu in [10].

Kurz zusammengefasst: PC tötet den Humor.

Dürfen Filme wie Die Ritter der Kokosnuss oder Erik, der Wikinger überhaupt noch gezeigt werden? Da werden ja ganze Völker aufs Korn genommen! Das Schlagwort heißt zunächst Zensur, dann Verbot. Interessanterweise haben sich Menschen mit französischer Identität beim Kokosnuss-Film nicht verletzt gefühlt, laut Eigenbelegen haben sie sogar gelacht! Menschen, die nordische Seefahrende in ihrer Familie haben, konnten auch über Erik lachen, und es wurden keine Petitionen an Monty Python geschickt, dass stereotypische, rassistische Filme verboten gehören. Monty Python hat sich im Sketch „Der tödlichste Witz der Welt" auch über Deutsche lustig gemacht [11].

Die Lösung lautet: solche Filme sollen über Bord geworfen werden oder nur mit einer Sondergenehmigung von PC-Stellen kritisch gesehen werden (Der Giftschein ist ja eine bekannte Institution; Orwells 1984 durfte in der DDR nur von forschenden Menschen mit einer entsprechenden Genehmigung der Partei gelesen werden).

Der politisch korrekte Humor lässt noch eine Weile auf sich warten, vielleicht kommt das Tortenwerfen zurück, aber es muss dann strikt geregelt werden, wer wen bewerfen darf, aber ausschließlich mit einer politisch korrektenTorte.

Das zweite Beispiel für den inflationär beschriebenen inklusiven Sprachgebrauch sind die Empfehlungen des Europäischen Rates, einer multikulturellen und mehrsprachigen politischen Institution [12].

Da es sich beim Europäischen Rat um Empfehlungen für 24 Sprachen handelt, unterscheiden sich diese je nach Sprache, denn was in einer Sprache von gewissen Gruppen für rassistisch, ausgrenzend, diskriminierend usw. gehalten wird, muss im Kontext einer anderen Sprache überhaupt nicht so empfunden werden. Auf Seite 5 wird dies auch zum Ausdruck gebracht: „Dieser Leitfaden wird in allen Amtssprachen der Europäischen Union veröffentlicht. Da sich Grammatik, Syntax und Stil von Sprache zu Sprache unterscheiden, ist der Inhalt sprachspezifisch." Estnisch, Finnisch und Ungarisch werden namentlich erwähnt als Sprachen, die das grammatische Genus nicht kennen. Die Botschaft ist jedoch dieselbe: „Förderung von Inklusion und Vielfalt durch die Sprache und die Bilder, die wir verwenden."

Die Empfehlungen umfassen 16 Seiten und sind zurückgehaltener als der Leitfaden aus Wien, abwertende Witze oder rassisitische Speisenamen werden nicht erwähnt. Doppelnennungen werden z. B. vorgeschlagen (Lehrerinnen und Lehrer), wie es vom Duden empfohlen wird, die aber Diverse wiederum ausschließen. Es fragt sich, ob einer Person, die sich weder als Frau noch als Mann fühlt, diese Doppelformen nicht diskriminierend vorkommen? Die Lösung wiederum wären Bezeichnungen wie Lehrende/Lehrpersonal, was aber wiederum etwas anderes als Lehrerin/Lehrer bedeutet.

Wie bereits erwähnt, betrifft die Mehrsprachigkeit in der EU aber auch drei Amtssprachen, die das grammatische Genus nicht kennen; ein kleiner Trost für die ansonsten kleinen Sprachen. Im Falle dieser Sprachen ergaben sich bis jetzt ziemlich viele Probleme aus dem Fehlen des grammatischen Genus, wenn beispielsweiseaus einer Genussprache in eine Nichtgenussprache übersetzt wurde.

Nehmen wir an, in einer deutschsprachigenErzählung kommen eine Frau und ein Mann vor, die am Anfang den lesenden Menschen geschildert werden, und auf die im Weiteren mit sie oder er Bezug genommen wird. Im genuslosen Ungarischen (Finnischen, Estnischen usw.) hat die die Übersetzung ausführende Person ihre Probleme gehabt, da sie einen Ausweg finden sollte, indem sie entweder die Eigennamen der handelnden Personen wiederholen oder Frau/Mann einsetzen musste: „Eva und Peter kannten sich seit ihrer Kindheit. Sie spielte gerne mit ihm, da er sehr einfühlsam war..." In der Übersetzung muss an Stelle von sie und eralso entweder der Name oder Frau/Mann stehen.

Umgekehrt ist es auch ein Problem: es kommt häufig vor, dass auf internationalen Konferenzen mit Simul-tanverdolmetschung eine forschende Person in einer genuslosen Sprache zitiertwird, und die dolmetschenden Menschen wissen nicht, welchem Genus die erwähnte Person zuzuordnen ist. Es muss immer der ganze Name erwähnt oder kreativ gedolmetscht werden, und an Stelle der Person sollte das Werk zitiert werden. Diese Schwierigkeit betrifft allerdings mitnichten nurSprachenpaare, von denen die eine dasgrammatische Genus nicht kennt.

Wenn auf einer Konferenz die den Vorsitz innehabende Person Italienisch spricht und einer Wortmeldung stattgibt, benutzt dieser Mensch die Anrede „L'honorevole (der/die/das ehrwürdige) + Name hat das Wort". In diesem Fall bleibt das biologische oder soziale Geschlecht des das Wort habenden Menschen ebenfalls im Verborgenen, was die interlinguale Kommunikation wesentlich erschweren kann. Ins Englische oder Ungarische lässt sich diese Anrede problemlos verdolmetschen, da der bestimmte Artikel bei allen Geschlechtern und sexuellen Orientierungen gleich bleibt. Eine Verdolmetschung ins Deutsche wird allerdings problematisch.

Das Italienische kennt übrigens auch keine geschlechtsneutrale Form für „alle"; da gibt es tutte (für Menschen weiblichen Geschlechts, wie in „Cosí fan tutte", der ausgrenzenden und verallgemeinernden Oper) und tutti für Menschen männlichen Geschlechts.

Bei einer Abstimmung auf einer mehrsprachigen Veranstaltung fragte der italienische Vorsitzende in seiner Muttersprache (in seiner ersten Sprache), ob alle abgestimmt hätten: „Hanno votato tutti?", woraufhin eine teilnehmende Person ihn fragte, warum er nur die Männer fragt. Für Sprachen, die für „alle" eine genderfaire Variante haben, war die Frage ohnehin unverständlich. In der Fortsetzung benutzte der Vorsitzende „Hanno votato tutte e tutti?" Um das Problem allen verständlich zu machen, benutzten die für die Verdolmetschung verantwortlichen Menschen Formen, die Frauen und Männer gleichermaßen betrafen (Divers war damals noch kein Thema), wie z. B. „Haben alle Frauen und Männer abgestimmt?" oder „Has every woman and man voted?" Die ansonsten unschuldige Abstimmung wurde zu einem Schlachtfeld; denn für diesen Akt war eine halbe Stunde vorgesehen, und so uferte dieser Tagesordnungspunkt ins Unendliche aus. Es ging gar nicht mehr um die Tagesordnung sondern um den Sprachgebrauch. Sprachliche Vielfalt in Europa!

Sprachliche Vielfalt und Mehrsprachigkeit waren und sind bis heute ein markantes Merkmal Europas. Der Multilingualismus hat dank des Zusammenlebens verschiedener Völker nebeneinander oder Grenzneuziehungen unter anderem zur Folge, dass auch geographische Namen häufig mehrsprachig sind, was mitunter politische Ressentiments mit sich bringt. Das Phänomen heißt in der Linguistik Allonymie und kommt überall in Europa vor. Es kann sich u. a. um Orts-, Flur- und Straßennamen handeln, um nur einige Beispiele zu nennen. In der Allonymie wird zwischen Endonymen und Exonymen unterschieden. Ein Endonym ist die Bezeichnung einer geographischen Einheit in der Sprache, die Amtssprache des Landes ist, wo die betroffene Einheit liegt; z. B. der Name der tschechischen Hauptstadt Praha. Ein Exonym dagegen ist ein in einer bestimmten Sprache verwendeter Name für eine geographische Einheit, die außerhalb des Gebietes dieser Sprache liegt, z. B. Prag.

In Deutschland kümmert sich der Ständige Ausschuss für geographische Namen um dieses Phänomen, „der Regeln für den einheitlichen Gebrauch geographischer Namen empfiehlt, fördert und erarbeitet" [13]. Auf der Internetseite des Ausschusses lassen sich auch Schwierigkeiten identifizieren, mit denen Personen konfrontiert werden, die entscheiden müssen, ob z. B. für eine Stadt ein Exonym gewählt werden soll oder nicht; z. B. Hermannstadt für Sibiu in Rumänien. Auf der oben erwähnten Internetseite spiegelteine Publikation dieses Problem bereits in ihrem Titel „Zwischen Hammer und Amboss, die Zerrissenheit des Übersetzers bei polnischen und deutschen geographischen Namen" [14] wider.

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Die Entscheidungfür ein Exonym oder Endonym hängt von zahlreichen Faktoren ab. Zunächst einmal ist in Erwägung zu ziehen, ob sich ein Exonym eindeutug erkennen lässt. Wenn in einem deutschen Text Prag steht, werden alle wissen, um welche Stadt es sich handelt. Deutsch sprechende tschechische Menschen nennen ihre Hauptstadt auf Deutsch auch Prag, das Endonym Praha würde in einem deutschen Kontext eher befremdend

wirken. Mit kleineren Orten ist die Identifizierbarkeit dagegen geringer; in Jungbunzlau wäre die Hauptstadt von Skoda - Mlada Boleslav - nicht unbedingt für alle erkennbar.

Google maps verwendet gerne Exonyme, und daher steht für Mlada Boleslav Jungbunzlau [15]. Die für Informatik zuständige Personen von google maps müssen sich demzufolge auch die Frage stellen, ob Exonyme oder Endonyme auf den Karten stehen. Nördlich von Jungbunzlau/Mlada Boleslav liegt Mnichovo Hradiste, ein Ort, der ebenfalls ein deutsches Exonym hat: Münchengrätz, das aber nicht auf der Karte steht; hier wird der tscheschische Name angegeben. Die slowakische Hauptstadt Bratislava kommt auch in dieser Form vor, obwohl der deutsche Name Pressburg vielleicht bekannter ist als Jungbunzlau. Welche Überlegungen hinter dieser Entscheidung stehen, kann an dieser Stelle leider nicht beantwortet werden.

Ein weiterer Faktor, der die Wahl eines Exonyms oder Endonyms beeinflussen kann, ist politische Empfindlichkeit, oder PC. Der Name der ungarischen Hauptstadt wird in den deutschen Medien häufig als „Budapescht" artikuliert. Die ungarische Aussprache lautet tatsächlich so, aber der Verfasser vorliegender Arbeit fühlte sich nie verletzt, als er Budapest mit „s" hörte. Exonyme mögen in der Tat als imperialistisch oder kolonialistisch klingen, aber dennoch gehören sie zum Inventar einer Sprache, und ihr Gebrauch kann differenziert erfolgen, bevor sie verschwinden. In Anbetracht der kolonialen Vergangenheit kann auch nicht auf Nummer sicher gegangen werden, wie das Beispiel des südostasiatischen Landes Burma zeigt. Das Land wurde 1989 von einer Militärjunta in Myanmar unbenannt. Der neue Name war da, aber nicht alle waren mit dieser Bezeichnung zufrieden, da er von einer Militärdiktatur eingeführt wurde [16]. Es herrscht bis jetzt Unsicherheit, zur Zeit gibt es im Land wieder eine Militärjunta und nach dem Prinzip „sicher ist sicher" wird häufig die Doppelform Burma/Myanmar verwendet [17].

Die EU ist zur Zeit die multilingualste Organisation der Welt mit 24 Amtssprachen und Millionen von übersetzten Seiten. Ein Blick in Datenbanken der EU zeigt, dass geographische Namen in nichtdeutschsprachigen Originaltexten immer seltener mit deutschen Exonymen übersetzt werden. In der oben zitierten Datenbank EUR-LEX, in der Rechtsvorschriften im Original und in zahlreichen Übersetzungen vorhanden sind, lässt sich der Umgang mit Endonymen und Exonymen gut beobachten.

Ein kurzer Blick in die Datenbank ergibt, dass deutsche Bezeichnungen von Ortsnamen in nichtdeutschsprachigen Ländern eher die Ausnahme bilden. Im Fall von Ungarn kamen Exo-und Endonyme mit folgender Häufigkeit vor: Balaton (161), Plattensee (4); Györ (232), Raab (5); Sopron (174), Ödenburg (5); Szeged (420), Szegedin (0), aber das Adjektiv Szegediner (23). Im Vergleich kommt Prag 1960 mal und Praha 1090 mal vor. Interessant ist der Name Danzig, der an einer Stelle in Verbindung mit der Nachbarstadt Gdynia erwähnt wird, die aber auf Polnisch angegeben wird [18]. Der Name Danzig kommt übrigens relativ häufig vor: 95 mal gegenüber der polnischen Bezeichnung Gdansk, die 295 mal erwähnt wird.

Im Gegensatz zu Ortsnamen erscheinen Produkte aus nichtdeutschsprachigen Ländern mit deutscher Herkunftsangabe: Krainer Wurst (aus Kranj, Slowenien), Pettauer Zwiebel (Ptuj, Slowenien), Pressburger Kipfel (Bratislava, Slowakei), Posener Martinshörnchen (Poznan, Polen) und Szegediner Gulasch (Szeged, Ungarn).

Die Ausflüge in den Multilingualismus lassen wohl erkennen, welch immensen Reichtum Sprachen in ihren Ausdrucksformen besitzen. Sie sind unser Leben, ihre mannigfaltigen Ausdrucksmöglichkeiten geben uns einen Spielraum, der nicht von politischen Vorgaben eingeschränkt werden sollte. Natürlich müssen wir darauf achten, dass wir unsere Mitmenschen durch unseren Sprachgebrauch nicht verletzen, aber das sagt uns auch der gesunde Menschenverstand, und wer ihn nicht besitzt, wird von regulativen Vorschriften auch nicht sonderlich berührt.

Eine Demokratie kann nicht zulassen, dass Menschen ein gewisser Sprachgebrauch aufgezwungen wird. Dieser Versuch wurde und wird immer wieder vorgenommen, ohne dass die Personen, die die gegebene Sprache verwenden, in irgendwelcher Form gefragt würden. Doppelformen - die es schon immer gab, wie in der Anrede meine Damen und Herren (die inzwischen auch als verletzend abgestempelt wurde) - waren schon immer im Umlauf und verfremden bis zu einer Grenze nicht. Formulierungen wie der/die Vorsitzende kann in seiner/ihrer Anwesenheit eine(n) Stellvertreter(in) für die Erledigung seiner/ihrer Aufgaben ernennen. Als wäre Amtsdeutsch nicht schon verschlüsselt genug! Mögliche genderneutrale (PC) Umformulierung „Die den Vorsitz innehabende Person kann ... Wie klingt es? Kreativ? Sicher werden Menschen zum Umdenken motiviert, aber ist es wünschenswert, dass vor jeder Äußerung fieberhaft nach einer Formulierung gesucht wird, die eine womöglich gar nicht anwesende Minderheit nicht verletzt? Dieses Umdenken mag heute ungewöhnlich klingen, aber in zehn Jahren können sich die Menschen daran gewöhnen, Menschen haben sich eine Dop-

pelzüngigkeit im Laufe der Geschichte des öfteren aneignen müssen; es scheint, als könnte die Menschheit ohne Ketzer_innen und Klassenfeind_innen nicht existieren; heute sind es Sprachsünder_innen. Kann es sich um eine neue sprachliche Norm handeln? Norm ist eine „ungeschriebene Vereinbarung, welche grammatisch korrekte Varianten die sprechenden Menschen aus dem immensen Instrumentarium einer Sprache in einer bestimmten Umgebung zu einer bestimmten Zeit auswählen" [19].

Wenn Sprache als Kanal für ein natürliches Kommunikationsmittel in einer angstfreien Gesellschaft gilt, müssen sich Texte verfassende Personen um Inhalt und Form kümmern. Bei verordnetem Sprachgebrauch muss auch die mögliche Zensur der Staatsgewalt oder anderer lauter maßgebender, teils selbsternannter und aggressiver Stellen mitberücksichtigt werden. Beispiele aus der Vergangenheit sind bekannt. Sollten diese etwa ein Vorbild sein?

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Получена: 24.01.2022 Принята: 11.02.2022 Опубликована онлайн: 25.03.2022

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Received: 24.01.2022 Accepted: 11.02.2022 Published online: 25.03.2022

Bionote:

Dr. Otto Korencsy, Assistant professor of Department of German Linguistics, Eötvös-Lorand University, 1088 Budapest, Hungary; e-mail: [email protected].

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