UDC 78
LBC 85.31 + 76.0
10.30628/1994-9529-2018-14.4-88-122 recieved 24.08.2018, accepted 21.12.2018
ELKA TSCHERNOKOSHEWA
Europäisch Assoziation Kulturforschern e.V. (ERICarts Network)
Köln, Deutschland ORCID: 0000-0002-5589-3841 E-Mail: [email protected]
IM ZEITALTER DER HYBRIDISIERUNGEN: MUSIKEN - MEDIEN - MINDERHEITEN
Zusammenfassung. Begriffe wie Hybriddichter, Hybridzeit oder Hybride Welten kommen immer mehr ins Zentrum der öffentlichen Debatten über Künstler, Medien, Kunstevents und Kultur im 21. Jahrhundert. Transkulturalität, Crossover und Mixture sind andere Schlagwörter in diesem Kontext.
Im Artikel wird die Frage gestellt, welche Begriffe, Konzepte und Methoden wir in den Kulturwissenschaften haben, damit wir kulturelle Prozesse in der globalen Moderne beobachten und analysieren können. Wie können wir die Bewegungen und Zusammenführungen auf den transkulturellen Feldern der Kultur plausibel beschreiben, ohne wichtige Erfahrungen, Sensibilitäten und Kompetenzen, die mit so einem Leben zusammenhängen, zu ignorieren? Oft reichen hier die traditionellen Konzepte von Kultur nicht aus. Das Konzept der Hybridisierung wurde als eine Antwort auf diese Fragestellung entwickelt. Kein „Entweder-Oder" Denken, sondern ein «Entweder-Und-Oder» Modell wird hier vorgestellt. Der Begriff Hybridisierung fokussiert als analytischer Begriff unsere Forschung dorthin, wo wir es mit Differenzen zu tun haben. Das ist das erste Spezifikum der Hybriditäts-Paradigmas. Der Begriff Hybridisierung besagt zugleich etwas über die Beziehung von disparaten Elementen, d.h. der Begriff fokussiert ausdrücklich auf die Beziehung, auf das Aufeinandertreffen des zuvor Geschiedenen. Das ist sein zweites Spezifikum. Schließlich — und das ist das dritte Spezifikum — verschiebt er die Aufmerksamkeit von den Objekten hin zu den Prozessen und deren Bedingungen.
Zentrale Koordinaten für die neue Konzeptionsbildung sind Musik, Minderheiten, audio-visuelle Medien. Das Hybriditätskonzept hat nicht nur eine theoretische, sondern auch eine kulturpolitische Ausrichtung. Suchbegriffen: Hybrid, Differenzen, Globalisierung, Medien, Alltagskultur, Transkulturalität, Musik, Interkultureller Dialog, Minderheiten, Kultur, Politik.
ELKA TCHERNOKOJEVA
The European Association of Cultural Researchers e.V. (ERICarts Network)
Cologne, Germany ORCID: 0000-0002-5589-3841 e-mail: [email protected]
IN THE AGE OF HYBRIDIZATION: MUSIC-MEDIA-MINORITIES
Abstract. Such terms as 'hybrid poet,' 'hybrid time' or 'hybrid worlds' find themselves increasingly at the center of public debates about artists, media, art events and culture in the 21st century. Transculturality, crossover and mixture are the other keywords in this context.
The article poses the question about which terms, concepts and methods we have in cultural studies, so that we can observe and analyze cultural processes in global modernity. How can we plausibly describe the movements and conflations in the transcultural fields of culture without ignoring important experiences, sensitivities and competences related to such a life? Frequently the traditional concepts of culture become insufficient in themselves. The concept of hybridization has been developed as an answer to this question. What is presented here is not "either-or" thinking, but rather an "either-and-or" model.
The term "hybridization" as an analytical term focuses our research on where we are dealing with differences. This is the first specific feature of the paradigm of hybridity. The term hybridization also refers to the relationship of disparate elements, i.e. the term explicitly focuses on the relationship, on the encounter of the previously divorced. This is its second characteristic trait. Finally—and this is the third characteristic feature—it shifts attention from the objects themselves to the processes and their conditions.
The central coordinates for the new concept formation are music, minorities, and audiovisual media. The hybridity concept possesses not only a theoretical but also a cultural-political orientation. Keywords: hybrid, differences, globalization, media, everyday culture, transculturality, music, intercultural dialogue, minorities, culture, politics.
ZUR EINLEITUNG: HYBRIDDICHTER
Michael Chabon gewann im Jahre 2001 den Pulitzerpreis für den Roman „Die unglaublichen Abendteuer von Kavalier & Clay". Anlässlich seines neuen Romans „Die Vereinigung jiddischer Polizisten" veröffentlichte die Zeitung „Die Zeit" am 24. April 2008 einen umfangreichen Artikel über den Autor mit der Überschrift „Der Messias von Zemenhof". Der Untertitel heißt „Der Hybriddichter" und der Autor wird so vorgestellt: „Man kann ihn natürlich ganz einfach rühmen für seinen Witz, seine Intelligenz und vor allem seine Sprache, mit der er es schafft, dem Sound unserer Zeit einen eigenen, grell schallenden Ton hinzuzufügen, geformt aus Elementen von Gegenwart und Vergangenheit, aus erfundenem Jiddisch und erfundenen Welten. Er ist der Hybriddichter für unsere Hybridzeit. Chabon lebt in Berkeley/ Kalifornien — und fährt ein Hybridauto von Toyota." 1
Begriffe wie Hybriddichter, Hybridzeit oder Hybride Welten kommen immer mehr ins Zentrum der öffentlichen Debatten über Künstler, Kunstevents und Kultur im 21. Jahrhundert. Dies kann uns nicht verwundern, denn vieles um uns herum trägt Spuren von Vermischung, Überlappung und Zusammenführung von unterschiedlichen kulturellen Bezügen. Dabei geht es nicht nur um Kunstwerke wie moderne Romane, Jazzmusik oder die Collage in der Malerei, wo Vermischungen als Kunstgriff zielbewusst eingesetzt sind und längst zum Genrespezifikum gehören. Es geht vielmehr um den Charakter des Alltagslebens heute, auch um die gesamte Organisation der Gesellschaft: Ein Spaziergang durch die Stadt,
1 Der Messias von Zemenhof, In: „Die Zeit", 24. April 2008.
ein Blick in die Auslagen der Geschäfte oder auf Werbeplakate, Zeitunglesen, Radiohören oder Fernsehen zeigen im Vergleich zu den zurückliegenden Jahrzehnten unabweisbar eine ganz erstaunliche Vielzahl kultureller Bezüge.
Zudem ist der Trend, den ich hier hervorheben will, längst kein Phänomen der Metropolen, der Jugend oder der Kunsteliten. Auch in den entlegensten Dörfern der Balkangebirge tragen alte Frauen ihre Handys tagsüber auf den Feldern mit sich, um mit den Kindern und Enkelkindern über Tausende von Kilometern kommunizieren zu können. Dann verfolgen sie die Abendnachrichten im Fernsehen, um zu sehen, wie Wetter, Streiks, Börsenkurse oder andere weltweite Ereignisse sich in das Leben ihren Familienmitgliedern einmischen. Am nächsten Tag besprechen sie das mit den Nachbarinnen und warten gespannt auf den nächsten Telefonanruf. Sie spüren, dass irgendwie alles mit allem zusammenhängt und kein Ereignis für sich allein steht, viel mehr sogar altbekannte Horizonte für Arbeits-, Lebens- und Glückssuche in Bewegung geraten sind und ständig neu definiert werden.
Die Tendenz der Entgrenzung und Pluralisierung von kulturellen Zusammenhängen und individuellen Lebensentwürfen ist das markanteste Zeichen von Kultur in der heutigen Zeit. Diese Feststellung scheint plausibel, und darüber lässt sich kaum ernsthaft streiten. Die Frage, die gestellt werden soll ist aber, welche Begriffe, Konzepte und Methoden wir in der Kulturwissenschaft haben, um diese Prozesse analytisch schlüssig beobachten und beschreiben zu können? Wie können wir die Bewegungen und Zusammenführungen plausibel beschreiben, ohne wichtige Erfahrungen, Sensibilitäten und Kompetenzen, die mit so einem Leben zusammenhängen, zu ignorieren? Oft reichen hier die traditionellen Vorstellungen und Begriffe von Kultur nicht aus. Besonders jene Vorstellungen, in denen die nationale, ethnische oder regionale Kultur als ein homogenes, eigenständiges und stabiles Gebilde gedacht wird. Beispiele für so eine Denkart sind alltäglich in bestimmten Kreisen, in der Presse oder
auch bei politischen Diskussionen zu finden. In einer umfassenden Untersuchung, die ich zu der Frage realisiert habe — wie in der deutschsprachigen Presse über kulturelle Andersheit in der Zeit von 1994 bis 2000 geschrieben wird — konnte ich dies deutlich zeigen [1]. Meine späteren Forschungen haben weitere Belege für das „Reinheitsdenken" gesammelt und auch die Notwendigkeit von anderen Denkfiguren immer wieder herausgearbeitet.
Bild 1, Fußballtrikots zweier deutscher Nationalspieler, 20172
2 Vgl.: https://www.visitberlin.de/de/event/kulturkontakte-leben-europa.
Die Überlegungen über den Bedarf an neuen Kulturkonzepten und Forschungsmethoden haben sicherlich einen allgemeinen theoretischen Charakter, sind aber zugleich Resultat meiner eigener Biographie und wissenschaftlichen Arbeit „in der Fremde". Es ist meine eigene Migrationsgeschichte und sehr widerspruchsvolle Fremdheitserfahrungen
- konkret als eine in Deutschland lebende Frau aus Bulgarien, die bedeutsam hierfür ist. Denn Migrationserfahrungen sind spezifische Erfahrungen, sie beinhalten ein breites Spektrum von alltäglichen Missverständnissen, dann aber auch Missachtungen und Verunsicherungen, tiefgreifende Ängste und weitreichende Zweifeln — kaum fester Boden, sondern gleitender Sand unter den Füßen. Zu den Migrationserfahrungen gehört aber auch eine neue Weisheit, die Weisheit des Ungewissen: das Gefühl ein Lebenskünstler zu sein, die große Freiheit und auch Freude, manchmal jedoch als Zwang erfahrbar, doch immer spürbar was es bedeutet, ein eigenes Leben zu haben. In der Migration zu leben bedeutet, sich ständig neu zu erfinden
— und zwar nicht nur im Denken, sondern auch im Handeln. Das alles ist in meiner wissenschaftlichen Arbeit miteingeflossen. Doch für meine konzeptionellen Überlegungen spielt sicherlich noch ein anderer Spagat eine wesentliche Rolle: der fortwährende Spagat zwischen Philosophin resp. Kulturwissenschaftlerin sein und Mutter sein. Was das konkret im Leben bedeutet, wie sich das in der Forschungstätigkeit, aber auch im dichten Beziehungskomplex zu den Kindern, zum Sohn wie zur Tochter immerwährend und immer neu zeigt, das ist ein schlüssiger Aspekt, worüber es sich lohnen würde noch mehr zu reflektieren.
Zudem befand sich mein Forschungsfeld über mehreren Jahren in der Lausitz, also im östlichen Teil von Deutschland, in einer Region, wo die Sorben als slawische Minderheit in Deutschland leben und wo die Grenze zu Polen und Tschechien ganz nah ist. Ebenso nah wie auch eine andere Art von Grenze und Grenzüberschreitung, die wir als politische Wende oder Post-Sozialismus kennen. Es sind die alltäglichen Brüche, Unsicherheiten, gegenseitige Anfeindungen, aber auch diverse neue Solidaritäten, die mich im Prozess der Entwicklung meines Kulturkonzeptes und der Forschungsmethoden begleiten. Die konkrete Forschungsarbeit
im Feld selbst gibt mir Argumente in der gleichen Richtung. So z.B. bei einer umfangreichen empirischen Forschung über sorbische Kultur und Identität, die ich mit Studierenden der Universität Bremen in der Zeit von 1998 bis 2003 durchführte. Bei der Untersuchung von Jugendlichen am Sorbischen Gymnasium in Bautzen wurde folgendes Fazit gezogen: „Letztendlich gewannen wir im Zuge unserer Untersuchungen den Eindruck einer deutlichen Diskrepanz zwischen dem, was von offizieller Seite unter sorbischer Kultur verstanden und besonders im Rahmen von Traditionspflege, Folklorisierung und Sprachpflege hervorgehoben wird, und dem tatsächlichen Alltagsleben der Menschen in dieser Region." [1, S.169]
Das Konzept der Hybridisierung ist als eine Antwort auf diese Diskrepanzen zu verstehen. Es wurde entwickelt, um die Prozesse der Entgrenzung, Vermischung und Neukonfigurierung von kulturellen Zusammenhängen und individuellen Lebensentwürfen besser beobachten und analysieren zu können. Es wurde entwickelt, um nah am Leben zu bleiben und dennoch daran nicht zu zerbrechen, vielleicht auch, um die Weisheit des Ungewissen besser aushalten zu können und dabei auch eine neue Zuversicht stringent zu machen.
HYBRIDISIERUNG ALS BEGRIFF UND KONZEPTION
Nun will ich kurz meine Hybriditäts-Konzeption vorstellen: Das Wort Hybridität oder Hybridisierung bedeutet in der Alltagssprache Vermischung. Das ist aber sehr vage und kann zu Missverständnissen führen. Ich würde den Akzent etwas anders setzen. Für mich thematisiert das Wort Hybridisierung als analytischer Begriff die Zusammenführung zweier verschiedener, durch die historische Zeit oder durch die soziale Differenzierung getrennter kultureller Phänomene. In diesem Sinne verstehe ich Hybridisierung als eine Art Hegelsche Aufhebung von These und Antithese in der Synthese, ohne jedoch die Synthese (wie in Hegels Konzept) als Harmonie oder Versöhnung der Gegensätze zu fassen, auch ohne hier etwas Stabiles, Dauerhaftes oder Unveränderbares zu imaginieren. Synthese wird jetzt als dynamischer und widerspruchsvoller
Prozess verstanden. Zudem kann die Zusammenführung auch nur einen Augenblick dauern, situativ sein oder zweckbezogen. Somit besagt der Begriff Hybridisierung nicht, dass die Differenzen zwischen den Kulturen verschwinden — was irrtümlicherweise oft unterstellt wird, — sondern dass die Grenzen durchlässig sind und dass neue Konfigurationen möglich sind. Hybridisierung bedeutet Inklusion. Ein Dialog kann entstehen, oder — verschiedene kulturelle Energien können zusammen wirken. Dabei geht es gerade nicht um einen „Einheitsbrei", wie es den Vertretern des „Melting pot" vorschwebte, sondern um die offene Anerkennung von Differenz. Bei dem Hybriditätsbegriff wird die absolute Gegenüberstellung und gegenseitige Ausschließung des Differenten in Frage gestellt. Die zentrale konzeptionelle, philosophische Überlegung, die hinter dieser Begrifflichkeit steht, ist die Relativierung und Überwindung der dualistischen Denkweise.
Bild 2, Grafite an einer Schulgebäude in Sofia, 2008, Foto aus der Archiv der Autorin
Somit kann meiner Ansicht nach mit dem Terminus Hybridisierung erst dann stringent gearbeitet werden, wenn es in der Forschung um solche Phänomenen geht, die in gewisser Hinsicht getrennt waren, bzw. die Unterschiede aufweisen. Denn erst dann kann sinnvoll über eine Zusammenführung gesprochen werden. Demnach markiert der Begriff Hybridisierung als analytischer Begriff Differenzen, was auch sein erstes Spezifikum darstellt. Diese Differenzen können unterschiedlicher Art sein. Sie können Aufteilungen nach sozialen Kategorien oder sozialen Systemen wie Ethnos, Geschlecht, Alter, Beruf, Besitz etc. meinen. Der Begriff thematisiert ebenso Ausdifferenzierungen innerhalb dieser sozialen Kategorien. Nach der Art der Differenzen kann eine Typologie der Hybridisierung erarbeitet werden.
Der Begriff Hybridisierung besagt zugleich etwas über die Beziehung von diesen disparaten Elementen, d.h. der Begriff fokussiert ausdrücklich auf die Beziehung, auf das Aufeinandertreffen des zuvor Geschiedenen. Das ist m. E. sein zweites Spezifikum. Auch nach der Art und Weise der Beziehung können unterschiedliche Typen von hybriden Räumen und Ereignissen formuliert werden. Eine wichtige Unterscheidung einzelner hybrider Phänomene ergibt sich, wenn wir die Frage nach den Machtverhältnissen stellen. Idealtypisch ist Hybridisierung als Begegnung und Austausch zwischen Gleichberechtigten zu verstehen, in der Realität zeigt sich jedoch oft das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Machtverhältnisse. Es ist z. B. ein kulturelles Phänomen der Zusammenführung, wenn der Opernsänger Luciano Pavarotti mit Freunden aus der Pop- und Rockszene auftritt und somit die kulturellen Welten von Klassischen- und von Rockmusik vereinigt. Die gleiche Macht-symmetrie haben wir auch wenn Goran Bregovic zusammen mit Gleichgesinnten wie mit Sezen Aksu (aus der Türkei) und Kayah (aus Polen) singt. Es ist ein ganz anderes Phänomen, wenn der McDonalds-Laden andere Lokale aus dem Straßenbild am „Plostad Slaweikow" in Sofia vertreibt oder wenn auf bulgarischen Hochzeiten Roma-Musikanten auftreten, sie aber nicht auf der Entscheidungsebenen der Kultur gleichberechtigt mitwirken können. Hier können wir deutliche
Macht-asymmetrien feststellen. Wir dürfen in unseren Forschungen nicht verschweigen, dass es bei einigen Hybridisierungsprozessen oft zu einer Ausbeutung oder Kolonisation von Kulturkräften und Lebenswelten kommt.
Die Frage nach der Verteilung von Macht und der Asymmetrie der Macht — wobei die Frage auf der ökonomischen, politischen oder auch symbolischen Ebene gestellt werden soll — ist eine zentrale Frage bei der Erforschung von Hybriditätsprozessen. Dies muss in der Kulturforschung besonders beachtet werden, denn das Verschweigen der realen Machtverhältnisse in einer Gemeinschaft entzieht der Forschung jegliche soziale Schärfe und macht den Hybriditäts-Begriff sinnlos. Somit geht es bei der Untersuchung von Hybriditätsphänomenen nicht immer um Geschichten des fröhlichen Miteinanders, es handelt sich oft um leidvolle Erfahrungen. Das aktuelle Leben zeigt ein kontroverses Feld, wo es sowohl Gewinner als auch Verlierer in der neuen globalen Zeit gibt. Das ist, worüber wir zu forschen haben.
Schließlich — und das ist m. E. das dritte Spezifikum des Begriffs HybridisierungalsanalytischerBegriff — verschiebterdieAufmerksamkeit von den Objekten hin zu den Prozessen und deren Bedingungen. Es ist das Prozesshafte von Kultur, das Dynamische, somit auch Handlungsund Kontextbezogene, was hier herausgearbeitet wird. Zudem stellt sich die Frage nach den Akteuren und nach den Verhandlungsprozessen, die immer in einem konkreten sozialen und historischen Raum agieren.
So gesehen, kann mit dem Terminus hybrid oder besser Hybridisierung evident einerseits über Konstruktion, andererseits über Überschreitung von Grenzen nachgedacht werden. Mit dieser Begrifflichkeit können auch Trends wie die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen oder das lebenslange Basteln an der eigenen Biographie studiert werden. Multikulturelle Städte, neue Medien und Künste, Migrationsgesellschaften und globale Vernetzungen, die Vermischung von geschlechtertypischen Mustern und Rollen oder die Platzverschiebungen in der Jugend- und Alterskultur können so zur Diskussion gestellt werden. Zugleich ist es das Individuum und sein Handeln, was in der Forschung hier von zentralem
Interesse ist, gleichzeitig aber auch die sozialen Bedingungen, unter denen die unterschiedlichen kulturellen und künstlerischen Praxen geformt werden. So gesehen ist das eine kulturwissenschaftliche Beobachtungsperspektive, die eine Option bietet, unser gegenwärtiges Leben besser zu verstehen.
In den Sozial- und Kulturwissenschaften wurden in den letzten Jahren in zahlreichen Debatten starke Argumente für diese Beobachtungsperspektive geliefert. Dazu gehören die Durchsetzung einer konstruktivistischen Auffassung von Kultur, die Systemtheorie, die Globalisierungsdebatte, sehr wichtig ist auch der postkoloniale Diskurs sowie die neuen Minderheiten- und Genderstudien. In dieser Debatte sind schlüssige Fachtermini geprägt worden, wie „The World in Creolisation" [2], „Fremde sind wir uns selbst" [3], „Leben im Transit" [4] „Welt in Stücken" [5], „der dritte Raum", „Zwischenraum" [6], „Transkulturalität" [7], „Bricolage" [8], „Melange" [9], „Heterogenität" [10], „Synkretismus" [11], „Hybridisierung" [12; 13] — um nur einige anzuführen. Diverse Autoren greifen in ihren Überlegungen Ideen von Michail Bachtin auf, welcher mit seiner Theorie hier eine Vorreiterrolle hat.
Bei allen Unterschieden in den Denkfiguren der einzelnen Autoren — was hier im Einzelnen nicht dargelegt werden kann — das Gemeinsame ist, dass sie sich mit den alten Homogenitätsprämissen auseinander setzen, so dass sie an der Frage der Querverbindungen auf dem Feld der Kultur arbeiten. Es ist „das Zwischen den Kulturen" was jetzt gezielt ins Zentrum der Forschungsinteressen gerückt und als „der dritte Raum" genannt wird [14]. Bei jenen Autoren und Konzepten geht es vor allem darum, sich von dem alten Traum von Reinheit zu verabschieden. Das ist sehr wichtig zu verstehen, sonst wird der grundlegende analytische Pathos und die politische Intention des Konzeptes nicht verstanden. So formuliert es z. B. Edward Said: „Meine These ist, dass nur die zweite Perspektive für die Realität der historischen Erfahrung voll empfänglich ist. Alle Kulturen sind, zum Teil aufgrund ihres Herrschaftscharakters, ineinander verstrickt; keine ist vereinzelt und rein, alle sind hybrid, heterogen, hochdifferenziert und nichtmonolithisch." [15, S. 30]. Welche
politische und praktische Relevanz der implizierte Anti-Essentialismus des Hybriditäts-Konzepts hat, zeigte Edward Said, als er gemeinsam mit dem Dirigenten und Pianisten Daniel Barenboim das „West-Eastern Divan Orchestra" gründete. In dem Orchester spielen junge Musiker aus sonst verfeindeten Regionen wie Israel, Palästina, Libanon, Jordan, Tunis und USA zusammen und schaffen in vielerlei Hinsicht hybride Räume. In einem Film über das Projekt und das Konzept in Ram Allah im August 2005 wird deutlich gezeigt, wie so eine Zusammenführung funktioniert und wie „der dritte Raum" entsteht. Das Projekt des hybriden Orchesters wurde in den Jahren danach zu einer nachhaltigen und prominenten kulturellen Initiative entwickelt. So übertrug der deutsche Fernsehsender 3sat am 18. 08. 2018 das Konzert des Orchesters aus dem Großen Festspielhaus der Salzburger Festspiele. „Daniel Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra. Das West-Eastern Divan Orchestra ist eine real gewordene Utopie. Das israelisch-palästinensische Orchester beweist jeden Tag, dass Frieden im Nahen Osten möglich ist."3 — so heißt es in der Programmankündigung des Fernsehsenders.
3sat
Bild 3, Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra, Konzert, Festspiele, Salzburg 2018, Archiv 3sat
3 Vgl.: http://www.3sat.de/mediathek/index.php?datum=20180818&cx=163 (23.08.2018).
SYNKRETISMUS — EINZELKULTUREN — HYBRIDITÄT
Die kulturellen Prozesse der Hybridität sind auf das Engste mit den Komplexen und weltweit beobachteten Prozessen der Globalisierung verbunden. Ich will hier nicht auf den inzwischen ins Unüberschaubare ausgeuferten Diskurs der Globalität eingehen, doch was unsere Problematik betrifft, kann meines Erachtens Hybridisierung als das kulturelle Pendant zu Globalisierung verstanden werden. „Globalisation als Hybridisation" — so lautet der Titel eines Aufsatzes des bekannten Experten auf dem Gebiet der Globalisierungstheorien Jan Nederveen Pieterse [16, P.302]. Eine andere Frage betrifft die Genese der Hybridität
— als kulturelles Phänomen und als Beobachtungsperspektive. Diese Frage ist bis jetzt kaum untersucht worden und es würde sich m. E. lohnen, dies in weiteren Studien — zusammen mit den Kunsthistorikern und Medienwissenschaftler — differenziert zu verfolgen. Das, was ich bereits jetzt sagen kann ist, dass der Begriff Hybridisierung in die kulturwissenschaftlichen Debatte eingeführt wird, um dem Begriff von einer reinen Kultur entgegenzuwirken und die Einschränkungen, die mit der essentialistischen Vorstellung von Kultur verbunden sind, zu überwinden. Somit geht es nicht darum, dass es vorher keinen Kontakt, Vermischungen bzw. Austausch auf dem kulturellen Gebiet gegeben hat,
— Belege dafür können wir immer und überall in der Geschichte der Kulturen finden — sondern darum, dass in der Vergangenheit ein Begriff (Konzept) von Kultur entwickelt wurde, der auf Reinheit, Autonomie und Substanz setzte. Und dass diese Vorstellung von Kultur immer noch nicht nur in den Köpfen von einigen Leuten verankert ist, sondern auch in einigen Strukturen der Gemeinschaft weiter getragen wird. Dies zeigt sich, wenn wir z. B. analysieren, was in den Lehrplänen an den allgemeinen Schulen über Minderheitenkulturen gelehrt wird, welche Lieder im Musikunterricht vermittelt werden oder wie die Sammlungen in den ethnographischen Museen aufgebaut sind.
Beispielhaft für die Entwicklung dieses homogenisierenden Konzepts sind einige Ideen von Johann Gottfried Herder (1744-1803). Für dieses Konzept sind besonders drei Momente schlüssig: Erstens
solle eine Kultur das Leben des betreffenden Volkes im ganzen wie im einzelnen prägen und jede Handlung und jedes Objekt zu einem unverwechselbaren Bestandteil gerade dieser Kultur machen. Das Konzept ist stark homogenisierend. Zweitens solle Kultur immer Kultur eines Volkes sein. Sie stelle „die Blüte" des Daseins eines Volkes dar. Das Konzept ist volksgebunden. Drittens ergibt sich daraus eine entschiedene Absetzung nach außen: Jede Kultur solle, als Kultur eines Volkes, von den Kulturen anderer Völker spezifisch unterschieden und abgegrenzt sein. Das Konzept ist differenzorientiert, aber separatistisch [7, S. 68].
Das, was wir bei Herder finden, steht für die konzeptionellen Bemühungen jener Zeit. Historisch gesehen war dies ein wesentlicher Schritt zur Entwicklung der societe civile: Es ging um die Überwindung des mittelalterlichen Universalismus und um eine neue Wertschätzung der Differenz der Kulturen.
Etwas vereinfachend ausgedrückt sehe ich die Genese der Kultur und besonders auch die Genese der Beobachtungsperspektive, also der Konzepte über Kultur in Europa in drei Schritten oder drei großen Modellen:
1. Synkretismus (Unausdifferenzierung)
2. Einzelkultur (Ausdifferenzierung, Reinheit, Dualismus)
3. Hybridisierungen (Zusammenführung, Differenz und Similarität)
Damit wir die heutigen Diskussionen auf dem Gebiet der Kultur besser verstehen können, scheint mir lohnenswert, die Entstehung des Modells der Einzelkulturen zu beleuchten. Politisch war das die Zeit der Bildung der Nationalstaaten in Europa. Wirtschaftlich war das die Zeit, in der die Marktwirtschaft die feudalen Strukturen ablöste. Die Vorstellung von Kultur, der Anspruch, was Kultur ist oder sein sollte, war eingebettet in den umfassenden Prozess der „Erfindung der Nation" oder „Konstruktion der Geschichte" [17; 18].
Der Prozess der Herausbildung der Nation — der ein wesentlicher Schritt bei der Entwicklung der modernen Gesellschaft in Europa war — verlief bekanntermaßen als Konstruktion einer Einheit nach
innen und als Distinktion nach außen. In diesem Prozess wurde das Eigene im Anderssein gesehen und theoretisch verankert. Strategien der Abgrenzung der einen Gruppe von der anderen Gruppe waren da nur folgerichtig. Für das „so" und „anders als die Anderen" wurden dann Kriterien, Symbole und Stützen gesucht. Unterschiede in den Sprachen, in der Folklore, in den Traditionen, Religionen u. a. eigneten sich besonders gut, um solche Gegenüberstellungen zu konstruieren und Grenzen zu festigen, sie sollten aber vor allem nach innen nationale Einheit produzieren. Ich nenne nur stichpunktartig einige Aspekte dieser Entwicklung: der Prozess oder Abschluss der Entwicklung einer einheitlichen Schriftsprache, die Codifizierung nationaler Traditionen und einer entsprechenden Geschichtsschreibung, die Einführung eines einheitlichen Bildungssystems. Alles dies mündete schließlich in der später auch bürokratisch verfestigten Vorstellung von einheitlichen Nationalkulturen.
Ich will es deutlich sagen: In diesem sozialen, ökonomischen und politischen Prozess gewannen jene Teile der Kultur an Bedeutung, die Unterschiede von Nachbarn erlaubten, wo sich Grenzen artikulierten, wo also Selektionen nach dem, wie ich es nenne, Entweder-OderModell machbar wurden. Jene Teile der Kultur, die eher Ähnlichkeiten über nationale Grenzen hinweg ausdrückten, waren für diesen Prozess kaum relevant, ja sie waren vielmehr kontrovers und störend. Deshalb wurden entsprechende kulturelle Erfahrungen oder Symbole in der Theorie wie in der kulturellen Praxis marginalisiert, als zufällig und nebensächlich postuliert oder ganz geleugnet. Das betrifft solche Ereignisse wie gleiche Musiktraditionen z. B. auf der einen und anderen Seite der deutsch-polnischen Grenze; auch gleiche kulinarische Gerichte oder auch Ähnlichkeiten in der Bauweise. Solche Similarität über die nationalen Grenzen hinweg wurden kaum untersucht, sie wurden nicht für das Modell der nationalen Kultur herangezogen. Auch alles was Differenzen im Inneren der Nation ausdrückte (z. B. Bretonen-Musik in Frankreich, Sorbische oder Roma Musik in Deutschland) war für diese Konstruktion störend, deshalb wurden solche Phänomene marginalisiert.
Die Kategorien Andersheit, Alterität und Ausgrenzung wurden in diesem Prozess der Konstruktion der Nation zentral. Sie führten zu der symbolischen Schaffung eines konstitutiven Draußen. Minderheiten wie die Sorben, die Juden oder die Roma in Deutschland bekamen diesen Platz zugewiesen.
In diesem sozialen Konstruktionsprozess wurde die Denkfigur der Ethnie eingeführt. Die Entstehung und Etablierung solcher Wissenschaftsdisziplinen wie Volkskunde und Ethnologie (mit entsprechenden Lehrstühlen, Zeitschriften, Museen) ist eng damit verbunden. So schreibt z. B. Friedrich Ludwig Jahn — einer der Väter der neuen Disziplin „deutsche Volkstumskunde" in seiner Schrift „Deutsches Volkstum" von 1813 „Je reiner ein Volk, desto besser, je vermischter, je bandenmäßiger" [19, S. 26]. Und Eduard Hoffmann-Krayer formuliert die Grundbestimmungen des Faches in seinem Vortrag von 1902 „Die Volkskunde als Wissenschaft": „Die stammheitliche Volkskunde sucht die primitiven Anschauungen und volkstümlichen Überlieferungen einer zusammengehörigen Gruppe, einer Gemeinschaft darzustellen. (...) Wesentlich ist hier nur die Verwandtschaft" [20, S. 17].
Ich kann hier nicht weiter darauf eingehen, doch will ich zwei Punkte unterstreichen. Erstens: Bei dieser Konzeption werden die Begriffe Kultur, Ethnie, Volk, Nation, Staat, individuelle Kultur nicht weiter ausdifferenziert, sondern sie werden gewissermaßen deckungsgleich gesetzt. Denn dieser paradoxe Prozess „of constructed primordialism", wie ihn Arjun Appadurai nennt, baut kulturell (oder ethnisch) auf folgende Grundprämisse: Homogenität nach Innen und Abgrenzung nach Außen. So ist die eigene Kultur, Ethnie, Volk, Nation, Staat und Individuum — gleichsam „innen", alles eigen. Und die fremde Kultur, Ethnie, Volk, Nation, Staat und individuelle Kultur — gleichsam fremd, und somit alles fremd. Zweitens: Dieses Denkmodell ist dualistisch aufgebaut: das Fremde ist das, was das Eigene nicht ist. Dabei ist es wichtig hervorzuheben, dass diese dichotome Optik, dieses Entweder-Oder-Denkmodell von Ethnizität im Zusammenhang mit anderen Dualismen steht: sie entstehen zusammen, stützen sich gegenseitig,
geben sich gegenseitig Kraft, ja sie sind Teile eines historischen Prozesses. Solche Dualismen sind: beispielweise Rationalität vs. Emotionalität, Geist vs. Körper, Gut vs. Böse, ebenso wie Rein vs. Vermischt, Männlich vs. Weiblich, Bildung vs. Unterhaltung, Kunst vs. Prosa E-Kunst vs. U-Kunst usw. Dabei wurde nur die eine Seite dieser Dichotomien positiv besetzt, und hier heißt positiv rein, authentisch, ursprünglich: reine Kunst, reiner Geist, reines Volk; oder auch authentische Sitten, Bräuche, Trachten, Lieder, ungebrochene Traditionen. Das ist das Vokabular des homogenisierenden Kulturbegriffs.
Um die Denkfigur der Homogenität am Leben zu halten, wurden selektive Methoden in der Kulturforschung etabliert. Es wurde nach Reinheiten gesucht und Reinheiten wurden dann auch gefunden. Die selektiven Methoden waren zuerst in romantische Denk-Konzepte und humanistische Visionen, später aber auch in restriktive politische Strukturen eingebaut. So gründen sich auf dieses Denkmuster auch die Verfassungslehre und die Staatsbildungspraxis, ja die Vorstellung von Demokratie, wie sie in Deutschland maßgeblich von Carl Schmitt zu Anfang des 20. Jahrhunderts konzipiert wurde. Er formuliert es wie folgt: „Jede wirkliche Demokratie beruht darauf, dass nicht nur Gleiches gleich, sondern mit unvermeidlicher Konsequenz, das Nichtgleiche nicht gleich behandelt wird. Zur Demokratie gehört also notwendig erstens Homogenität und zweitens — nötigenfalls — die Ausscheidung oder Vernichtung des Heterogene" [21, S. 13 f.].
Was die Rolle der einzelnen Genres der Kunst im Prozess der Durchsetzung der Vorstellung dieser Einzelkulturen (reine oder nationale Kultur) betrifft, soübernehmenbesonders der Roman sowie die Zeitungen, hier eine Vorreiterrolle. Sie haben jenen Wandel in den grundlegenden sozialen Wahrnehmungsformen von Raum und Zeit ermöglicht, innerhalb dessen sich das Nationen-Konzept ansiedeln konnte: die Vorstellung eines sozialen Organismus, einer festen Gemeinschaft, die lineal und eingleisig durch die Zeit fortschreitet. Wie z. B. der Dualismus Eigen -Fremd im englischsprachigen Roman bzgl. der Abgrenzung zum Orient konstruiert und ins Zentrum der britischen Identität gerückt wurde —
das hat Eduard Said in seinen Werken „Orientalismus" (1981) und „Kultur und Imperialismus" (1994) ausführlich beschrieben.
Zusammen mit dem Roman und den Printmedien wurden die Bildung und das Bildungsbürgertum zu zentralen Bewegungskräften der nationalen Moderne. In einer aufschlussreichen Untersuchung der Entwicklung der „deutschen Bildungsidee" beschreibt Aleida Assmann diesen Prozess: „Die Legierung von Bildung, Bürgertum und Besitz schuf eine neue soziale Formation. Nachdem Schulzwang und Militärpflicht das ihre zur Homogenisierung der Bevölkerung beigetragen hatten, musste Bildung als sozialer Kitt für die unterschiedlichen bürgerlichen Gruppierungen herhalten. Finanz- und Wirtschaftsbürgertum, akademisches und Kleinbürgertum trafen sich unter dem gemeinsamen Dach der Bildung. Durch Bildung identifizierten sich die heterogenen einzelnen als Mitglieder der staatstragenden Schicht" [22, S. 65].
Das Hybriditätskonzept stellt diese Grundsatzprämissen der Reinheit in Frage und entwickelt ein, wie ich es nenne, Entweder-Und-Oder-Modell von kultureller Differenz. Zentral für diese Denkweise ist der Versuch, das Besondere und das Universelle zu betrachten, Differenz und Similarität zusammenzubringen. In diesem Sinne knüpft dieses dritte Modell an das erste Modell des Synkretismus an (z. B. antiker Kunstsynkretismus, mittelalterlicher Universalismus), beachtet aber die historische Ausdifferenzierung in Europa (Künste, Religionen, Nationen — samt ihren Institutionen) und thematisiert die Synthese auf einer neuen Ebene. Sicherlich, wir könnten die aktuellen Prozesse in der Kultur auch mit anderen Begriffen beschreiben. Es gibt keine „falschen" oder „richtigen" Begriffe. Dennoch, wenn wir einen Begriff verwenden und nicht einen anderen, so ordnen wir uns in den einen oder in einen anderen Diskurs ein. Wenn wir Hybridisierung sagen, so denken wir den Prozess der Genese mit: Wir beachten die historische Entwicklung angefangen von der synkretischen, unausdifferenzierten Formen der Kultur oder der Künste (z. B. Synkrese zwischen Musik und Feldarbeit, oder zwischen musikalischen und darstellenden Elementen). Gehen dann über die Ausdifferenzierung der einzelnen Künste bzw. nationalen Kulturen,
Religionen etc., wie wir das aus der Zeit der nationalen Moderne wissen (in der Soziologie wird der Termine „erste Moderne" genützt). Von hier aus geht es zu den aktuellen Zusammenführungen auf dem Gebiet von Kunst und Kultur (in der Soziologie wird diesbezüglich mit den Begriffen
„Postmoderne", „zweite" bzw. „globale Moderne" gearbeitet).
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Bild 4, Farblithographie von Maja Nagel, „gebärde" (empfangend), 1993
GRUNDKOORDINATE DES HYBRIDITÄTSPARADIGMAS In der Zeit der „globalen Moderne" (ich arbeite mit diesem Begriff — im Unterschied zu der sogenannten „nationalen Moderne") lässt sich das Paradigma der homogenen Einzelkultur schwer halten. Denn Globalisierung meint eben — globale Zirkulation von Waren, Dienstleistungen, Zeichen und Informationen, Mobilität von Menschen, Virtualität von Welten, allgegenwärtige Präsenz von elektronischen Medien. An der Stelle der alten Gewissheiten — was immer das sein mag — brechen diverse Unsicherheiten, Ambivalenzen, Entweder-Und-Oder-Konstellationen hervor. Immer mehr hängt alles mit allem zusammen. Unsere Zeit ist die Zeit des „Und". Es bilden sich nicht nur weltweite
Netzwerke, sondern die lokalen und personalen Erfahrungshorizonte werden aufgebrochen. Das eigene Leben wird mehr und mehr verändert durch Ereignisse, die auf der anderen Seite der Erde geschehen. Umgekehrt haben lokale Lebensstile weltweite Auswirkungen, finden weltweite Verbreitung. Dabei ist zu beachten, dass Globalisierung und Lokalisierung zwei Seiten eines Prozesses sind. Es bilden sich neuartige Macht- und Konkurrenzverhältnisse, Konflikte und Überschneidungen zwischen nationalstaatlichen Einheiten und Akteuren einerseits, transnationalen Akteuren, Identitäten, sozialen Räumen, Lagen und Prozessen andererseits.
Für die Entwicklung eines neuen Kulturverständnisses, die der Pluralisierung und der Entgrenzung von kulturellen Zusammenhängen und individuellen Lebensentwürfen Rechnung trägt, haben m. E. drei Phänomene modellhaften Charakter. Sie sind sowohl treibende Kraft der neuen Kulturprozesse, stellen aber auch Grundkoordinate des Hybriditätsparadigmas dar und haben so eine avantgarde Bedeutung für die Theorie und für die Praxis.
1. MUSIK
So wie in der Zeit der nationalen Moderne der Roman und die Schriftkultur den Geist der Zeit wesentlich entsprachen und entschieden mitgestalteten, ja mitkonstruierten, so ist es heute die Musik, die die Vorreiterrolle übernimmt. Mit den Jugendrevolten der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts trug die angloamerikanische Popkultur und besonders die Popmusik als Medium des jugendlichen Ausdrucks ein neues Lebensgefühl über die ganze Welt und schuf so eine neue Gemeinschaft. Das Verbale, was in der schöngeistig Literatur als eine Ausgrenzung fungieren kann, spielt bei der Popmusik eine sekundäre Rolle, so dass hier leichter Solidaritäten und Gemeinsamkeiten über die nationalen resp. sprachlichen Grenzen hinweg erfahren — gelebt, getanzt, gesungen werden konnten. Heutzutage zeigt sich auch ein neuer Boom auf der Ebene der Folk-Musik, so dass Regionen, Interessen und Zugehörigkeiten neu konfiguriert werden. Ethno-Pop und Welt-Musik,
Tschalga und Brass-Orchester oder auch Festivals wie Balkan Fever in Wien liefern interessantes Material für das Studium unserer Problematik. Und selbst die klassische Musik ist in diesen Trend miteinbezogen, so dass alte Trennungen zwischen „ernster" und „unterhaltender" Musik relativiert werden und Virtuosen wie Nigel Kennedy auf allen Arten von Bühnen spielen können.
2. MINDERHEITEN
Die soziale Gruppe, wo Prozesse der Hybridisierung sich am markantesten zeigen, ist die Gruppe der Minderheiten. Sie sind die wahren Vorreiter des neuen Paradigmas, denn ihr kulturelles Leben lässt sich gar nicht mit den alten Begriffen und Vorstellungen von Kultur fassen. Das betrifft sowohl die kulturellen Erfahrungen der „alten Minderheiten" — wie die Sorben in Deutschland oder der Roma in Bulgarien, als auch die der „neuen Minderheiten" — wie Einwanderer aus der Türkei in Deutschland oder aus Ex-Jugoslawien in Österreich. Das Besondere bei den Minderheiten ist, dass sie mehr als einsprachig sind. So z. B. sprechen die Sorben in Deutschland Sorbisch und Deutsch. Aber es geht nicht nur um die Sprache. Sie vereinen in ihrem Alltag disparate Elemente, bewegen sich zwischen kulturellen Äußerungen der Mehrheitsgesellschaft und der eigenen Minderheitenkultur. Wir können dies als Leben im Spagat bezeichnen. Diese Leute führen unentwegt ein mehrfaches Leben. Die mehrfache Perspektivität — d. h. die Möglichkeit ein Problem aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus zu betrachten, somit auch mit unterschiedlichen „kulturellen Softwareprogrammen" an dem Problem zu arbeiten — gehört hier zum Alltag. Zudem gibt es reiche Erfahrungen damit, was es bedeutet Anders zu sein und doch in einer Gemeinschaft mit Andersseienden zu leben. Vergleichbares gilt auch für Migranten. Sie bewegen sich nicht nur von einem Ort zu einem anderen, sondern entwickeln auch eine doppelte, ja mehrfache Perspektivität. Sie lernen Sprachen und Verhaltensweisen, sammeln Kenntnisse und Erfahrungen, erleben Zuschreibungen und Zuordnungen, bewegen sich in mehreren Berufs- und Freundeskreisen, nehmen teil an verschiedenen
Wirklichkeiten. So entwickeln sie ihre spezifische Stereosicht. Wenn wir etwas über diese Lebensweisen und Strategien der Lebensbewältigung studieren und verstehen wollen, so reichen hier die traditionellen Vorstellungen und Konzepte von einer homogenen bzw. statischen Kultur nicht aus. Denn das Besondere an einer Migration ist nicht nur, dass der Mensch sich von einem Ort zu einem anderen bewegt, sondern, dass er in seinem Leben diese verschiedenen Orte — und was alles dazu gehört — vereinigt. Und diese Erfahrung — Unterschiedliches zu vereinen, Brüche auszuhalten und mit Bruchstücken das eigene Leben zu gestalten — wird immer mehr zur Grunderfahrung für alle Leute in der Zeit der globalen Moderne.
3. AUDIO-VISUELLE MEDIEN
Die audio-visuellen Medien wie Fernsehen und Internet sind eng mit diesen kulturellen Prozessen verbunden. Die audio-visuellen Medien spiegeln Wirklichkeiten nicht einfach wieder, sondern sie organisieren unsere Vorstellung von Welt und Wirklichkeit, sie schaffen buchstäblich neue Welten. „Mit dem Fernsehen öffnet sich kein Fenster zur Welt, sondern ein Fenster zu unserer Kultur." — auf diese prägnante Formulierung hat es der bekannte deutschsprachige Philosoph und Medienforscher Siegfried J. Schmidt gebracht. [23]
Siegfried J. Schmidt, dessen Namen mit der Entwicklung der Radikalen Konstruktivismus eng verbunden ist vertritt folgende Einsicht: Wir können gar nicht anders, als Wirklichkeit zu konstruieren. Mehr noch: Das menschliche Gehirn operiert funktional autonom. Es spricht also nur seine eigene Sprache. Die daraus notwendig resultierende Konstruiertheit individueller Wirklichkeiten, so Schmidt, ist geradezu die conditio sine qua non für die Existenz des Menschen als freies, von seiner Umwelt nicht vollends determiniertes Wesen.4
Die philosophischen, aber auch die naturwissenschaftlichen Belege für die funktionale Autonomie des Subjekts, so lautet die
4 Vgl. Guido Zurstiege, In: http://blexkom.halemverlag.de/siegfried-j-schmidt (23.08.2018).
konstruktivistische Prämisse, sind geradezu überwältigend. Es kann daher kaum ein Zweifel daran bestehen, dass wir kognitiv autonom in der Welt leben und von dieser in geradezu existenzieller Weise geschieden sind. Wie aber kann es vor dem Hintergrund dieser geradezu erdrückenden geistesgeschichtlichen Beweislage sein, dass wir zugleich über so stabile operative Fiktionen verfügen wie die der Wahrheit, der Wirklichkeit, des Guten und des Schlechten? Wie kommt all dies zustande? Dies ist die zentrale Frage, um die es im Konstruktivismus geht. Nicht Willkür, nicht Lüge und nicht Erfindung sind dafür verantwortlich, so lautet das Argument. Verantwortlich sind vielmehr kollektiv geteilte, sozialisatorisch erworbene Schematisierungen und Konventionalisierungen. Kognitive Autonomie erfordert soziale Orientierung — so eine Grundthese von Schmidt [24].
In diesem Sinne wendet sich Schmidt in seiner Theorie den Medien zu. Die Medien, speziell auch das Fernsehen erfüllen eine zentrale gesellschaftliche Funktion als eben jene Instanzen, die an der Konstruktion stabiler kollektiver Wirklichkeiten zentral beteiligt sind. Die konstruktivistische Medien- und Kommunikationsforschung befasst sich nicht mit dem Verhältnis von Wahrheit und Wahrnehmung, nicht mit der Differenz von individueller Wirklichkeit und tatsächlicher Realität. Sie setzt sich angesichts der Unbeantwortbarkeit dieser Beziehungsfragen über solche Dualismen hinweg und zielt darauf ab, den Voraussetzungssystemen und den Anschließbarkeitskriterien kollektiver Wirklichkeiten auf die Schliche zu kommen. Hier Schmidt: „Mit dem Fernsehen öffnet sich kein Fenster zur Welt, sondern ein Fenster zu unserer Kultur. Fernsehen macht die Komplexität sozialer Erfahrungen überschaubar und suggeriert, auch funktional differenzierte Gesellschaften seien noch 'einheitlich beobachtbar'" [24, S. 277].
Mit dem Fernsehen werden räumliche Distanzen verflüssigt, verschiedensten kulturellen Lebenswelten werden so gleichzeitig verfügbar gemacht und in das soziale Konstrukt „unseren Welt" miteinbezogen. Mit dem Internet und den anderen neuen Informations- und Kommunikationstechnologien werden weitere
Grenzüberschreitungen ermöglicht, so dass sich eine neue Vorstellung von Raum, von Zeit wie auch von Gemeinschaft durchsetzt. Das Charakteristische dieses neuen kulturellen Prozesses ist nicht mehr der abgrenzbare Raum und nicht mehr eine lineare Vorstellung von Zeit, sondern die Netzwerke, die Vernetzungen und Web-welten.
Vieles entsteht gerade vor unseren Augen: Internetforen, wo Nähe über Entfernung hergestellt wird, second life-Portale, wo Identitäten und Lebensgeschichten ausgetauscht werden wie Kleider — spielerisch, aber nicht willkürlich, eher bedeutungsvoll, intentional. Selbst der menschliche Körper wird nun offenbar in einen Strudel von Auflösung und Neukombination hineingezogen, so dass sich neben einer Enträumlichung zugleich eine neue Wertschätzung des Körperlichen immer mehr zeigt. Das „Hier und Jetzt" gewinnt an Bedeutung. Generell lässt sich sagen, dass das eigene Leben eine neue Gewichtung bekommt.
In den Medien und den Kommunikationswissenschaften, besonders aber unter den systemtheoretischen Prämissen, die sich mit dem Namen Niklas Luhmann verbinden, wird die Frage nach Kultur und Kommunikation neu gestellt. Nach Luhmann geht jetzt die Diskussion über die Konstruiertheit von Wirklichkeit und über die Rolle der Medien als Instrument dieser Konstruktion weiter: Beispielhaft finde ich hier die Arbeiten von Siegfried J. Schmidt über „Die Zähmung des Blicks. Konstruktivismus — Empirie — Wissenschaft (1998) und „Mediengesellschaften: Systeme operativer Fiktionen?" (2000). Dort zeichnet Schmidt die Vorstellung über die Konstruiertheit unserer Wirklichkeit und die Entwicklung der wirksamsten Konstruktionsinstrumente (z. B. dem Fernsehen) und bannt so den Weg für Fragen der über den Platzt der Kulturwissenschaft in dieser Welt. Hier verweisen ich weiterhin auf die Werke von Mike Sandbothe [25; 26], der die Frage nach einer Sozialtheorie des Internets ausführlich nachgegangen ist. Auch mit Blick auf das Internet hebt Manfred Fassler in seinem Buch „Netzwerke" hervor, dass: „die Gesprächslage über Medien von der Fixierung auf das politisch-publizistische System der Meinungsbildung und Informationsverarbeitung hin zur sozial-konstitutiven Rolle der
elektronischen, programmierten Netzwerke verlegt wird". Und Volker Grassmuck geht noch einen Schritt weiter, wenn er schreibt: „Es macht Sinn, jetzt das Soziale von den Netzen her zu denken" [27, S. 239].
HYBRID-AUTO UND DREI FORSCHUNGSEBENEN FÜR DIE MUSIKWISSENSCHAFT
Die aktuelle Diskussion um Hybridität und Hybridisierung als kulturelle Phänomene ist eine sehr kompl exe Debatte. Aber es gibt auch einfache Bilder die helfen können, uns die so komplizierten und komplexen Prozesse und Fragen zu verdeutlichen. So denke ich hier an das Hybrid-Auto, was nicht nur Hybrid-Dichter wie unser anfangs erwähnter Pulitzerpreisträger Michael Chabon das Auto fährt. Ein Hybrid-Auto ist ein Auto, das sowohl mit Benzin als auch mit Elektrizität fährt. Dieses Auto hat zwei Antriebssysteme, sprich zwei Motoren. Diese zwei Motoren bringen aber ein Auto in Bewegung. Die zwei Motoren ergänzen sich, sie springen abwechselnd an, so dass das Auto besser, leichter, effizienter fahren kann. Also es geht nicht um eine Vermischung, sondern um das Doppelte, ja Mehrfache. Das ist der entscheidende Punkt für mich. Hier
5 Lithium-Ionen Akkumulator (120 Volt / 800 Wh).
Bild 5, Hybrid Auto von BMW, Werbeflyer 2014
will ich es ganz einfach sagen: Ein hybrider Mensch ist ein Mensch, der mit zwei oder mehreren Energien sein Leben führt, lebt und gestaltet. Eine hybride Gesellschaft wäre demnach jene Gesellschaft, die mit den Energien, - also mit den Erfahrungen, Sensibilitäten und Kompetenzen der differenten in ihr vorhandenen kulturellen wie sozialen Gruppen fährt. Wo alle kulturellen und sozialen Gruppen sichtbar sein dürfen, Anerkennung finden und gleichberechtigt an der Gestaltung des gemeinsamen Lebens teilhaben können. Das ist eine große, beinah utopische Vision. Doch jegliche Abgrenzungen, Monoansprüche und Reiheitsträume sind in der heutigen Zeit — besonders angesichts der neuen audio-visuellen Medien und der weltweit umspannten Vernetzungen nur mit äußerster Gewalt und nur kurzfristig zu halten.
Für die Musikwissenschaft ist m. E. das Konzept des Hybriden mindestens auf dreifacher Weise relevant:
1. Auf der Ebene der Musik: Die Musikforschung erforscht, wie die Musik selbst, die Musiker und die gesamte Musikproduktion beschaffen sind. Hier können einzelne Genres der Musik, Stile und Formen, Instrumente, Repertoire und die Musikanten selbst analysiert werden. Es ist Fakt, dass die Musikwissenschaftler auf dieser Ebene bereits viele interessante Untersuchungen realisiert und Probleme der Hybridisierung thematisiert haben. Beispielhaft finde ich die Konferenzen der ICTM Study Group Music and Minorities" in Varna und den daraus folgenden umfangreichen Band „The Human World and Musical Diversity" [28]. Auch weitere Veröffentlichungen der ICTM Study Group unter der Leitung von Ursula Hemetek [29] (Wien) haben hier neue Forschungshorizonte skizziert.
2. Auf der Ebene der Rezeptionforschung: Hier analisiert die Musikwissenschaft, wie die gegenwärtige Musik-Rezeption im Alltag der Leute verläuft. Wir können die Frage stellen, welche Art von Musik, wann und warum die Jugendlichen hören — ganz egal ob am Sorbischen Gymnasium in Bautzen, in Sofia oder Wien? Genauso verhält es sich in anderen Gruppen und Schichten.
Darüber hinaus ist die Frage zu stellen, wie sich Musik im Leben des Einzelnen — von Folkmusik über Rock und Pop bis hin zur klassischen Musik — situiert und sich einmischt. Denn Musik spielt im Leben der Jugendlichen — aber nicht nur bei ihnen — eine besondere Rolle. Wenn Jugendliche sich kennenlernen, ist eine der ersten Fragen, die sich gegenseitig stellen: „Welche Musik hörst du? Welche Bands magst du am liebsten?" Bei der Beantwortung dieser Fragen wird die Person schnell eingeschätzt und mögliche Nähe, Interessiertheit oder Distanz entschieden. Musik hat eine spezifische gruppenbildende Wirkung. Für eine zeitgemäße Kulturforschung finde ich deshalb von zentraler Bedeutung, das Soziale jetzt von der Musik her — vergleichbar wie Manfred Fassler es für die Netze es vorgeschlagen hat — neu zu definieren.
3. Auf der Ebene der Gesellschaft: Die Musikwissenschaftler können fragen, in wie weit die Musikpraktiken von Minderheiten und anderen Subkulturen bzw. Randgruppen in den etablierten Strukturen der Gesellschaft präsent sind. Wir können fragen: Ist die Musik und sind die Musiker der sorbischen, der türkischen oder der Roma-Gemeinschaft integraler Teil der Kultur in Deutschland? Wie ist der Status der „schwarzen Musik" in Großbritannien? Wie sind die Kenntnisse über diese Musik in der gesamten Gesellschaft? Ist diese Musik präsent in Schulen, in öffentlichen Medien, ist sie Bestand von Rundfunksendungen, wie wird sie im Fernsehen gezeigt? Ist die „nationale Kultur" inklusiv für die Erfahrungen, Werte, Bestrebungen der Leute ethnischer Minderheiten?
Hinterfragt Musikforschung diese Fragen so, kann sie einen wesentlichen Beitrag in der so wichtigen Diskussion über den Umgang mit Differenz leisten. Forscherteams der ICTM Study Group um Ursula Hemetek (Wien) leisten hier Pionierarbeit. Auch Forschungen von ERICarts bzw. ECURES liefern dazu schlüssiges Material. Denn Hybridität ist letztlich eine neue Vision der menschlichen Gesellschaft. Die Frage ist, in wie weit und von wem diese Forschung auch realisiert wird. Da
ich selbst keine Musikwissenschaftlerin bin ist es mir bewusst, dass hier Forschungen notwendig sind, die nur die Musikwissenschaft machen kann. Dabei sollten Musikwissenschaftler interdisziplinär mit Philosophen, Kulturwissenschaftler Soziologen und besonders auch Politikwissenschaftler arbeiten. Es ist wichtig, dass die Musikwissenschaftler ihre Forschungen im Zentrum der großen sozialen und politischen Debatten über Sinn und Charakter der Organisation des menschlichen Lebens in der heutigen Gesellschaft stellen, was sicherlich eine neue Herausforderung darstellt. Es ist Fakt, dass innerhalb der Politik wie der Politikwissenschaften Kenntnisse zur Musik und Musikforschung sehr marginal sind. So lange sich hier nicht etwas ändert, werden sich alte Konzepte über separate, um das literarische Wort zentrierte, sich linear und eindimensional entwickelten nationalen Kulturen weiter reproduzieren, obwohl mit solchen Konzepten das heutige Leben nicht mehr verstanden, auch nicht mehr organisiert werden kann. In dieser Herausforderung sehe ich eine spezifische Chance, wie auch eine neue Verantwortlichkeit, die vor der heutigen Musikwissenschaft stehen.
Hybriditätsbestrebungen auf dem Gebiet der Kultur nicht entschärft. Er hat sich angesichts der neuen politischen Konstellationen und Auseinandersetzungen eher zugespitzt. Der aktuelle Trend zur Populismus, den wir in den Staaten Europas, aber auch darüber hinaus beobachten können, zwingt uns dringlich dazu, dass wir uns in der Kulturforschung diesbezüglich deutlicher positionieren. Denn vieles wird davon abhängen, welche Konzepte und welche Strategien beim Umgang mit Differenzen sich in der Gesellschaft durchsetzen werden.
„Kommen wir abschließend zum Einfluss weltweiter Digitalisierung bzw. Computerisierung auf den traditionellen Umgang mit Dichotomien. Die Entwicklung von Hypertexten und Möglichkeiten der Hybridisierung; die Möglichkeit der Transformation elektronischer Gegebenheiten in verschiedene Oberflächen (Texte, Bilder, Töne); die Auflösung des Werkbegriffs in der Medienkunst; die Abkopplung der Datenflüsse vom menschlichen Körper, von Raum und Zeit haben unser Verhältnis zu
Objekten und Identitäten, zu Geschwindigkeit und Ort, zu Gedächtnis und Erinnern substantiell verändert. Soziale Netzwerke transformieren Vorstellungen und Praktiken individueller wie sozialer Identitätsmanöver, Vorstellungen und Praxen von Privatheit wie von Öffentlichkeit. Traditionelle Unterscheidungs- und Dichotomie- „Spiele", die auf saubere Trennungen Wert legten, werden allmählich abgelöst von allen möglichen Varianten der „Un-Reinheit" von Synkretismus und Heterogenität — bis zu Indifferenz.
Pluralismen und Proliferationen sind in nahezu allen Bereichen so unübersehbar geworden, dass ihre Anerkennung noch nicht einmal Toleranz voraussetzt, sondern nur noch das Internet und ein Laptop bzw. ein entsprechend hochgerüstetes Handy. Kontingenz kann man heute ganz verschieden buchstabieren, als Wikipedia genau so gut wie als Web 2.0 oder Facebook. Seitdem unsere kognitive wie soziale Identitätsbricolage sich intensiv der Medien bedien, gehört schon ein großes Maß an Borniertheit dazu, die Dichotomie Wir/die Anderen einseitig zu interpretieren und zu bewerten.
Jedoch nicht auf dieser Ebene liegt aber das Problem, sondern auf der Ebene der Einsicht in die universale Kontingenz sowie der Bereitschaft, nach dieser Einsicht kontinuierlich zu handeln. Zu verführerisch sind die Verheißungen rabiater Komplexitätsreduktion durch die dichotomische Zerteilung der Welt, die einen beruhigenden Fundamentalismus eröffnet. Zu abschreckend wirkt der Verlust tröstlicher Evidenzen, die psychisch stabilisieren im unsicheren Spiel mit Pluralitäten und Differenzen [30, S. 54].
Um es nochmal mit Schmidt zu sagen: Der Konflikt ist noch nicht entschieden. Vielleicht gibt uns das etwas Hoffnung.
Bild 6, Kit Hammonds, Charlie Dark, Grime Tunes, „The Mothership Collektive", 2006, Foto aus der Archiv von K. Hammonds, Transkultura 2008, Krakow
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ÜBER DEN AUTOR:
ELKA TSCHERNOKOSHEWA
Mitbegründer und Mitglied der Europäisch Assoziation Kulturforschern e.V. (ERICarts Network) Ulmenallee 24a, D-50999 Köln, Deutschland PhD
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ELKA TCHERNOKOJEVA
Co-founder and Member of the European Association of Cultural Researchers e.V. (ERICarts Network) Ulmenallee 24a, D-50999 Cologne, Germany PhD
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