Научная статья на тему 'Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt'

Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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Ключевые слова
KRIžANIć / ČAKAVISCH / КРИЖАНИЧ / СЕРБОХОРВАТСКИЙ ЯЗЫК / ЧАКАВСКОЕ НАРЕЧИЕ / АКЦЕНТОЛОГИЯ / НОВЫЙ АКУТ / SERBOKROATISCH / AKZENTOLOGIE / NEOAKUT

Аннотация научной статьи по языкознанию и литературоведению, автор научной работы — Oslon Michail

В статье реконструируются слоговые интонации диалекта, на котором основаны тексты Крижанича. Главным выводом является наличие в его акцентной системе двух кратких интонаций, одна из которых скорее всего восходит к праславянскому краткому новому акуту, который, как считалось до сих пор, прямо не отразился ни в одном славянском языке.

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In diesem Beitrag werden die Silbenintonationen des den Texten Križanićs zugrunde liegenden Dialekts rekonstruiert. Das wichtigste Ergebnis der Rekonstruktion ist, dass in seinem Akzentsystem zwei kurzen Intonationen vorkommen, von denen eine vermutlich aus dem urslavischen kurzen Neoakut stammt. Bisher wurde angenommen, dass dieser keine direkten Spuren in den Folgesprachen hinterlassen hat.

Текст научной работы на тему «Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt»

Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt1

Michail Oslon

Institut für Slavistik

der Russischen Akademie der 1

Moskau

О слоговых интонациях в диалекте Юрия Крижанича

Михаил Ослон

Институт славяноведения РАН, Москва

Resume

In diesem Beitrag werden die Silbenintonationen des den Texten Križanićs zugrunde liegenden Dialekts rekonstruiert. Das wichtigste Ergebnis der Rekonstruktion ist, dass in seinem Akzentsystem zwei kurzen Intonationen vorkommen, von denen eine vermutlich aus dem urslavischen kurzen Neoakut stammt. Bisher wurde angenommen, dass dieser keine direkten Spuren in den Folgesprachen hinterlassen hat.

Schlüsselwörter

Križanić, Serbokroatisch, Čakavisch, Akzentologie, Neoakut

Резюме1 2

В статье реконструируются слоговые интонации диалекта, на котором основаны тексты Крижанича. Главным выводом является наличие в его акцентной системе двух кратких интонаций, одна из которых скорее всего восходит к праславянскому краткому новому акуту, который, как считалось до сих пор, прямо не отразился ни в одном славянском языке.

Ключевые слова

Крижанич, сербохорватский язык, чакавское наречие, акцентология, новый акут

1 Der Text dieses Artikels wurde bereits veröffentlicht [Oslon 2011]; wegen der vielen Druckfehler ist er aber praktisch unlesbar. Hier wird er veröffentlicht mit einigen kleinen Änderungen.

2 Der Autor dankt Florian Wandl und Roland Marti für einige Beobachtungen und die sprachliche Korrektur.

Slovene 2012 №2

Mikhail Oslon

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Juraj Križanićs Texte, die auf seinem čakavisch-kajkavischen Dialekt des 17. Jahrhunderts beruhen, sind bereits mehrmals in die Rekonstruktion des urslavischen Akzents miteinbezogen worden, da das in ihnen reflektierte Akzentsystem äußerst archaische Züge trägt. Die eigentlichen prosodischen Merkmale dieses Dialektes sind aber bisher noch nicht befriedigend untersucht worden. Das von Križanić verwendete komplizierte System von Akzentzeichen besaß lange keine eindeutige Interpretation, wodurch eine genauere Einsicht in die prosodischen Erscheinungen, die sich hinter diesen Zeichen verstecken, verhindert wurde. Die vorhandenen Studien kommen häufig zu widersprüchlichen Ergebnissen, was teilweise auf deren beschränkte Berücksichtigung der vorhandenen Daten zurückgeführt werden kann. Wir haben nun eine durchgängige Untersuchung von Križanićs Hauptwerken (Izkazanje [GI], Objasnjenje [OV], Politika) durchgeführt und können somit eine vollständigere Rekonstruktion vorlegen.

Bei der Rekonstruktion des Silbenakzentsystems Križanićs verfolgen wir folgende Ziele:

1) klarzustellen, wie viele phonologische Silbenakzente es hatte;

2) einen Eindruck davon zu gewinnen, welche phonetische Realisierung (Kontur) diese aufwiesen;

3) das syntagmatische Verhalten der Silbenakzente festzustellen, d. h. ob sie in gewissen Kontexten variieren konnten.

All dies wäre ohne Križanićs eigene Bemerkungen kaum möglich. In Izkazanje und Objasnjenje werden vier prosodische Zeichen benutzt, die er wie folgt erklärt [OV: 57]:

1. ~ : Високиь влак гласнйцу подвпгает на високо: и провлачит на

долго; кйкот, Ббг, Прйвда, Господар;

2. _ : Долгиь провлачит на долго: али неподвпгает на високо; шкот,

Глубина, Зеленпна, Нйрод ;

3. ' : Скориь подвпгает на високо: али непровлачит на долго; кйкот,

Чудо, Велйко, Прйвити;

4. ' : ]еднакиь нити подвпгает, нити провлачит. Зачпм и не по вла-

стйтости почйтаетсе бити влаком; него пйче знаком небпт/а трйх јстинних влакбв: и значит, же она рЪч, над коjеjу он jест наппсан, нпмает нщедного влака: и же всй ньее склйди jеднй-кпм и не рйзлйчним провлЪчёщем јмаЈут бйт изречени; кйкот, Слобода, Берете, Нога, Вода.

Über die Stellung und Distribution der Zeichen schreibt Križanić [OV: 58°]:

1. Једнакт влак на jедпном краном склйдъ может бйт поставльен. [...] не значит јно, неже осталих влакбв небптЈе. А то и без всйкого влака

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Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt

можетсеразумЪт. РазвЪ въ нЪкоих ДвоЈезначнихрЪчех,радиразлученЈа, не бездЪлно может се ппсдт сеь влак Једнакт; шкот, МЪсто, МЪстд : шко, какд: Тйми, Тими: Мпмо, Мимд: Рйди, Ради

(dasselbe in Izkazanje [GI: 194]:

А то и без всакого знамена можетсе разумЪт. Разви вь нйких двоЈердзумнихричех, зарад разлучёща, не бездплно можетсе наппсат сеь Једнакт влак. Какот, Locus мйсто, Pro, uel Loco : мистд : Quomodo, Кйко, Sicut Какд: Istis Тйми, Quidem Тими);

2. Ддлгиь влак, ащеЈест самЈедпн наЈедноь рЪчи: лйше на ПрикраЈ-ном склйдЪЈмает мЪсто; какот, Зеленпна;

3. Аще будут два ддлгаЈа: на краЈном и ПрикраЈном склйдЪ стоЈмт; какот, Једнакпм, чёрнпм;

4. Ащели будет Ддлгиь и Скдриь: на всйком мЪстЪ могут стоЈат; какот, Забава, Прплйчними;

5. Висдкиь и Скдриь вездЪЈмаЈут мЪсто.

In den Definitionen der Akzente lassen sich mehrere Besonderheiten beobachten. Erstens, unterscheidet Križanić zwei dichotomische Merkmale „подвпгает на високо “ (also Höhe) und „провлачит на долго “ (Länge), die vorhanden sein (+) oder fehlen (-) können (s. Tabelle 1).

Tabelle 1

Zeichen Höhe Länge

- visokij + +

- dolgij - +

/ skorij + -

Л jednakij - -

Länge

- +

Höhe + /

- \ -

Zweitens, teilt er uns nichts über die prosodischen Eigenschaften selbst, d. h. über deren Phonetik, mit. Während die Beschreibung „подвпгает на високо “ keineswegs buchstäblich (als eine Kontur) verstanden werden muss, bezeichnet das zweite Merkmal (Länge) zweifellos lange Vokale.

Drittens, ist zu berücksichtigen, dass diese Definitionen lediglich Križa-nićs akustische Eindrücke und nicht irgendein phonologisches Verhalten wiedergeben. Dies folgt aus der Beschreibung des jedяakp-Akzents, welcher durch das Fehlen der beiden eben besprochenen Merkmale definiert ist, was als phonologische Unbetontheit interpretiert werden kann. Diese Interpretation muss aber nicht die einzig mögliche sein: Beispiele wie „слобода, берете, нога, вода “ sind ganz offensichtlich nicht phonologisch unbetont. Was soll nun also die Phrase „нпмает нщедного влака “ eigentlich bedeuten? Križanić selbst gibt uns die Antwort darauf: „всй ньее склддиЈеднпкпм и нерпзлйчним про-

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влЪчёщем јмajym бит изречени “. Unsere Schlüsse vorwegnehmend, können wir dies mit anderen Worten folgendermaßen wiedergeben: keine der Silben tritt als der einzige Akzentgipfel hervor. Unserer Meinung nach ist es möglich, dass Križanić mit diesem Zeichen Wörter kennzeichnete, in denen, zumindest seinem subjektiven Empfinden nach, mehrere Silben prosodisch gleich ausgesprochen wurden und er es daher alsjednakij bezeichnete. Trotzdem kann man eine echte (phonologische) Unbetontheit in einigen Fällen nicht ausschließen. So zum Beispiel in zweideutigen Wörtern wie мисто ‘locus’ ~ мистд ‘pro, uel loco’ (vgl. „Кров, мЪстд Кдрв “). Dies bedeutet, dass die jeweiligen Klitika im Redestrom keinen Akzent tragen.

In Izkazanje und Objasnjenje fällt sofort auf, dass dasjednakj-Zeichen sich mit dem skorj und dem Fehlen eines Zeichens abwechselt, und zwar nur auf der letzten Silbe ( jednakj kann übrigens anderswo nicht stehen). Bezüglich des Fehlens des jednakij auf der letzten Silbe erklärt Križanić: „и без всакого влака можетсе разумЪт “ [OV: 58°], d. h. die Variation jednakj ~ [kein Zeichen] ist keine echte Alternation, sondern kennzeichnet dieselbe Erscheinung3. Praktisch wird aber dieser Endakzent nur dann graphisch ausgelassen, wenn die vorletzte Silbe ein dolgj trägt4. Die Distribution jednakj ~ skorj scheint auf den ersten Blick zwar zufällig aufzutreten, doch zeigt eine eingehendere Analyse, dass sie unter gewissen Bedingungen ganz regelmäßig ist. Um diese Regelmäßigkeit zu ermitteln, muss man mehrere Parameter einführen:

1) die Anzahl der Silben eines Wortes: (a) Einsilbigkeit bzw. (b) Mehrsil-bigkeit,

2) die Quantität der vorletzten, d. h. in diesem Fall vortonigen, Silbe (bei mehrsilbigen Wörtern): ob diese (a) kurz oder (b) lang ist,

3) der reflektierte urslavische Akzent: (a) der alte Akut, (b) der kurze Neoakut, (c) der kurze Akzent (aus verschobenem Akzent im AP b oder aus verkürztem Endungsakzent entstanden),

4) die Stellung im Satz: (a) isoliert, d. h. vor einer Pause (darunter in Wortliste), (b) vor einem anderen Wort (d. h. im Redestrom).

3 Im oben angeführten Zitat hat das wort разумът auch kein Akzentzeichen (wohl aber разумът mit skorj [GI: 194]).

4 A. Peco blieb diese Tatsache noch verborgen. Er vergleicht die verschiedenen Akzentzeichen Križanićs mit denjenigen der Serbokroatischen (neoštokavischen) Schriftsprache, was ihn zu keinen neuen Schlüssen führt und aus unerfindlichen Gründen dazu zwingt, der von Belić bereits 1914 geäußerten Meinung [Belić 1914: 26], dass Križanićs System eine „štokavska akcentuacija koja je poprimila odlike najprogresivnijih štokavskih govora“ darstelle, beizupflichten [Peco 1971: 114]. Diese Idee, die später von anderen Forschern als nicht sehr wahrscheinlich angesehen wurde, scheint ihren Ursprung im Unverständnis der durch Križanićs Akzentzeichen wiedergegebenen phonologischen Erscheinungen zu haben. Insbesondere, gelingt es Peco nicht, in Križanićs dolgij-Zeichen (vgl. Pecos Beispiele rüka, jednako) eine alte vortonige, für die Mundarten mit „alter Akzentuierung“ typische, Länge zu erkennen. Später besteht A. Peco nicht mehr auf dieser Meinung ohne darauf offenbar zu verzichten [Peco 1982: 73].

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Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt

Mehrsilbige Wörter mit langer vorletzter Silbe verhalten sich wie folgt:

aus kurzem Akzent: *хътпй: vor einer Pause:

...РусЈани, Болгйри, Хервпти, Серби, Греки... [GI: 20],

...Болгйри, Сербльани, и Хервпти : и овй троьй... [GI: 4], aber auch (selten; logische Hervorhebung):

...изглашаще: и сйце говорет Хервптй. Али по небрижёщу... [GI: 22]; nicht vor einer Pause:

in der Regel, vor einer betonungslosen Silbe:

...вь онйх мйстех: гди Хервптй на кончйне... [GI: 21],

Још Хервптй велет и сйце... [GI: 193],

А Хервптй би рекли на ЕЦ... [GI: 59], während vor einer betonten Silbe:

...А Сербльани ппк и Хервпти тпко сут изгубйли... [GI: 6], ...РусЈани ппк, и Хервпти льубетрйзво... [GI: 156],

...Хервпти мпло знадут об тйх... [GI: 106], aber auch (selten) vor einer betonungslosen Silbe:

РусЈани чпсто, а Хервпти всегда, творет... [GI: 18],

Вь Јменнпку Хервпти велет... [GI: 21],

...кт, Хервпти би рекли, От горе мпле... [GI: 52]; aus altem Akut: *pisäh: vor einer Pause:

и он неби крпво ппсал. [GI: 147], nicht vor einer Pause:

А кто би вездй ппсал Јхота. [GI: 147].

Obwohl diese Distribution nicht sehr deutlich ist, lässt sich hier eine Tendenz zur Verwendung des skorij vor einer betonungslosen Silbe (also nicht vor einer Pause), besonders vor einem Klitikon, beobachten. Vor einer Pause fehlt das Akzentzeichen praktisch immer, was wir so interpretieren, dass es sich in dieser Stellung einfach um eine Variante desЈепиаШј handelt, da, wie oben bereits erwähnt, die VariationЈеппаИј ~ [kein Zeichen] keine echte Alternation darstellt. Betrachtet man nun das skorj als Grundzeichen, so ist dieser Endakzent einer phonetischen Veränderung unterworfen, was als eine volle Neutralisierung in der Stellung nach einer langen vorletzten Silbe aufgefasst werden kann.

Mehrsilbige Wörter mit kurzer vorletzter Silbe können sowohl ein skorj als auch ein ЈепиаШј tragen:

aus kurzem Akzent: *lakomostь: vor einer Pause:

Но прпворецй, [...] Лакомдст. Скупост... [GI: 57],

Големдст. Знакомдст. Лакомдст, Нимота. [GI: 66],

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nicht vor einer Pause:

Лакомост. и гньпв, бЈаше вь ньем велйк. [GI: 178],

Кйкот, Гньпв и Лакомост бЈаху вь ньем велйка. [GI: 177]; aus kurzem Neoakut: *živdfo: vor einer Pause:

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Ов град. Живот. Мпр. [GI: 42],

Чловйчскиь живот : вножих чловйков живот. [GI: 67],

Чрез вес живот. [GI: 182], nicht vor einer Pause:

Рецй, Живот пришёстного, или гредущего вЪка. [GI: 110],

Рецй, Јвäна живот болпт. [GI: 170].

Wie die angeführten Beispiele bezeugen, tragen diese Wörter im Redestrom lediglich das skorij und vor einer Pause am häufigsten das jednakij. Es handelt sich also um einen syntaktischen Akzentwechsel, oder, genauer gesagt, um eine Veränderung des Endakzents einer Taktgruppe (Akzentwort). Wenn unsere Interpretation des jednakj-Zeichens, die auf Križanićs Erklärung beruht, dass er damit das Fehlen eines einzigen Akzentgipfels kennzeichnete, richtig ist, können wir daraus schließen, dass phonologisch endbetonte Wörter mit kurzer betonter Silbe im Redestrom (d. h. auch vor Klitika) den Akzentgipfel auf der letzten Silbe tragen, während in isolierter Stellung oder vor einer Pause ein Wechsel, der wahrscheinlich in einer Umverteilung des Akzentgipfels über die letzen beiden Silben besteht, stattfindet. Weiters lässt sich beobachten, dass diese Umverteilung bei langen vorletzten Silben häufiger geschieht, d. h. dass lange Silben den ersten Teil des Akzentgipfels „lieber“ hinüberziehen, weshalb wir diesen Wechsel als „teilweise Zurückziehung“ bezeichnen können. Offensichtlich ist dabei, dass die Umverteilung (oder der Verlust) des Akzentgipfels nur in mehrsilbigen Wörtern möglich ist. Andere Beispiele (vor einer Pause): Substantive mit flüchtigem Vokal: отац, ловец, конец; andere Substantive: облдст, големдст, питомдст; Adjektive: ширдк, далек, висдк ; passive Partizipien: творен, говорен, прочтен. Aber: aus altem Akut: ^qzykv. vor einer Pause:

...кйкот, Јäрост, Је-\зеро, Јошти,Јутро, 1язик. [OV: 13],

...по правде зват се [...] Дрпвньи Језик, Пёрво тпм:Јеже... [GI: 5], ...и тпмразлйчно и мерзко казёт Језик. Кт... [GI: 171], und auch (häufiger):

...наЈnäче се чинпт по обзору на Гречскиь_кзйк. [GI: 161],

.^язйци; кйкот, Греческиь _ 1язйк. Жиддвскиь_ 1язйк. [OV: 5°], ...незнфет чйст Словпнскиь Језик. [GI: 111],

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Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt

nicht vor einer Pause:

...бо jecmучиньено даЈезик нйш сеь... [GI: 4],

...Јеже сеь кньпжниь Језик вного подобнтиЈест... [GI: 5],

...же сам Ру скиь Јлзик на mpöjejecmраздЪльён. [OV: 2].

Auf dieselbe Weise verhalten sich велйк ~ велик, чловйк ~ чловик und andere Wörter mit altem Akut: sie können fakultativ das skorij behalten. Suffixableitungen mit altem Akut im Suffix erscheinen im Satzzusammenhang vor einer Pause oder in Wortlisten in der Regel mit dem skorj, vgl. Substantive: роджйь, держйь, дитйщ (neben дитищ, кнежищ); Adjektive: брадат, гла-вйт, богат; батйст, трашст; бледйв, ложльйв (neben ложив); сердйт, очйт; Infinitive: водйт, говорйт (neben смотрйт); /-Partizipien: водйл (aber auch häufig водил).

Einsilbige Wörter vor einer Pause kennen diese Neutralisierung nicht: in dieser Stellung (z. B. in Wortlisten) treten sie nur entweder mit dem einem oder mit dem anderen Akzentzeichen auf, vgl. сан, кров, вол, сом, дождь, конь, кош, bzw. брат, мраз, бйч, раЈ, птйщ, змй), хлйб, мйл, влах, лех, цар5. Es ist leicht zu erkennen, dass die Wörter mitЈednakjzum AP Ъ (*здтъ, *soma), während die mit skorj zum AP a (*га/ь, *гаЈа) gehören. Die Vermutung, dass Križanić auf diese Weise auf die Stellung des Akzents in den obliquen Kasus hindeuten wollte (vgl. коньа aber брйта), bestätigt sich nicht, da es sich hierbei um eine Erscheinung handelt, bei der sich einsilbige bzw. mehrsilbige Wörter voneinander unterscheiden: mehrsilbige Wörter mit altem Akut (wie Језш ~ Језик) können dasЈednakjtragen (besonders vor einer Pause), einsilbige (wie брат) jedoch nicht. In diesen einsilbigen Wörtern findet naturgemäß keine Akzentzurückziehung statt, da keine vorletzte Silbe vorhanden ist, auf die der Akzent fallen könnte.

Beispiele für einsilbige Wörter:

aus altem Akut: *х/еЪъ, *ЪтГъ, *byti: vor einer Pause:

На все десет мужёь Јест дал Једен хлйб. [GI: 133],

...на негласнйци тонки.: кт Брат. [GI: 12],

Сйце Ја процпньахи годно бйт. [GI: 3], nicht vor einer Pause:

Кньйги ппсца: Хлйб туги.: УдолЈе сдлз... [GI: 180],

Ов брат мдь драг. [GI: 11],

...и ппшет, како лйплье бйт судит... [GI: 3].

So verhalten sich alle einsilbigen Wörter mit altem Akut, während die Wörter mit kurzem Neoakut den vorher erwähnten Akzentwechsel aufweisen:

5 Darauf weist W.A. Dybo hin [Дыбо 1968: 221].

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Mikhail Oslon

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aus kurzem Neoakut: *zih > [zal]: vor einer Pause:

Зол: Горши, и Гори. [GI: 64], nicht vor einer Pause:

...нарйв добер йлити зол онй cmojem во Јзкернику. [GI: 181].

Zu beobachten ist weiters, dass Križanić in den wenigen Fällen, in denen einsilbige Wörter einen urslavischen kurzen, durch Verschiebung von einem schwachen Jer entstandenen Akzent im AP b tragen, nur das skorij schreibt, vgl. злост < *zblostb (vor einer Pause: „На злост. Hä срамоту“ [GI: 125]). Dies zeugt, unserer Meinung nach, davon, dass dieser verschobene Akzent mit dem alten Akut identisch ist, während der Reflex des kurzen Neoakuts eine andere Kontur trägt.

Die Benutzung des skorj bzw. des Jednakj-Zeichens ist sowohl von der Qualität des Vokals, vgl. брäт, брäтa, aber сан, сна (solche Beispiele sind natürlich nicht sehr zahlreich), als auch vom Akzentparadigma, vgl. мäл, мäлa (AP a), aber нов, nöwa und лош, лоше, unabhängig. Diese kurzen Adjektive sind sekundär vom AP b zum AP a übergegangen, ohne den alten Akzent zu ändern (s. weiter [Kapović 2011: 107, 122]).

Unsere Analyse zeigt, dass Križanićs Mundart „teilweise“ Zurückziehungen kannte, die mehrsilbige Wörter vor einer Pause betrafen, während einsilbige Wörter in dieser Stellung alten Akut und verschobenen kurzen Akzent (als skorj reflektiert) bzw. kurzen Neoakut (jednakj) ganz gut unter-schieden6.

Wenden wir uns nun den übrigen Akzentzeichen, visokj und dolgj, zu, die an keinen syntaktischen Wechseln teilnehmen. Wie oben bereits erwähnt, kann dem dolgj, unter gewissen syntaktische Bedingungen, ein Endakzent (skorj) folgen, was bedeutet, dass das dolgj keinen phonologischen Akzent kennzeichnet, sondern lediglich phonetisch als Betonung anklingen kann, wenn die nächste Silbe ihren Akzentgipfel verliert. Das ganze Zeichensystem gestaltet sich demgemäß wie folgt (s. Tabelle 2).

Diese Interpretation stößt jedoch auf eine Schwierigkeit. Im Lichte unserer Überlegungen erscheint Križanićs Beurteilung russischer Aussprache sehr merkwürdig [OV: 56]: ,^тарскиь бо и ТурскпьJязйк чястоужпвает Влака Тяжкого или Једнакого на последнем складЪ: и тоже обрЪтаетсе и въ рускоь бесЪдЪ; шкот, Москва, Ока, Глава, Рука: мЪстд, Москва, Ока, Глпва,

6 J. Hamm sagt nichts über den Wechsel der kurzen Akzentzeichen und vermutet, dass das skorij einen Akzent kennzeichnete, der „moglo biti " ili ' , koji su se u Gramatici (i, prethodno, u Križanićevu govoru) bili slili u jedno“ [Hamm 1974: 224]. Diese Ansicht vertraten alle jugoslavischen Forscher, obgleich sie, wie unserer Meinung nach klar zu ersehen ist, durch die Vernachlässigung der Akzentuierung einsilbiger Wörter zustande kam. Umso merkwürdiger ist diese Tatsache, da W. A. Dybo diesen Wechsel bereits 1968 beobachtet hat.

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Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt

Tabelle 2: Die Distribution der Akzentzeichen

Silbe -0- Silbe bei Križanić о kurze lange

1 betonte 1 '^-^^urslav. Akzent о Stellung alter Akut kur- zer kurzer Neoakut Zirkum- flex langer Neo- akut

nicht letzte skorij visokij

letzte in mehrsilbigem Wort nach Kürze nicht vor Pause

vor Pause skorij . -j г.. j jednakij (jednakij) J J

nach Länge vor Unbetontheit skorij (kein Zeichen)

vor Betonung vor Pause kein Zeichen

einsilbiges Wort nicht vor Pause skorij skorij

vor Pause jednakij

Unbetonte dolgj

Рука“7. Es ist nicht klar, warum Križanić der Endakzent in diesen russischen (kurzsilbigen) Ortsnamen nicht gefiel, umso mehr, da er, wie wir gezeigt haben, mit jednakij eine „teilweise“ Zurückziehung kennzeichnete. Hierin lassen sich möglicherweise falsche etymologische Annahmen erkennen8. Andererseits, können uns die angeführten „unrichtig“ ausgesprochenen, da für Križanić langsilbigen, Gattungswörter глава, рука bei der Rekonstruktion behilflich sein. Neben der isolierten Betonung глпва, рука behalten diese Wörter den Endakzent im Redestrom, vgl. „Пишут Глпвп, Гора“ [GI: 135]. Es ist möglich, dass Križanić die russische endbetonte Aussprache (глпва) gerade in isolierter Stellung zuwider war, da in dem von ihm gesprochenen Dialekt hier ein dop-pelgipfeliger Akzent auftrat, d. h. eine Zurückziehung (глпва). Daraus lässt sich schließen, dass Križanić den durch dolgj gekennzeichneten Ton in isolierter Stellung als einen selbständigen Akzent auf der vorletzten Silbe und nicht als eine Variante von dolgj plus skorj wahrnahm. Er verstand wahrscheinlich nicht, dass diese Varianten syntaktisch verteilt waren, und der Akzent der isolierten Form muss daher für ihn der Grundakzent gewesen sein. All dies lässt uns vermuten, dass das dolgj ohne skorj eine eigene ausgeprägte Kontur hatte, die diesen Akzent vom anderen langen Akzent, dem visokj, klar unterschied (eine Schreibung wie *глава war daher sicherlich ausgeschlossen). Križanićs Dialekt hatte also zwei lange Akzente, von denen einer seine alte Stelle behielt und der andere zurückgezogen, also nicht phonologisch, war.

7 Doch in Izkazanje schreibt er nur Москва [GI: 28]. Dort aber ist dieses Wort beweglich: Москва, Москве, Москву.

8 Dies kann vielleicht durch den Unterschied zwischen der Kontur des russischen und Križanićs eigenem Endakzent erklärt werden (W. A. Dybos mündliche Mitteilung). Dennoch ist es unklar, warum Križanić diesen russischen Akzent jednakij (auch tjažkij) nannte.

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Was den durch visokij bezeichneten Akzent betrifft, so ist dessen phonetische Interpretation naturgemäß schwierig, da uns Križanić nichts Konkretes über ihn mitteilt (abgesehen davon, dass er lang ist). Die Grundfrage, die sich die Erforscher des Akzentsystems von Križanić stellten, ist, wie viele Intonationen — eine oder zwei — hinter dem visokj steckten9. Einige von ihnen neigten zu der Annahme, dass Križanić seinen eigenen steigenden „čakavischen Akut“ bzw. fallenden „Zirkumflex“, absichtlich oder nicht, in den Texten vereinigte10.

9 M. Moguš schreibt: „...da li se >visokij vlak< odnosio na starohrvatski akut (~ ) ili na dugosilazni naglasak ( " ), teško je decidirano reći. Mislim da je taj naglasak mogao značiti ili ~ ili " jer i kod jednog i kod drugog treba [sic] «glasni'cu vozdvigajet na visoko ... i provlačit na dolgo», nedoduše jednako, ali dosta slično...“ [Moguš 1974: 242]. Er vermutet, dass dieses Zeichen sowohl in bog, müz, grad, sin, als auch in kralj, grih, pravda, gospodar eine Aussprache „s dugosilaznim naglaskom“ wiedergibt, und dass sich folglich der „čakavische Akut“ im betreffenden Dialekt mit dem langen fallenden Akzent vereinigt hat. Umso merkwürdiger ist es dann, dass Moguš dem dolgij zwei (!) phonologische Werte zuschreibt. Er führt hier: „kneze (pored kneže), momče (pored momče)“, wo das dolgij (kneže) „izuzetno“ eine fallende Intonation wiedergeben soll (neben dem gewöhnlicheren kneže), an. Moguš hat hier jedoch übersehen,

dass diese Formen zu zwei verschiedenen Wörtern gehören, vgl.: „Ко петому узору пристојет јмена нщедйнска [...] Јща се кончет на Е [im Nominativ!]: а вь Јзкернику [d. h. im Genitiv] јмају прйрйсток ТА: кт, Бравче, бравчета: Дйжле, Гусе, Дпте,

[...] Кнеже, Козле, Коньч'е, Куре, Момче, Осле“ [GI: 32], usw., wo Križanić über Substantive auf *-g (zur Bezeichnung von Jungtieren usw.) spricht, während kneže der Vokativ von knez ist, vgl.: „По Руску, и по Херватску, јменнш может стоуйт вь мисто зовника: кт, о кнез Богдйн буди милостив: вь мисто: о кнеже Богдйне“ [GI: 15]. Was die Form momče betrifft, ist sie unseres Wissens in Križanićs Texte überhaupt nicht vorhanden.

J. Hamm vermutet im Gegensatz zu Moguš, dass das visokij (~) eine Intonation bezeichnete, die „artikulacijski jamačno nije bilo jednako štokavskom " nego više čakavskom (ili staroštokavskom) ~ ili ' “, was ihn dazu veranlasst, die Aussprache prävda, gospodär und „u enklizi“ bog, žene zu rekonstruieren. Das dolgij (-) bezeichnet für Hamm eine betonungslose Länge, d. h. „u enklizi“: rüka, närod, doch rekonstruiert er hier in isolierter Stellung einen fallenden Ton: ruka, mrod [Hamm 1974: 224].

Diese phonetische Interpretation der Kontur ist natürlich arbiträr und wird durch seine folgende Bemerkung, dass „već iz njegove se stilizacije može nazreti da mu je bila misao da ad usum lectoris svoj politonijski sistem zamijeni pozicionim i kvantitativnim i da — ostajući na troakcenatskoj osnovi — sva razlikovanja prenese na bazu kvantiteta i samo jedne (silazne, dugosilazne) intonacije“ (gibt es also drei phonetisch lange Intonationen?), noch nebelhafter. Auch S. Težak [Težak 1996] vertritt diese merkwürdige Ansicht.

10 S. Težak spricht von Zurückziehungen von der letzten Silbe, die in Križanićs Zeit begonnen hätten und schon damals „zbunjivati onoga tko želi odrediti taj sustav [der Silbenakzente]“ könnten, was Križanić, „kome je uho bilo naviknuto na silaznu intonaciju“ (warum?) angeblich dazu zwingen musste, alle Intonationsunterschiede unberücksichtigt zu lassen [Težak 1996: 93]. Diese Überlegungen sind uns vollends unklar, da Križanić gerade zwei lange phonetische Intonationen beschreibt: visokij „гласнйцу подвйгает на високо: и провлачит на долго; шкот, Бог, Правда, Господар“, dolgij „провлачит на долго: али неподвйгает на високо; какот, Глубина, Зеленина, Народ“ [OV: 57]. Was aber noch merkwürdiger ist, sagt Težak selbst, dass „stari akut (suša, mlätim) [...] već u Križanićevo vrijeme na dijelu DOR [Dubrovnik-Ozalj-Ribnik] zamijenjen dugosilaznim naglaskom“, also ist der Vorwurf, dass Križanić seine zwei langen Intonationen nicht unterschieden habe, nicht nur unbegründet, sondern auch ganz und gar unlogisch.

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Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt

Dass Križanić die betonten langen Intonationen sehr gut unterscheiden konnte, folgt aus seinen „serbischen“, d. h. aus irgendwelchen (neo)štokavi-schen Dialekten stammenden, Beispielen, vgl. „По Сербску, вножйнниь јзкерник во вногихјменех, всйх прётворов (:оприч четвёртого:) творптсе на А, зь Ддлгим зпвлйком: сйце, от овйх Брата, ових Крпльа, ових Коньа, ових рпба, ових овпца, ових коза, ових луёта, ових лпца, ових вримёна: тих кнёза, тих господпра, тих мисёца. А нйкогда и на ОВА, или ЕВА : тйх волова, другова: тих врачёва, сужньёва. Али сйцево изрикаще Јест сшзно, и негодно наслидоващу“ [GI: 24]. Diese zweifellos betonten Silben (рпба, коза) mussten eine besondere Intonation aufweisen, wofür Križanić gerade das dolgij Zeichen gewählt hat. Unterschied er die langen betonten Intonationen nicht, so hätte er ganz gewiss das andere Zeichen, das visokj, benutzt. Diese „serbische“ Intonation muss natürlich seinem eigenen dolgj nicht identisch gewesen sein, das, wie oben bereits erwähnt, nur die erste Hälfte des zweigipfeligen Akzents trug. Ebenso ist es bemerkenswert, dass die Akzente von коньа, вримёна bzw. рпба mit demselben Zeichen bezeichnet werden, vgl. hierzu das heutige schriftsprachliche Skr. konjä, vremenü mit neuer steigenden Intonation, aber rlbü mit dem Reflex des Neozirkumflex. Dies könnte bedeuten, dass sich in diesem neoštokavischen Dialekt die Intonationen von ribü bzw. konjü nicht voneinander unterschieden.

Ein anderes Argument gegen die Nichtunterscheidung der langen betonten Intonationen bei Križanić ist, dass, wie bereits gezeigt wurde, Križanić die kurzen Intonationen unterschied, was Hamm und Moguš nicht bemerkten. Phonologisch gesehen hätte Križanićs Dialekt, nach unserer Interpretation, also zwei kurze und eine lange Intonation.

Ein besonderes Problem stellt weiters Križanićs Gebrauch von zwei dolgj Zeichen nacheinander dar. Er selbst teilt uns mit, dass dies lediglich auf den letzten zwei Silben eines Wortes möglich ist. Dies kommt nur in vier oder fünf morphologischen Stellungen vor, in denen, wenn die vorletzte Silbe kurz ist oder wenn es sich dabei um einsilbige Wörter handelt, immer das visokj verwendet wird (s. Tabelle 3). Dies sind die einzigen Stellungen, in denen zwei lange Silben überhaupt möglich sind. In allen anderen Positionen ist diese Situation durch das Gesetz von Križanić geregelt [Ослон 2011]. Das visokj Zeichen ist offenbar nach einer Länge unzulässig, woraus sich eine tonale Veränderung ergibt, die wieder als eine Umverteilung der Akzentgipfels verstanden werden kann.

Križanićs prosodisches System kann also wie folgt repräsentiert werden (s. Tabelle 4; phonologisch bedeutungstragende Akzente sind durch Fettdruck hervorgehoben).

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Tabelle 3: Zwei Längen nacheinander

Form Wortart Länge Kürze/Einsilbigkeit

r 11 gen.sg.f. Sub. auf -a- руке жене

Adj. драге добре

gen.pl.f. Sub. auf -a- прпчпн 12 чертйн зин

instr. sg.f.11 Sub. auf -a- глазом руку земльдм земльу

Pron. (Adj.?) ? сзоуу зсу

instr. sg. m. Adj. чернпм добрим злим

Tabelle 4: Die phonetischen und phonologischen Akzente

Zeichen phonetische Kontur vor einer Pause phonologischer Wert unser Kennzeichen

skorij kurzsteigend (?)

jednakij mehrsilbige Wörter die zweite Hälfte des zweigipfeligen Akzents kurzsteigend (?) 6

einsilbige Wörter kurzfallend (?) kurzfallend (?) 6

Klitika unbetonte Kürze - 6

visokij langfallend (oder eben?) betonte Länge 6

vor einem skorij unbetonte Länge

dolgj vor einem jednakij oder keinem Zeichen langsteigend - die erste Hälfte des zweigipfeligen Akzents unbetonte Länge 6

11 Diese Beispiele werden nur als Illustration „kroatischer“ Formen angeführt und kommen nie in der Autorensprache vor.

12 Es gibt nur zwei solche Fälle (und zwar nur mit der Form причин), die beide in Objasnjenje vorkommen, während in Izkazanje nur die Schreibung причйн vorhanden ist. Die Länge des Präfixes ist auch instabil, vgl. прйчйна (Objasnjenje) bzw. причйна (Izkazanje). Davon schließen wir, dass dieses Wort für Križanić wahrscheinlich nicht gebräuchlich war und dass dessen Schreibung das Ergebnis einer bewussten Entscheidung war.

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Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt

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Es gab demzufolge vier phonetische Intonationen (zwei kurze und zwei lange, die Križanićs Diakritika entsprechen), die drei phonologische Akzente realisierten, deren Alternationen sich auf einfache Regeln zurückführen lassen (s. Tabelle 5; zwei Akzentzeichen stellen zweigipfelige Akzente dar).

Tabelle 5: Wechselregeln im Redestrom

Wort vor einer Pause nicht vor einer Pause13

d d 11 брйт , брат

d d 11 зол зол

aa У богйт богйт

dd

dd 11 чловйк dd чловйк

,

dd живот живот

dd dd 11 ппсал dd наппсйл

dd dd 11 глйвом dd руку

Allem Anschein nach befand sich die in Križanićs Texten wiedergegebene Mundart im Anfangsstadium einer Zurückziehung des Endakzents in Akzentwörtern. Man kann vermuten, dass zuallererst die Zurückziehung auf die langen vorletzten Silben vor einer Pause stattfand (^ писал), da in dieser Position fast keine Abweichungen bestehen. Im Redestrom haben kurze Endakzente ihre Stelle beibehalten, wurden aber völlig neutralisiert (брат wie зол, чловйк wie живот). Lange Endakzente ändern sich nach kurzer Silbe (жене) nicht, und nach langen Silben findet eine teilweise Umverteilung des Akzentgipfels statt (руку).

Wir kommen also zu einem interessanten Ergebnis: die Akzentneutralisierungen finden sowohl vor einer Pause, als auch im Redestrom statt. Die Resultate sind hierbei jedoch in einigen Fällen verschieden, d. h. sie verändern auf verschiedene Weise das, was wir als „phonologischen Akzent“ bezeichnet haben, der ein früheres Stadium (vor Zurückziehungen und Neutralisierungen kurzer Endakzente im Redestrom) widerspiegelt. Eine solche Lage scheint instabil gewesen zu sein und führte daher später zu einer Vereinfachung des Akzentsystems.

Die heutigen čakavisch-kajkavischen Mundarten auf dem Gebiet des von Križanić gesprochenen Dialekts folgen in vieler Hinsicht dem in seinen Texten wiedergegebenen Zustand. S. Težak [Težak 1996: 92] kommt zum Schluss, dass Križanićs Mundart den heutigen Mundarten von Ozalj („osobi-to govorima Husja i Kobilića“) am ähnlichsten ist. Dort existieren drei Akzente

13 Für Wörter mit langer vorletzter Silbe: auch (häufig) vor unbetonter Silbe.

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(langsteigender, kurzfallender und langfallender). Der langfallende Akzent ist nach einer Zurückziehung des kurzen Endakzents entstanden, vgl. otac, voda (mit Verlängerung), glubi'na, wobei jedoch in Kobilić keine Zurückziehung stattfand, vgl. otac, oca. Die übrigen Akzente behalten deren alte Stelle, vgl. koleno, kopali, vode, kopäm. In einigen Mundarten (Kamanje) ist auch vortonige Länge sporadisch zu hören, vgl. zästora, pokäzala. Die Zurückziehungen in ozaljischen Mundarten finden normalerweise nur dann statt, wenn dem Wort keine Klitika folgen, vgl. kupil, aber kupil bi; berem, aber berem ju; kosmat, aber kosmat je, was Križanićs Alternationen sehr ähnelt (wenn man die Längung außer Acht lässt).

Das wichtigste Ergebnis unserer Untersuchung ist das Vorhandensein zweier verschiedener kurzer Akzente bei Križanić, eine Vermutung, die auf W. A. Dybo zurückgeht. Die komplizierte phonetische Situation, die durch die Zurückziehungen und teilweise Neutralisierung der nichtzurückgezogenen Akzente entstanden ist, hat frühere Forscher an einer richtigen Interpretation des vorliegenden Materials gehindert. Unsere Schlüsse stehen im Widerspruch zur in der Serbokroatistik vorherrschenden Meinung, dass sich die alten kurzen Akzente in allen Dialekten mit „alter Akzentuierung“ vereinigt haben, die offenbar revidiert werden muss. Der rekonstruierte urslavische kurze Neoakut spiegelt sich also unmittelbar in Križanićs Texten wider.

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Über den Silbenakzent in Juraj Križanićs Dialekt

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Михаил Владимирович Ослон

Институт славяноведения РАН 119334 Москва, Ленинский проспект, 32-А Russia / Россия neoakut@gmail.com

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