Научная статья на тему 'VORZÜGE DER MONTESSORI-PÄDAGOGIK FÜR DIE GEMEINSAME ERZIEHUNG VON KINDERN MIT UND OHNE BEHINDERUNG'

VORZÜGE DER MONTESSORI-PÄDAGOGIK FÜR DIE GEMEINSAME ERZIEHUNG VON KINDERN MIT UND OHNE BEHINDERUNG Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

CC BY
283
45
i Надоели баннеры? Вы всегда можете отключить рекламу.
Ключевые слова
MONTESSORI-PäDAGOGIK / BEHINDERTE / INKLUSION / SOZIALPäDIATRIE / ERZIEHUNG / KINDER

Аннотация научной статьи по языкознанию и литературоведению, автор научной работы — Hellbrügge Th., Dattke J.

In dem Artikel werden persönliche Erfahrungen von den Autoren und die damit verbundenen Vorzüge der Montessori-Pädagogik für die gemeinsame Erziehung behinderter und nicht behinderter Kinder beschrieben. Diese Erfahrungen sind im Kontext der aktuellen Diskussion über die Inklusion wichtig. Die gemeinsame Erziehung von behinderten und nicht behinderten Kindern bedeutet heute die Notwendigkeit der Anpassung eines schwachen Kindes an die Welt des Starken. Aus der Sicht der Sozialpädiatrie dient die gemeinsame Erziehung der Förderung der kindlichen Sozialentwicklung, der Entwicklung zur Selbständigkeit und zur Kontaktfähigkeit. Aktives Lernen, Vorbereitete Umgebung, Freie Bewegung, Heterogene Lerngruppen, Soziale und kognitive Förderung - in diesen Prinzipien liegen die Vorteile der Montessori-Pädagogik für die Inklusion. Ein großer Vorteil für die gemeinsame Erziehung behinderter Kinder liegt in dem Einsatz des Montessori-Materials: Materialien zur Übung des praktischen Lebens und die Beschäftigung mit dem Sinnesmaterial. Die Montessori-Pädagogik als eine kindzentrierte Pädagogik hat sich als ideal für die gemeinsame Erziehung mehrfach und verschiedenartig, auch geistig behinderter Kinder mit nichtbehinderten, auch hochintelligenten Kindern erwiesen. Keywords: Montessori-Pädagogik, behinderte, Inklusion, Sozialpädiatrie, Erziehung, Kinder.

i Надоели баннеры? Вы всегда можете отключить рекламу.
iНе можете найти то, что вам нужно? Попробуйте сервис подбора литературы.
i Надоели баннеры? Вы всегда можете отключить рекламу.

BENEFITS OF MONTESSORI PEDAGOGY IN INCLUSIVE EDUCATION PRACTICE

The article describes the authors’ personal experiences and the associated benefits of Montessori pedagogy for the common upbringing of disabled and non-disabled children. These experiences are important in the context of the current discussion on inclusion. The common upbringing of disabled and non-disabled children means the necessity of adapting a weak child to the strong world. From the point of view of social pediatrics, inclusive education serves to promote children’s social development, the development of independence and the ability to make contacts. Active learning, prepared surroundings, free movement, heterogeneous learning groups, social and cognitive support - these principles are the advantages of Montessori pedagogy for inclusion. A great advantage for the common upbringing of disabled children is the use of the Montessori material: materials for practicing practical life and dealing with the sensory material. The Montessori pedagogy as a child-centered pedagogy has proven to be ideal for the common upbringing multiple and different, also mentally handicapped children with non-handicapped, also highly intelligent children.

Текст научной работы на тему «VORZÜGE DER MONTESSORI-PÄDAGOGIK FÜR DIE GEMEINSAME ERZIEHUNG VON KINDERN MIT UND OHNE BEHINDERUNG»

ПЕДАГОГИЧЕСКИЕ НАУКИ. ОБЩАЯ ПЕДАГОГИКА, ИСТОРИЯ ПЕДАГОГИКИ И ОБРАЗОВАНИЯ PEDAGOGICAL SCIENCES. GENERAL PEDAGOGICS, HISTORY OF PEDAGOGICS AND EDUCATION

Научная статья Педагогические науки

УДК 371.481.022 https://doi.org/10.26907/2658-3321.2021.4.4.589-605

VORZÜGE DER MONTESSORI-PÄDAGOGIK FÜR DIE GEMEINSAME ERZIEHUNG VON KINDERN MIT UND OHNE BEHINDERUNG

Th. Hellbrügge, J. Dattke München, Deutschland dattke@hellbrueggestiftung.de

Abstract. In dem Artikel werden persönliche Erfahrungen von den Autoren und die damit verbundenen Vorzüge der Montessori-Pädagogik für die gemeinsame Erziehung behinderter und nicht behinderter Kinder beschrieben. Diese Erfahrungen sind im Kontext der aktuellen Diskussion über die Inklusion wichtig. Die gemeinsame Erziehung von behinderten und nicht behinderten Kindern bedeutet heute die Notwendigkeit der Anpassung eines schwachen Kindes an die Welt des Starken. Aus der Sicht der Sozialpädiatrie dient die gemeinsame Erziehung der Förderung der kindlichen Sozialentwicklung, der Entwicklung zero Selbständigkeit und zur Kontaktfähigkeit. Aktives Lernen, Vorbereitete Umgebung, Freie Bewegung, Heterogene Lerngruppen, Soziale und kognitive Förderung - in diesen Prinzipien liegen die Vorteile der Montessori-Pädagogik für die Inklusion. Ein großer Vorteil für die gemeinsame Erziehung behinderter Kinder liegt in dem Einsatz des Mon-tessori-Materials: Materialien zur Übung des praktischen Lebens und die Beschäftigung mit dem Sinnesmaterial. Die Montessori-Pädagogik als eine kindzentrierte Pädagogik hat sich als ideal für die gemeinsame Erziehung mehrfach und verschiedenartig, auch geistig behinderter Kinder mit nichtbehinderten, auch hochintelligenten Kindern erwiesen.

Keywords: Montessori-Pädagogik; behinderte; Inklusion; Sozialpädiatrie; Erziehung; Kinder.

For citation: Hellbrügge Th., Dattke J. Vorzüge der Montessori-Pädagogik für die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung. Kazan Linguistic Journal. 2021;4(4): 589-605. https://doi.org/10.26907/2658-332L202L4A589-605

Original article Pedagogy studies

https://doi.org/10.26907/2658-332L202L4.4589-605

BENEFITS OF MONTESSORI PEDAGOGY IN INCLUSIVE EDUCATION PRACTICE

Th. Hellbrügge1, J. Dattke, München2, Germany

Abstract. The article describes the authors' personal experiences and the associated benefits of Montessori pedagogy for the common upbringing of disabled and non-disabled children. These experiences are important in the context of the current discussion on inclusion. The common up-

1 Theodor Hellbrügge (1919-2014), Prof. Dr. med., Dr. h.c. mult., em. Professor für Sozialpädiatrie der Ludwig-Maximilians-Universität in München, war ein Pionier und Begründer der Sozialpädiatrie in der modernen Kinderheilkunde und ein bedeutender Kinderarzt.

2 erst veröffentlicht in:

Hellbrügge, Th und Schneeweiß (Hrsg.) (2012). Kinder im Schulalter Verhaltensstörungen - Lernproblem -Nomabweichungen; Klett Cotta, J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart, S.130ff

bringing of disabled and non-disabled children means the necessity of adapting a weak child to the strong world. From the point of view of social pediatrics, inclusive education serves to promote children's social development, the development of independence and the ability to make contacts. Active learning, prepared surroundings, free movement, heterogeneous learning groups, social and cognitive support - these principles are the advantages of Montessori pedagogy for inclusion. A great advantage for the common upbringing of disabled children is the use of the Montessori material: materials for practicing practical life and dealing with the sensory material. The Montessori pedagogy as a child-centered pedagogy has proven to be ideal for the common upbringing multiple and different, also mentally handicapped children with non-handicapped, also highly intelligent children.

Keywords: Montessori pedagogy; disabled; inclusion; social pediatrics; education; children.

For citation: Hellbrügge Th., Dattke J. Benefits of Montessori Pedagogy in Inclusive Education Practice. Kazan Linguistic Journal. 2021; 4(4): 589-605. (In German) https://doi.org/10.26907/2658-3321.2021A4.589-605

Integration und Inklusion

In der Pädagogik wird zurzeit intensiv über die Begriffe Integration und Inklusion diskutiert. Diese Diskussion ergab sich, nachdem die Generalversammlung der UNO 2006 ihre Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verabschiedete. In dieser Konvention wurde unmissverständlich gefordert, dass allen Schülern der Zugang zu einer Regelschule ermöglicht werden muss. Dieses Übereinkommen versteht sich ausdrücklich als Impulsgeber auf dem Weg zu einer inklusiven demokratischen Gesellschaft. Im März 2009 trat diese Menschenrechtskonvention in Deutschland in Kraft. Damit verpflichtete sich Deutschland ausdrücklich dazu, sein Bildungssystem so zu gestalten, das alle Kinder mit ihrer Vielfalt an Begabungen, aber auch mit ihren Lern- bzw. Entwicklungsverzögerungen Zugang zu einer gemeinsamen, qualitativ hochwertigen Ausbildung erhalten.

„In der allgemeinen schulpolitischen und pädagogischen Debatte in Deutschland trifft man auf sehr unterschiedliche Auffassungen davon, wie eine Praxis gestaltet werden kann, in der alle Kinder gemeinsam lernen können. Bei der Integration (= >Einbeziehung< oder >Eingliederung<) geht es darum, Menschenmit besonderen Bedürfnissen in eine Gruppe von Menschen bzw. ein System von Menschen ohne Behinderung aufzunehmen, d. h. Individuen einzugliedern, die vorher

ausgeschlossen waren; bei der Inklusion (= >Einschluss< oder >Enthaltensein<) geht es um ein Dabeisein von Anfang an. Es muss bei der Inklusion niemand eingegliedert werden, weil niemand zuvor ausgegliedert wurde.

Dem Inklusionsgedanken liegt nicht die Aufteilung in behinderte und nicht behinderte Menschen zugrunde, sondern die Auffassung, dass bei aller Unterschiedlichkeit der Individuen eine gemeinsame Partizipation am gesellschaftlichen Leben und damit am gemeinsamen Unterricht mit- und voneinander von Anfang an anzustreben ist." [1].

Aus kinderärztlicher Sicht hat diese Diskussion über Integration oder Inklusion eigentlich einen falschen Ansatzpunkt. Sie betrifft oft nur die Situation des betroffenen Kindes aus der Sicht eines Lehrers. Denn unter Behinderung in unserer Gesellschaft ist nicht in erster Line eine wie auch immer geartete medizinisch diagnostizierbare Funktionsstörung zu verstehen, sondern es ist mehr ein soziales Problem, das von den Bedingungen in unserer Umwelt stark abhängig ist. In diesem Sinne sollte man den Schwerpunkt der Diskussion über Integration oder Inklusion mehr auf die Wechselwirkung der von Behinderung betroffenen Menschen und ihrer Umwelt lenken. Es sind einerseits die Pädagogen, die sich natürlich das notwendige Wissen über die medizinisch diagnostizierten Funktionsstörungen und ihre Auswirkungen auf die Lernprozesse aneignen müssen, aber vor allem sind es die Kinder und Jugendlichen in diesem Interaktionsprozess. Ohne Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen mit ihrer Vielfalt an Begabungen, aber auch mit ihren sehr unterschiedlichen Lern- bzw. Entwicklungsstörungen, mit ihrem sozialen Engagement und ihrer Empathie wird Inklusion nicht gelingen.

Diese Gedanken, die heute mit dem Begriff der Inklusion beschrieben werden, waren der Grund, weshalb ich - Hellbrügge - im Jahre 1968 das Kinderzentrum München mit Integrationskindergarten und Integrationsschule gegründet habe.

Das Besondere vor 40 Jahren war, durch Frühbehandlung über die Eltern möglichst viele Kinder vor dem Schicksal des lebenslangen Behindertseins zu bewahren und, wo dies möglich ist, durch die gemeinsame Erziehung mit nicht

behinderten Kindern zum gegenseitigen Vorteil zu integrieren. Die gemeinsame Erziehung mehrfach und verschiedenartig behinderter Kinder mit nicht behinderten Kindern hatte u. a. einen Schwerpunkt: die Förderung der kindlichen Sozialentwicklung.

Aus kinderärztlicher Sicht muss das Hauptinteresse auf die nicht behinderten Kinder und deren Aufgabe gelegt werden. Es gilt also, die helfenden Prozesse in der Praxis des Kindergartens und der Schule zu erleben und zu beleben.

Wir möchten nun aus historischer Sicht persönliche Erfahrungen und die damit verbundenen Vorzüge der Montessori-Pädagogik für die gemeinsame Erziehung behinderter und nicht behinderter Kinder wieder in Erinnerung rufen, da wir diese Erfahrungen in der aktuellen Diskussion über die Inklusion für sehr wichtig halten.

Sozialpädiatrische Überlegungen zur pädagogischen Integration/Inklusion bzw. der gemeinsamen Erziehung behinderter und nicht behinderter Kinder

Integrierte Erziehung, wie sie seit dem Gutachten und den Studien der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates immer mehr auch in der Öffentlichkeit diskutiert und im pädagogischen Raum auch zunehmend praktiziert wird, betrifft aus der Sicht der Pädagogik mehr das Sonderschulwesen in dem Sinne, dass wie auch immer behinderte Kinder nicht in spezifischen Sonderschulen isoliert, sondern so weit wie möglich in die normale Schulwelt eingegliedert werden. So gesehen wird integrierte Erziehung eher als eine Fortentwicklung unseres extrem differenzierten Sonderschulsystems angesehen, die helfen soll, deren Auswüchse abzumindern. Der Grundgedanke dieses pädagogischen Ansatzes betrifft im Kern aber die Eingliederung (heute würde ich schreiben den >Einschluss<) behinderter Kinder in die normale Schulwelt, bedeutet letztlich also die Notwendigkeit der Anpassung eines schwachen Kindes an die Welt des Starken.

Integrierte Erziehung aus kinderärztlicher Sicht, insbesondere aus der Sicht der Sozialpädiatrie, hat indessen eine ganz andere Bedeutung. Hier dient die gemeinsame Erziehung mehrfach und verschiedenartig behinderter Kinder, auch geistig behinderter, mit nicht behinderten, auch hochintelligenten Kindern in erster Linie der

Förderung der kindlichen Sozialentwicklung, also der Entwicklung zur Selbständigkeit und zur Kontaktfähigkeit.

Eigene Studien über das Deprivationssyndrom von Säuglingen und Kleinkindern [2], [3], [4] deckten auf, dass die frühkindliche Sozialentwicklung und daran gekoppelt auch die Sprachentwicklung durch die Erziehung in altersgleichen Gruppen schwerwiegend negativ beeinträchtigt wird. Offensichtlich ist kindliche Sozialentwicklung extrem abhängig von dem Erlebnis helfender Prozesse. „Nur wer hilft, wird wirklich selbständig" ist eine These, die sich aus den Erfahrungen der gemeinsamen Erziehung unterschiedlich alter und unterschiedlich leistungsfähiger Kinder aufdrängt.

Für den Schulbereich bestätigt sich erneut, was optimal natürlicherweise in der Familie gegeben ist, nämlich dass Geschwister normalerweise unterschiedlich alt und unterschiedlich begabt sind. Hier handelt es sich indessen um alte pädagogische Erfahrungen, wie sie Pestalozzi bereits vor 200 Jahren beschrieben hat:

„So wie das ältere und fähigere Geschwister unter dem Auge der Mutter den kleinem Geschwistern leicht alles zeigt, was es kann, und sich froh und groß fühlt, wenn es also die Mutterstelle vertritt, so freuten sich meine Kinder, das, was sie konnten, die anderen zu lehren. Ihr Ehrgefühl erwachte, und sie lernten selber gedoppelt, indem sie das, was sie wiederholten, andere nachsprechen." (Über den Aufenthalt in Stanz. Brief an einen Freund).

Solche pädagogischen Grundkenntnisse decken sich voll mit sozialpädi-atrischen Erfahrungen, nach denen eine altersgemischte und leistungsungleiche Erziehungsgruppe nicht nur die Sozialentwicklung der Kinder maßgeblich fördert, sondern auch die kognitive Entwicklung positiv beeinflusst.

Kinderärztliche Erfahrungen im Deutschen Bildungsrat Unsere sozialpädiatrischen Erfahrungen stießen vor über 40 Jahren im Deutschen Bildungsrat - konkret als Mitglied des Ausschusses „Vorschulische Erziehung", darüber hinaus auch als Berater im Ausschuss für Schulerziehung - auf ein völliges Unverständnis der Pädagogen. Hier ließ sich ganz klar ein gegenteiliges

Ziel erkennen, nämlich eine Neuorganisation des Schulsystems, das jedem Kind eine altersgleiche und leistungsgleiche Gruppe, entsprechend bei Kindern mit besonderem Förderbedarf auch eine behindertenspezifische gleiche Gruppe zuordnete. Hierzu musste das vorhandene Schulsystem - Stichwort: systematische Diskriminierung der jahrhundertelang erfolgreichen Dorfschule - geändert werden. Deshalb müssen heute kleine Kinder in großen Bussen zu großen Schulen gefahren werden, und die Idee der Gesamtschule schließlich führte zu Schulmonstren, in denen mehrere tausend Kinder nur um der Unterrichtung altersgleicher und leistungsgleicher Gruppen willen zusammengeführt werden.

Zwei Erlebnisse im Ausschuss „Vorschulische Erziehung" seien hier angeführt, weil sie einerseits schon vor 40 Jahren die Entwicklung unseres pädagogischen Systems andeuteten und weil sie andererseits für den Kinderarzt zu der Konsequenz führen mussten, 1970 eine Montessori-Schule zu gründen, in der mehrfach und verschiedenartig behinderte Kinder mit nichtbehinderten Kindern gemeinsam erzogen werden.

Der Ausschuss „Vorschulische Erziehung" versuchte damals, einen Überblick über vorschulische Einrichtungen in Europa zu erhalten. Dabei zeigten sich interessante Unterschiede zwischen dem kinderärztlichen und dem pädagogischen Ansatz: Als eine ideale Institution wurde einer der schönsten Kindergärten in Europa angesehen: der der Schweizer Spende im Schlosspark von Schönbrunn zu Wien. Nebeneinander sind dort im halbkreis-formierten Grundriss alle Möglichkeiten etabliert: je eine Kindergartengruppe für hörbehinderte, für sehbehinderte, für geistig behinderte, für körperbehinderte, auch für gesunde Kinder.

Während die Pädagogen von dieser speziellen Förderung begeistert waren und darin die Zukunft unserer vorschulischen Erziehung erblickten, schaute ich als Kinderarzt mir die Kinder näher an. Auf meine erstaunte Frage, dass die Kinder in der sehbehinderten Gruppe doch nicht blind seien, erhielt ich von der Kindergärtnerin die Antwort: „Sie sind zwar nicht blind, aber sie schielen". Auf dem Wege nach München zurück stellte ich mir vor, dass eine frühzeitige Isolierung schielender Kinder 20

Jahre später vielleicht dazu führen könnte, Eisenbahnabteile für Brillenträger zu schaffen.

Das andere Schlüsselerlebnis hatte ich in einem Montessori-Kindergarten, welcher der Anna-Schmidt-Schule in Frankfurt angeschlossen ist. Dieser Besuch wurde vom Ausschuss „Vorschulische Erziehung" eigentlich nur noch als weitgehend überflüssige Pflichtübung - um das Bild der verschiedenen Möglichkeiten vorschulischer Pädagogik abzurunden - angesehen, denn Montessoris Pädagogik galt damals als eigentlich schon der pädagogischen Historie angehörig.

Mein erster Eindruck von einem Montessori-Kindergarten war verblüffend. Während sich in ganz Europa vorschulische Einrichtungen schon von weitem durch das Geschrei von Kindern ankündigten, die um die Gunst einer Kindergärtnerin buhlten oder von dieser nur durch gemeinsames Singen oder Spielen von einem „Chaos" abgehalten wurden, zeigte sich hier eine völlige Stille. Jedes Kind war mit etwas anderem beschäftigt: mit Tätigkeiten des praktischen Lebens, mit Sinnesmaterial oder mit didaktischem Material. Kleine Kinder, die anhand der Goldenen Perlen Freude an der Mathematik hatten oder über die Sandpapierbuchstaben freiwillig Leseübungen veranstalteten, erregten mein Kopfschütteln. Mehr noch verwunderte das selbständige Arbeiten der Kinder, denn weit und breit war keine Pädagogin in Sicht. Erst nach längerem Zuschauen kam eine ältere Dame unter dem Tisch hervor und erklärte, sie hätte unbedingt einem Kind, das auf dem Fußboden arbeiten wollte, bei seinen Problemen helfen müssen.

Das eigentliche Schlüsselerlebnis kam aber durch zwei Kinder mit Down-Syndrom zustande. Auf meine erstaunte Frage, ob diese geistig behinderten Kinder denn in der Kindergartengruppe nicht störten oder in ihrer pädagogischen Förderung erheblich zu kurz kämen, erhielt ich die ebenso erstaunte Antwort von der Pädagogin, dass sie gar nicht mehr bemerkte, dass diese Kinder geistig behindert sind und ich doch selbst erkennen könnte, dass sie hier nicht stören.

Mit diesem Schlüsselerlebnis fuhr ich nach München zurück. Ich hatte mit der Montessori-Pädagogik ein pädagogisches System entdeckt, das es grundsätzlich er-

möglichte, nichtbehinderte und behinderte - auch verschiedenartig behinderte -Kinder gemeinsam zu erziehen. Dies schien wichtig im Hinblick auf das Konzept der Entwicklungs-Rehabilitation, das ich 1968 mit Hilfe der Aktion Sonnenschein im Kinderzentrum München verwirklichte. Dieses Konzept war sehr bedeutsam, denn die gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderte Kinder ermöglichte soziale Lernprozesse vielleicht noch stärker als die gemeinsame Unterrichtung altersgleicher Kinder. Als Ziel der Frühdiagnostik und Frühtherapie wurde die frühe soziale Eingliederung wie auch immer gestörter und behinderter Kinder in Familie, Kindergarten und Schule intendiert, und hierfür schien die Montessori-Pädagogik geradezu ideal geeignet.

Als Konsequenz dieser Erlebnisse im Deutschen Bildungsrat wurde dem Kinderzentrum München 1968 ein Montessori-Kindergarten angegliedert, in dem erstmalig systematisch integrierte Erziehung - aus sozialpädiatrischer Sicht besser eine gemeinsame Erziehung - behinderter und nichtbehinderter Kinder praktiziert wurde.

Sonderstellung der Montessori-Pädagogik und Gründung eines ersten Integrationskindergartens

Aus der Sicht der Pädagogik des Deutschen Bildungsrates musste die Montessori-Pädagogik als Herausforderung gelten. Während alle Bestrebungen darauf hinausliefen, altersgleiche, leistungsgleiche oder leistungsschwache Gruppen zu schaffen, lehnte diese Pädagogik konsequent Jahrgangsklassen ab. Den Vorstellungen des Deutschen Bildungsrates entsprach ein lehrerzentrierter Unterricht, bei dem die Lernprozesse vor allem vom Lehrer induziert werden, während in der Mon-tessori-Pädagogik das Kind im Mittelpunkt steht, das weitgehend autodidaktisch seine Lernprozesse selbst bestimmt. Während das Ziel der Bildungsrat-Pädagogik darin bestand, der einheitlichen Gruppe die gleichen Lernprozesse mit dem gleichen Lerntempo zu ermöglichen, bestimmt in der Montessori-Pädagogik das einzelne Kind sein Lerntempo weitgehend selbst. Während in den Bestrebungen der BildungsratPädagogik mit der Unterrichtung weitgehend leistungsgleicher oder leistungsunglei-

cher Kinder die Tendenz liegen musste, dass die Schüler immer nur lernten, was als Pensum von dem Lehrer aufgegeben wurde, was zwangsläufig auch die Unselbständigkeit der Kinder förderte, ist in der Montessori-Pädagogik die Freiheit des einzelnen Kindes und die Förderung der Selbständigkeit maßgeblich intendiert. In diesem System hat der Erzieher lediglich den Auftrag, aus der Sicht des Kindes, „Hilf mir, es selbst zu tun".

Bei der Einrichtung des ersten Montessori-Kindergartens, in dem behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam erzogen wurden, hatte ich das einmalige Glück, dass mir in Frau Margarete Aurin eine unmittelbare Schülerin von Maria Montessori begegnete, die - erstmalig für die gesamte internationale Montessori-Pädagogik - im Kinderzentrum München systematisch eine gemeinsame Erziehung behinderter mit nichtbehinderten Kindern praktizierte. Den Aufbau und die ersten Erfahrungen des Kindergartens, ebenso wie die unglaublichen behördlichen Schwierigkeiten, als aus diesem Kindergarten wie selbstverständlich eine Grundschule entstand, sind in dem Buch „Unser Montessori-Modell" eingehend beschrieben.

Vorteile der Montessori-Pädagogik für die gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder

Die Vorteile der Montessori-Pädagogik für die gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder wurden bereits kurz skizziert. Sie liegen in folgenden Prinzipien:

Aktives Lernen: Nach den Erkenntnissen der Kommunikationsforschung hat Lernen durch Hören etwa eine Effizienz von rund 20, Lernen durch Lesen von rund 30 %, Lernen durch die Verbindung von Hören und Lesen eine Effizienz von rund 50 %, Lernen durch darüber sprechen 70 %, aber Lernen durch aktives Handeln eine Effizienz von 90 % [5]. In der Montessori-Pädagogik steht das aktive Lernen durch Handeln mit dem Montessori-Material im Vordergrund. Im Hinblick auf die Lernprozesse ist deswegen die Montessori-Pädagogik grundsätzlich allen anderen

pädagogischen Systemen; in denen nicht aktives Lernen im Mittelpunkt steht, überlegen.

Vorbereitete Umgebung: Hier finden die Kinder alle didaktischen Prozesse geordnet vor in offenen Regalen mit Montessori-Material, mit gemeinsamer Pflege der Umgebung zur Förderung des Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühls, im freien Übergang von einer Gruppe in die andere etc.

Freie Bewegung: Lernen an dem eigenen Tisch, Lernen auf dem Teppich auf dem Fußboden, Lernen - unter Mitnahme des eigenen Gestühls - im Freien, Gastlernen in der Nachbargruppe etc.. Freie Bewegung stärkt den natürlichen Bewegungsdrang des Kindes als eine der entscheidenden Voraussetzungen für das Wachstum und gibt behinderten und nicht behinderten Kindern die Möglichkeit, motorische Störungen selbstverständlich zu akzeptieren.

Heterogene Lerngruppen: In der Montessori-Pädagogik sind die Altersstufen von 3 bis 6 Jahre, 7 bis 9 Jahre, 10 bis 12 Jahre vereint. Unter Einbeziehung von mehrfach und verschiedenartig behinderten Kindern lernen Jüngere von Älteren, Schwächere von Stärkeren.

Docendi discimus (wer lehrt, lernt besser) ist ein über 2000 Jahre altes pädagogisches Prinzip, das hier zum Vorteil von erfahrenen Kindern wie von selbst verwirklicht ist. Montessori hat dies so beschrieben: „Der Weg, auf dem die Schwachen sich stärken, ist der gleiche wie der, auf dem die Starken sich vervollkommnen."

Soziale und kognitive Förderung: Auf der Basis dieser Pädagogik - so hat in 40 Jahren auch die Erfahrung sowohl im Kindergarten als auch in der Grundschule als auch inzwischen in der Hauptschule in München ergeben - lässt sich in besonderer Weise der Vorteil einer gemeinsamen Erziehung mehrfach und verschiedenartig, auch geistig behinderter Kinder mit nicht behinderten, auch hochintelligenten Kindern ablesen.

Indem das intelligente Kind dem weniger intelligenten Kind hilft, wächst es in seiner Selbständigkeit, wodurch auch seine kognitiven Prozesse maßgeblich gefördert werden.

Indem das geistig behinderte Kind voller Freude den Rollstuhl des schwer körperbehinderten Kindes schiebt, erlebt es das Glück des Helfens, womit es in seiner Selbständigkeit und in seiner Kommunikationsfähigkeit gefördert wird.

Da geistig behinderte Kinder - in gleicher Weise auch sinnesgeschädigte, einschließlich blinder Kinder - von anders behinderten Kindern Hilfe erfahren, lässt sie Helfen und Helfenlassen erfahren, was wiederum nicht nur ihre Sozialentwicklung maßgeblich fördert, sondern auch ihre Lernprozesse verstärkt.

Nur in der gemeinsamen Erziehung kann - wie kürzlich erlebt - auch ein Kind mit Down-Syndrom (in aller Welt als geistig behindert abgestempelt und in Sonderschulen isoliert) eine zweite Sprache erlernen und sich, wie in unserer Schule geschehen, mit der britischen Kronprinzessin Diana auf Englisch unterhalten. Die Prinzipien der Montessori-Pädagogik machen es möglich, dass auch behinderte Kinder ein Lernniveau erreichen, das in einer Sondergruppe einfach nicht erreicht werden kann.

Die Sonderstellung der Montessori-Pädagogik als Hilfe für mehrfach und verschiedenartig behinderte Kinder erschloss sich mir erst beim näheren Studium der Grundlagen. Es handelt sich nämlich nicht um eine typische pädagogische Methode, sondern ausschließlich um die Übertragung neurophysiologisch begründeter Lernvorgänge auf das Kleinkind- und Schulalter.

Ihre Grundlagen hat diese Methode in den Empfehlungen zur Erziehung von Kindern mit geistiger Behinderung, wie sie von dem französischen Psychiater Edouard Séguin (1812-1880), als „Physiologische Erziehung der Idioten" inmitten des vorletzten Jahrhunderts formuliert wurden. Lernen durch Bewegung, durch Förderung der Grob- und Feinmotorik, Lernen durch Wahrnehmung über Sehen, Hören, Fühlen, Drücken, Förderung des Gedächtnisses und der Konzentration sowie Ausdauer und stereognostische und vibratorische Stimulation, Förderung der Koordination von Hand-Hand- oder Hand-Auge-Übungen etc.

Montessori-Materialien

Ein großer Vorteil für die gemeinsame Erziehung behinderter Kinder liegt in dem Einsatz des Montessori-Materials:

Die Materialien zur Übung des praktischen Lebens - im Kindergarten und in der Grundschule als Anregung erfahren - können ohne weiteres auch in den Alltag auf geistig behinderte Kindern, motorisch gestörte oder sinnesgeschädigte Kindern übertragen werden. Im Rahmen der Tätigkeiten des praktischen Lebens lernt das Kind in der Montessori-Gruppe gemeinsam mit nicht behinderten Kindern tätig zu werden, eine Fähigkeit, die ihm in der Praxis des späteren Lebens maßgeblich Hilfe gibt.

Die Beschäftigung mit dem Sinnesmaterial hilft dem Kind zu begreifen, was es sieht, hört und tastet. Es verarbeitet - behindert oder nicht - auditive, visuelle, Geschmacks-, Tast- und Geruchseindrücke. Die Kompensationsmöglichkeiten für motorisch behinderte oder sinnesgestörte Kinder liegen wie in keiner anderen Pädagogik auf der Hand.

Mit dem didaktischen Material lernen wie auch immer behinderte Kinder leichter die pädagogischen Grundtechniken als über jede andere Methode. In der Mathematik greifen und damit begreifen behinderte und nichtbehinderte Kinder beispielsweise eine Goldene Perle als Punkt = 1, 10 Goldene Perlen aneinandergereiht als Linie = 10, 10 mal 10 Goldene Perlen hintereinander als Hunderterkette, nebeneinander als Quadrat = 100, 10 mal 10 Perlenquadrate aufeinander gelegt als Kubikwurzel = 1000.

Das Nachziehen der Sandpapierbuchstaben als Koordinationsübung prägt als kinästhetisches Lernen (von Maria Montessori „Muskelgedächtnis" genannt) dem Großhirn die Buchstabenmuster ein, wodurch wiederum motorisch gestörte, sinnesgeschädigte, auch mental retardierte Kinder erhebliche Schreib- und damit Lesehilfen erfahren.

Indem das nicht behinderte Kind die gleichen Übungen an dem gleichen Material vollzieht wie das behinderte Kind, entstehen neben den kognitiven kontinuierlich

auch soziale Lernprozesse, die für die Persönlichkeitsentwicklung behinderter und nicht behinderter Kinder so bedeutsam sind.

Erfahrungen mit gemeinsamer Erziehung behinderter und nicht behinderter Kinder im Rahmen der Montessori-Pädagogik in der Grundschule

Bei der integrierten Erziehung in der Grundschule hat sich im Rahmen der Montessori-Pädagogik eine Klassenstärke zwischen 20 und 25 Kindern, von denen 5 bis 7 Kinder mehrfach und verschiedenartig behindert sind, als günstig erwiesen. Die Art der Behinderung spielt eine untergeordnete Rolle, jedoch benötigen in ihrer Sozialentwicklung geschädigte aggressive Kinder eine kleinere Gruppe, wo sie mehr Zuwendung durch den Pädagogen erhalten. Da unsere Kinder nach den amtlichen bayerischen Lehrplänen lernen, kann jederzeit ein Kind die Schule verlassen oder neu in die Grundschule eintreten.

Da die Montessori-Schule als Schulversuch genehmigt wurde, hat das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft auch eine wissenschaftliche Begleitung finanziert, mit deren Hilfe nicht nur der Leistungsstand, sondern vor allem das Arbeitsverhalten und die soziale Eingliederung untersucht wurden. In einer parallel-isierten Untersuchung mit wissenschaftlichen „Geschwistern" aus der normalen Grundschule wurden Konzentrationsverhalten, Schulangst, Schulunlust, funktionelle körperliche Beschwerden und Einstellung zu Behinderten neben der Schulleistung untersucht.

In Deutsch, Mathematik und Turnen hatten die ehemaligen Montessori-Schüler im Sekundarbereich die gleichen Leistungen wie die Kinder, die ihre Grundschulzeit in Regelschulen verbracht hatten, und dies, obwohl sie während der gesamten Grundschulzeit praktisch keine Noten kennen lernten.

Die ehemaligen Montessori-Schüler zeigten im Hinblick auf Prüfungsangst und manifeste Angst hochsignifikant geringere Werte als ihre „wissenschaftlichen Geschwister" aus Regelschulen. Die Montessori-Schüler zeigten im Prinzip die gleichen Konzentrationsleistungen wie die Grundschüler aus den Regelschulen, und dies, obwohl unter den Montessori-Schülern von Behinderung bedrohte, körperbe-

hinderte und sogar mehrfach geschädigte Kinder waren. Im Sekundarbereich allerdings waren die ehemaligen Montessori-Schüler in ihren Konzentrationsleistungen signifikant besser.

Signifikante Unterschiede fanden sich beim Selbstkonzept, d. h. die ehemaligen Montessori-Schüler - auch die behinderten Kinder - schätzten sich signifikant als schneller, ruhiger und mutiger sowie als tendenziell besser ein. Die ehemaligen Montessori-Schüler schätzten behinderte Mitschüler als weniger brav, traurig, arm, leise, krank, schwach ein. Aus ihren Erlebnissen heraus hatten sie also das Vorurteil gegenüber behinderten Kindern abgelegt.

Auch in der „Soziale-Distanz-Skala", die den operationalisierten Handlungsaspekt betrifft, zeigten die ehemaligen Montessori-Schüler eine wesentlich geringere soziale Distanz, aber eine größere soziale Nähe als ihre „wissenschaftlichen Geschwister" in der Regelschule. 72 % der ehemaligen Montessori-Schüler konnten sich gut vorstellen, ein körperbehindertes Kind als besten Freund zu haben.

Rund 80 % der nicht behinderten Kinder gehen nach vier Jahren Grundschule auf das Gymnasium. Hierzu müssen sie -da die Schule nur staatlich genehmigt, aber nicht staatlich anerkannt ist - eine Aufnahmeprüfung an einer fremden Schule mit einem ihnen grundsätzlich fremden Stoff bestehen, was bemerkenswerterweise niemals zu Schwierigkeiten führte. Das Weiterverfolgen der Kinder, die von der Mon-tessori-Grundschule in das Gymnasium übergewechselt sind, hat gezeigt, dass die Kinder keine Schwierigkeiten hatten, sich auf einen lehrerzentrierten Unterricht mit Noten einzustellen. Ihre im Rahmen der gemeinsamen Erziehung gewonnene Selbständigkeit erleichterte ihnen dies offensichtlich.

Einer unserer ehemaligen Schüler - mathematisch besonders begabt - beherrschte bereits am Ende des zweiten Jahres die Grundschul- und am Ende des vierten Schuljahres die gesamte Hauptschulmathematik, was im Rahmen der Montes-sori-Pädagogik ohne Schwierigkeiten möglich ist. Er hat 1983 die JugendMathematik-Olympiade in Paris mit einer Goldmedaille gewonnen.

Den behinderten Kindern steht die Möglichkeit offen, in das Gymnasium überzuwechseln, die 4. Klasse vor dem Übergang in das Gymnasium noch einmal zu wiederholen, in eine Hauptschule überzutreten oder in die Sonderschule zu gehen. Auch unter den behinderten Kindern haben wir einen relativ hohen Prozentsatz von späteren Gymnasiasten, darunter vor allem hörbehinderte und körperbehinderte Kinder mit spastischer Lähmung.

Die Erfolge bei behinderten Kindern lassen sich an den Ergebnissen der Schullaufbahn von geistig behinderten, lernbehinderten und erziehungsschwierigen Kindern bei Abschluss der Montessori-Schule messen:

■ Von 17 bei der Einschulung 1974 bzw. 1975 als geistig behindert eingestuften Kindern erreichten 8 Jahre später 2 Kinder einen Hauptschulabschluss, 7 einen Lernbehindertenabschluss und nur 8 blieben bei einem Abschluss für geistig behinderte Kinder;

■ Von 16 bei der Einschulung zum gleichen Zeitpunkt als lernbehindert eingestuften Kindern erreichten 8 einen normalen Hauptschulabschluss und 8 blieben bei einem Lernbehindertenabschluss;

■ Von 5 bei der Einschulung als erziehungsschwierig eingestuften Kindern erreichten 4 einen normalen Hauptschulabschluss, 1 Kind einen Lernbehinder-tenabschluss.

Resümee

Die Montessori-Pädagogik als eine kindzentrierte Pädagogik, die nur altersgemischte Gruppen kennt und bei der neurophysiologische Anregungen durch das spezifische Material die kognitiven Lernprozesse fördern, hat sich als ideal für die gemeinsame Erziehung mehrfach und verschiedenartig, auch geistig behinderter Kinder mit nichtbehinderten, auch hochintelligenten Kindern erwiesen. Die in der Montessori-Pädagogik intendierte soziale Förderung durch Helfen und Helfenlassen wird im Rahmen der gemeinsamen Erziehung, wie sie erstmalig für die internationale Montessori-Pädagogik im Kinderzentrum München praktiziert wurde, hat inzwischen

auch internationale Verbreitung gefunden. Sie ermöglicht eine optimale Förderung nicht nur behinderter, sondern auch nicht behinderter Kinder.

Enden möchten wir mit einem Zitat von Maria Montessori: „Nicht das Kind soll sich der Umgebung anpassen, sondern wir sollten die Umgebung dem Kind anpassen." Wenn wir diesen Gedanken in unserer schulpolitischen und pädagogischen Debatte berücksichtigen, wird Inklusion gelingen. Wenn unsere Gesellschaft und alle ihre Programm für die Bildung und Erziehung der Kinder und Jugendlichen und auch darüber hinaus nicht mehr automatisch auf die „gesunden Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen" zugeschnitten werden, sondern wenn es uns gelingt Programme zu erarbeiten, die die Breite der Bedürfnisse und die Breite der Erfahrungen und Begabungen aller Mitglieder unserer Gesellschaft berücksichtigt, wird der Weg zu einer inklusiven Gesellschaft geebnet.

Literatur

1. Hellbrügge T. Unser Montessori-Modell-Erfahrungen mit einem neuen Kindergarten und einer neuen Schule. München: Kindler; 1977.

2. Hellbrügge T. Zur Problematik der Säuglings- und Kleinkinderfürsorge in Anstalten. Hospitalismus und Deprivation in: H. Opitz & Schmid (Hrsg.): Handbuch der Kinderheilkunde. Berlin/Heidelberg/New York: Springer. 1966;Ш(5): 385-404.

3. Hellbrügge T. Zur Prognose des frühkindlichen Deprivationssyndroms bei Heimkindern in: Schriftenreihe der Deutschen Zentrale für Volksgesundheitspflege e. V. 1970;17(5): 42-58.

4. Pechstein J. Umweltabhängigkeit der frühkindlichen zentralnervösen Entwicklung. Schriftenreihe aus dem Gebiete des öffentl. Gesundheitswesen, 34. Stuttgart: Thieme; 1974.

iНе можете найти то, что вам нужно? Попробуйте сервис подбора литературы.

5. Fischer A. Aufbau eines Gesundheitserziehungsprogramms durch einen Wohlfahrtsverband in: Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung (Hrsg.): Gesundheitserziehung von A bis Z, 5 Liefg. Bonn: Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung e. V; 1956.

6. Eckert E. & Waldschmidt I. Vorwort. In dies. (Hrsg.) Inklusion: Menschen mit besonderen Bedürfnissen und Montessori-Pädagogik. Berlin, Münster: LIT-Verlag; 2010.

7. Hellbrügge T. Kindliche Sozialisation und Sozialentwicklung. Fortschr. d. Sozialpädiatrie. München; Urban & Schwarzenberg. 1975;(2).

References

1. Hellbrügge T. Our Montessori model-Experiences with a new kindergarten and a new school. Munich: Kindler; 1977.

2. Hellbrügge T. On the problem of infant and young child care in institutions. In: H. Opitz & Schmid (eds.): Handbook of Pediatrics. Berlin/Heidelberg/New York: Springer. 1966;III(5): 385-404.

3. Hellbrügge T. On the prognosis of early childhood deprivation syndrome in home children in: Schriftenreihe der Deutschen Zentrale für Volksgesundheitspflege e. V. 1970;17(5): 42-58.

4. Pechstein J. Environmental dependence of early childhood central nervous development. A series of publications from the field of public art. Health Care, 34. Stuttgart: Thieme; 1974.

5. Fischer A. Establishment of a health education program by a welfare association in: Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung (ed.): Health education from A to Z, 5 Liefg. Bonn: Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung e. V; 1956.

6. Eckert E. & Waldschmidt I. Preface. In this. (Ed.) Inclusion: People with special needs and Montessori pedagogy. Berlin, Münster: LIT-Verlag; 2010.

7. Hellbrügge T. Child socialization and social development. Progress. d. Social pediatrics. Munich; Urban & Schwarzenberg.1975;(2).

Авторы публикации Theodor Hellbrügge -

Prof. Dr. med., Dr. h.c. mult.,

Gründer und Direktor des Kinderzentrums

München

München, Deutschland

Authors of the publication

Theodor Hellbrügge -

Prof. Dr. med., Dr. h.c. mult., Founder and director of Kinderzentrum München

Munich, Germany

Joachim Dattke —

Prof. h.c. Dipl.-Päd.,

Theodor-Hellbrügge-Stiftung

München, Deutschland

E-mail: dattke@hellbrueggestiftung.de

Раскрытие информации о конфликте интересов

Автор заявляет об отсутствии конфликта интересов.

Информация о статье Поступила в редакцию: 15.08.2021 Одобрена после рецензирования: 10.10.2021 Принята к публикации: 13.10.2021

Автор прочитал и одобрил окончательный вариант рукописи.

Информация о рецензировании

«Казанский лингвистический журнал» благодарит анонимного рецензента (рецензентов) за их вклад в рецензирование этой работы.

Joachim Dattke — Prof. h.c. Dipl.-Pad., Theodor-Hellbrugge-Stiftung Munich, Germany

E-mail: dattke@hellbrueggestiftung.de

Conflicts of Interest Disclosure

The author declares that there is no conflict of interest.

Article info

Subbmitted: 15.08.2021

Approved after peer reviewing: 10.10.2021

Accepted for publication: 13.10.2021

The author has read and approved the final manuscript.

Peer review info

Kazan Linguistic Journal thanks the anonymous reviewer(s) for their contribution to the peer review of this work.

i Надоели баннеры? Вы всегда можете отключить рекламу.