Научная статья на тему 'Tagungsbericht 9. Altslavistentreffen, Freiburg i. Br., 19./20. Oktober 20121Albert-Ludwig-Universitat Freiburg'

Tagungsbericht 9. Altslavistentreffen, Freiburg i. Br., 19./20. Oktober 20121Albert-Ludwig-Universitat Freiburg Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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Conference

Notes

Хроника

Tagungsbericht 9. Altslavistentreffen, Freiburg i. Br.,

19./20. Oktober 2012

Achim Rabus

Slavisches Seminar Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Девятая встреча палеославистов, Фрайбург-в-Брайсгау, 19-20 октября 2012 г.

Ахим Рабус

Славянский семинар Фрайбургского университета им. Альберта и Людвига

Mit dem 9. Altslavistentreffen, das vom 19. bis zum 20. Oktober 2012 in Freiburg i. Br. stattfand, wurde eine Tradition fortgesetzt, die vor fünfzehn Jahren von Hans Rothe, Christian Hannick und Rainer Stichel begründet wurde. Hierbei handelt es sich um das Treffen der Vertreter der traditionell starken, aber aus wissenschaftspolitischen Gründen — im Gefolge des Bologna-Prozesses und der förderpolitischen Großwetterlage — unter Druck befindlichen deutschsprachigen Paläoslavistik, deren Kreis um namhafte und vielversprechende Spezialisten aus zahlreichen europäischen Ländern ergänzt wurde. Auf dem Treffen sollte aus der laufenden Arbeit zu paläoslavistischen Themen berichtet werden, wobei bewusst auch neue oder unfertige Projekte angesprochen werden konnten.

Die Konferenz war gleichzeitig als Abschlusskonferenz eines von Juliane Be-sters-Dilger und Christian Voß geleiteten Forschungsprojektes zu Fragestellungen der Variation und Norm des Russisch-Kirchenslavischen des 16. Jahrhunderts am Beispiel des Apostolos in den Großen Lesemenäen des Metropoliten Makarij (Velikie Minei Čet’i, VMČ) konzipiert. Daher widmete sich eine große Zahl der Beiträge verschiedenen Aspekten dieses Denkmals, neben einer Anzahl an Vorträgen mit allgemein paläoslavistischem Hintergrund.

Zu letzteren zählte der eröffnende Vortrag von Hans Rothe (Bonn) über kirchen-slavische liturgische Hymnen als Literatur. Rothe wies anhand einer Analyse von Ad-

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verbien auf die Bedeutung dieser lange vernachlässigten Gattung hin und forderte die Überwindung nationalphilologischer Betrachtungsweisen. Dagmar Christians (Bonn) untersuchte das Verhältnis der griechischen und slavischen Gottesdienstme-näen auf lexikalisch-semantischer Ebene und zeigte am Beispiel der Seefahrtterminologie zahlreiche erklärend-interpretierende Übertragungen der Slaven auf. Marcello Garzaniti (Florenz) zeigte die Schlüsselfunktion eines Bibelzitats für die Vita Metho-dii und den direkten Bezug zu den orationes des Gregor von Nazianz. Aleksandr Moldovan (Moskau) widmete seinen Vortrag den 13 slov Grigorija Bogoslova. Im Rahmen einer textologischen Analyse konnte er Aussagen über deren ursprüngliche Zusammensetzung und differierende textologische Traditionen machen.

Rainer Stichel (Münster) präsentierte, unterstützt durch die Darstellung zahlreicher Handschriftenfragmente, eine kirchenslavische Handschrift, unter anderem mit einem Kolophon, der aus der Gennadij-Tradition bekannt ist. Er zeigte Verbindungen zu deutschsprachigen Texten auf. Dieter Stern (Gent) nahm, ausgehend von einem Textfragment aus dem Bdinski Zbornik, eine skrupulöse philologische Einzelstudie vor. Unter Rückgriff auf einen Teil der griechischen Überlieferungstradition erfolgte eine überzeugende Interpretation einer bislang unklaren kirchensla-vischen Stelle. Lora Taseva (Sofia/Bern) analysierte griechisch-slavische lexikalische Entsprechungen als attribuierendes Merkmal in Übersetzungen aus dem 14. Jahrhundert anhand der Synaxarien zum Triodion. Dabei standen unterschiedliche Übersetzungen ein und desselben griechischen Wortes sowie der Vergleich mit älteren Übersetzungen im Mittelpunkt. Aus der Analyse geht hervor, dass die Auswahl der slavischen Korrelate als Merkmal für den Übersetzungsstil zu betrachten ist. Sabine und Dieter Fahl untersuchten anhand des slavischen Corpus Areopagiticum das Schwanken zwischen Singular- und Pluralformen bei Kollektiva auf -je (wie zelje ‘Grünzeug’). Sie demonstrierten, dass die Kollektiva teilweise als Pluralersatz fungieren konnten, teilweise aber auch selbst in den Plural gesetzt werden konnten und stellten bislang nicht dokumentierte Kollektivlexeme vor. Yannis Kakridis (Bern) beschäftigte sich anhand der Übersetzungen in der Handschrift Dečani 88 mit dem komplexen Problem der polyphonen Rede. Als Resultat seiner Analyse konnte er festhalten, dass die differenzierte Polyphonie der griechischen Vorlage im Slavischen häufig reduziert auftritt. Roland Marti (Saarbrücken) lenkte die Aufmerksamkeit des Publikums auf das Phänomen der Akrosticha, durch deren Auswertung und Analyse das lexikalische Material des altkirchenslavischen Kanons signifikant erweitert werden könne. Ein für die sprachliche Analyse herausragendes Merkmal dieser gleichsam vertikalen Texte sei die Tatsache, dass Akrosticha ausschließlich die Sprache zum Zeitpunkt der Entstehung des Textes, ohne durch die Überlieferung bedingte Veränderungen und Verzerrungen, widerspiegeln. Eva Pallasovä (Brno/ Freiburg) analysierte die kirchenslavischen Übersetzungsäquivalente griechischer Ausdrücke der Möglichkeit und Notwendigkeit. Unterschiedliche Kategorisierungs-grade wurden differenziert, weiterhin wurde beispielsweise zwischen den Ausdrücken für metaphysische Notwendigkeit und normative oder gesellschaftliche Notwendigkeit unterschieden. Giorgio Ziffer (Udine) führte anhand der erst spät bezeugten Abschriften der Vita Constantini eine textologische Untersuchung durch. Die von ihm aufgestellte Hypothese der zentralen Bedeutung der zweiten Novgoroder (Sborniki-)Gruppe, die verschiedene Kontaminationen aufweist, erscheint anhand der

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dargestellten Daten plausibel. Ziffers Untersuchung kann als Plädoyer für die Relevanz „später“ Textzeugen (wie der VMČ) interpretiert werden. Irina Podtergera (Freiburg) befasste sich mit dem relativischen Anschluss. Mit Bezug auf zahlreiche Sekundärquellen analysierte sie die von Dmitry Gerasimov hergestellte kirchensla-vische Bruno-Übersetzung. Sie stellte fest, dass im Kirchenslavischen dieser Übersetzungen der relative Anschluss tatsächlich existiert, selbst wenn es sich häufig um ein Interpunktions- beziehungsweise Interpretationsproblem handelt.

Lara Sels (Gent) schlug in ihrem Beitrag den Bogen zwischen traditioneller Philologie und e-Humanities. Sie berichtete über ein Projekt der digitalen Edition des BdinskiZbornik, die unter bdinski.obdurodon.org im Internet zugänglich ist. Sels diskutierte die Probleme traditioneller Papiereditionen, die häufig auf begrenztem Raum zu viele Zwecke erfüllen wollen, also gleichzeitig eine diplomatische Edition und einen Lesetext (oder einen Kompromiss) präsentieren. Mithilfe einer digitalen Edition lassen sich laut Sels diese Probleme minimieren so dass man besser der Fluidi-tät vormoderner Textualität gerecht werden kann. Hierdurch lasse sich das volle Potenzial des digitalen Mediums ausspielen, was durch das Schlagwort „many views in one edition“ versinnbildlicht wird.

Zwei Beiträge befassten sich mit den Spätausläufern der kirchenslavischen Tradition. Christian Voss (Berlin) untersuchte in seinem theorie-affinen Beitrag die “Zwischenräume” Bosnien und Galizien und die dort vor dem Hintergrund religiöser Diskurse entstehenden sprachlichen Konzepte, wobei hier für die genannten Regionen in jeweils unterschiedlicher Ausprägung kulturelle und sprachliche Hybridi-tät konstatiert werden kann. Vittorio Tomelleri (Macerata) betrachtete das erste ossetische Buch von 1798. Er wies auf Bezüge der im genannten Buch präsentierten ossetischen Orthographie zu der kirchenslavischen sowie auf syntaktische Abhängigkeiten hin.

Den Reigen der thematisch auf die VMČ fokussierten Beiträge eröffnete Francis Thomson (Antwerpen) mit seinem virtuos präsentierten Vortrag, in welchem er auf „some frequently overlooked aspects“ im Hinblick auf die VMČ einging. Unter anderem stellte er dar, dass die Bezeichnung spisok für die drei VMČ-Fassungen (Sofijskij, Uspensky, Carsky) „entirely misleading“ sei. Der Grund hierfür ist laut Thomson die Tatsache, dass zwar die Sofijsky-Fassung als „the most complete menologion ever“ gelten kann, die anderen beiden Abschriften aber nicht dem Menologiums-Konzept folgen, sondern durch die Aufnahme verschiedener Texte den Machtanspruch Ma-karys demonstrieren. Auch Emilja Šul’gina (Moskau) befasste sich mit Machtdiskursen in Texten, die in den VMČ enthalten sind. Neben dem berühmten Sendschreiben des Mönchs Filofej zeigte sie verschiedene Miniaturen, die machtbezogene Handlungen, beispielsweise die Krönung Ivans des IV., darstellen. Auch Elena Serebrjakova (Moskau) betrachtete Miniaturen und konnte anhand einer Analyse derselben die VMČ-Fassungen in spezifische Traditionen einordnen. Marina Bobrik (Berlin) analysierte die konkrete Ausgestaltung der kirchenslavischen Sprache des in den VMČ enthaltenen kommentierten Apostolos. Die heterogene Genese des Texts führte zu Variation auf zahlreichen sprachlichen Ebenen, wobei gewisse Redi-gierungstendenzen zu konstatieren sind. Juliane Besters-Dilger (Freiburg) ging der Einordnung des in den VMČ zu findenden Apostolos in die ostslavische Tradition nach. Dabei machte sie deutlich, dass der Apostolos in der Fassung Carsky der

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nach Voskresensky ersten Apostolos-Redaktion folgt und dass eine deutliche Nähe der Uspenskij-Fassung zur vierten Redaktion festzustellen ist. Roman Krivko (Moskau) begab sich auf die Suche nach Spuren des Altkirchenslavischen in der in den VMČ zu findenden Version der von Konstantin von Preslav übersetzten Reden gegen die Arianer von Athanasius dem Großen. Er demonstrierte anhand zahlreicher orthographisch-lautlicher oder lexikalischer Beispiele die große Nähe des VMČ-Text zur altkirchenslavischen Vorlage, wodurch die Bedeutung der VMČ für die Erforschung der ältesten Textschicht des Kirchenslavischen deutlich werde. Natal’ja Kobjak (Moskau) befasste sich mit den Werken des Photios im Umkreis der VMČ. Sie zeigte verschiedene interessante Erscheinungen auf, unter anderem verwies sie auf das Monogramm des Photios.

Ruprecht von Waldenfels (Bern) und Achim Rabus (Freiburg) stellten das VMČ-Korpus vor, welches unter www.vmc.uni-freiburg.de zugänglich ist. Das als „digitale Zweitverwertung“ der in der Druckvorbereitung befindlichen Edition des VMČ-Apostolostextes nach der Uspenskij-Fassung zu verstehende Korpusprojekt zeigt, dass mit relativ geringem Ressourcenaufwand ein benutzerfreundliches Korpus mit einer mächtigen Abfragesprache erstellt werden kann, was die linguistische Analyse signifikant vereinfacht. Durch die Kombination einer traditionellen Buchedition mit einem Internetkorpus seien ohne Verlust philologischer Präzision optimale Ergebnisse zu erzielen. Von Waldenfels und Rabus schlossen mit einem Plädoyer für die digitale Zweitverwertung von Textdateien, die in anderen laufenden Editionsprojekten erstellt werden.

Insgesamt hat das 9. Altslavistentreffen überzeugend gezeigt, dass die Paläo-slavistik im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus aktiv und vital ist. Trotz teilweise angespannter Ressourcenlage wurden neue Projekte gestartet, mit philologischer Präzision und differenzierten methodischen Ansätzen interessante Daten analysiert. Durch die — allerdings nicht unkritische — Orientierung an hochaktuellen Diskursen der e-Humanities demonstriert die Paläoslavistik ihre Zukunftsfähigkeit, ohne ihre Traditionen und Wurzeln zu verleugnen. Man darf auf das nächste Altslavistentreffen, das voraussichtlich 2014 stattfinden wird, gespannt sein, ebenso auf die bald erscheinenden Früchte der Arbeit am Apostolos in den VMČ.

Dr. Achim Rabus

Slavisches Seminar Werthmannstr. 14

D-79085 Freiburg i. Br., Germany / Deutschland achim.rabus@slavistik.uni-freiburg.de

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