Научная статья на тему 'Mietrecht in der Bundesrepublik Deutschland – eine Einführung unter Berücksichtigung von querbezügen insbesondere zum Verfassungsrecht'

Mietrecht in der Bundesrepublik Deutschland – eine Einführung unter Berücksichtigung von querbezügen insbesondere zum Verfassungsrecht Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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Текст научной работы на тему «Mietrecht in der Bundesrepublik Deutschland – eine Einführung unter Berücksichtigung von querbezügen insbesondere zum Verfassungsrecht»

MIETRECHT IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND -EINE EINFÜHRUNG UNTER BERÜCKSICHTIGUNG VON QUERBEZÜGEN INSBESONDERE ZUM VERFASSUNGSRECHT

I. Einleitung

1. Die Wohnung ist, und so sieht es zumindest das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), der Lebensmittelpunkt des Menschen.1 Von dieser Perspektive aus betrachtet, ist die Wohnung immer noch das Zentrum des menschlichen Lebens. Es mag sein, dass sich dies in Zukunft ändern könnte. Bestimmte Entwicklungen in der Arbeitswelt lassen dies jedenfalls als nicht völlig ausgeschlossen erscheinen. Nach der klassischen Ansicht jedenfalls bildet die Wohnung den Rahmen für die Erfüllung der wesentlichen Grundbedürfnisse des menschlichen Lebens.2

Dabei gibt es rechtlich gesehen grundsätzlich zwei verschiedene Ausgangspunkte: Entweder handelt es sich um die eigene Wohnung des Bewohners oder aber um eine fremde Wohnung. Die „eigenen vier Wände", also beispielsweise das eigene Reihenhaus oder auch die eigene Eigentumswohnung, sollen hier nicht vertieft behandelt werden. Gegenstand dieser Arbeit ist vielmehr die Situation, dass eine fremde Wohnung bewohnt wird. Geschieht dies gegen Zahlung eines Entgeldes, so spricht man allgemein von Wohnungsmiete.

Das deutsche Recht sieht eine ganze Reihe von Regelungen im Hinblick auf die Wohnungsmiete vor. Die grundlegenden Bestimmungen befinden sich in den §§ 535 bis 577a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Bevor darauf im Einzelnen eingegangen werden soll, ist es zum besseren Verständnis erforderlich, das Wohnungsmietrecht in seinen historischen und rechtlichen Kontext einzuordnen.

2. Das Bürgerliche Gesetzbuch gilt in Deutschland seit dem 01.01.1900 und ist somit

1 Vgl. z. B. BVerfG, NJW 1993, 2035 (2036).

2 Vgl. die kurze Zusammenfassung bei Ruge, Begründung von Wohnungseigentum an Bestandsimmobilien, S. 38 m. w. N.

Dr. jur. Niki Ruge,

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Deutschland, Buchholz

schon seit über 110 Jahren Grundlage des Zivilrechts. Es versteht sich nahezu von selbst, dass das Gesetzbuch immer wieder verändert und — teilweise mehr, teilweise weniger — an die Bedürfnisse der Zeit angepasst wurde. Dabei muss man sehen, dass es in seiner Gesamtheit wesentliche Abschnitte der jüngeren deutschen Geschichte (Kaiserreich [bis 1918], Weimarer Republik [bis 1933], sog. drittes Reich [bis 1945] und die Gründung der Bundesrepublik [23.05.1949] begleitet und quasi miterlebt hat.

Das BGB ist eine Kodifikation, also eine systematische Sammlung von gesetzlichen Regelungen in einem Werk. Solche Kodi-fikationen sind in Kontinentaleuropa nichts Ungewöhnliches. Auch Frankreich, Österreich und die Schweiz kennen und benutzen derartige Sammlungen. Untergliedert ist das BGB in fünf Bücher, die unterschiedliche Materien behandeln, u. a. Familienrecht (Buch 4) und Erbrecht (Buch 5). Das BGB selbst enthält allerdings keine abschließende Sammlung der zivilrechtlichen Regelungen. Es wird vielmehr ergänzt durch eine Reihe von Nebengesetzen, die auf spezielle Lebenssachverhalte zugeschnitten sind. Zu diesen Nebengesetzen gehören z. B. das Wohnungseigentums-gesetz (WEG), das Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) und das Straßenverkehrsgesetz (StVG). Daneben gibt es auch andere Kodifikationen, beispielsweise das Handelsgesetzbuch (HGB), das das Recht der Kaufleute enthält. Insgesamt ist die Anzahl der zivilrechtlichen Gesetze außerhalb des BGB nicht unerheblich.

Das zweite Buch des BGB („Recht der Schul-dverhältnisse",§§ 241 bis 853) enthält u. a. die Bestimmungen zum Mietrecht. Etwas vereinfacht lässt sich sagen, dass mit den Schuldverhältnissen in diesem Sinne insbesondere die unterschied-lichen Vertragsverhältnisse gemeint sind. So gibt es im zweiten Buch des BGB die

Bestimmungen zum Arbeitsvertrag, zur Schenkung, zum Darlehen und zu einer Reihe von anderen Verträgen, insbesondere aber zur Miete (§§ 535 ff.).

Die Bestimmungen zur Miete waren von Anfang an Bestandteil des BGB, wurden aber häufig geändert und manchmal auch ergänzt. Das hat — zumindest auch — historische Gründe. Ein Ergebnis des zweiten Weltkrieges war, dass große Teile der deutschen Städte völlig zerstört waren. Infolgedessen herrschte eine extreme Knappheit an Wohnraum, die erst in den folgenden Jahrzehnten allmählich überwunden wurde. In der Zwischenzeit war die Wohnung Gegenstand starker staatlicher Regulierung und Subventionierung. Der Gesetzgeber schuf eine ganze Reihe von speziellen Gesetzen, die den Kernbestand der Regelungen für die Mietwohnung im BGB (s. o.) ergänzten und auch verdrängten.1

Die vorerst letzte große Novellierung des Mietrechts trat in Kraft zum 01.09.2001. Mit ihr wurden vor allem Regelungen aus mehreren Spezialgesetzen (u. a. aus dem MHG) in den Kernbestand der Regelungen des BGB zurückgeführt. Ferner wurde der Sprachgebrauch des Gesetzes vereinheitlicht und modernisiert. Der Gesetzgeber wollte insbesondere erreichen, dass das materielle Mietrecht auch für juristisch nicht geschulte Bürger durch einen Blick in den Gesetzestext verstehbar wird. Ob dieses Anliegen mit Erfolg umgesetzt wurde, kann hier dahinstehen. Eine weitere aktuelle Anpassung des Mietrechts befindet sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren, ist aber noch nicht endgültig beschlossen.2 Dabei geht es insbesondere darum, wie Anreize für eine energieeinsparende Modernisierung von Wohnungsbeständen geschaffen werden können.

3. Als Fazit lässt sich festhalten, dass das Mietrecht in der Vergangenheit eine erhebliche Wandlungsfähigkeit bewiesen hat. Der Gesetzgeber hat häufig gestaltend auf das geltende Recht eingewirkt und neue Impulse gegeben. Abschließend sei aber noch darauf hingewiesen, dass es einen weiteren Akteur gibt, der ebenfalls erhebli-

1 Ein Beispiel ist das Gesetz zur Regelung der Miethöhe (MHG) von 1983. Hier ging es allerdings nicht mehr darum die Wohnungsnot zu bekämpfen, jenes Problem war 1983 schon lange gelöst. Ziel war es, den Preisanstieg bei den Mieten zu regulieren.

2 Entwurf eines Gesetzes über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungs titeln (Mietrechtsänderungsgesetz-MietRÄndG).

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chen Einfluss auf das Mietrecht hat. Dies ist der Bundesgerichtshof (BGH), der als höchstes Gericht im Instanzenzug der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Leitlinien für die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts und damit auch für das Mietrecht vorgibt. Von diesem Gericht kommen immer wieder wegweisende Entscheidungen, die die Praxis prägen.

4. Damit soll nun der Blick freigegeben sein auf das Wohnungs-mietrecht, also diejenigen gesetzlichen Bestimmungen, die für den Wohnungsmietvertrag gelten.

Nach § 535 BGB besteht das Wesen des Mietvertrages darin, dass der Vermieter sich verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu gewähren und sie in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten; der Mieter seinerseits verpflichtet sich zur Zahlung eines Entgeltes für die Gebrauchsüberlassung („Miete"). Kurz gefasst bedeutet dies also Zahlung von Geld für die Nutzungsmöglichkeit.

Dabei muss der Gegenstand (Mietsache) keineswegs eine Wohnung sein. In Betracht kommen auch bewegliche Gegen-stände, z. B. ein Automobil. Wo aber die Mietsache eine Wohnung ist, spricht man von Wohnungsmiete. Die Abgrenzung zwischen beweglichen und unbeweglichen Gegenständen ist in der gesamten deutschen Rechtsordnung bekannt und verbreitet. Die Wohnung ist ein unbeweglicher Gegenstand, da sie grundsätzlich nicht an einen anderen Ort gebracht werden kann („Immobilie").

Der Mietvertrag lässt sich in eine ganze Reihe von Richtungen abgrenzen: Nur zwei sollen hier kurz erwähnt werden. Merkmal des Mietvertrages ist die Gewährung des Gebrauchs gegen Entgelt. Denkbar ist aber auch die Gebrauchsüberlassung, ohne dass ein Entgelt gezahlt wird. Dann handelt es sich nicht um einen Miet-, sondern um einen Leihvertrag (§§ 598 ff. BGB). Ferner wird der Mieter nicht Eigentümer der Mietsache, Eigentümer bleibt der Vermieter. Dies ist die Abgrenzung zum Kaufvertrag, der die Grundlage für den Eigentumsübergang bildet.

Schätzungen zu Folge soll es in der Bundesrepublik Deutschland etwa 23,5 Millionen Mietwohnungen geben.3 Das ist eine sehr große Zahl und dürfte der Grund dafür sein, warum das Wohnungsmietrecht praktisch so eine erhebliche Bedeutung hat.

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II. Der Mietvertrag über Wohnraum

1. Der Mietvertrag über eine Wohnung kommt zustande durch einen Antrag und dessen Annahme.1 Damit ist an sich ein Exkurs erforderlich im Hinblick auf die zivilrechtliche Dogmatik des Zustandekommens von Verträgen im Allgemeinen. Vorliegend soll aber folgendes Basiswissen genügen: Verträge sind Rechts-geschäfte, an denen zumindest zwei Personen beteiligt sind. Jede Person, die beteiligt ist, gibt eine Willenserklärung ab. Sie werden als Angebot und Annahme bezeichnet. Wer welche Erklärung abgibt, ist eine Frage der Einzelfallbetrachtung. Wichtig ist, dass zwischen allen Beteiligten ein Konsens, d. h. eine Willens-übereinstimmung hinsichtlich der wesentlichen Merkmale eines bestimmten Rechtsgeschäfts bestehen muss.2 Beim Mietvertrag müssen sich die Parteien des Vertrages geeinigt haben über:

- die vermietete Sache (Mietsache, also die Wohnung),

- die Miete (Nutzungsentgelt) und

- die Dauer des Vertrages.

Dies sind die wesentlichen Merkmale des Mietvertrages.3 Dabei ist es im Grundsatz egal, in welcher Form der Mietvertrag abgeschlossen wird. Dies kann mündlich, schriftlich oder auch nur durch konkludentes Verhalten geschehen. In der Praxis ist es aber angeraten, immer einen schriftlichen Vertrag abzuschließen. So umgeht man Beweisprobleme im Streitfall. Ein schriftlicher Vertrag hat zudem den Vorzug, dass die Vereinbarung nachgelesen werden können. Dies dient — zumindest auch — der Streitver-meidung. Der schriftliche Vertrag ist zustandegekommen, wenn er von allen Beteiligten unterschrieben worden ist (vgl. § 154 Abs. 2 BGB). Klar ist also, dass stets ein schriftlicher Vertrag abge-schlossen werden sollte, wenngleich dies keine Wirksamkeits-voraussetzung4 ist.

2. Eine Besonderheit des deutschen Mietrechts soll hier noch am Rande erwähnt werden. Durch den Mietvertrag wird der Vermiet-

1 Dazu Schilde, in: Schreiber, Handbuch Immobilienrecht, Kap. 12 Rn. 25 ff.

2 Palandt, Einführung vor § 145 BGB, Rn. 3.

3 Sie werden allgemein auch als essentialia negotii bezeichnet.

4 Anders z. B. bei der Schenkung: Sie bedarf grds. sogar der notariellen Beurkundung, muss also vor einem Notar erklärt werden (§ 518 Abs. 1 S. 1 BGB). Wird diese Form nicht eingehalten, ist die Schenkung unwirksam. Frage: Warum können Weihnachts-geschenke dennoch nicht zurückgefordert werden? (Antwort: § 518 Abs. 2 BGB).

er verpflichtet, den Gebrauch der Mietsache zu gewähren, der Mieter ist zur Zahlung der Miete verpflichtet. Dies sind die Hauptpflichten. Es gibt aber noch eine weitere Hauptpflicht, die in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich erwähnt ist. Der Vermieter ist auch verpflichtet, die Mietsache während der Mietzeit in einem vertrags-gemäßen Zustand zu erhalten. Dies wird als Instandhaltung be-zeichnet. Zeigen sich also während der Mietzeit Defekte (z. B. ausgefallene Heizung oder eine Leckage), ist der Vermieter verpflichtet, diese auf eigene Kosten zu beseitigen. Der Mieter muss die erforderlichen Arbeiten lediglich dulden. Zeigen sich Mängel der Mietsache, steht dem Mieter eine Reihe Instrumenten zur Verfügung, um den Vermieter zur Beseitigung anzuhalten. Zu diesen sog. Gewährleistungsrechten gehört insbesondere das Recht, die Miete in angemessenem Umfang zu mindern.

3. Eine der wichtigsten Unterscheidungen im deutschen Zivilrecht ist die Unterscheidung zwischen Eigentum und Besitz. Das Eigentum ist das umfassendste Herrschaftsrecht an einer Sache. Positiv gewährt es das Recht, mit einer Sache nach Belieben zu verfahren, negativ berechtigt es dazu, andere von der Einwirkung auf die Sache auszuschließen (vgl. § 903 S. 1 BGB).

Davon zu unterscheiden ist der Besitz. Besitz ist die tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache. Dies ist in § 854 Abs. 1 BGB allenfalls angedeutet, entspricht aber allgemeiner Meinung. Eigentum und Besitz können in einer Person vereinigt sein, aber auch auseinanderfallen. Im Wohnungsmietrecht liegt regelmäßig ein Auseinanderfallen derart vor, dass der Vermieter Eigentümer der Mietsache und der Mieter Besitzer derselben ist. Dass auch der Vermieter Besitzer ist, nämlich mittelbarer Besitzer gemäß § 868 BGB, soll hier nicht weiter interessieren. Der EigentümerVermieter wird durch den Mietvertrag in seinen vollumfänglichen Eigentümerrechten

eingeschränkt. Er muss beispielsweise dulden, dass der Mieter die Mietsache innerhalb der Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs bewohnt. Dies ist ja ein wesent-liches Merkmal des Mietvertrages. Neben dem Mietvertrag kann der Mieter Rechte z. B. auch aus den Vorschriften über den possessorischen Besitzschutz herleiten (§§ 861 ff. BGB).

4. Das Eigentum wird (auch) auf der Ebene der Verfassung ge-schützt. Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bestimmt, dass das Eigentum gewährleistet wird. Jedermann kann sich daher auf

den Schutz seines Eigentums berufen. Es handelt sich um ein Grundrecht und zwar, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) schon früh betont hat, um ein elementares Grundrecht.1 Infolgedessen kann sich auch der EigentümerVermieter hin-sichtlich der Mietsache auf den grundrechtlichen Schutz des Art. 14 GG berufen.

Doch wie sieht es mit dem Mieter aus? Der Mieter ist Besitzer, kein Eigentümer. Der Schutz des Art. 14 GG steht ihm daher an sich nicht zur Verfügung und andere Grundrechte sind nicht einschlägig. Im Falle einer rechtlichen Kollision zwischen dem grundrechtlich geschützten Eigentum des Vermieters und dem lediglich einfachgesetzlich geschützten Besitz des Mieters müsste von daher ohne Weiteres dem Eigentum des Vermieters der Vorrang gebühren. Anders wäre dies freilich dann zu beurteilen, wenn auch der Mieter durch Art. 14 GG geschützt würde.

Das Bundesverfassungsgericht, dessen Aufgabe es ist, über die Auslegung der Verfassung, also des Grundgesetzes zu entschei-den, hatte 1993 Anlass, sich mit der Frage zu beschäftigen. Im Ergebnis hat es in seiner vielbeachteten Entscheidung die Position eingenommen, dass auch der Mieter durch Art. 14 GG geschützt wird, obgleich er nicht Eigentümer ist.2 Wesentliches Merkmal des Eigentums im Sinne von Art. 14 GG sei, dass ein ver-mögenswertes Recht dem Berechtigten ebenso ausschließlich wie Sacheigentum zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet sei. Dies treffe auch auf den aufgrund eines Mietvertrages berechtigt besitzenden Mieter zu. Er sei befugt, die gemietete Wohnung zu nutzen und widerrechtliche Störungen des Besitzes abzuwehren. Insofern gleiche seine Stellung derjenigen des Eigentümers. Denn es lägen sowohl die positive Komponente (Nutzungsbefugnis) als auch die negative Komponente (Schutz-ansprüche) in hinreichendem Ausmaß vor. Diese Entscheidung ist nicht unwidersprochen geblieben. In der Folgezeit hat das Gericht aber stets an seiner Ansicht festgehalten.

Auch der Mieter kann sich somit auf Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG berufen. Kollisionen mit dem Eigentumsrecht des Vermieters sind infolgedessen im Wege einer Abwägung zu lösen, ohne dass das eine oder andere Recht von sich aus Vorrang hätte.

1 BVerfGE 14, 263 (277); 21, 150 (155).

2 BVerfG, Beschluss v. 26.05.1993 - 1 BvR 208/93 =

NJW 1993, 2035 - 2037.

Verdeutlicht werden soll dies an Hand eines Beispiels.3

5. Wiederum geht es um eine Entscheidung des Bundesver-fassungsgerichts. Ihr liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Vermieter will die von der Mieterin bewohnte Wohnung verkaufen. Er verlangt mehrfach von ihr, Zutritt zu der Wohnung zu ge-währen, damit er die Wohnung mit Kaufinteressenten besichtigen könne. Später kündigt er das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß, weil die Fortführung des Mietverhältnisses unzumutbar sei, insbesondere weil die Mieterin mehrere Besichtigungstermine nicht eingehalten habe. Der Vermieter erhebt sodann Klage auf Herausgabe der Mietsache. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht geben der Klage des Vermieters statt. Dagegen wendet sich die Mieterin mit ihrer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht und hat Erfolg.

Eingangs seiner Entscheidung bekräftigt das Gericht zunächst seine Position zum Eigentumsschutz gemäß Art. 14 GG, auf den sich auch ein Mieter berufen könne. Sodann stellt es klar, dass es auch Aufgabe der Fachgerichte - hier also Amts- bzw. Land-gericht — sei, den kollidierenden Grundrechtspositionen im Wege einer Interessenabwägung Berücksichtigung zu verschaffen und unverhältnismäßige Beeinträchtigungen zu vermeiden. Diesen Maßstäben hielten die angegriffenen Entscheidungen nicht stand. Es sei schon nicht erkennbar, dass die Fachgerichte überhaupt eine Abwägung vorgenommen hätten. Vielmehr sei einseitig auf das Besichtigungsrecht des Vermieters abgestellt worden. Zudem sei nicht ersichtlich, ob die Voraussetzungen eines Rechts zur Besichtigung der Mietsache vorgelegen hätten. Nach dem Mietvertrag sei eine Besichtigung wochentags zwischen 10:00 und 13:00 Uhr sowie 15:00 und 18:00 Uhr zu dulden. Mindestens einmal sei aber eine Besichtigung um 14:00 Uhr, also außerhalb der vereinbarten Zeiten verlangt worden. Deshalb seien die Entscheidungen der Instanzgerichte aufzuheben.

Die Entscheidung belegt anschaulich, wie das Bundesver-fassungsgericht seine Rechtsprechung zum Eigentumsschutz des Mieters weiter verfeinert. Als Konsequenz des Beschlusses vom 26.05.1993 hätten die Instanzgerichte eine

3 BVerfG, Beschluss v. 16.01.2004 - 1 BvR 2285/03 = WuM 2004, 80 - 81.

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Abwägung der beiden widerstreitenden, gleichermaßen verfassungsrechtlich geschütz-ten Positionen (einerseits: Besichtigungsrecht der Vermieters, andererseits: Recht der Mieterin, ungestört zu bleiben) vornehmen müssen. Dies war aber unterblieben.

6. Dass eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Abwägung durch ein Instanzgericht möglich ist, zeigt das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 21.12.2007 - 7 O 404/07.1 Auch in jener Entscheidung ging es um die Durchsetzung eines Besichtigungsrechts, allerdings im Hinblick auf eine gewerblich genutzte Immobilie, was hier jedoch dahinstehen soll.

Das Gericht gelangte zu der Ansicht, dass der Vermieter berechtigt sei, ein vermietetes Fabrikgelände einmal alle zwei Jahre nach vorheriger Ankündigung zu besichtigen. Der Vermieter habe jedoch kein Recht, auch dort produzierte Maschinen, Vorräte etc. in Augenschein zu nehmen. Insoweit handele es sich um schützenswerte Geschäftsgeheimnisse. Eine Ankündigungsfrist von zwei Wochen versetze die Mieterin in die Lage, alle geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen und Maschinen wegzu-schließen, so dass eine Ausspähung unterbunden wird. Damit seien die widerstreitenden Interessen hinreichend zum Ausgleich gebracht.

III. Fazit

Das (Wohnungs-) Mietrecht ist eine sehr praxisrelevante Materie. Die gesetzlichen Grundlagen sind zwar immer wieder Gegenstand von Veränderungen gewesen, seit 2001 ist der Kernbestand der Regelungen jedoch weitgehend unangetastet geblieben. Neue Impulse gehen indes von der Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofes als höchster Instanz in Zivilsachen aus.

Aber auch das Bundesverfassungsgericht hat sich mit dem Miet-recht beschäftigt. Über Art. 14 GG hat es dem Mieter einen Zugang zum grundrechtlichen Schutz verschafft. Seitdem können sich sowohl Vermieter als auch Mieter auf eine verfassungs-rechtlich geschützte Rechtsposition berufen. Kollisionen sind alsdann im Wege einer Abwägung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu lösen.

Diese Aufgabe haben bereits die Gerichte des Instanzenzuges zu bewältigen. Unterbleibt eine Abwägung, so führt dies zur Verfassungswidrigkeit der instanzgerichtlichen Entscheidung.

Der Vermieter kann unter dem Gesichtspunkt des Eigentums-schutzes eine Besichtigung der Mietsache verlangen, der Mieter hingegen kann verlangen, nicht gestört zu werden. Auch dieses Begehren wird auf der Ebene der Verfassung geschützt.

1 JurionRS 2007, 55544.

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