Вестник Московского университета. Сер. 22. Теория перевода. 2016. № 4
ПЕРЕВОД И ЯЗЫКОВАЯ ПОЛИТИКА
Мартин Форстнер,
доктор наук, профессор Майнцского университета имени Иоганна
Гуттенберга, Германия; e-mail: [email protected]
КИТАЙСКАЯ СТРАТЕГИЯ «ОДИН ПОЯС -ОДИН ПУТЬ» И УСЛУГИ В СФЕРЕ МНОГОЯЗЫЧНОЙ КОММУНИКАЦИИ: ВПЕРЁД К УСПЕХУ1
Набирающее обороты сотрудничество между странами азиатского региона привело к возникновению крупных транснациональных торговых потоков. Эта тенденция подчёркивает важность роли высококвалифицированных переводчиков и специалистов межъязыковой коммуникации для обеспечения эффективного посредничества. Развитие стран происходит в тесном взаимодействии друг с другом в рамках единого, постоянно меняющегося рынка товаров, услуг и капитала.
Наметившийся «Мега-Тренд» по формированию зон свободной торговли затрагивает страны Западной, Центральной и Восточной Азии. Сформулированные президентом Си Цзинпинем две концепции будущего развития Китая — Экономический пояс Шёлкового пути и Шёлковый морской путь 21 столетия нацелены на осуществление амбициозного проекта «Один пояс, один путь», который в случае успешной реализации свяжет Азиатско-Тихоокеанский регион с Европой, пройдя через Евразию и Ближний Восток. Как следствие, необходимо осознавать важность изучения языков, вовлечённых в эти процессы стран при планировании учебных программ по переводу и устному переводу во всём регионе.
В центре нашего внимания тезис о том, что увеличение транснациональных торговых потоков будет формировать спрос на языковые услуги, и что развитие специфического переводческого потенциала окажется связанным с иными языками кроме английского, русского и китайского. Учитывая комплексную и многоуровневую связь между экономикой и языками и самое непосредственное влияние экономических процессов на процессы языковые, мы должны задуматься о последствиях упомянутого геополитического развития.
Ключевые слова: геополитика, экономическое развитие, языковые процессы, подготовка переводчиков.
1 Статья, подготовленная по материалам выступления на V Международной конференции «Наука о переводе сегодня» публикуется на языке оригинала. Перевод статьи на русский язык можно будет найти на сайте Высшей школы перевода (факультета) Московского университета: esti.msu.ru
Martin Forstner,
Professor at the University of Mainz, Germany; e-mail: [email protected]
CHINA'S 'ONE ROAD, ONE BELT' INITIATIVE
AND ITS DEMAND FOR MULTILINGUAL
COMMUNICATION SERVICES
Increasing collaboration among countries in Asia has produced voluminous transnational trade flows that will demand the mediation of qualified translators, interpreters and other language professionals. Countries are being pushed together and their economic development is knitting the region into a single, vibrant market for goods, services, and capital.
There is a Mega-Trend to implementing free-trade areas including West-, Central-and East-Asian countries. The two concepts of the Silk Road Economic Belt and the 21st Century Maritime Silk Road, put forward by President Xi Jinping in 2013, have as an ambitious goal the One Road, One Belt Project, which, if successful, will run through Eurasia and the Middle East, connecting the Asia-Pacific-Region with Europe. As a result, the languages of the concerned countries must be taken into consideration when planning translation and interpretation training curricula in the whole region.
We have to focus on the fact that increasing transnational trade flows will influence the demand for language services, and that other languages besides English, Russian and Chinese will develop a specific translational potential. Taking into account that languages and economy are related in a number of ways and that language processes are influenced by economic processes, we have to reflect on the effects of the mentioned geopolitical development.
Key words: geopolitics, economic development, language processes, translation and interpreting training.
DER WETTLAUF ZUR SPITZE. CHINAS PROJEKT EINES
WIRTSCHAFTSGÜRTELS NAMENS SEIDENSTRASSE
Der Beginn des 21. Jahrhunderts war durch eine immer intensiver werdende Verflechtung des internationalen Handels und der Dienstleistungen gekennzeichnet, wobei neben die alten Wirtschaftsmächte USA, Europäische Union, Russische Föderation, Japan und Südkorea als neue Konkurrenten China und die ASEAN Staaten, Brasilien und Indien getreten sind. Dies war verbunden mit sicherheitspolitischen Umorientierungen nach dem Ende des Kalten Kriegs und im Gefolge der postsowjetischen Veränderungen in Europa und Asien. Eine neue multipolare geopolitische Szenerie tat sich auf, die sich auch wirtschaftlich in einem Trend zum ökonomischen Regionalismus realisiert, denn die USA, Russland, China und Indien stellen darauf ab, nach dem Vorbild der Europäischen Gemeinschaften (nicht der Europäischen Union, wohlgemerkt) Freihandelszonen zu propagieren. Diese befinden sich zum Teil noch im Verhandlungsstadium, so die Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) zwischen Nordamerika und Europa, oder die Asia-Pacific Economic Cooperation (APEC), die als Freihandelszone die Staaten
rund um den Pazifik verbinden soll; nicht zu vergessen das vor einigen Jahren implementierte China-ASEAN-Free-Trade Agreement (CAFTA), das China und die ASEAN Staaten verbindet, oder die von der Russischen Föderation vorangetriebene Eurasische Wirtschaftsunion (Eurasien Economic Union).
In diesem Kontext sind zwei Großprojekte zu sehen, die vom chinesischen Präsidenten XI Jinpin seit 2007 propagiert werden, nämlich zum einen die Schaffung einer Wirtschaftsregion namens Silk Road Economic Belt in der Tradition der seit dem Altertum bestehenden Handelsroute von China über Zentralasien und Persien an das Mittelmeer, nunmehr gedacht als Transportverbindung bis nach Mitteleuropa in die Europäische Union, zum anderen als Ergänzung die 21st Century Maritime Road, also der Seeweg von Ostasien und den dortigen ASEANStaaten durch die Straits of Malacca in den Indischen Ozean und von dort in die Golfstaaten oder sogar bis nach Ostafrika.
Das Augenmerk des vorliegenden Beitrags richtet sich auf dieses MegaProjekt, über das ich anlässlich einer Konferenz zu Ehren von Prof. Dr. Nikolay GARBOVSKY am 19. Februar 2016 an der Lomonosov Moscow State University unter dem Titel The race to the top. China's Silk Road Economic Belt Initiative and its demands for multilingual communication services gesprochen habe, was ich nunmehr, angereichert mit weiteren Details und versehen mit Nachweisen, vorlege.
Die chinesische Initiative One Road One Belt und ihre Motive
In den chinesischen Publikationen wird seit Jahren betont, daß es darum gehe, einen Beitrag zur weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung zu leisten, wobei sich China, obwohl inzwischen unbestritten zu den führenden wirtschaftlichen Großmächten zählend, selbst noch immer als developing country bezeichnet. Gleichwohl strebt es aber danach, mehr Verantwortung zu übernehmen angesichts des Umstands, daß sich die internationale Lage gründlich gewandelt habe, wie SU Ge, Präsident des China Institute of International Studies, im Jahre 2015 in den China International Studies (herausgegeben vom Chinesischen Außenministerium) darlegte. Dabei unterstrich er, daß China and the rest of the world depend on a community of common destiny, was Vertrauen und gegenseitiges kulturelles Lernen notwendig mache, weshalb China will courageously advance the 'Great Harmony of the World' (SU Ge 2015: 16 und 25). Auch CAI Penghong (2015: 39f.) vom Institute of Foreign Policy and Studies (Shanghai Institute for International Studies) erklärte, daß es darum gehe to forge a community of common destiny featuring shared interests, security, and prosperity. Dies wurde auch von PANG Zhongying (Institute of International Studies, Sun Yat-Sen Uni-
versity, Guangshan) betont, wobei einem zufriedenstellenden Verhältnis zur Europäischen Union und allen anderen Staaten große Bedeutung zukomme, denn die One Road One Belt Initiative sei gegen niemanden gerichtet, insbesondere nicht gegen die Geopolitik des Westens (PANG 2015: 46f.). Auch SUN Degang / HE Shaoxiong (2015: 78) vom international bekannten Middle East Studies Institute (Shanghai International Studies University) unterstrichen, daß China im 21. Jahrhundert als zweitgrößte Weltwirtschaft und weltgrößte Handelsnation nun auch auf internationalen Einfluß abstelle.
Bei genauer Betrachtung dieses One Road One Belt Projekts wird deutlich, daß der Versuch der Einbindung aller anderen Staaten für China unvermeidlich geworden ist, nachdem sich Chinas Handel globalisiert hat, was wiederum eine Globalisierung der chinesischen Diplomatie zur Absicherung der geopolitischen Interessen notwendig gemacht hat, wie es in den chinesischen Medien hervorgehoben wird, denn diese neue chinesische Politik spiegele den Wunsch Chinas wider, mehr Verantwortung zu übernehmen, dabei immer darauf verweisend, China habe während seiner langen Geschichte friedlich gehandelt.
WANG Yiwei, renommierter Professor an der School of International Studies (Renmin University of China), schrieb in einem Aufsatz 2015, daß die One Road One Belt Initiative gewissermaßen eine moderne Wiederbelebung der alten Seidenstrasse sei. Alle Länder, internationalen und regionalen Organisationen seien willkommen; das Ergebnis werden Investitionen in Infrastruktur, Transportwesen und vor allem die Öffnung der Grenzen für den Handelsaustausch sein. Es werde eine Zusammenarbeit entstehen, an der alle teilhaben könnten (a ,many-to-ma-ny' mode of cooperation). Er pries das gesamte Vorhaben — sowohl das der Silk Road Economic Belt als auch das der 21st Century Maritime Silk Road — als gute Beispiele der neuen Rolle Chinas: from a participator to a leader. Dabei hob er hervor, daß anders als bei herkömmlichen Projekten, die den westlichen Kolonialismus und Imperialismus verhaftet geblieben seien, diese chinesische Initiative darauf abziele, multilaterale kooperative Partnerschaften zwischen China and mehr als 60 weiteren Staaten entlang den neuen Handelswegen durch Asien, Europa und Afrika zu fördern.
Dieses One Road One Belt Projekt besteht ersichtlich aus zwei Teilen: einer Landroute, die der alten Seidenstrasse durch Zentralasien nach Persien in den Mittleren Osten folgt, und einer Seeroute, nunmehr bezeichnet als Maritime Seidenstraße, die das Südchinesisches Meer durch die Straße von Malakka mit den Indischen Ozean und das Arabische Meer verbindet (dazu Roderich PTAK 2007, der von einem af-ro-asiatischen Seeraum spricht).
Chinas neue Rolle wurde im September 2015 von LI Keeping, Vorsitzender des Staatsrates, dargestellt als eine Reform in Gestalt einer fortwährenden Prozesses der Öffnung und Integration in die Welt: China will open still wider to the rest of the world (China Daily, 12-13 September 2015, p. 8).
Sicherung der Energieversorgung
Geopolitische Interessen werden keineswegs verschwiegen, wozu vor allem die Sicherung der Energieversorgung Chinas und Ostasiens gehört, was durchaus legitim ist, denn alle Industriestaaten wollen ihre Energieversorgung sichern, da die Welt während der letzten Jahre keineswegs sicherer geworden ist, wie die Vorgänge im Mittleren Osten zeigen, denn gerade die arabischen Golfstaaten und Iran gehören zu den Hauptlieferanten von Öl und Naturgas für Japan, Südkorea und China.
Zwar erleben wir in den letzten Jahren gerade eine Rezession in der Nachfrage nach Öl und Naturgas, was zu niedrigen Preisen geführt hat, was aber nichts an der Tatsache ändert, daß es weiterhin einen großen Bedarf bei den Schwellenländern in Asien geben wird. Fachleute nehmen an, daß die Nachfrage von 2011 bis 2035 um ein Drittel zunehmen wird, und zwar vor allem in China und Ostasien insgesamt, aber auch in Indien. Dies bewirkt eine Veränderung der geopolitischen Lage, wie Michael Klare 2012:15 ausführte, denn alles hänge in Zukunft davon ab, ob ein Staat einzuordnen sei als energy-surplus state oder ein energy-deficit state, was heißt, ob ein Staat selbst über eine eigene nachhaltige Energieerzeugung verfüge und deshalb auf wenig zusätzliche importierte Energieträger angewiesen sei, oder nicht. Zur Zeit, und wohl auch in Zukunft, werden China, Japan, Südkorea und vor allem die EU-Staaten zu den defizitären Staaten gehören, die hohe Preise für Energie zu bezahlen haben und die miteinander konkurrieren müssen, was auch in China so gesehen wird (SHEN Yamei 2015: 107), um die Energieversorgung zu sichern, welch letztere von der International Energy Agency definiert wird als uninterrupted physical availability at a price which is affordable, while respecting environments concerns (nach Wrobel 2014: 26).
Die Überflußstaaten (surplus states) hingegen, wozu auch die Vereinigten Staaten zu zählen sind, werden sicherlich weiterhin von ihrem Status profitieren. Andererseits sind einige von ihnen oft auf die Erträge ihrer Energieexporte zur Finanzierung ihrer Budgets angewiesen, wie etwas die Russische Föderation oder die Zentralasiatischen Staaten. Klare (2008: 21) sagte bereits 2008 voraus, daß sich bald der Gegensatz entzünden werde zwischen den Hauptenergieverbrauchern (major energy consumers) und den potenziellen Lieferern (potential suppliers), weshalb mit geopolitischen Verwerfungen zu rechnen sein wird.
Gerade solche können einem Mega-Projekt, wie dem vorliegenden, zugrundeliegen, denn die Öl- und Gasdiplomatie spielt nicht nur in China, sondern für alle asiatischen Politiker eine große Rolle, da sie die Energieversorgung ihrer Nationen sichern wollen und müssen. Dabei haben sie zu berücksichtigen, daß gegenwärtig fast alle für Ostasien bestimmten Tankschiffe durch die Straits of Malacca fahren müssen, weshalb asiatische Regierungen von der Sorge umgetrieben werden, daß im Falle einer Verschlechterung der amerikanisch-chinesischen Beziehungen die USA als übermächtige Militärmacht China von den vorderasiatischen Energiequellen abschneiden könnten und sie dann im Konfliktfall in Mitleidenschaft gezogen würden. Nicht zuletzt aus diesen Überlegungen heraus wird die 21st Century Maritime Road von allen ASEAN-Staaten begrüßt (vgl. FU Mengzi / LOU Chunhao 2015: 3 und 11).
Präsident XI ließ es sich in den letzten Jahren sehr angelegen sein, die zentralasiatischen Staaten zu besuchen und bei ihnen für gesicherte Landwege im Rahmen seines One Road One Belt Project zu werben. Nicht weniger wichtig war es für ihn, das Interesse Russlands zu finden, wo er schon im Jahre 2013 in einer Rede im Moscow State Institute of International Relations darlegte, daß dieses Projekt beiden Ländern äußerst dienlich sein werde, da beide hohe innenpolitische Ziele hätten. So gehe es China, wie er darlegte, um eine Verwirklichung des Chinese Dream, der auf eine große Verjüngung (great rejuvenation) der chinesischen Nation abstelle, um China zu verwandeln into a modern socialist country that is prosperous, strong, democratic, culturally advanced, and harmonious. Dergleichen müsse auch von Russland erwartet werden, denn a strong and prosperous Russia is not only in the interests of China, but also favorable to peace and stability in the Asia-Pacific region and the whole world (XING Guangcheng 2013), da China als asiatisches Land und Rußland als eurasisches Land viele gemeinsame Interessen im Asien-Pazifik-Raum (APEC) hätten. Diese Zusammenarbeit werde in der internationalen Ordnung zu mehr Fairness und Gerechtigkeit führen.
Eine wichtige Voraussetzung sei natürlich, daß die Russische Föderation die Rohöl- und Naturgasversorgung Chinas garantieren würde, weshalb die notwendigen Pipelines aus Zentral- und Nordost-Sibirien möglichst schnell fertig gestellt werden müßten, die dann beide Länder im 21. Jahrhundert verbinden würden. Eine positive Antwort aus Moskau erfolgte umgehend, denn schließlich arbeitet man dort seit geraumer Zeit am Projekt einer Eurasian Economic Union (EEU).
Auswirkungen auf die Sprachenpolitik einiger Staaten
Die Variablen, die den Welthandel besonders beeinflussen, sind nicht nur die Entfernungen zwischen den jeweiligen Ländern, die dank der entwickelten Container-Transporttechnik kostenmäßig erträglich ge-
worden sind, sondern vor allem geopolitische Konstellationen mit ihren Megatrends zu Freihandelszonen samt deren positiven Wirkungen auf den Handelsaustausch, wofür die Europäische Union als Beispiel dienen mag, deren Handel zwischen den Mitgliedstaaten mehr als 60% des gesamten EU-Handels ausmacht. Aber unterschiedliche Sprachen stellen weiterhin ein starkes Hindernis für den bilateralen Handel zwischen Ländern dar (dazu Ginsburgh / Weber 2011: 82 und 201), so wahrscheinlich auch bei diesem One Road One Belt Projekt. Wird Englisch auch hier die Rolle der Lingua franca übernehmen, oder werden andere Sprachen wie Russisch und Chinesisch als Instrumente der Kommunikation herangezogen und dann ihre je eigene Translationsattraktivität entwickeln und ihr Translationpotenzial steigern?
Wie nicht anders zu erwarten, sind die Antworten darauf jeweils der politischen Korrektheit geschuldet, indem in der Regel auf die grundsätzliche Gleichheit alles Sprachen abgestellt wird, gleichwohl kommt dabei die Förderung der eigenen Sprache und die Betonung ihrer verdienten Vorrangstellung nicht zu kurz.
Chinas neue Sprachenpolitik
Im Exportland China hat man erkannt, wie wichtig es ist, neben Englisch auch andere Sprachen in das Ausbildungsprogramm aufzunehmen, denn, wie der bereits erwähnte Gelehrte WANG Jisi (2014:135) schrieb, China habe zu wenige Experten für Arabisch, Persisch, Türkisch und andere Turksprachen, kurzum, es fehle an Fachleuten für die Sprachen der Nationen, die von dieser neuen chinesischen Initiative betroffen seien. Lapidar wird auch festgestellt, daß es nicht genügend chinesische Hochschulinstitute gebe, die sich mit diesen Regionen sprachlich und kulturell befassten, was dringender Abhilfe bedürfe.
Im Rahmen des One Road One Belt Projekts will China zeigen, daß es die anderen Staaten, wie oben angemerkt, in win-win Situationen einbeziehen wolle, weshalb ein Stipendienprogramm für die Studenten jener Nationen angekündigt wurde. Sie sollen in China Chinesisch lernen, wie das Erziehungsministerium mitteilte (China Daily European Weekly March 27 — April 2, 2015, p. 2), wodurch, wie die chinesischen Medien nicht müde werden darzulegen, die chinesische Sprache international gefördert werde. China betont dabei immer wieder, daß diese allseits von Ost- bis Westasien begrüßte One Road One Belt Initiative der gesamten Welt entsprechend der neuen chinesischen Wirtschaftsdiplomatie (dazu HWANG Yining 2015: 52f.) zugute kommen würde.
Dies trifft natürlich in besonderer Weise auf die One Road, One Belt Initiative zu, denn hier besteht die Aufgabe darin, der Weltöffentlichkeit die „wahre chinesische Politik" zu erläutern, weshalb es notwendig sei
Experten auszubilden, die in der Lage wären, den Ländern, die sich für das chinesische Entwicklungsmodell interessierten, dieses auch zu erläutern, gehe es doch letztendlich darum zu zeigen, daß sich China nunmehr zu den major countries (SU Ge 2015: 18f.) zähle und Verantwortung trage für eine weltweite community of common destiny. Man gesteht allerdings ein, daß es noch an chinesischen Experten für viele Sprachen der Nationen, die vom One Road One Belt Projekt betroffen seien, fehle, weshalb hier die chinesischen Universitäten gefordert seien, in ihren Ausbildungsangeboten diese Sprachen anzubieten, so vor allem die zentralasiatischen Turk-Sprachen, Persisch und Arabisch.
Russische Sprachenpolitik
Im vergangenen Jahrzehnt haben sich die neuen geopolitischen Bedingungen durchaus auf die Ausbildung von Übersetzern und Dolmetschern im postsowjetischen Russland ausgewirkt, wie Nikolay Garbovky / Olga Kostikova (2011) anlässlich eines CIUTI FORUMs bei den Vereinten Nationen in Genf darlegten, was nun aber, wie wir meinen, durch die Annäherung zwischen China und Russland als Folge des One Road One Belt Projekts noch weitere Auswirkungen und Anforderungen zeitigen wird, was die Bedeutung des Russischen als Kommunikationssprache angeht.
In den ehemaligen Teilrepubliken der Sowjetunion, die sich ja als Vielvölkerstaat verstand, war das Russische im Alltag allgegenwärtig gewesen; auch wurde erwartet, daß alle Bewohner Russisch sprächen, selbst in den nichtrussischen Republiken, denn das Russische war die Sprache der Behörden und der Wirtschaft, andernfalls man nicht hätte effizient kommunizieren können. Es lag in der Natur der Sache, daß das neue Russland zum Nachfolger der Sowjetunion wurde, was allerdings in einigen, nunmehr unabhängig gewordenen Teilrepubliken sprachliche Probleme mit sich brachte, als sie die jeweilige Nationalsprache als vorrangig hinstellten, so etwa nach 2000 in den zentralasiatischen Staaten mit der Tendenz, den Status des Russischen zu mindern, was sich aber in den letzten zehn Jahren erneut geändert hat, als sich der Entrussifi-zierungsprozess verlangsamte oder dieser völlig gestoppt wurde (dazu Pavlenko 2012: 13), weshalb das Russische nun wieder die offizielle Sprache der Kommunikation zu werden scheint, was überdies noch gefördert wird durch das Projekt Eurasische Union, das Präsident Wladimir Putin seit einigen Jahren als geopolitisches Kernprojekt und als Gegenentwurf zur Europäischen Union verfolgt. Am 29. Mai 2014 unterzeichneten Russland, Kasachstan und Belarus in der kasachischen Hauptstadt Astana eine Vereinbarung zur Gründung einer Eurasischen Wirtschaftsunion (Eurasian Economic Union, EEU), wobei letztere
nunmehr im Kontext des chinesischen One Road One Belt Projekts auch eine wichtige kulturelle Komponente erhält. Dies dient nämlich der russischen auswärtigen Kulturpolitik, deren Anliegen es ist, Russlands Ausstrahlung zu erhöhen, wobei das Ziel ist, „das sowjetische Erbe eines einheitlichen Sprach- und Bildungsraums in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zu bewahren und ein Russlandbild in der Weltöffentlichkeit zu schaffen, das Russlands Anspruch auf eine führende Rolle im globalen politischen und wirtschaftlichen Kontext gerecht wird" (so Bälz / Maaß 2015: 399). Dabei gilt es, das Bild eines Landes aufzubauen, das nicht mehr den europäischen, sondern den „eu-rasischen Weg" gehe, also ein „Alternatives Narrativ" zum Westen anbiete, mit einer „russischen Welt" im Sinne eines einheitlichen Sprach-, Bildungs- und Kulturraumes (Bälz / Maaß 2015: 406), was auch gegen das Vordringen des Englischen in Zentralasien gerichtet wäre, insbesondere im Rahmen des One Road One Belt Projekts. Nach einer Periode, in der nicht zuletzt durch wirtschaftliche Öffnungen zur Europäischen Union, das Englische in den zentralasiatischen Republiken an Boden gewonnen hatte (dazu Pavlenko 2012: 30), kehrte man dort doch zu pragmatischen Lösungen mit einer erneuten Aufwertung des Russischen zurück, ohne das Englische zu vernachlässigen.
Angesichts der bedeutenden Rolle, die der Russische Föderation im Rahmen des One Road One Belt Projekts zugedacht ist, wären die russischen Universitäten gut beraten, wenn sie neben den Sprachen der Europäischen Union, die trotz allen geopolitischen Spannungen weiterhin wichtig sein werden, und neben Chinesisch und den Turk-Sprachen auch weitere Sprachen wie Arabisch und Persisch fördern und in ihre Programme der Ausbildung von Übersetzern und Dolmetschern aufnehmen würden.
Ein neuer Partner — die Arabische Welt
Im Zusammenhang mit der Maritimen Seidenstraße kommt den Erdöl und Naturgas produzierenden Staaten des westasiatischen Raums höchste Bedeutung zu. Im Juni 2014 unterstrich Präsident XI Jinping in einer gemeinsamen Sitzung mit dem bereits 2004 eingerichteten China-Arab States Cooperation Forum (CASCF), daß China und die arabischen Staaten im Rahmen der One Road One Belt Initiative zusammenarbeiten würden, denn Chinas friedliche Entwicklung brauche eine stabile Weltpolitik, weshalb die arabischen Staaten eingebunden werden müssten (GAO Zugui 2014: 77; SUN Degang / ZOUBIR Yahia 2014: 73), teile man doch gemeinsame Auffassungen hinsichtlich der internationalen Ordnung, der Menschenrechte und der Demokratie, wobei letztere,
wie REN Jingjing (Institute of Contemporary China Studies, Chinese Academy of Social Sciences) in China Daily, May 30, 2014, p. 9, erläuterte, kein festes Muster sei: Contrary to what some Western experts say, the Western-style democratic system does not have universality. Democracy as part of the sociopolitical superstructure is closely linked with a certain economic development level of productivity. Vielmehr solle jedes Land ein demokratisches Modell wählen, das seine politischen, sozialen und kulturellen Eigenarten widerspiegele.
Wie chinesischen Publikationen zu entnehmen ist (dazu GAO Zugui 2014: 69; LIU Zhongmin 2016: 18ff.), werden sich die arabischen Staaten voll in die One Road One Belt Initiative einbringen, wobei gerade das Königreich Saudi-Arabien als wichtiger Partner genannt wird bei der Verwirklichung der chinesischen Mittelost-Strategie, die nicht zuletzt auf der Überlegung beruht, daß auch die Erdöl produzierenden arabischen Staaten daran interessiert sein müssten, in Ost-Asien bei den ASEAN Staaten, vor allem aber in China, Abnehmer für ihr Öl zu finden, um ihre Budgets zu stabilisieren (WANG Jinglie 2014: 40). Gerade die dem Gulf Cooperation Council (GCC) angehörenden arabischen Golfstaaten seien für das One Road One Belt Projekt zu gewinnen (dazu QIAN Xuewen 2016: 37-42), wobei alle Seiten an ihren eigenen politischen Systemen und ihren kulturellen Werten festhalten würden. Dabei ist der chinesischen Seite bewusst, daß die islamische Grundierung der Golfstaaten durchaus Probleme mit sich bringen wird, was bestimmte Anforderungen an China stellen wird: The Chinese side may also need more understanding and tolerance, a little more patience and flexibility, and a little more mutually beneficial and win-win considerations (QIAN Xuewen 2016: 52). Gleichwohl beschrieb am 5. Juni 2014 der chinesische Präsident XI die arabischen Länder als die natürlichen Partner im Silk Road Economic Belt Project.
In der Tat haben sich die Golfstaaten erheblich gewandelt und große Projekte auf den Gebieten Infrastruktur, Flughäfen, Seehäfen, IT Kommunikation aufgelegt, um unabhängiger zu werden vom Export des Erdöls und des Naturgases. Dabei stellt man darauf ab, daß die Region im Bereich der Dienstleistungen auf lange Sicht bald wettbewerbsfähig werden könnte. Die Golfstaaten legen größten Wert auf gute Beziehungen zu den industrialisierten Staaten des Westens, aber in vermehrtem Maße zu den ostasiatischen sich industrialisierenden Staaten. Dort wird seit vielen Jahren an zahlreichen Universitäten in China und in Südkorea Arabisch angeboten, wohingegen in den arabischen Staaten das Interesse für ostasiatische Sprachen noch sehr zu wünschen übrig lässt, da noch immer das Englische in der Ausbildung von Übersetzern im Vordergrund steht.
Translation im Dienste des One Road One Belt Projekts
Die Sprachenpolitik der beteiligten Staaten erhält nunmehr eine neue Qualität insofern, als es notwendig sein wird, die Zustimmung der Weltöffentlichkeit für dieses geopolitisch ambitiöse Projekt zu gewinnen. Bisher zogen alle Staaten in Erwägung, mit welchen Sprachen sie auch im Bereich der internationalen Handels ihren größten Kommunikationsradius und ihre höchstmögliche Kommunikationswirksamkeit erreichen könnten, was wiederum Auswirkungen auf ihre jeweilige staatliche Translationspolitik und damit auf die Ausbildung von Übersetzern und Dolmetschern hatte, denn an ihren universitären Ausbildungsstätten mussten für die von ihnen als wichtig eingestuften Sprachen auch Sprachmittler produziert werden. Aber diese Erwägung allein wird nicht mehr ausreichen, vielmehr wird ihre Sprachenpolitik noch politischer als vorher ausgerichtet werden.
Als ein treffliches Beispiel mag China dienen, das mit den sich ergänzenden beiden Konzepten Silk Road und Maritime Road seine Verbindung von Australien bis nach Europa und Afrika mit mehr als 60 betroffenen Länder absichern möchte, was vor allem den chinesischen Interessen dient, da eine solche umfassende Vernetzung neue Marktchancen öffnen wird, ganz zu schweigen von finanziellen Beteiligungen an Infrastrukturmaßnahmen (Straßen, Eisenbahnlinien, Stromleitungen, Pipelines, Häfen), die seit 2014 mit Hilfe der chinesisch gesteuerten Asian Infrastructure Investment Bank finanziert werden, der neben arabischen Staaten wie Qatar, Kuwait, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate auch Großbritannien, Deutschland, Italien, Luxemburg, Österreich und die Schweiz angehören.
Es leuchtet ein, daß zur Durchsetzung einer solchen Geopolitik auf Translatoren zurückgegriffen werden muß, was in China mittlerweile nach Einführung des umfassenden Studienprogramms Master of Translation and Interpreting (MTI) auf gutem Weg ist, wodurch die chinesische Wirtschaft mit qualifizierten Übersetzern und Dolmetschern versorgt werden kann (dazu Forstner 2011). Allerdings beschränkte man sich in den ersten Jahren hauptsächlich auf Englisch, weshalb nicht alle der nunmehr erforderlichen Sprachen angeboten werden konnten. Das dürfte sich wohl ändern, denn man braucht nunmehr für eine große Zahl von Sprachen Translatoren, wenn China im internationalen Wirtschafts- und Kulturwettbewerb bestehen soll, wie es zum Jahreswechsel 2013/2014 Partei- und Staatschef XI Jinping erklärt hatte, um der Welt die chinesische Kultur näherzubringen und so Chinas nationales Image deutlicher herauszustellen. Letzteres spielt für die chinesische Führung eine entscheidende außenpolitische Rolle, will sie doch ihre geopoliti-schen Vorstellungen verbreiten, um die Beziehungen zu anderen Staa-
ten zu stärken und die eigenen Interessen durchzusetzen, denn wie Hay-den 2012: 174 bereits darlegten, Culture is the resource viewed by the Chinese leadership as the ,core' of its soft power strategic thinking, anders gesagt, um zur kulturellen Vielfalt und Verständigung beizutragen und gleichzeitig dem internationalen Status und Einfluss Chinas zu stärken.
Beim One Road One Belt Projekt geht es also nicht nur um geopoli-tische Interessen der Sicherung der Handelsrouten, sondern auch und vor allem um kulturelle Einflussnahme, da China nunmehr als Großmacht Weltverantwortung trage, wie FU Ying (2015: 6), Direktor der Foreign Affairs Commission des Nationalen Volkskongresses schrieb, um die Völker der Welt zu gewinnen. Das Wettrennen ist nicht erst jetzt eröffnet, sondern ist bereits in vollem Gange. Ausgang offen?
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