DOI: 10.34680/BENEFICIUM. 2022.3(44).83-97 УДК 339.137.25:330.131.5 JEL D8, D24
ORIGINALER ARTIKEL
ANALYSE DER AUSWIRKUNGEN STEIGENDER UNSICHERHEITEN AUF DAS DESIGN VON SUPPLY CHAINS MIT DEM FOKUS AUF DEN TRADE-OFF ZWISCHEN RESILIENZ UND KOSTENEFIZIENZ
O. Kins, Internationale Hochschule für Management, Frankfurt am Main, Deutschland P. Siegfried, Internationale Hochschule für Management, Frankfurt am Main, Deutschland
Anmerkung. Global vernetzte Supply Chains (SC) führen bei den Unternehmen zu geringeren Kosten, aber zugleich erhöhen diese auch die Abhängigkeit ggü. den Lieferanten und die Störanfälligkeit der SCs wird erhöht. In den vergangenen Jahren haben zudem die Unsicherheiten für die SCs stark zugenommen. Treiber waren hier u.a. der Brexit, Handelskonflikte oder auch die Corona-Pandemie. In diesem Zusammenhang steht verstärkt die Entwicklung neuer SC-Strategien im Fokus der Unternehmen. Dabei wird stark auf die Verbesserung der Resilienz der SCs geachtet, um dadurch u.a. die Risiken für die SCs zu reduzieren. Die Arbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen steigender Unsicherheiten auf das Design sowie die Resilienz von SCs und hat das Ziel zu ermitteln, ob es Änderungen in der SC bedarf, um auf die Auswirkungen steigender Unsicherheiten zu reagieren und wie die Resilienz zukünftig sichergestellt werden kann (Trade-off zwischen Resilienz und Kosteneffizienz). Im Rahmen der Untersuchung erfolgte eine qualitative Forschung in Form von Experteninterviews, da so u.a. spezifische Meinungen oder auch Begründungen und Einstellungen von bestimmten Personen zu den vorliegenden Thematiken ermittelt werden können. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kosten weiterhin meist der entscheidende Aspekt sind und es mehr Transparenz, Flexibilität sowie ein besseres Risikomanagement nötig ist. Des Weiteren bedarf es zukünftig u.a. einer größeren Berücksichtigung von Unsicherheiten, eine Erhöhung von Sicherheitsbeständen sowie eine Verringerung der Komplexität der SCs und u.U. mehr Local Sourcing. Es empfiehlt sich eine weitere Untersuchung hinsichtlich der Kosten, die durch Resilienz-Instrumente sowie durch fehlende Resilienz entstehen können, durchzuführen. Schlüsselwörter: Design, Kosteneffizienz, Resilienz, Supply Chain, Unsicherheiten
Für Zitate: Kins O., Siegfried P. Analyse Der Auswirkungen Steigender Unsicherheiten Auf Das Design Von Supply Chains Mit Dem Fokus Auf Den Trade-Off Zwischen Resilienz Und Kosteneffizienz // BENEFICIUM. 2022. Vol. 3(44). Pp. 83-97. DOI: 10.34680/BENEFICIUM. 2022.3(44).83-97
ORIGINAL PAPER
ANALYSIS OF THE IMPACT OF INCREASING UNCERTAINTIES ON SUPPLY CHAIN DESIGN WITH A FOCUS ON THE TRADE-OFF BETWEEN RESILIENCE AND COST EFFECTIVENESS
O. Kins, International School of Management, Frankfurt am Main, Germany P. Siegfried, International School of Management, Frankfurt am Main, Germany
Abstract. Globally networked supply chains (SC) lead to lower costs for companies, but at the same time they also increase dependency on suppliers and make SCs more susceptible to disruptions. In addition, uncertainties for SCs have increased significantly in recent years. Brexit, trade conflicts and the coronavirus pandemic were the driving factors here. In this context, companies are increasingly focusing on the development of new SC strategies. The focus is on improving the resilience of the SCs in order to reduce the risks for the SCs. The thesis deals with the impact of increasing uncertainties on the design and resilience of SCs and aims to determine whether changes in SCs are needed to respond to the impact of increasing uncertainties and how resilience can be ensured in the future (trade-off between resilience and cost efficiency). A qualitative study was conducted in the form of expert interviews, which allowed, among other things, to determine the specific opinions of certain people on the issues under consideration. The results show that costs are still the crucial aspect and that more transparency, flexibility and better risk management are needed. Furthermore, a greater consideration of uncertainties, an increase of safety stocks as well as a reduction of the complexity of the SCs and possibly more local sourcing will be required in the future. It is recommended to conduct a further research regarding the costs that can arise from resilience tools as well as from a lack of resilience.
Keywords: design, cost efficiency, resilience, supply chain, uncertainties
For citation: Kins O., Siegfried P. Analyse Der Auswirkungen Steigender Unsicherheiten Auf Das Design Von Supply Chains Mit Dem Fokus Auf Den Trade-Off Zwischen Resilienz Und Kosteneffizienz // BENEFICIUM. 2022. Vol. 3(44). Pp. 83-97. (In Germ.). DOI: 10.34680/BENEFICIUM.2022.3(44).83-97
ОРИГИНАЛЬНАЯ СТАТЬЯ
РАСТУЩАЯ НЕОПРЕДЕЛЕННОСТЬ В ПРОЕКТИРОВАНИИ ЦЕПЕЙ ПОСТАВОК: КОМПРОМИСС МЕЖДУ УСТОЙЧИВОСТЬЮ И ЭКОНОМИЧЕСКОЙ ЭФФЕКТИВНОСТЬЮ
О. Кинс, Международная школа менеджмента, Франкфурт-на-Майне, Германия P. Зигфрид, Международная школа менеджмента, Франкфурт-на-Майне, Германия
Аннотация. Построение глобальных сетевых цепей поставок ведет к снижению издержек компаний, но в то же время они увеличивают зависимость от поставщиков и подверженность логистическим сбоям. Кроме того, в последние годы значительно возросла неопределенность в отношении цепей поставок. Движущими факторами здесь стали Brexit, торговые конфликты и пандемия коронавируса. В связи с этим компании все больше внимания уделяют разработке новых стратегий в области цепей поставок. В этом контексте большое внимание уделяется повышению устойчивости цепей поставок, чтобы, в частности, снизить риски. В статье рассматривается влияние возрастающей неопределенности на проектирование и устойчивость цепей поставок и ставится задача определить, необходимы ли изменения в цепях поставок для того, чтобы реагировать на влияние возрастающей неопределенности, и как можно обеспечить устойчивость в будущем (компромисс между устойчивостью и экономической эффективностью). Проведено качественное исследование в форме экспертных интервью, что позволило, помимо прочего, определить конкретные мнения определенных людей по рассматриваемым вопросам. Результаты показывают, что затраты, по-прежнему, являются решающим аспектом и что необходимо обеспечить большую прозрачность, гибкость и более эффективное управление рисками. Кроме того, в будущем необходимо больше учитывать неопределенность, увеличивать запасы прочности, снижать сложность цепей поставок и, возможно, больше использовать местные источники. Целесообразно провести дальнейшее исследование затрат, которые могут возникнуть в результате использования инструментов повышения устойчивости и отсутствия устойчивости.
Ключевые слова: проектирование, экономическая эффективность, устойчивость, цепь поставок, неопределенность
Для цитирования: Kins O., Siegfried P. Analyse Der Auswirkungen Steigender Unsicherheiten Auf Das Design Von Supply Chains Mit Dem Fokus Auf Den Trade-Off Zwischen Resilienz Und Kosteneffizienz // BENEFICIUM. 2022. Vol. 3(44). Pp. 83-97. (На нем.). DOI: 10.34680/BENEFICIUM.2022.3(44).83-97
Einleitung
Die rasant fortschreitende Globalisierung verändert die Geschäftswelt nachhaltig und führt zu einer globalen Vernetzung von Produktionsstätten. Diese Vernetzung geht einher mit geringeren Kosten für die Logistik und führt zu einer Aufspaltung der Supply Chains (SC). Durch diese Fragmentierung der SC und einem geringen Eigen-fertigungsanteil, steigt ihre Abhängigkeit ggü. den Lieferanten massiv an [1]. Die Abkehr von unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsprozessen hin zu global vernetzen und komplexen SCs, hat in der Folge deren Störanfälligkeit stark erhöht [2]. Infolgedessen hat die Entwicklung neuer SC-Strategien in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Wesentlich bei der Entwicklung neuer Strategien ist dabei der Aspekt der Sicherheit, weshalb bei der Entwicklung verstärkt ein Trade Off zwischen Kosteneffizienz und Sicherheit stattfinden muss [3]. Durch die Verbesserung der Resilienz der SC können Risiken reduziert werden, Probleme schneller behoben und zur Ausgangssituation bzw. zu einem besseren Ist-Zustand gefunden werden [4]. Vor diesen Hintergründen ist das Konzept der Resilienz ein äußerst aktuelles Thema im Rahmen der SC [5]. Verstärkt wird die Notwendigkeit der Neuentwicklung von SC - Strategien bzw. die Verbesserung deren Resilienz durch die Zunahme an Unsicherheiten in den vergangenen Jahren.
„Noch nie zuvor standen die globalen Lieferketten unter solch einem Druck wie im Jahr 2020" [6]. So zeigt eine Umfrage unter führenden Managern der Chemiebranche aus dem Frühjahr 2020, dass nach ihrer Einschätzung die größte Gefahr für die globale SC u.a. von zunehmenden Handelskonflikten und der aktuellen Co-rona-Pandemie ausgeht [7]. Auch Experten sowie Unternehmen aus anderen Branchen sehen in den zunehmenden Handelskonflikten sowie der Corona-Pandemie eine große Gefahr für die globale SC. Zudem stellt der Brexit noch ein weiteres Risiko dar, welches die SCs vor neue Herausforderungen stellt [8, 9]. Die Corona-Pandemie fordert u.a., dass die Unternehmen die Resilienz ihrer SCs überprüfen [10]. Bereits im Jahr 2018 kündigten über 60% der weltweiten Fertigungsunternehmen an, dass sie wegen vermehrter Handelskonflikte ihre Lieferketten neu aufstellen wollen [11]. Das Unternehmen Apple plant beispielsweise aktuell den Aufbau einer rein
chinesischen Lieferkette, um die Produktion durch Handelskonflikte nicht weiter zu gefährden [12]. Vor allem die USA drohen dabei immer wieder offen mit Zöllen und stellen somit eine potenzielle Gefahr für die globalen SCs und alle Marktteilnehmer dar [8]. Auch der Brexit stellt eine große Gefahr dar und übt auf die SCs der Unternehmen weiterhin großen Druck aus, da es u.a. noch keine Erfahrungswerte gibt, wie das geschlossene Abkommen zwischen der EU und Großbritannien langfristig in der Praxis den Warenverkehr beeinflussen wird. Allerdings ist jetzt schon offensichtlich, dass die Bürokratie erheblich zugenommen hat und dies den Warenfluss verkompliziert [13]. Der Corona bedingte, teilweise wirtschaftliche Lockdown in vielen Ländern dieser Welt, welcher mit Grenzschließungen und Produktionsstillstand einherging, machte deutlich wie gefährdet die globalen SCs durch solche Ereignisse sind. Es mussten u.a. Fabriken von Automobilherstellern in Europa geschlossen werden, da die SCs so massiv gestört waren [14]. Die Pandemie gefährdet Lieferketten, führt zu Verzögerungen in der Produktion und zu Einschränkungen bei Lieferanten [15]. Diese durch die Pandemie verursachten Störungen führen zu einer spürbaren Herausforderung für die Unternehmen [16]. Zudem wurde durch die Corona-Pandemie die Fragilität der globalen SCs verdeutlicht. Das Beschaffungskonzept JIT, welches sehr stark in der Automobilindustrie verbreitet ist, führte bei den Automobilherstellern zu vielen Ausfällen und Stillständen in der Produktion, da die Lieferketten unterbrochen waren und Lagerbestände über die Jahre teilweise komplett abgebaut wurden [17]. Es ist offensichtlich, dass die Zunahme von Handelskonflikten, der Brexit sowie die aktuellen Auswirkungen der Corona-Pandemie von hoher Relevanz für die Unternehmen sind und es einer Lösung bedarf, wie die Resilienz der SCs gestärkt werden kann.
In Bezug auf die Problemstellung beschäftigt sich die wissenschaftliche Arbeit mit den Auswirkungen steigender Unsicherheiten auf das Design sowie die Resilienz von SCs und hat das Ziel, aufzuzeigen, ob Änderungen in der SC vorgenommen werden müssen, um auf die Auswirkungen steigender Unsicherheiten angemessen zu reagieren. Dabei wird der Fokus auf den Trade-off zwischen Resilienz und Kosteneffizienz gelegt. Eine resiliente Gestaltung der SC ist für die Unternehmen von
hoher Bedeutung, um kostspielige und reputationsschädigende Verluste zu vermeiden, die beispielsweise durch Lieferausfälle entstehen können [18]. Im Rahmen der Zielsetzung hinsichtlich einer möglichen Anpassung des Designs und der Resilienz der SCs, sollen primär die in der Problemstellung aufgezeigten politischen bzw. wirtschaftlichen Beeinträchtigungen untersucht werden. So werden im Rahmen der Untersuchung die Auswirkungen der Handelskonflikte, des Protektionismus sowie der Corona-Pandemie auf die SC untersucht und die Auswirkungen dieser Thematiken auf die Resilienz der SC ermittelt. Die Empirie mit den Experteninterviews stellt dabei einen wichtigen Baustein dieser wissenschaftlichen Arbeit dar. Es werden Interviews mit Experten aus der Beratung sowie mit leitenden Angestellten geführt. Die daraus gewonnenen Informationen sollen Rückschlüsse auf mögliche Änderungen der SC zulassen, um die Resilienz dieser auch zukünftig zu sichern. Auf Basis der durchgeführten Forschung sollen Handlungsempfehlungen aufgezeigt werden hinsichtlich der Frage, wie Unsicherheiten zukünftig gehandhabt sowie die Resilienz sichergestellt werden kann.
Aufgrund der beschriebenen Problemstellung und Zielsetzung sollen die folgenden Forschungsfragen als Ausgangspunkt der Untersuchung dienen:
1) Müssen Unternehmen aufgrund zunehmender Unsicherheiten, wie z.B. Handelskonflikte, den Brexit und der aktuellen Corona-Pandemie Änderungen in ihrer SC vornehmen?
2) Wie kann die Resilienz zukünftig sichergestellt werden und welche Trade-offs müssen hierbei ggf. in Kauf genommen werden?
Ergebnisse und Diskussion
Definition des Begriffs Supply Chain Management (SCM)
Der Begriff des SCM ist seit seiner Einführung in den 80er Jahren immer relevanter, vor allem für Unternehmen und Wirtschaft, geworden. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an verschiedenen Definitionen, von denen sich aber keine eindeutig durchsetzen konnte, da die mit dem SCM zusammenhängenden Tätigkeiten sehr vielfältig und umfangreich sind. Die hinter dem Begriff stehende Vielfältigkeit kommt dabei durch die Arbeit von Stock et al., in der sie 166 verschiedene Definitionen für den Begriff SCM gefunden haben, nochmals besonders gut zur Geltung [19]. Durch die ständig steigende Menge an miteinander zusammenarbeitenden Unternehmen nimmt auch die Notwendigkeit zu, dass diese Zusammenarbeit eines geführten Managements bedarf, sodass die ineinander verzahnten Prozesse keine unerwartete Störung erfahren und die SC eine stetige Verbesserung erfährt [20]. Eine in der Literatur häufig zitierte Definition des SCM stammt von Cooper et al: „The integration of all key business processes across the supply chain is what we are calling supply chain management" [21]. In dieser Arbeit wird der Definition von Cooper et al. gefolgt, da diese die Hauptaufgabe des SCM treffend beschreibt, nämlich Sorge zu tragen für ein harmonisches Zusammenspiel und eine damit einhergehende Integration aller relevanten Geschäftsprozesse.
Aufgaben des Supply Chain Management
Die Aufgaben des SCMs sind sehr vielfältig und unternehmensübergreifend. Grundsätzlich kann jedoch zwischen steuernden bzw. konstruierenden sowie schöpferischen Aufgaben unterschieden werden. Dies hat zur Folge, dass man die anfallenden Aufgaben in drei grundsätzliche Sektoren unterteilen kann (Abb. 1).
Supply Chain Design
Supply Cham Planning
Supply Chain Execution
Abb. 1. Aufgaben des Supply Chain Management / Fig. 1.
Tasks of Supply Chain Management / Рис. 1. Задачи управления цепями поставок
Quelle: Entwickelt von den Autoren / Source: compiled by the authors / Источник: разработано авторами
Das SCD ist dem Bereich der konstruierenden/steuernden bzw. strategischen Aufgaben zuzuordnen. Im Mittelpunkt steht dabei die Netzwerkstruktur und die in diesem Zusammenhang auszuführenden gestaltenden und konzeptionellen Tätigkeiten [22].
Die Bereiche der Beschaffung, Produktion und des Absatzes werden alle angesprochen, wenn es um die Aufgaben des SCP geht. Mithilfe von Erfahrungswerten und statistischen Daten wird versucht, die zukünftige Absatzmenge zu berechnen, um in der Folge auf Grundlage dieser Daten auch die Produktion vorausschauend und exakt planen zu können. Die korrekte Erfassung und Bestellung des zu beschaffenden Materials ist in diesem Kontext eine ebenso wichtige Aufgabe des SCP wie die Konzeption der Auslieferungspläne an die Kunden. Die Bewältigung der Aufgaben findet dabei stets unter dem Gebot einer zeitlich detaillierten und vorausschauenden Planung statt.
Alle operativen Aufgaben fallen in den Bereich der SCE. Dies sind u.a. die Aufgaben, die die Planung der Produktion betreffen, also die fortlaufende Planung, Überwachung und Kontrolle dieser. Zudem ist auch die auf die Produktion folgende Abwicklung der Aufträge von großer Bedeutung, da hier der Übergang von der Produktion zum Absatz stattfindet und es deshalb auch hier einer ständigen Betreuung bedarf. Eine weitere wichtige Aufgabe stellt das Managen der Läger dar. Hier muss dafür Sorge getragen werden, dass immer ein ausreichender Puffer vorhanden ist, sodass die Produktion zu keiner Zeit gefahrläuft, aufgrund von fehlendem Material, stoppen zu müssen [23].
Supply Chain und Risikomanagement
Die in den Unternehmen implementierten SCs sind ständig verschiedenen Risiken ausgesetzt. Diese Risiken reichen von drohenden Lieferengpässen bis hin zu Produktionsausfällen, die in der Folge die Wirtschaftlichkeit sowie die Produktivität des Unternehmens massiv gefährden können [24]. Zudem tragen einige Entwicklungen dazu bei, dass die SCs nachhaltig an Stabilität verlieren und somit anfälliger für etwaige Risiken werden (Abb. 2).
Abb. 2. EinflUsse auf die Stabilität der Supply Chain / Fig. 2. Influence on the Stability of the Supply Chain / Рис. 2. Влияние на стабильность цепи поставок
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Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Handhabung von Unsicherheiten bzw. Risiken. Neben der in diesem Kapitel beschriebenen Methodik des Risikomanagements [26] existieren noch weitere Methoden zur Handhabung, wie z.B. die Methode einer resilienten [27] SC.
Wenn von SC-Risikomanagement gesprochen wird, geht es um die Abwendung von Verlusten bzw. Schäden und den Schutz der SC. Die Implementierung eines SC-Risikomanagements trägt somit dazu bei, dass existenzbedrohende Risiken frühzeitig erkannt werden können [28]. Darüber hinaus können auch Zwischenfälle, die außerhalb der eigentlichen SC liegen, negativen Einfluss auf die SC haben. Zwischenfälle können z.B. Erdbeben, Kriege oder Pandemien sein und den Mitwirkenden der SC teils erheblichen Schaden zuführen [25].
Die jeweilige Risikostrategie der Unternehmen stellt die Basis des SC-Risikomanagementprozesses dar und gibt somit den Handlungsbereich für die Hauptprozesse vor (Abb. 3).
Abb. 3. Hauptprozesse des SC-Risikomanagementprozesses / Fig. 3. Main processes of the Supply Chain risk management process / Рис. 3. Основные процессы процесса управления рисками цепей поставок
Quelle: Entwickelt von den Autoren auf der Grundlage von [29] / Source: compiled by the authors based on [29] / Источник: разработано авторами на основе [29]
Supply Chain Design
Definition des Begriffs Supply Chain Design
Bei der Herausarbeitung der für diese Arbeit gültigen Definitionen, wurde festgestellt, dass für diese Begriffe eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen in der Literatur obwalten, aber bis heute noch keine einheitlichen Definitionen existieren. Dieser Tatbestand trifft auch auf den Begriff des SCD zu. Tabelle 1 soll dies veranschaulichen und einen kurzen Überblick über ausgewählte, in der einschlägigen Literatur vorkommende Definitionen des Begriffs geben.
Tabelle 1 / Table 1 / Таблица 1
Definitionen des Begriffs SCD / Definition of the Term Supply Chain Design / Определение термина «проектирование цепи поставок»
Quelle: Entwickelt von den Autoren / Source: compiled by the authors / Источник: разработано авторами
Alle aufgezeigten Definitionen haben gemein, dass in jeder Definition die Gestaltung der Struktur der SC bzw. der Prozess zu dieser im Mittelpunkt steht. Aufgrund dieser gestalterischen bzw. strategischen Fokussierung, wird das SCD im Rahmen dieser Arbeit als eine der drei Grundaufgaben des SCM angesehen [22]. Der Begriff des SCD wird somit für diese Arbeit folgendermaßen definiert: Unter SCD sind alle Prozesse und konstruierenden bzw. steuernden Aufgaben zu verstehen, die zu einer erfolgreichen und effizienten SC führen.
Aufgaben des Supply Chain Design
Die Aufgaben des SCD sind sehr vielfältig und betreffen primär zwei Bereiche. Einer dieser Bereiche, der durch Entscheidungen, die im Rahmen des SCD getroffen werden, betroffen ist, ist der Bereich der Prozesse und Ressourcen [33]. Damit eine genauere Betrachtung der anfallenden Aufgaben in diesem Bereich vollzogen werden kann, wird sich an den verschiedenen Ebenen der SC orientiert und somit der Darstellung von Freiwald gefolgt, die eine Unterteilung in die Ebene der Kunden, Produktionsstätte, Lager und Zulieferer vornimmt.
Die Ebene der Kunden beinhaltet keine zu treffenden Entscheidungen, dennoch müssen im Rahmen der Planung der räumlichen Entwicklung der SC Aspekte, die den Kunden betreffen, z.B. dessen Standort, berücksichtigt werden [34].
Die Berücksichtigung der Standorte der Kunden spielt u.a. bei den Entscheidungen, die die Produktionsstätten betreffen, eine entscheidende Rolle. Erforderlich ist auf der Ebene der Produktionsstätten eine Festlegung dahingehend, wo die Produktionsstätten angesiedelt werden sollen, wie viele Produktionsstätten benötigt werden, welche Kapazitäten diese haben müssen, aber u.U. auch eine Zuordnung der verschiedenen Fertigungsschritte zu den jeweiligen Produktionsstätten [35].
Grundvoraussetzung für das Treffen von Entscheidungen auf der Ebene der Lager ist die Festlegung der Art und Weise des Vertriebsweges. Es muss also entschieden werden wie sehr der Vertrieb untergliedert bzw. wie der Vertriebsprozess ausgestaltet sein soll [36]. Sofern dieser Prozess festgelegt ist, muss in der Folge auf Basis dieses Prozesses entschieden werden, wie viele Lager für jeden Teilprozess des Vertriebsprozesses zu errichten sind und wo dies geschehen muss [35]. Zudem muss auch entschieden werden, wie die verschiedenen Kunden mit Ware versorgt werden und in der Folge ggf. vorab die Volumina der jeweiligen Lieferungen geplant werden [37].
Die erste Entscheidung, die auf der Ebene der Zulieferer zu treffen ist, betrifft immer die Festlegung der Vorgehensweise hinsichtlich der Art und Weise, des Auswahlprozesses der Zulieferer sowie die Bestimmung der Anzahl der auszuwählenden Zulieferer [38]. Neben dieser Entscheidung muss zudem noch bestimmt werden, von welchem Zulieferer welche Rohstoffe/Produkte kommen. Dies bedeutet, dass es zunächst einer Ermittlung der benötigten und somit zu beschaffenden Rohstoffe/Produkte bedarf. Auf Grundlage dieser Ermittlung kann festgelegt werden, von welchem Zulieferer die jeweiligen Rohstoffe/Produkte bezogen werden und an welche Produktionsstätte/Lager diese geliefert werden sollen [32].
Der zweite Bereich, der durch Entscheidungen, die im Rahmen des SCD getroffen werden, betroffen ist, ist der übergeordnete Bereich der Organisation bzw. dessen Zusammensetzung. In diesem Bereich besteht die Aufgabe des SCD darin, dass die richtigen bzw. passenden
Quelle / Source / Источник Definition / Definition / Определение
Persson F., Olhager J. [30] „By supply chain design we mean the structure of the chain, i.e. the sequential links between different sourcing, production and distribution activities or processes"
Chopra S., Meindl P. [31] "Supply chain strategy or design - During this phase, a company decides how to structure the supply chain over the next several years"
Harrison T. [32] "Supply chain design is the process of determining the supply chain infrastructure - the plants, distribution centers, transportation modes and lanes, production processes, etc. that will be used to satisfy customer demands"
Partner ausgesucht werden müssen, mit denen entlang der SC zusammengearbeitet werden soll [39].
Kosteneffizienz in der Supply Chain
Im Hinblick auf die Kosteneffizienz besteht im SCD immer das übergeordnete Ziel, dass das Design möglichst effizient und effektiv gestaltet ist, sodass die Kundenanforderungen zu den geringstmöglichen Kosten erfüllt werden können [31]. Kosten sind nach der Definition von Wöhe „der bewertete Verzehr von Gütern und Dienstleistungen, der durch die betriebliche Leistungserstellung verursacht wird" [40]. Dies hat zur Folge, dass Aspekte wie z.B. die Flexibilität oder Robustheit der SC quasi keine Beachtung finden [41]. Viele Unternehmen setzen bei Ihren SCs auf die im globalen Vergleich günstigsten Standorte, um sich u.a. günstige oder seltene Rohstoffe zu beschaffen [25]. Darüber hinaus besteht für die Unternehmen so der potenzielle Zugriff auf günstige Arbeitskräfte aufgrund global unterschiedlicher Löhne [42]. Dieses global Sourcing innerhalb der SC hat jedoch eine erhebliche Verkomplizierung der SC zur Folge. Das digitale Zeitalter ermöglicht zudem die Einbindung einer Vielzahl von Akteuren in die SC und die Vernetzung mit nahezu jedem Käufer oder Lieferanten rund um den Globus und trägt damit auch zu einer Erhöhung der Komplexität bei [43].
Nachhaltige Wettbewerbsvorteile können aber nicht nur aufgrund einer kosteneffizienten SC entstehen. Dies stellte Lee im Jahr 2004 fest und kam in seinen Untersuchungen zudem zu der Erkenntnis, dass nachhaltige Wettbewerbsvorteile einer SC nur entstehen können, wenn die SCs folgende Eigenschaften besitzen (Abb. 4).
■ 11 Agilität - schnell arf Veränderungen voi Angebot V I und Nrtrfiftag? иыи)1#РЛ.
А у Anpassungsfähigkeit Fähigkeit «I-Deagn \J mm onnipassKi, wenn Uüiit rlws erlt*derl
A J Abstimmungsfähigkeit - Befähigung г<л \J J Schaffung wes (^einsamen Ziels aller SC-Akteure.
Abb. 4. Eigenschaften für Nachhaltige Wettbewerbsvorteile / Fig. 4. Properties for Sustainable Competitive Advantages / Рис. 4. Свойства для устойчивых конкурентных преимуществ
Quelle: Entwickelt von den Autoren auf der Grundlage von [44] / Source: compiled by the authors based on [44] / Источник: разработано авторами на основе [44]
Die Untersuchungen zeigen somit, dass allein das Streben nach möglichst kosteneffizienten und somit globalen SCs nicht zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen führen und stattdessen die Komplexität der SCs weiter erhöhen, was eine Schwächung der SCs zur Folge haben kann.
Resilienz als Ansatz zur Handhabung von Unsicherheiten in der Supply Chain
Anlässe für Unsicherheiten
Es gibt verschiedene Arten von SC-Unsicherheiten, die sich grundsätzlich nach internen und externen Unsicherheiten unterscheiden lassen. Wenn von externen Unsicherheiten gesprochen wird, beziehen sich diese auf Unsicherheiten, die aus der Umwelt außerhalb der SC hervorgehen. Interne Unsicherheiten lassen sich hingegen in zwei bzw. vier verschiedene Arten unterteilen. Die Beschaffungsunsicherheit sowie die Nachfrageunsicherheit stellen die existierenden Unsicherheiten aufgrund einer möglichen nicht-Verfügbarkeit der benötigten Güter für die Wertschöpfung sowie die Unsicherheit
im Hinblick auf den Absatzmarkt dar. Darüber hinaus bestehen noch interne Unsicherheiten in Form von Prozessunsicherheiten (Unterschiede bei der Durchführung bspw. aufgrund des Ausfalls von Maschinen) und Kontrollunsicherheiten (teils falsche Umsetzung der Vorgaben), die bei jedem Teilnehmer der SC existieren (Abb. 5).
Externa ^^ Uns Ich erweitert } ► Epidemien, Erdbeben, Kriege
Beschaffung^- ^S Unsicherheit ^r Produkt lonsstlllstand bei Lieferant ^ Qualitätsmangel
NachfrageUnsicherheit V falsche Prognosen, Insolvenz von Abnehmern
Prozess- ^ Unsicherheit ^ Maschinenausfall, fehlerhaftes Arbeiten
► falsche Bedarfs meng en
Abb. 5. Arten der Unsicherheiten in der SC und potenzielle Anlässe / Fig. 5. Types of Uncertainties in SC and Potential Occasions / Рис. 5. Типы неопределенностей в цепях поставок и потенциальные причины
Quelle: Entwickelt von den Autoren auf der Grundlage von [45-47] / Source: compiled by the authors based on [45-47] / Источник: разработано авторами на основе [45-47]
Potenzielle Anlässe für die aufgezeigten fünf verschiedenen Arten von Unsicherheiten werden in der Abb. 5 nochmals aufgezeigt.
Auswirkungen von Unsicherheiten
Hinsichtlich der Auswirkungen, die die Unsicherheiten auf die SC haben, erfolgt eine wirkungsbezogene Betrachtung. Es wird dabei dem Ansatz von Zitzmann gefolgt und aufgrund der Reichweite der Einflussnahme eine Unterteilung in disruptive Unsicherheiten und operative Unsicherheiten vorgenommen [47, 48]. Wenn die Unsicherheiten sehr große und weitgehende Effekte auf die SC haben (z.B. durch Naturkatastrophen oder Maschinenausfälle), dann bezeichnet man diese als disruptive Unsicherheiten [4]. Unter anderem nicht eingehaltene Frachtzeiten oder Veränderungen in der Nachfrage können als operative Unsicherheiten betrachtet werden. Es wird hierbei auch von inhärenten Veränderungen gesprochen [49].
Für die in Abb. 5 aufgezeigten verschiedenen Arten von Unsicherheiten lassen sich unterschiedliche Auswirkungen auf die SC identifizieren. Die Auswirkungen, die Nachfrageunsicherheiten auf die SC haben, spiegeln sich in Form von zurückgehenden oder steigenden Nachfragemengen wieder [50]. Einflüsse auf die Performance der Leistungserstellung können ihren Ursprung in Prozess- und/oder Kontrollunsicherheiten haben. Diese beiden Unsicherheiten können auch bei vorgelagerten Teilnehmern der SC auftreten und in der Folge zu Beschaffungsproblemen führen [4]. Dies wären dann die Auswirkungen, die auf die SC im Rahmen von Beschaffungsunsicherheiten einwirken [47]. Die externen Unsicherheiten können Auswirkungen auf alle bereits genannten drei bzw. vier Unsicherheiten haben. Erdbeben können beispielsweise die Nachfrage nach Decken und Zelten erhöhen oder Überschwemmungen die Infrastruktur eines Landes beeinflussen und somit die Transportmöglichkeiten der Güter unterbinden und damit zu Beschaffungsunsicherheit führen [47, 51].
Resiliente Supply Chain Definition des Begriffs Resilienz In der Fachliteratur existiert eine Vielzahl an unterschiedlichen Definitionen für den Begriff der Resilienz [52, 53]. Y. Sheffi [54] beschreibt die SC-Resilienz beispielsweise als die Fähigkeit weiterhin wettbewerbsfähig zu sein, auch wenn es ggf. zu seltenen Störungen im Ablauf kommt, die u.U. große Effekte auf die SC zur Folge haben können. Hinsichtlich dieser Arbeit wird sich an der Definition von Christopher und Peck aus dem Jahre 2004 gehalten, da diese dem Kontext und Umfang dieser Arbeit am meisten gerecht wird. Der Begriff der SC-Resilienz wird von ihnen folgendermaßen definiert: „The ability of a system to return to its original state or move to a new, more desirable state after being disturbed" [45].
Wichtige bzw. zentrale Elemente einer resilienten SC, die in der Fachliteratur genannt werden, und nach Ansicht des Autors auch für die getroffene Definition benötigt werden und demnach in die SC zu integrieren sind, werden folgend genannt (Abb. 6).
Abb. 6. Elemente einer resilienten SC / Fig. 6. Elements of a Resilient SC / Рис. 6. Элементы устойчивой цепи поставок
Quelle: Entwickelt von den Autoren auf der Grundlage von [45, 55-57] / Source: compiled by the authors based on [45, 55-57] / Источник: разработано авторами на основе [45, 55-57]
Beschreibung der Elemente einer resilienten Supply Chain
Durch Flexibilität wird erreicht, dass die SC auf veränderte Rahmenbedingungen schnell reagieren kann. Diese schnelle Reaktionszeit in Form von Anpassungen stellt einen Wettbewerbsvorteil dar und trägt zudem zur Stärkung der Resilienz des Unternehmens bei. Im Falle des Eintretens von Störungen gibt es die Möglichkeit, dass für diesen Fall Redundanzen vorgehalten werden, durch welche auf Störungen in der SC reagiert werden kann. Potenzielle Maßnahmen können in diesem Zusammenhang das Bilden von Sicherheitsbeständen oder eine Diversifizierung der Lieferantenstruktur sein [57]. In der Umsetzung der beiden aufgezeigten Elemente spielt die Reaktionsgeschwindigkeit eine entscheidende Rolle. Diese definieren Christopher/Peck als die Zeit, die zur Bereitstellung der benötigten Produkte erforderlich ist und möglichst gering sein sollte [45]. Das vierte Element stellt die Transparenz der SC dar. Durch die Schaffung einer Transparenz über die gesamte SC hinweg besteht die Möglichkeit, dass zu jeder Zeit eine Darstellung/Abfrage hinsichtlich der Anzahl an Beständen, Lieferungen etc. erfolgen kann und somit diese Informationen ganzheitlich vorliegen und verwendet werden können [58]. Das letzte Element der fünf Elemente für eine resiliente SC ist das Element der Kooperation. Wenn die verschiedenen Akteure der SC gemeinsame Ziele haben und unter anderem auch bereit sind für das Erreichen dieser Ziele teils sensible Informationen zu teilen, dann ist das Element einer Kooperation, im Rahmen einer resilienten SC, gegeben [55].
Resilienz-Instrumente
Zur Umsetzung und Integration dieser Elemente bedarf es verschiedener Instrumente. Nachfolgend werden nun ausgewählte von Sheffi/Rice bzw. Spiegler et al. genannte Instrumente aufgeführt. Y. Sheffi und J. Rice
[57] gehen bei ihren Ausführungen stark auf die strategische Relevanz ein, die der Bildung einer resilienten SC. Einige der Elemente stellen wichtige oder zentrale Elemente dar, sie können aber auch Instrumente zur Schaffung einer nachhaltigen SC sein (Abb. 7).
Abb. 7. Resilienz-Instrumente / Fig. 7. Resilience Tools / Рис.
7. Инструменты повышения устойчивости
Quelle: Entwickelt von den Autoren auf der Grundlage von [27, 57] / Source: compiled by the authors based on [27, 57] / Источник: разработано авторами на основе [27, 57]
Trade-off zwischen Resilienz und Kosteneffizienz
Im Hinblick auf die Kosteneffizienz, dass kosteneffiziente SCs allein nicht zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen führen und das Streben nach diesen zu einer Globalisierung und Verkomplizierung der SCs führt.
Es ist für Unternehmen sehr kostspielig Redundanzen beispielsweise in Form von Sicherheitsbeständen vorzuhalten. Diese verursachen laufende Kosten bzw. stellen gebundenes Kapital aus Unternehmenssicht dar und nützen diesem nur, wenn es zu Störungen in der SC kommt und somit auf diese Bestände zurückgegriffen werden muss. Auch andere Methoden, wie die Diversifizierung der Lieferantenbasis, sind durch Mehrkosten geprägt [57]. U.a. die zwei genannten Methoden als zentrale Elemente bzw. Instrumente einer resilienten SC betrachtet werden und somit für die Schaffung einer solchen benötigt werden. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den durch die SC-Resilienz entstehenden Mehrkosten darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass fehlende Resilienz auch zu Mehrkosten führen kann, wenngleich diese schwer zu bemessen sind. Beispiele hierfür können ein möglicher Kontrollverlust oder lange Durchlaufzeiten in der Lieferkette und in der Folge unzufriedene Kunden sein [45]. V. Spiegler et al. [27], die sich u.a. auch auf die Arbeiten von Y. Sheffi und J. Rice [57] und M. Christopher und H. Peck [45] beziehen stellen folglich fest, dass Unternehmen stets unter Betrachtung ihrer Ziele abwägen müssen, ob die Resilienz oder die Kosten im Vordergrund stehen sollten. Ein Fokussieren von lokalen Produktionsstätten könnte eine Möglichkeit sein, um den Trade-off zwischen Resilienz und Effizienz zu beheben [59].
Veränderung der Unsicherheiten in der Supply Chain
Ein Blick auf die SC-Unsicherheiten des letzten Jahrzehnts macht deutlich, dass bei diesen eine Veränderung zu beobachten war. Demnach standen zu Beginn und Mitte dieses Jahrzehnts teils andere SC-Unsicherheiten im Fokus der Unternehmen, als dies zum Ende des Jahrzehnts der Fall war. Nach den schweren Erdbeben und Flutkatstrophen in Australien und Thailand in den Jahren
2010 und 2011 sowie dem Tsunami/Erdbeben in Japan
2011 wurden die SCs teils erheblich gestört und die Unsicherheiten, die Naturkatastrophen für die SCs darstellen können, einmal mehr deutlich [60-62]. Unter anderem der Tsunami in Thailand machte dabei deutlich, wie
sehr der Ausfall gewisser Lieferanten einen Einfluss auf ganze Branchen haben kann [63]. Auch der Ausbruch des Isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im Jahr 2010 führte in Teilen der Industrie zu großen Problemen, da die Lieferketten teils massiv gestört waren [64]. Der Autobauer Toyota war besonders schwer durch die Naturkatastrophe in Japan (Tsunami, 2011) betroffen, da ein Werk zerstört wurde und in der Folge die ganze Produktion teilweise zum Stillstand kam [65]. Dies sind nur ausgewählte Naturkatastrophen dieser Zeit, die die davon ausgehende Bedrohung einmal mehr deutlich machen. Zur Mitte der Dekade zeigte sich dann, dass vor allem Unternehmen im deutschsprachigen Raum in wirtschaftlichen und politischen Krisen die größten Unsicherheiten für ihre SCs sahen [66]. Ein veröffentlichtes Paper der Beratungsfirma KPMG aus dem Jahre 2016 weist zudem darauf hin, dass viele Unternehmen immer noch nur die finanziellen Unsicherheiten der Lieferanten im Blick haben und eine Vielzahl anderer Unsicherheiten nicht im Blickfeld der Unternehmen sind [67]. Zum Ende des Jahrzehnts zeigt sich, dass u.a. in der deutschen Automobilindustrie der Fokus auf Unsicherheiten wie die Qualität, Produktion sowie logistische Unsicherheiten (Pandemien, Naturkatastrophen) gelegt wurde. Auch Unsicherheiten, die den Markt betreffen (Brexit, Handelskonflikte, wirtschaftlicher Abschwung) stehen nun verstärkt im Fokus der Unternehmen [14]. Auch ein Blick in andere Industrien macht deutlich, dass für viele Unternehmen die aktuell größten Unsicherheiten für die SC von zunehmenden Handelskonflikten, dem Brexit sowie der Corona-Pandemie ausgehen [8, 68]. Diese Faktoren führen zu einer Verunsicherung und steigender Unsicherheit in der SC [69]. Der neue handelspolitische Kurs der USA und die daraus entstehenden Handelskonflikte, aber auch beispielsweise die Corona-Pandemie haben zur Folge, dass viele Konzepte der internationalen Wertschöpfung überprüft werden (Abb. 8) [17].
2020
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haftlii-he (u.a. BreKi'O sowip logi "¡tische (u Hl Corana-pandarnlo)
Abb. 8. Veränderung der SC-Unsicherheiten / Fig. 8. Change in SC Uncertainties / Рис. 8. Изменение в неопределенности в цепях поставок
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Zu Beginn der vergangenen Dekade waren somit überwiegend noch Naturkatastrophen die primären Unsicherheiten für Unternehmen und deren SCs. Zur Mitte des Jahrzehnts verlagerten sich die Unsicherheiten dann mehr in Richtung politisch/wirtschaftlicher Unsicherheiten. Dieser Trend hielt bis zum Ende der Dekade an und es waren weiterhin vor allem die politisch/wirtschaftlichen Unsicherheiten, die durch den Brexit und die zunehmenden Handelskonflikte aufkamen, sowie logistische Unsicherheiten (u.a. Corona-Pandemie) im Fokus der SCs. Die Bedeutung und der Einfluss, den die aktuellen SC-Unsicherheiten auf die Unternehmen haben, macht das jährliche Unterneh-
mensrisiko-Barometer deutlich. Demnach ging für Unternehmen im Jahre 2012 die größte Bedrohung noch von wirtschaftlichen Unsicherheiten aus [70], wohingegen für deutsche Unternehmen im Jahre 2020 die größte Unsicherheit in Lieferanten- und Betriebsunterbrechungen lag [71].
Angewandte Methodik
Die in dieser Arbeit untersuchte Thematik und die im Zusammenhang behandelten Forschungsfragen sind von hoher Aktualität und stellen zugleich ein Forschungsgebiet dar, welches noch nicht bzw. kaum erforscht wurde, weshalb in dieser Untersuchung die Methode der explorativen Forschung angewendet wird [72, 73]. Infolgedessen erfolgt eine qualitative Forschung, da so spezifische Meinungen, komplexe Zusammenhänge, Einschätzungen oder auch Begründungen und Einstellungen von bestimmten Personen oder Personenkreisen zu den vorliegenden Fragestellungen bzw. Thematiken ermittelt werden können [74]. Es erlaubt zudem auch das Ziehen von Rückschlüssen, die verallgemeinert werden können [72]. Das Ziel dieser Arbeit, welches aus Sicht des Autors durch die gewählte Methode erreicht wird, liegt insbesondere darin, dass auf die gestellten Forschungsfragen dieses explorativen Forschungsgebietes Antworten gefunden werden, neue Erkenntnisse in diesem Forschungsgebiet gewonnen sowie daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können. Zum Erreichen dieses Ziels ist es von Nutzen theoriegenerierende explorative Experteninterviews durchzuführen, da diese ein breites Spektrum an Erkenntnissen ermöglichen. Zudem werden durch diese Methode auch subjektive Meinungen der verschiedenen Experten erfasst, wodurch auch Rückschlüsse auf deren Branche bzw. zugehörige Befragtengruppe (Unternehmensberater/leitende Angestellte) gezogen werden können [72, 75]. Durchgeführt werden sie in Form von leitfadengestützen Experteninterviews. Die Anwendung von Leitfadeninterviews in Form von Experten-Interviews ermöglicht eine leichte Gesprächsführung und Vergleichbarkeit der Interviews, da u.a. die gleichen Fragen jedem (bezogen auf die jeweilige Befragtengruppe) der Befragten gestellt werden [74, 76]. Durch dieses gewählte Vorgehen können u.a. die erwähnten Rückschlüsse für Unternehmen bzw. Branchen gezogen sowie Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.
Zu Beginn erfolgte die Erstellung des Leitfadens für die Gruppe der Unternehmensberater sowie die Erstellung des Leitfadens für die Gruppe der leitenden Angestellten. Der jeweilige Interviewleitfaden lag nur dem Interviewer vor und nicht dem jeweiligen Experten, da der Leitfaden primär nur der leichteren Vergleichbarkeit sowie Gesprächsführung dient. Der Ablauf des Interviews orientierte sich an den in den Leitfäden festgelegten vier verschiedenen Schritten (siehe Abb. 9). Zunächst wurden Einstiegsfragen gestellt, um die Qualifizierung des Befragten als Experte erneut sicherzustellen. Danach folgten die Schlüsselfragen des Interviews. Diese basierten auf der Theorie sowie den praktischen Problemen der behandelten Thematiken. Es wurden den Experten Fragen gestellt, die u.a. auf eine subjektive Einschätzung ihrerseits oder aber auch auf Ihre spezifische Meinung zu gewissen Fakten/Tatsachen abzielten. Nachdem alle Fragen gestellt wurden, wurde im dritten Schritt eine Zusammenfassung der Aussagen vollzogen sowie erneut für die Teilnahme gedankt. Abgeschlossen wurde das Interview mit einem Ausblick hinsichtlich des weiteren Vorgehens auch im Hinblick auf die bevorstehende Auswertung.
Abb. 9. Ablauf des Interviews / Fig. 9. Procedure of the Interview / Рис. 9. Процедура проведения интервью
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Auswahl der Interviewpartner
Die Auswahl der Interviewpartner erfolgte auf Basis von zwei zuvor bestimmten Gruppen. Im Rahmen der Auswahl wurde zum einen die Gruppe der Unternehmensberater und zum anderen die Gruppe der leitenden Angestellten gebildet. Sowohl die Interviewpartner der Gruppe der Unternehmensberater als auch die Gruppe der leitenden Angestellten wurden aufgrund ihrer entsprechenden Berufserfahrungen, die sie in dem zu erforschenden Gebiet haben, bzw. aufgrund ihrer beruflichen Stellung und Reputation ausgewählt [75]. Durch die Auswahl der Interviewpartner konnte zum einen die zu erforschende Thematik aus einer übergeordneten Sicht betrachtet werden, da die interviewten Unternehmensberater nicht nur für bestimmte Branchen tätig sind, sondern verschiedenste Branchen in Bezug auf SC-Themen beraten und somit ihre Aussagen primär auf die Gesamtsituation der SC zu verstehen sind. Durch die Interviews mit der Gruppe der leitenden Angestellten konnte aus dem Blickwinkel bestimmter Branchen und Unternehmen das zu erforschende Themengebiet betrachtet werden, da leitende Angestellte mit verschiedensten Thematiken auf Ihrem Gebiet zu tun haben und somit auch die Einschätzung/Beurteilung der Situationen aus Unternehmenssicht abgeben können und diese somit auch in die Auswertung einfließen kann. Die Unternehmensberater sind mehr im strategischen Bereich angesiedelt, wohingegen die leitenden Angestellten mehr im operativen Bereich agieren. Durch die gewählten Gruppen/Interviewpartner werden beide Perspektiven sehr gut bedient und die Qualität späterer Empfehlungen steigt.
Aufgrund der vorab festgelegten beiden Gruppen wurde im weiteren Verlauf anhand der beiden folgenden Kriterien die Auswahl der Interviewpartner für die jeweilige Gruppe vorgenommen (Abb. 10).
Der Kontakt zu den verschiedenen Interviewpartnern wurde mithilfe des beruflichen und persönlichen Netzwerks des Autors hergestellt. Es wurden drei Interviews mit Unternehmensberatern sowie vier Interviews mit leitenden Angestellten geführt.
Durch die Auswahl von Interviewpartnern aus den beiden Gruppen entstehen in der Folge zwei verschiedene Betrachtungsweisen (die übergeordnete Betrachtungsweise der Berater sowie die individuelle Betrachtungsweise der leitenden Angestellten aus den jew. Unternehmen/Branchen) hinsichtlich der in dieser Arbeit behandelten Forschungsthematik. Durch die Verzahnung dieser Betrachtungsweisen/Ergebnisse mit dem theoretischen Wissen und der Betrachtung der Veränderungen der Unsicherheiten entsteht eine umfassende Wissensbasis, aus welcher Forschungsergebnisse generiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können.
Analysetechnik
Die im Rahmen dieser Untersuchung durchgeführten Experteninterviews wurden alle persönlich oder telefonisch geführt und mithilfe eines Diktiergerätes aufgezeichnet, um danach folgende Auswertung durchführen zu können [74, 77]. Die Auswertung kann anhand verschiedener Methoden erfolgen. Bei Experteninterviews eignet sich die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse gut, weshalb diese in der vorliegenden Untersuchung angewendet wird [74]. Es wird dabei die Technik der Zusammenfassung [78] herangezogen, da diese sich nach Einschätzung des Autors am besten eignet, um das vorliegende Datenmaterial (Experteninterviews) auszuwerten. Die Aufzeichnungen werden zusammengefasst und die Ergebnisse in Form von Ergebnisprotokollen dargestellt. Die Ergebnisprotokolle orientieren sich in ihrem Aufbau an dem Vorgehen, welches im Rahmen der Zusammenfassung praktiziert wird. Im ersten Schritt erfolgt die Paraphrasierung der Antworten zu den jeweiligen Fragen. Darauf folgt die Generalisierung, in welcher die Inhalte verallgemeinert werden, bevor im letzten Schritt die Reduktion auf das Wesentliche erfolgt. Dabei werden die Paraphrasen mit ähnlicher Aussage zu nur einer Paraphrase zusammengefasst [79]. Nach der Reduktion erfolgt die Kategorienbildung. Die Definition der Kategorien ist von entscheidender Bedeutung bei der Durchführung einer Inhaltsanalyse. Bei der qualitativen Inhaltsanalyse werden die Kategorien mithilfe einer induktiven Vorgehensweise (nicht in einer deduktiven Vorgehensweise) bestimmt. Bei dieser Vorgehensweise werden die Kategorien auf Grundlage des vorliegenden Materials bzw. auf Basis der Experteninterviews definiert [79]. Die Ergebnisse der Experteninterviews werden in dieser Untersuchung in Ergebnisprotokollen dargestellt, welche somit das Datenmaterial enthalten, auf dessen Basis die Kategorien gebildet werden. Auf Basis einer durchgeführten Analyse wurden die folgenden drei Kategorien bestimmt (Abb. 11).
Ristken in der SC
Resilienz in der SC )/£
Abb. 10. Kriterien zur Auswahl von Interviewpartnern / Fig. 10. Criteria for the Selection of Interview Partners / Рис. 10. Критерии отбора интервьюеров
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Abb. 11. Kategorien der qualitativen Inhaltsanalyse / Fig. 11. Categories of Qualitative Content Analysis / Рис. 11. Категории качественного контент-анализа
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Aufgrund der Darstellung der Ergebnisse in Form von Ergebnisprotokollen, welche sich in ihrem Aufbau an dem Vorgehen der Zusammenfassung orientieren, wurden keine Kodier-einheiten und keine Unterkategorien gebildet. Nachdem die drei Kategorien bestimmt wurden, erfolgte eine Zuordnung des Materials zu den einzelnen Kategorien. Auf Grundlage der gebildeten Kategorien erfolgt im weiteren Verlauf dieser Arbeit die Darstellung der Ergebnisse. Es findet dabei neben der Unterteilung der Ergebnisse nach den drei bestimmten Kategorien auch eine Trennung der Ergebnisse zwischen den beiden Gruppen statt.
Ergebnisse der qualitativen Untersuchung
Gruppe der Unternehmensberater
SC-Strategie
Die von den Interviewten getroffenen Aussagen zum Bereich der SC-Strategie weisen in einigen Punkten eine hohe Übereinstimmung auf. Die Ergebnisse der Interviews zeigen, dass die SCs in den letzten Jahren noch komplexer geworden sind aufgrund erhöhter Globalität und teilweise daraus resultierender gesunkener Transparenz. In Zukunft wird möglicherweise aufgrund erhöhter Unsicherheiten wieder mehr Fertigung aus Low-Cost-Ländern nach Deutschland geholt, auch wenn dies immer eine Einzelfallentscheidung ist unter Betrachtung der Kosten. Dies trifft nach Meinung von Interviewten C vor allem auf hochautomatisierte Branchen zu. Das Anfang des Jahres beschlossene Lieferkettengesetz könnte neben anderen Unsicherheiten dazu beitragen, dass mehr Fertigung zurückgeholt wird. Kosten und Effizienz bleiben jedoch weiter sehr maßgebend, wenn es um die Gestaltung der SC-Strategie von Unternehmen geht. Nur teilweise findet hier ein Umdenken statt und wenn, dann vor allem im Bereich der geopolitischen Fragen sowie der Flexibilität so meint der Interviewte B. Die starke Fragmentierung der SCs macht diese noch anfälliger für Störungen, die durch vermehrte Unsicherheiten hervorgerufen werden können. Dies trifft auch auf das Konzept JIT zu, auch wenn es hier nach Meinung des Interviewten A nicht im Grundsatz so ist, sondern es eine Unterscheidung nach Branchen benötige. Die verschiedenen Interviewten nennen unterschiedliche Aspekte, die ihrer Meinung nach bei künftigen SC-Strategien stärker berücksichtigt werden müssten. Schlussendlich geht es aber immer um die Erhöhung von Transparenz sowie einer strategischeren Ausrichtung der SCs (Abb. 12).
f 1 у Transparenz
Automatisierung
^ Resilienz
Ausrichtung
^ Globale Aspekte
Abb. 12. Aspekte künftiger SC-Strategien aus Sicht der Unternehmensberater / Fig. 12. Aspects of Future SC Strategies
from the Perspective of Corporate Consultants / Рис. 12. Аспекты будущих стратегий цепей поставок с точки зрения бизнес-консультантов
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Die strategische Bedeutsamkeit einer dual-Sourcing-Strategie wurde gerade durch Corona vielen Unternehmen aufgezeigt so der Interviewte C. Teilweise wird diese Strategie schon angewendet und die Unternehmen
haben damit gute Erfahrungen gemacht. Die interviewten Berater sind sich einig, dass das Design (strategische Gestaltung der Struktur/Prozesse etc.) der SC überdacht werden muss, auch wenn es immer einer Einzelfallentscheidung bedarf. Gründe für diese Meinung sind vor allem die steigenden Unsicherheiten, Kostendruck sowie die steigende Regulatorik. Bei der Neugestaltung des Designs müsse vor allem der Fokus auf die steigenden Unsicherheiten gelegt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Interviewten aus den aktuellen und vergangenen Krisen gelernt haben, dass auf Folgendes mehr eingegangen werden muss (Abb. 13).
I* / □
I UnSicherheiten Flexibilität Transparenz
Abb. 13. Erkenntnisse der Unternehmensberater / Fig. 13.
Findings of the Management Consultants / Рис. 13. Выводы бизнес-консультантов
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Risiken in der SC
Hinsichtlich der Frage, ob eine globalisierte SC Risiken mit sich bringt, wird dies von allen Interviewten bejaht. Nach der Auffassung des Interviewten C sind dies vor allem politische- und Währungsrisiken sowie solche in Form von Naturkatastrophen. Die anderen beiden Experten nennen Risiken wie die des Transports, der Sicherheit, Kultur, aber auch Pandemien und Naturkatastrophen. Um eine Risikominderung herbeizuführen, raten sie ihren Kunden zu verschiedenen Maßnahmen: mehr Diversifizierung, Risikomanagement sowie Transparenz in der SC. Den Kunden ist es grundsätzlich wichtig, ihre Versorgungssicherheit zu erhöhen. Der Interviewte B betont, dass die Corona-Pandemie ihnen vor Augen geführt hat, wie wichtig verlässliche Versorgung ist. Daher betreiben diese mehr Risikomanagement, dual-Sourcing, Local-Sourcing und legen ihren Fokus auch verstärkt auf geopolitische Aspekte. Die Kosteneffizienz ist meist der entscheidende Faktor, auch wenn die Fragen nach der Versorgungssicherheit immer mehr Einfluss auf die reine Kostenfrage nimmt. Um die durch die zunehmenden Unsicherheiten eingetretenen Ausfälle und Engpässe in den SCs zu vermeiden, hätte es nach Meinung der Experten im Vorfeld einer stärkeren Fokussie-rung auf geopolitische und makroökonomische Aspekte sowie einer besseren Risikoidentifikation und Risikobewertung bedurft und nicht die reine Fokussierung auf die Kosten. Bei der Identifikation und Bewertung bedarf es einer grundsätzlich neuen Herangehensweise im Rahmen des SC-Risikomanagements.
Resilienz in der SC
Alle Gesprächspartner gaben an, dass die Bedeutung der Resilienz zugenommen hat und dies auf die Zunahme an Störungen bzw. Unsicherheiten (Corona-Pandemie, Brexit, Handelskonflikte etc.) in der SC zurückzuführen ist. Eine Diversifizierung der Lieferantenstruktur wäre nach ihrer Meinung ein zentraler Aspekt, um die Resilienz zu erhöhen, da man so laut Interviewten C in verschiedenen Regionen und bei verschiedenen Lieferanten einkaufe. Sie betonen alle, dass die Steigerung der Transparenz ein Eckpfeiler für eine resiliente SC wäre bzw. die SC resilienter gegen aktuelle und künftige Unsicherheiten machen würde. Zudem werden auch hier wieder Maßnahmen genannt, die bereits in anderen Aussagen Erwähnung fanden, wie z.B. (Abb. 14).
Abb. 14. Eckpfeiler und Maßnahmen für resilientere SC aus Sicht der Unternehmensberater / Fig. 14. Cornerstones and Measures for More Resilient SC from the Perspective of Management Consultants / Рис. 14. Краеугольные камни и меры для повышения устойчивости цепей поставок с точки зрения бизнес-консультантов
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Für die Handhabung von Unsicherheiten raten die verschiedenen Experten ihren Kunden zu verschiedenen Maßnahmen. Einerseits ist dies auch hier die Schaffung von mehr Transparenz, Digitalisierung und Flexibilität andererseits das Betreiben von mehr Risikomanagement und Ursachenanalyse. Der Interviewte B und der Interviewte A sind zudem der Meinung, dass aufgrund vermehrter Unsicherheiten teilweise mehr Agilität und Resilienz in der SC nötig ist. Laut des Interviewten A ist dies so, weil Agilität und Resilienz die Stabilität der SCs steigern.
Gruppe der leitenden Angestellten
SC-Strategie
Die interviewten leitenden Angestellten verschiedener Unternehmen sind auch der Meinung, dass sich die SCs in den letzten Jahren verändert haben. Sie sprechen in diesem Zusammenhang primär von einer steigenden Komplexität und Globalität. Aus Sicht des Unternehmens Alpha hat zudem eine weitere Reduzierung der Lagerbestände stattgefunden. Manche Unternehmen denken aktuell darüber nach, die Fertigung zukünftig teilweise aus Low-Cost-Ländern nach Deutschland zurückzuholen. Dies trifft jedoch nicht auf das Unternehmen Gamma zu, da bereits jetzt die Chemiebranche stark in Deutschland vertreten ist. Für das Unternehmen Beta spielt diese Thematik, die Fertigung nach Deutschland zurückzuholen, eine Rolle, was nach deren Ansicht auch auf die gesamte Automobilbranche zutrifft. Der Autozulieferer Alpha sieht dies eher nicht so. Grund hierfür ist, dass sie unter einem sehr hohen Preisdruck durch die Automobilindustrie stehen und zudem bereits jetzt sehr viel lokal sourcen. Das Lieferkettengesetz könnte nach Meinung mancher Unternehmen leichten Einfluss darauf haben, dass mehr Fertigung nach Deutschland zurückgeholt wird. Die generelle Situation bei Unternehmen Gamma und in der Chemiebranche ist sehr gut, weshalb in dieser eher kein Umdenken hinsichtlich der SC-Strategie erfolgt. Bei dem Unternehmen Beta findet ein Umdenken langsam statt und der Fokus wird nicht mehr primär auf die Kosteneffizienz, sondern auch auf die zunehmenden Unsicherheiten gelegt. Das Unternehmen Alpha legt weiterhin den Fokus in ihrer Strategie auf die Kosten, da der Kostendruck der Automobilbranche nichts Anderes zulässt und die Margen zu gering sind. Dreiviertel der Interviewten gaben an, dass die Fragmentierung und JIT-Produktion die Anfälligkeit der SCs ihres Unternehmens weiter erhöht. Das Unternehmen Beta ist nicht dieser
Meinung, da für JIT auch immer ein Plan B vorhanden sei. Aus Sicht der Unternehmen gibt es verschiedene Aspekte, die bei ihren künftigen SC-Strategien mehr beachtet werden sollten. Folgend werden alle Punkte gesammelt aufgeführt (Abb. 15).
Abb. 15. Aspekte künftiger SC-Strategien aus Sicht der Unternehmen / Fig. 15. Aspects of Future SC-Strategies from the Company's Point of View / Рис. 15. Аспекты будущих стратегий цепей поставок с точки зрения компании
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Das Unternehmen Gamma betreibt aktuell überwiegend schon eine dual-Sourcing-Strategie, wodurch sich jedoch die Komplexität sehr erhöht hat. Das Unternehmen Beta macht es teilweise für sehr wichtige Komponenten der Produktion, wohingegen bei dem Unternehmen Alpha dies aufgrund des Kostendrucks nicht praktiziert wird. Die Unternehmen sind sich einig in der Frage, dass das Design der SCs in ihren Unternehmen überdacht werden muss. Dies führen sie primär auf die steigenden Unsicherheiten zurück. Aus Sicht des Unternehmens Alpha spielen aber auch die steigenden Vorgaben der Automobilbranche eine Rolle. Die Unternehmen haben aus den aktuellen und vergangenen Krisen gelernt, dass neben mehr Sicherheitsbeständen noch Folgendes beachtet werden muss bzw. nötig ist (Abb. 16).
§ п
■_management
Local SQurong Komp|eÄ Transparenz.
Abb. 16. Erkenntnisse der Unternehmen / Fig. 16. Findings of the Companies / Рис. 16. Выводы компаний
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Risiken in der SC
Das Unternehmen Alpha hat eine ähnlich komplexe und vielschichtige SC-Struktur, wie sie bspw. BMW hat, auch wenn bei dem Unternehmens Alpha vor allem der Preis sowie die teilweise gemachten Vorgaben der Automobilbranche maßgebend sind. Grundsätzlich sieht sie in einer globalisierten SC vor allem Risiken bei Transport, Klima sowie Geografie. Daher werden Lagerbestände und Transparenz geschaffen sowie gewisse Anforderungen in Form eines Katalogs an die Lieferanten gestellt. Die Struktur des Unternehmens Gamma ist nicht so komplex und vielschichtig, da sie primär Grundstoffe herstellen und sich im Upstream befinden. Vor allem Lieferengpässe, kulturelle Unterschiede und verlängerte Reaktionszeiten stellen Risiken einer globalisierten SC aus ihrer Sicht dar. Daher planen sie sehr vorausschauend und schließen strategische Partnerschaften ab. Die Struktur des Unternehmens Beta ist vergleichbar mit der von BMW. Das aus ihrer Sicht bestehende Risiko sind drohende Lieferengpässe, welches sie durch genauere Planung und dual-Sourcing zu vermeiden suchen. Die Aussagen der Unternehmen bzw. leitender
Angestellter zu ihrer Einschätzung zu dem aktuell vorherrschenden Mangel an Halbleitern, der vor allem die Automobilindustrie betrifft, lässt sich zusammenfassend als problematisch aber nachvollziehbar beschreiben. Nachvollziehbar aus Sicht des Unternehmens Alpha insofern, als der starke Fokus auf die Kosten sowie die kaum vorhandenen Sicherheitsbestände teilweise ein Resultat des aktuellen Problems sind. Zudem ist nach ihrer Meinung die Automobilindustrie einfach zu unbedeutend in der aktuell hohen Nachfrage nach Halbleitern. Sowohl für das Unternehmen Alpha als auch für das Unternehmen Beta ist es grundsätzlich wichtig, die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Diese wollen sie durch mehr Sicherheitsbestände, Kapazitäten sowie einen höheren Automatisierungsgrad erreichen. Die Kosteneffizienz bleibt dabei aber meist entscheidend bzw. bedarf es einer Einzelfallentscheidung. Für das Unternehmen Gamma ist die Erhöhung der Versorgungssicherheit eher nicht wichtig, da sie bereits sehr hoch ist. Dreiviertel der Interviewten gaben an, dass es aufgrund der aktuellen und vergangenen Unsicherheiten aus ihrer Sicht eine neue Herangehensweise im Rahmen des SC-Risikomanagements bedarf. Dabei beziehen sie sich vor allem auf die Risikoidentifikation und Risikobewertung sowie Unternehmen Gamma auch auf die Nachfrageplanung. Unternehmen Beta sieht keinen Anpassungsbedarf.
Resilienz in der SC
Auch aus Sicht der Unternehmen wäre eine stärkere Diversifizierung der Lieferanten ein zentraler Aspekt, um die Resilienz der SC zu erhöhen, auch wenn dies immer eine Einzelfallentscheidung ist. Für die meisten Unternehmen hat hingegen die Bedeutung der Resilienz der SC nicht zugenommen. Bei dem Unternehmen Alpha ist dies vor allem auf den hohen Kostendruck zurückzuführen. Nur für das Unternehmen Beta hat die Bedeutung zugenommen, was sie mit der Zunahme an Störungen in den letzten Jahren begründet. Aus Sicht der Unternehmen gibt es neben Agilität und dual-Sourcing weitere verschiedene Eckpfeiler sowie Maßnahmen, um die SCs resilienter gegen aktuelle und zukünftige Unsicherheiten zu machen, die folgend gesammelt aufgeführt werden (Abb. 17).
Abb. 17. Eckpfeiler und Maßnahmen für resilientere SC aus Sicht der Unternehmen / Fig. 17. Cornerstones and Measures for More Resilient SC from the Perspective of Companies / Рис. 17. Основные принципы и меры для повышения устойчивости цепей поставок с точки зрения бизнеса
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Damit Unsicherheiten erfolgreich gehandhabt werden, setzt das Unternehmen Alpha vor allem auf Transparenz, Analysen sowie den bereits erwähnten Anforderungskatalog an die Lieferanten. Das Unternehmen Beta fokussiert vor allem eine gute Vorbereitung und Planung, wohingegen das Unternehmen Gamma eine Überarbeitung der Netzwerkstruktur anstrebt. Grundsätzlich sind
die Unternehmen eher der Meinung, dass die SCs in ihren Unternehmen agiler und resilienter ausgestaltet sein müssten, aufgrund steigender Unsicherheiten.
Diskussion der Ergebnisse
Änderungen in der Supply Chain aufgrund zunehmender Unsicherheiten
Sowohl die Unternehmensberater als auch die leitenden Angestellten bzw. Unternehmen eine Zunahme der Komplexität und Globalität der SCs in den letzten Jahren festgestellt haben. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass auch die Transparenz der SCs in dieser Zeit abgenommen hat, was aufgrund zunehmender Unsicherheiten nicht von Vorteil für die Unternehmen ist. Dass die Globalität und dadurch auch die Komplexität der SCs zugenommen hat, deckt sich auch mit den Erkenntnissen der bisherigen Forschung [43]. Das eine zunehmende Globalisierung zu mehr Risiken führt, ist angesichts der Tatsache, dass dadurch auch die Komplexität zunimmt nicht verwunderlich, sondern die logische Konsequenz. Die Ergebnisse zeigen, dass es daher u.a. in Zukunft eines besseren Risikomanagements sowie einer Diversifizierung der Lieferanten bedarf. Die bisherige Forschung hat in diesem Zusammenhang bereits festgestellt, dass eine Diversifizierung der Lieferanten zu erheblichen Mehrkosten führt [57]. Die Befragten sprechen sich jedoch explizit für dieses Vorgehen aus, was darauf schließen lässt, dass die Kosten einer nicht vorhandenen Diversifizierung potenziell höher wären. Die Tatsache, dass fast alle interviewten Personen/Unternehmen neue Ansätze bzw. Vorgehensweisen im Rahmen der Risikoidentifikation und Risikobewertung befürworten und im Grundsatz ein besseres Risikomanagement fordern, lässt die Vermutung zu, dass das aktuelle Vorgehen nicht mehr zeitgemäß ist. Die Unternehmensberater sind in diesem Kontext auch noch der Meinung, dass eine bessere Beachtung dieser beiden Punkte auch zu weniger Störungen aufgrund zunehmender Unsicherheiten geführt hätte. Die Konsequenz dieser Ergebnisse müsste u.a. eine weitaus stärkere Beachtung der beiden Prozesse auf Gesamtunternehmensebene und auch auf den Entscheidungsebenen sein. Mitarbeiter eines Unternehmens müssen ein Bewusstsein für potenzielle Risiken entwickeln [25]. Zudem können nur die Risiken, die identifiziert werden in der Folge auch analysiert und gesteuert werden Die bisherige Forschung zeigt, dass gerade die auf die Identifikation folgende Bewertung von hoher Bedeutung für den Gesamtprozess ist und vor allem die Objektivität gewahrt werden muss [29]. Aufgrund der Erkenntnisse der durchgeführten Untersuchung sowie die der bisherigen Forschung stellt sich jedoch die Frage, ob nur eine reine Anpassung der beiden Prozesse die Lösung darstellt. Vielmehr müsste darüber nachgedacht werden, dass in den Abteilungen der Unternehmen unabhängige Risikobeauftragte installiert werden, die speziell ausgebildet sind, um die Risiken zu identifizieren, zu bewerten sowie die Objektivität zu wahren und nicht in den Kostendruck der Abteilung zu geraten, da die Kosten bei SC-Entscheidungen meist noch der maßgebende Aspekt sind. Dies könnte mit Blick auf die vorhandenen Ergebnisse ein Ausgangspunkt für weitere Diskussionen sein wie die beiden Prozesse neugestaltet werden könnten. Der Fakt, dass Kosten und Effizienz weiterhin bei vielen Unternehmen der maßgebende Aspekt im Rahmen ihrer SC-Strategie sind und nur teilweise ein Umdenken stattfindet, ist angesichts der vorherrschenden und in der Untersuchung dargelegten Störungen der SCs sehr kritisch zu sehen. Lee stellte in diesem Zusammenhang fest, dass nur aufgrund einer kosteneffizienten SC keine
nachhaltigen Wettbewerbsvorteile entstehen können [44]. Gerade diese sollten jedoch mit Blick auf die zunehmende Globalisierung und damit auch der Zunahme der Konkurrenz im Interesse der Unternehmen genutzt werden. Bemerkenswert ist, dass das Unternehmen Alpha weiterhin Kosten und Effizienz fokussiert, da sie unter einem zu hohen Druck durch die Automobilbranche stehen und somit für Änderungen keinen Spielraum sehen. Auch bei dem Unternehmen Gamma findet kein Umdenken statt, was jedoch auf die relativ gute wirtschaftliche Lage der Chemiebranche zurückzuführen ist. Es zeigt sich dadurch aber, dass es Unterschiede zwischen den Branchen gibt, warum Kosten und Effizienz weiter im Vordergrund stehen oder auch nicht. Eine branchenübergreifende, einheitliche Aussage ist somit zu dieser Thematik nicht möglich und würde die Ergebnisse der Untersuchung falsch darstellen. Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse ist hier eine Inkonsistenz festzustellen, da einerseits der Fokus bei den SC-Strategien überwiegend weiter auf Kosten und Effizienz ausgerichtet sein wird und andererseits die Ergebnisse dafür sprechen, mehr Diversifizierung sowie eine Anpassung des Risikomanagements vorzunehmen. Diese beiden Punkte wären unausweichlich mit Mehrkosten verbunden. Der Aspekt der Mehrkosten trifft auch auf das Lo-cal-Sourcing [25] zu, welches Unternehmen aufgrund der vermehrten Unsicherheiten teilweise verstärkt betreiben wollen. Diese Erkenntnis, dass Unternehmen mehr Local-Sourcing betreiben wollen, deckt sich mit den bisherigen Ergebnissen der Forschung in diesem Bereich [59]. Professor Ian Goldin von der Oxford University ist der Meinung, dass die JIT-Produktion das System zu anfällig für Störungen macht [80]. Erstaunlich ist, dass dies nicht alle Befragten so sehen und es somit auch hier einer Unterscheidung nach Branchen bedarf. Verwunderlich ist, dass gerade das Unternehmen Beta nicht der Meinung ist, dass dies die Anfälligkeit erhöht, da dieses Konzept gerade bei den Automobilherstellern sehr verbreitet ist und es deswegen zu vielen Störungen gerade während der Corona-Pandemie gekommen ist [17]. Dass die Befragten überwiegend der Meinung sind, dass zukünftig in der SC-Strategie u.a. die Transparenz der SC stärker berücksichtigt werden sollte, ist unter Anbetracht der zunehmenden Globalität und Komplexität sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Zudem kann dadurch auch die Resilienz der SC gestärkt werden, da eine bessere Informationsbasis vorhanden ist [58]. Nicht alle Interviewten geben an, dass sie das Design aufgrund der vermehrten Unsicherheiten überdenken wollen, sondern auch hier gibt es wieder unterschiedliche Gründe. So ist es bei dem Unternehmen Alpha beispielsweise auf die Vorgaben der Automobilhersteller zurückzuführen, die stark Kosten getrieben sind. Dies zeigt einmal mehr die teils hohe Abhängigkeit, die die Automobilzulieferer von den Automobilherstellern haben. Dies wirft die Frage auf, ob diese Abhängigkeit auf Dauer von Vorteil ist oder es dadurch zu einer weiteren Zunahme an Unsicherheiten in den SCs kommt.
Mit Blick auf die erste Forschungsfrage dieser Untersuchung kann festgehalten werden, dass Unternehmen Änderungen in ihrer SC vornehmen müssen. Interessant ist jedoch, dass die notwendigen Änderungen nicht nur auf die zunehmenden Unsicherheiten zurückzuführen sind, sondern auch andere Gründe hierfür vorliegen. Grundsätzlich muss es bei vielen Teilaspekten der Untersuchung, wie z.B. der Frage nach der weiteren Fokussie-rung auf Kosten und Effizienz, eine teilweise Unterscheidung zwischen den Branchen geben. Trotz alledem
ist die Zunahme der Unsicherheiten ein Hauptgrund für vorzunehmende Änderungen vieler Unternehmen. Dieses Ergebnis kann in Anbetracht der aktuellen und vergangenen Störungen in den SCs so verstanden werden, dass einige Unternehmen und Branchen erkannt haben, dass ihre SCs nicht gut auf die Anforderungen der heutigen Zeit abgestimmt sind.
Möglichkeiten der Sicherstellung der Resilienz
Die Bedeutung der Resilienz hat nach Meinung der meisten Interviewten aufgrund zunehmender Unsicherheiten zugenommen, aber es gibt auch hier Ausnahmen. Für das Unternehmen Alpha hat die Bedeutung nicht zugenommen, da sie auch hier wieder aufgrund des hohen Kostendrucks keinen Spielraum für solche Überlegungen sieht. Die Tatsache, dass die Diversifizierung der Lieferanten nach Meinung der Unternehmensberater und Unternehmen einen zentralen Aspekt darstellt, um die Resilienz zu stärken, steht in Einklang mit der bisherigen Forschung, welche die Diversifizierung als ein Instrument der Resilienz aufführt [27, 57]. Zudem seien u.a. die Steigerung der Transparenz sowie Local Sourcing Eckpfeiler bzw. Maßnahmen für eine resiliente SC und um diese gegen aktuelle und künftige Unsicherheiten zu sichern. Nach Meinung von Wissenschaftlern könnte das Fokussieren von lokalen Produktionsstätten langfristig dazu beitragen, dass der Trade-off zwischen Resilienz und Effizienz behoben wird [59]. Angesichts der Tatsache, dass die Kosteneffizienz meist bei SC-Entscheidungen noch maßgebend ist, auch wenn die Thematik der Sicherheit immer mehr Einfluss nimmt, bestehen vorerst tendenziell eher weniger Möglichkeiten für die Unternehmen, die Resilienz ihrer SCs nachhaltig zu erhöhen, auch wenn die Bedeutung der Resilienz für sie zugenommen hat. In diesem Kontext müssen auch die Maßnahmen gesehen werden, die die Unternehmensberater ihren Kunden zur Handhabung von Unsicherheiten empfehlen, wie z.B. die Erhöhung der Transparenz oder der Digitalisierung. Die von den Unternehmen bereits implementierten Maßnahmen setzen dabei u.a. auf eine gute Vorbereitung und Planung der SC-Vorhaben. Somit besteht eine Diskrepanz zwischen den Empfehlungen, die die Unternehmensberater ihren Kunden geben und dem, was die Unternehmen bis jetzt umgesetzt haben. Dies kann kritisch gesehen werden und darauf hindeuten, dass die Unternehmensberater aufgrund ihrer Beratungstätigkeiten über viele Branchen hinweg eine bessere Beurteilung der Gesamtlage abgeben können bzw. einen besseren Überblick über sinnvolle bzw. zielführende Maßnahmen für diesen Bereich haben und die getroffenen Maßnahmen der Unternehmen langfristig ggf. keinen Erfolg mehr haben.
Schlussendlich bestehen verschiedene Möglichkeiten für Unternehmen, wie sie die Resilienz auch zukünftig sicherstellen können, sofern dies für sie von Relevanz ist. Eine zentrale Möglichkeit ist hierbei die Diversifizierung der Lieferanten. Es wird auch weiterhin primär einen Trade-off zwischen Resilienz und Kosten geben, auch wenn die Bedeutung der Kosten in diesem Kontext teilweise etwas abgenommen hat und die Resilienz mehr Beachtung findet bzw. finden wird. Somit wäre auch die zweite Forschungsfrage dieser Untersuchung beantwortet.
Fazit
Die Auswirkungen auf die SCs aufgrund zunehmender Unsicherheiten und Störungen werden immer größer, sodass im letzten Jahrezehnt SC-Risiken vermehrt das größte Risiko aus Sicht der Unternehmen darstellten [67,
71]. Neben den in dieser Arbeit behandelten Unsicherheiten verdeutlichen auch aktuelle Störungen, wie die Blockade im Suez-Kanal [81] oder der Mangel an Halbleitern und die daraus folgenden Produktionsstopps [81], wie fragil und störanfällig viele SCs mittlerweile sind. Die in dieser Untersuchung durchgeführte explorative Forschung in Form von Experteninterviews hat offengelegt, dass die Kosten weiterhin meist der entscheidende Aspekt im Rahmen der SC sind, obwohl die teils mangelnde Resilienz gerade durch die steigenden Unsicherheiten vor Augen geführt wird. Die Globalität und somit auch die Komplexität der SCs hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Die Forschungsergebnisse zeigen zudem, dass mehr Transparenz, ein besseres Risikomanagement sowie mehr Flexibilität nötig ist. Die Erkenntnis, dass es einer höheren Transparenz bedarf, deckt sich auch mit anderen aktuell durchgeführten Untersuchungen auf diesem Gebiet [82]. Die Unternehmen haben verstanden, dass u.a. ein gut funktionierendes Risikomanagement gerade im Hinblick auf die Risikoidentifikation und Risikobewertung in der heutigen Zeit von großer Wichtigkeit ist. Die Transparenz und Resilienz sind einer der zentralen Aspekte, die in künftigen SC-Strategien eine stärkere Beachtung finden müssen. Zudem zeigen die Untersuchungen und die daraus generierten Handlungsempfehlungen, dass u.a. Unsicherheiten in Zukunft stärker beachtet und Sicherheitsbestände erhöht werden müssen sowie die Komplexität abgebaut werden muss und es u.U. auch mehr Local Sourcings bedarf.
Mithilfe der Untersuchung wurde das Ziel erreicht und Antworten auf die Forschungsfragen gefunden. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass Unternehmen aufgrund zunehmender Unsicherheiten Änderungen in ihrer SC vonehmen müssen, aber auch das dies nicht immer auf die Unsicherheiten zurückzuführen ist. Es konnten Erkenntisse gewonnen werden, wie die Resilienz zukünftig sichergestellt werden kann, aber auch dass sich die Resilienz trotz der gemachten Erfahrungen noch nicht nachhaltig gegen die Effizienz durchgesetzt hat. Die Untersuchungen haben auch gezeigt, dass sich die Ergebnisse teilweise nicht verallgemeinern lassen und zum Teil größere Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen hinsichtlich der Ergebnisse existieren.
Schlussendlich lässt sich festhalten, dass die Auswirkungen der Unsicherheiten in Form von Beschaffungsschwierigkeiten sowie in teils starken Einflüssen auf die Performance der SCs widerspiegeln. Dadurch bedarf es einer Anpassung des Designs der SC, sodass diese resilienter ggü. Unsicherheiten und Störungen wird. Die in dieser Arbeit aufgeführten Unsicherheiten haben somit deutlich gemacht, dass es für Unternehmen nicht immer zielführend sein kann, wenn sie nur kosteneffiziente SCs fokussieren und dabei die Kosten für Risiken außer Betracht lassen. Vielmehr muss dass Design resilienter ausgestaltet sein und dabei immer im Einzelfall entschieden werden, ob Kosten wirklich der maßgebende Faktor sein sollten [83].
Im Rahmen des theoretischen als auch des empirischen Teils dieser Arbeit lag der Fokus auf der Betrachtung des Trade-offs zwischen Resilienz und Kosteneffizienz und den Auswirkungen steigender Unsicherheiten auf das Design von SCs. Eine genaue Berechnung potenzieller Kosten durch fehlende Resilienz oder durch die Anwendung von Resilienz-Instrumenten ist nicht im Fokus dieser Arbeit gewesen. Die empirischen Untersuchungen begrenzten sich auf eine geringe Anzahl von Branchen, was zu Grenzen in der Datenbasis führte. Da-
durch war es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich potenzielle grundsätzliche Unterschiede zwischen verschiedenen Branchen herauszuarbeiten und darzustellen. Dies war jedoch auch nicht Ziel dieser Arbeit.
Es empfiehlt sich somit eine weitere Untersuchung hinsichtlich der Kosten, die durch Resilienz-Instrumente sowie durch fehlende Resilienz entstehen können. In diesem Zusammenhang bedarf es der Entwicklung einer konkreten Methode, die eine monetäre Bewertung der fehlenden Resilienz ermöglicht, da diese aktuell nur sehr schwer zu messen bzw. zu monetarisieren ist. Eine Empfehlung für weitere Forschung in diesem Gebiet besteht zudem darin, dass auf Basis dieser Arbeit eine weitere Untersuchung vorgenommen wird, bei der eine Vielzahl verschiedener Branchen untersucht werden. Dadurch könnten potenzielle Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen ermittelt sowie konkrete Handlungsempfehlungen für diese abgeleitet werden.
Beitrag der Autoren
Die Autoren trugen zu gleichen Teilen zur Forschung bei: Sammeln und Analysieren des Materials, Definieren der Ziele und Forschungsmethoden, Formulieren und wissenschaftliches Untermauern der Schlussfolgerungen und Verfassen der wichtigsten Forschungsergebnisse in einem Artikel.
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About the Authors / Информация об авторах
Оливер Кинс - магистр, Международная школа менеджмента, Франкфурт-на-Майне, Германия / Oliver Kins - Master, International School of Management, Frankfurt am Main, Germany E-mail: kristinaschroeder2@web.de
Патрик Зигфрид - д-р экон. наук, профессор; профессор, Международная школа менеджмента, Франкфурт-на-Майне, Германия / Patrick Siegfried - Dr. Sci. (Economics), Professor; Professor, International School of Management, Frankfurt am Main, Germany E-mail: patrick.siegfried@ism.de ORCID 0000-0001-6783-4518 ResearcherID ACS-6325-2022
Received: July 30, 2022 Accepted: September 20, 2022
Дата поступления статьи: 30 июля 2022 Принято решение о публикации: 20 сентября 2022