Научная статья на тему 'DREI BEMERKUNGEN ZU ASCONIUS'

DREI BEMERKUNGEN ZU ASCONIUS Текст научной статьи по специальности «Языкознание и литературоведение»

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Philologia Classica
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SPäTE RöMISCHE REPUBLIK / STRAFGERICHTE / PROSOPOGRAPHIE

Аннотация научной статьи по языкознанию и литературоведению, автор научной работы — Chrustaljow Wjatscheslaw K.

Der Aufsatz beschäftigt sich mit drei Passagen aus Asconius’ Kommentar zu den Reden Ciceros. Im ersten der behandelten Fragmente berichtet Asconius, dass Ciceros Tochter Tullia im Wochenbett im Haus ihres Ehemannes P. Lentulus verstorben sei. Diese Darstellung steht im Gegensatz zur in der Forschung fast allgemein akzeptierten, wenngleich auf indirekte Quellenzeugnisse gestützten, Meinung, dass Tullia auf Ciceros tuskulanischer Villa verschieden sei, nachdem sie einen Sohn im Haus ihres Vaters in Rom geboren habe. Asconius’ Zeugnis wird der Nachricht Plutarchs (Cic. 41, 7-8) gegenübergestellt, in der die gleiche Version überliefert ist. Der Verfasser gelangt zur Schlussfolgerung, dass der Darstellung der beiden Autoren eine gemeinsame Quelle zugrunde liegt, nämlich die von Tiro verfasste Biographie Ciceros, in der nur der Geburtsort des Kindes Tullias, aber nicht der Todesort seiner Mutter angegeben wurde. Gestützt auf diese Information, kamen Asconius und Plutarch unabhängig voneinander zum folgerichtigen, aber irrtümlichen Schluss, dass Tullia im Haus ihres ehemaligen Ehemannes verstorben sei. In der zweiten Passage erwähnt Asconius, dass M. Licinius Crassus im Richterkollegium im Majestätsprozess des C. Cornelius im Jahre 65 saß. Im selben Jahre bekleidete Crassus die Zensur. Allerdings waren die amtierenden Magistrate von den Geschworenen ausgeschlossen. Da der Corneliusprozess in den späten Frühling oder die erste Hälfte des Sommers datiert werden kann, ist zu vermuten, dass Crassus zu diesem Zeitpunkt das Amt aufgab. Im dritten Teil des Aufsatzes wird Asconius’ Bericht über den Mord an Lucretius Afella untersucht. Nach Asconius wurde Afella von einem gewissen L. Bellienus ermordet, während Plutarch berichtet, dass Afella von einem der Zenturionen Sullas erschlagen worden sei. Der Verfasser kommt zum Schluss, dass diese zwei Menschen identisch sind, obwohl ihre mögliche Identität in der Forschung üblicherweise in Zweifel gezogen wird.

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THREE NOTES ON ASCONIUS

This article deals with three passages from Asconius’ commentary on Cicero’s speeches. In the first of these fragments, Asconius reports that Cicero’s daughter Tullia died after childbirth in the house of her husband P. Lentulus. This version stands in contrast to the communis opinio in the scholarship (albeit rested on indirect evidence), according to which Tullia passed away at the Tusculan villa of Cicero after she had given birth to her son in Cicero’s house in Rome. Asconius’ testimony is compared with the account of Plutarch (Cic. 41. 7-8) who tells the same story as the commentator of Cicero. The author concludes that the reports of two ancient writers are based on a common source, namely Cicero’s biography composed by Tiro, in which only the place of birth of Tullia’s son, but not the place of her death was given. Based on this information, Asconius and Plutarch independently of each other came to the logical but wrong conclusion that Tullia died in the house belonged to her ex-husband. In the second passage Asconius mentions that M. Licinius Crassus sat on the jury upon the trial of C. Cornelius de maiestate in 65. In the same year Crassus held the censorship. However, office-holding magistrates were excluded from juries. Since the trial of Cornelius can be dated to the late spring or the first half of summer, we are to assume that Crassus gave up the office by this time. In the third part of the paper Asconius’ account on the murder of Lucretius Afella is examined. According to Asconius, Afella was killed by a L. Bellienus, whereas Plutarch reports that Afella was murdered by one of Sulla’s centurions. The identicalness of L. Bellienus and the anonymous centurion mentioned by Plutarch is usually called into doubt in the scholarship, but the author comes to conclusion that the ancient authors write about the same man.

Текст научной работы на тему «DREI BEMERKUNGEN ZU ASCONIUS»

UDC 821.124

Philologia Classica. 2022. Vol. 17. Fasc. 1

Drei Bemerkungen zu Asconius*

Wjatscheslaw K. Chrustaljow

Herzen-Universität Sankt Petersburg,

48, nab. r. Moiki, St Petersburg, 191186, Russland

Staatliche Universität Pskow,

2, Lenina pl., Pskow, 180000, Russland; vyacheslav2511@gmail.com

For citation: Chrustaljow W. K. Drei Bemerkungen zu Asconius. Philologia Classica 2022, 17 (1), 97106. https://doi.org/10.21638/spbu20.2022.108

Der Aufsatz beschäftigt sich mit drei Passagen aus Asconius' Kommentar zu den Reden Ciceros. Im ersten der behandelten Fragmente berichtet Asconius, dass Ciceros Tochter Tullia im Wochenbett im Haus ihres Ehemannes P. Lentulus verstorben sei. Diese Darstellung steht im Gegensatz zur in der Forschung fast allgemein akzeptierten, wenngleich auf indirekte Quellenzeugnisse gestützten, Meinung, dass Tullia auf Ciceros tuskulanischer Villa verschieden sei, nachdem sie einen Sohn im Haus ihres Vaters in Rom geboren habe. Asconius' Zeugnis wird der Nachricht Plutarchs (Cic. 41, 7-8) gegenübergestellt, in der die gleiche Version überliefert ist. Der Verfasser gelangt zur Schlussfolgerung, dass der Darstellung der beiden Autoren eine gemeinsame Quelle zugrunde liegt, nämlich die von Tiro verfasste Biographie Ciceros, in der nur der Geburtsort des Kindes Tullias, aber nicht der Todesort seiner Mutter angegeben wurde. Gestützt auf diese Information, kamen Asconius und Plutarch unabhängig voneinander zum folgerichtigen, aber irrtümlichen Schluss, dass Tullia im Haus ihres ehemaligen Ehemannes verstorben sei. In der zweiten Passage erwähnt Asconius, dass M. Licinius Crassus im Richterkollegium im Majestätsprozess des C. Cornelius im Jahre 65 saß. Im selben Jahre bekleidete Crassus die Zensur. Allerdings waren die amtierenden Magistrate von den Geschworenen ausgeschlossen. Da der Corneliusprozess in den späten Frühling oder die erste Hälfte des Sommers datiert werden kann, ist zu vermuten, dass Crassus zu diesem Zeitpunkt das Amt aufgab. Im dritten Teil des Aufsatzes wird Asconius' Bericht über den Mord an Lucretius Afella untersucht. Nach Asconius wurde Afella von einem gewissen L. Bellienus ermordet, während Plutarch berichtet, dass Afella von einem der Zenturionen Sullas erschlagen worden sei. Der Verfasser kommt zum Schluss, dass diese zwei Menschen identisch sind, obwohl ihre mögliche Identität in der Forschung üblicherweise in Zweifel gezogen wird. Schlüsselwörter: Asconius, Cicero, Plutarch, späte römische Republik, Strafgerichte, Proso-pographie.

1

Asc. 5, 9-11 C (= 13, 23-24 St), aus dem Kommentar zur Rede in Pisonem: Cicero filiam post mortem Pisonis generi P. Lentulo collocavit, apud quem illa expartu decessit.

Man kann diese Nachricht dem Zeugnis Plutarchs (Cic. 41, 7-8) gegenüberstellen, der auch schreibt, dass Ciceros Tochter Tullia im Wochenbett im Haus des Lentulus verstorben sei: ^ öuyäxnp aneöave тктоша napä ЛеутЛ.ф- тоитш yäp цеха x^v nda^voc;

* Danksagungen. Dieser Aufsatz wurde im Rahmen des Forschungsprojektes „Der Gerichtsprozess in der Antike: juristische, politische, soziale und persönliche Aspekte" verfasst, das von der Russischen Stiftung für Grundlagenforschung gefördert wurde (Projekt Nr. 19-09-00183). Mein Dank gilt dem anonymen Gutachter der Philologia classica für viele wertvolle Kommentare und Vorschläge. Alle antiken Zeitangaben im Text sind als v.Chr. zu verstehen.

© St Petersburg State University, 2022

xoü npoxepou avSpoc; reXsux^v.1 In den Berichten des Asconius und Plutarch gibt es viele Ähnlichkeiten. Erstens, nennen die beiden Autoren den letzten Schwiegersohn Ciceros Len-tulus. Zweitens, schreiben sie, dass Tullia ihr Kind zur Welt im Haus des Lentulus brachte und ebenda während der Geburt oder bald danach starb. Die letzte Behauptung ist evident falsch, weil wir wissen, dass Tullia noch einige Wochen lebte (vgl. Cic. Fam. 6, 18, 5). Drittens, erwähnen weder Asconius noch Plutarch Furius Crassipes, mit dem sich Tullia nach dem Tod ihres ersten Ehemannes Piso anscheinend vermählte.2 Es liegt folglich nahe anzunehmen, dass Darstellung dieser Autoren eine gemeinsame Überlieferung zugrunde liegt.3

Zuerst soll man sich der Frage nach der Identität des dritten Gemahls Tullias zuwenden. Es geht um den Suffekt-Konsul des Jahres 44 P. Cornelius Dolabella, der von P. (oder Cn.?) Lentulus adoptiert wurde.4 Aber nach der Adoption führte Dolabella weiter seinen ursprünglichen Namen (Shackleton Bailey 1976, 29, 112), unter dem er auch in der antiken Überlieferung bekannt war. Außer Asconius und Plutarch tituliert ihn lediglich Macrobius (Sat. 2, 3, 3) mit dem Adoptivnamen Lentulus. Daraus zieht man manchmal den Schluss, Asconius sei wohl nicht bewusst gewesen, dass P. Lentulus mit dem Suffekt-Konsul des Jahres 44 P. Dolabella identisch sei (Shackleton Bailey 1976, 29; Ramsey 2021, 9. Anm. 7). Diese Überlegung trifft aber meines Erachtens nicht zu, denn sonst müsste man annehmen, dass der sorgfältige Asconius, der sich lange Zeit mit der Untersuchung der Reden Ciceros beschäftigte, jene Stelle aus der elften philippischen Rede (11, 10) nicht kannte oder vergaß, wo der Redner über Dolabella direkt spricht: aliquando fuit meus („er hat einmal zu meiner Familie gehört"). Da Dolabella sowohl in dieser als auch in den anderen philippischen Reden sehr häufig erwähnt wird, wäre eine solche Vergesslichkeit des Kommentators schwierig zu erklären.

Auf die Frage, warum Asconius und Plutarch den dritten Schwiegersohn Ciceros eben mit Lentulus titulieren, komme ich noch etwas später zurück. Nun soll ihre Version hinsichtlich Tullias Todesort unter die Lupe genommen werden. Die Mehrheit der Forschung ist der Meinung, Tullia sei auf Ciceros tuskulanischer Villa verschieden, nachdem sie ihren Sohn im väterlichen Haus in Rom geboren habe.5 Dass Tullias Todesort Tusculum war, ist vielleicht kaum zu bezweifeln: Noch im Mai 45 mied es Cicero, diese Villa zu besuchen, weil sie in ihm eine dunkle Erinnerung wachrief (Att. 12, 46, 1). Es fehlt allerdings an Belegen dafür, dass der kleine Lentulus gerade im Haus seines Großvaters geboren wurde. Deshalb vermutet von Voigt, Tullia habe ein Kind in Rom im Haus Dolabellas zur Welt

1 „Seine Tochter starb im Wochenbett bei Lentulus, den sie nach dem Tode ihres früheren Mannes, Piso, geheiratet hatte" (übers. v. K. Ziegler).

2 Die Verlobung fand am 4. April 56 statt (Cic. Q. fr. 2, 4, 2; 5, 1; Fam. 1, 7, 11). Nach gängiger Ansicht wird die Hochzeit bald darauf gefeiert (vgl. etwa Marshall 1985, 92; Treggiari 2007, 75-77). Trotzdem wird manchmal vermutet, dass es nie zur Vermählung gekommen sei, denn die Verlobung zwischen Tullia und Crassipes sei später aufgelöst worden (Madvig 1828, 68; von Voigt 1905, 353-357; mit Vorsicht auch Clark 1991). Warum Crassipes in den Nachrichten des Asconius und Plutarch keine Erwähnung findet, ist schwierig zu beantworten; vielleicht war der zweite Gemahl Tullias einfach zu unbedeutende Figur.

3 Dass Plutarch das Werk des Asconius als Quelle benutzte, ist sehr unwahrscheinlich. Für die Untersuchung der lateinischen Quellen der Parallelbiographien Plutarchs vgl. etwa Strobach 1997, 39-46.

4 In Rom übernahm der Adoptierte normalerweise sowohl das Nomen als auch das Pränomen seines Adoptivvaters (vgl. dazu ausführlicher Salomies 1987, 227-229). Zur Diskussion über die Identität von Do-labellas Adoptivvater s. Shackleton Bailey 1976, 29-32. Aller Wahrscheinlichkeit nach benötigte der Patrizier Dolabella diese Adoption, um zur Plebs zu übertreten, damit er zum Vokstribun für das Jahr 47 gewählt werden konnte (Cass. Dio, 42, 29, 1).

5 Siehe etwa: Carcopino 1951, 169; Shackleton Bailey 1971, 204; Marshall 1985, 93; Marinone 2004, 211; Treggiari 2007, 135; Englert 2017, 43. Tullia starb Mitte Februar 45 (vgl. Ramsey 2021, 10).

gebracht, wonach sie auf die tuskulanische Villa befördert worden und dort verstorben sei; so habe die falsche Meinung über ihren Todesort entstehen und sich verbreiten können (von Voigt 1905, 359).6 Ramsey weist darauf hin, dass laut den römischen Rechtsnormen die Frau nach der Scheidung nicht länger im Haus ihres ehemaligen Ehemannes habe wohnen bleiben dürfen (Ramsey 2021, 9 mit Anm. 8), aber er behält nicht die beachtenswerte Mutmaßung Gratwicks im Auge: Der Sohn Tullias habe im Haus der Lentuli, der Adoptivfamilie des P. Dolabella, zur Welt kommen können (Gratwick 1984, 37).

Die Vermutung, dass es eine gemeinsame Quelle für Asconius und Plutarch gegeben habe, wurde in der Forschung schon vor langer Zeit aufgestellt. Moles zufolge konnte die Quelle Plutarchs an dieser Stelle die von Cornelius Nepos geschriebene Cicero-Vita sein.7 Lichtenfeldt mutmaßte, die Zeugnisse des Asconius und Plutarch hätten auf Ciceros Biographie, von dessen Freigelassenem M. Tullius Tiro verfasst, zurückgehen können (die beiden Autoren beziehen sich direkt auf diese anderswo: Asc. 48, 25-26 C; Plut. Cic. 41, 4).8 Andere Forscher glauben, dass Tiro über familiären Angelegenheiten seines Patrons allzu gut informiert gewesen sei, um einen derartigen Fehler gemacht zu haben (FRHist, I, 403. Anm. 10; Ramsey 2021, 10-11). Ramsey stellte die Vermutung auf, Asconius und Plutarch hätten hierin ihre Darstellung dem Werk des Historikers Fenestella entnommen, der sich seinerseits lediglich auf Ciceros Briefe an Atticus gestützt, aber die dort gefundene Information falsch verstanden habe: Fenestella habe angeblich in den Briefen (vgl. Att. 12, 28, 3; 30, 1) gelesen, dass Tullias Sohn Lentulus geheißen habe; da dieser Historiker gewusst habe, dass Tullia kurz nach der Geburt ihres Kindes verschieden sei, habe er daraus geschlossen, dass Ciceros Schwiegersohn Lentulus geheißen habe und Tullia im Wochenbett in dessen Haus gestorben sei (Ramsey 2021, 13-14).

Allerdings nennt Cicero in den Briefen seinen kleinen Enkel stets nur Lentulus. Wenn man annimmt, dass Fenestella den Namen von Ciceros Schwiegersohn vom Namen seines Enkels ableitete, den er aus Ciceros Briefen erkannt hatte, ohne andere Quellen herangezogen zu haben, ist die Frage zu beantworten, woher das Pränomen Publius bei Asconius stammt (Plutarch nennt den Ehemann Tullias einfach Lentulus). Nach Ramsey fand Asconius dieses Pränomen im Werk Fenestellas, der den ursprünglichen ersten Namen Dolabellas Publius mit den neuen, nach der Adoption angenommenen verwechselt habe.9 Akzeptiert man diese Vermutung, so ergibt sich, dass Fenestella bestimmt wusste, dass Ciceros Schwiegersohn eben P. Cornelius Dolabella war. In diesem Fall sehe ich keinen guten Grund für die Annahme von Ramsey, dass Fenestella von dem Adoptivnamen Do-labellas unbedingt aus den Briefen an Atticus und nicht aus irgendeiner anderen Quelle Kenntnis habe erlangen können.

Meiner Meinung nach ist eher das Zeugnis des Macrobius (Sat. 2, 3, 3) näher zu prüfen, das meines Wissens in diesem Zusammenhang bisher noch nicht herangezogen wurde. Macrobius, indem er Ciceros witzige Bemerkung bezüglich seines Schwiegersohns überliefert, nennt Letzteren auch Lentulus.10 Dieser Scherz geht fast zweifellos auf die

6 Clark vermutet, dass diese Verwechslung einer der verlorenen antiken Biographien Ciceros entsprungen sein könnte, möglicherweise der Cicero-Vita des Cornelius Nepos (Clark 1991, 30-31. Anm. 10).

7 Moles 1988, 29. Zu Gegenargumenten vgl. Ramsey 2021, 11. Anm. 19.

8 Lichtenfeldt 1888, 72. Ihm folgen Marshall 1985, 93 (mit Vorsicht); Clark 1991, 30; Lewis 2006, 198.

9 Ramsey 2021, 15: Er nimmt an, dass Dolabellas Adoptivvater Cn. Lentulus hieß; s. dazu auch Shack-leton Bailey 1976, 30.

10 Übrigens erscheint Ciceros Schwiegersohn etwas später (Sat. 2, 3, 8) abermals unter dem Namen Dolabella.

Sammlung ciceronischer Witze in drei Büchern zurück, die aller Wahrscheinlichkeit nach von Tiro erstellt wurde.11 Es ist nicht ausgeschlossen, dass Tiro auch in seiner Biographie Ciceros den Gemahl Tullias mindestens manchmal mit P. Lentulus (oder P. Lentulus Dola-bella) titulierte. Asconius und Plutarch konnten deshalb dem Werk Tiros diesen Namen entnehmen, zumal sie, wie es schon gesagt wurde, dessen Cicero-Vita kannten und benutzten. Ich würde vorsichtig vermuten, dass Tiro nur den Geburtsort von Tullias Sohn („das Haus von Lentuli") erwähnte,12 allerdings gab er nicht den genauen Ort ihrer Tod an. Wenn diese Vermutung zutreffend ist, gilt das Argument, dass Tiro über den Todesort Tullias zweifellos sehr gut informiert worden sei und deshalb Asconius und Plutarch an dieser Stelle nicht als Quelle habe dienen können, nicht. Aufgrund Tiros Nachricht kommen sie möglicherweise unabhängig voneinander zum folgerichtigen, aber irrtümlichen Schluss, dass Tullia im selben Haus verstorben sei, das angeblich ihrem ehemaligen Ehemann gehörte. Es ist nicht natürlich auszuschließen, dass diese Verwechslung auf eine gemeinsame Zwischenquelle zurückgeht, deren Darstellung auf Tiros Cicero-Vita gestützt wurde, aber diese Möglichkeit scheint mir nicht sehr wahrscheinlich zu sein.

2

Asc. 76, 10-12 C (= 59, 31-33 St), aus dem Kommentar zur Rede pro Cornelio de maiestate I: Manifestum puto esse vobis M. Crassum et Cn. Pompeium significari, e quibus Crassus iudex tum sedebat in Cornelium, Pompeius in Asia bellum Mithridaticum gerebat.

Asconius deutet im oben zitierten Fragment darauf hin, dass M. Licinius Crassus ein Mitglied der Geschworenenbank im Majestätsprozess des C. Cornelius im Jahre 65 war.13 Die Quelle, der Asconius diese Information entnahm, ist zwar unbekannt, aber man kann meines Erachtens mit größter Wahrscheinlichkeit vermuten, dass diese Nachricht aus den Reden Ciceros pro Cornelio de maiestate I stammt, im Kommentar zu denen sie uns erhalten ist. Es gibt keinen Grund, ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen.

Im Jahre 65 bekleidete Crassus mit Q. Lutatius Catulus die Zensur. Allerdings weist Cicero in der ersten Verrine (1, 29-30) direkt darauf hin, dass die amtierenden Magistrate laut dem sullanischen Repetundengesetz von den Geschworenen in der quaestio perpetua de repetundis ausgeschlossen waren.14 Da viele verfahrensrechtliche Aspekte allen ständigen Strafgerichten gemeinsam waren und die quaestio perpetua de repetundis, die am frühesten eingerichtet wurde, höchstwahrscheinlich zum Vorbild für die anderen diente, kann man mit Sicherheit annehmen, dass diese Rechtsnorm für alle quaestiones perpetuae galt. Die amtierenden Magistrate verfügten wirklich über sehr wenig Freizeit, und die Geschworenen in den Strafgerichten waren manchmal mit den zu verhandelnden Sachen schwer belastet. Außerdem konnten einige Amtsträger (dies betraf in der postsullanischen Zeit vor allem Quästoren und Militärtribune) während ihrer Amtszeit von Rom abwesend

11 Obgleich einige antike Autoren Tiros Verfasserschaft bezweifelten (Quint. Inst. 6, 3, 5; Macr. Sat. 2, 1, 12). Diese Schrift war auch Plutarch bekannt (vgl. Pelling 2002, 81, 89. Anm. 5).

12 Der anonyme Gutachter dieser Zeitschrift wies mir liebenswürdig auf eine andere Möglichkeit hin: Tiro konnte so etwas wie Tullia filium in domo patris peperit et postea decessit schreiben, und sein zweideutiger Ausdruck verursachte Verwirrung bei den späteren Autoren.

13 Zu den Umständen des Corneliusprozesses vgl. etwa Griffin 1973, 196-203, 211-213; Crawford 1994, 65-70.

14 Der Redner erwähnt, als er über diese Regel spricht, Prätoren, Quästoren, Ädilen, Volkstribune und Militärtribune. Es ist kaum zu bezweifeln, dass diese Vorschrift ebenfalls für Konsuln und Zensoren gültig war.

sein. Wir haben keine Evidenz, ob das aurelische Gerichtsgesetz des Jahres 70 irgendwelche Änderungen an dieser Vorschrift vornahm. Jedoch scheint die Aufhebung dieser Bestimmung wenig wahrscheinlich zu sein, weil die lex Aurelia iudiciaria den Kreis der potenziellen Geschworenen erweiterte, indem sie das senatorische Richtermonopol abschaffte und zur Teilhabe am Richten auch die Ritter und Ärartribune zuließ (Asc. 67, 10-13 C; Cic. Att. 1, 16, 3; Phil. 1, 20; Ps.-Ascon. 189, 13-14 St; Schol. Bob. 94, 24-26 St; Schol. Gron. 328, 22-23 St), sodass keinerlei praktische Notwendigkeit bestand, die Amtsträger von ihren Aufgaben abzulenken und als Richter fungieren zu lassen.15 Außerdem gibt es in den Quellen keinen einzigen Beleg dafür, dass ein amtierender Magistrat jemals als Geschworener an einer Strafverhandlung teilnahm.16 Deshalb, wenn Crassus wirklich im Richterkollegium im Corneliusprozess saß, muss man daraus schlussfolgern, dass er zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr der amtierende Zensor war.

Die Geschworenenliste (album iudicum) für das laufende Jahr wurde von dem Stadtprätor im Januar aufgestellt.17 Wann genau die Zensorwahlen stattfanden, ist nicht belegt, jedoch erscheint die Vermutung Mommsens, diese seien im Frühling, normalerweise im April, abgehalten worden (Mommsen 1887, 352), wahrscheinlich. Also wurde der Name des Crassus wohl in das album iudicum für das Jahr 65 aufgenommen, bevor Letzterer bei den Wahlen erfolgreich war. Nach dem Amtsantritt wird er aus der Liste der potenziellen Geschworenen gestrichen worden sein. Wir wissen, dass die Zensur des Crassus und Ca-tulus ergebnislos endete: Die Kollegen gerieten miteinander in einen scharfen Konflikt18 und gaben letztendlich das Amt freiwillig auf, ohne den Zensus, die lectio senatus und die recognitio equitum durchgeführt zu haben. Das Zeugnis des Asconius lässt die Vermutung aufstellen, dass die Zensoren das Amt schon vor Beginn des Corneliusprozesses niederlegten. Einerseits steht, da C. Cornelius erst nach der Verurteilung des Volkstribuns des

15 Brennan (2000, 416-418) und Nippel (2005, 146) zufolge durften die amtierenden Magistrate nach dem Jahre 70 die Funktionen der Geschworenen ausüben, aber diese Annahme beruht vornehmlich auf einer evident unrichtigen Interpretation von Cic. Vat. 16 und Schol. Bob. 146 St: Hierin weist der Redner nur darauf hin, dass zwei Prätoren des Jahres 56, Cn. Domitius Calvinus und Q. Ancharius, in der Verhandlung gegen Sestius anwesend seien; dies bedeutet nicht unbedingt, dass sie als Geschworene im Prozess fungierten (vgl. Pocock 1967, 98). Der andere Beleg, den Brennan anführt (Cic. Q. fr. 3, 4, 1), ist auch nicht beweiskräftig, da die Identität von dem an dieser Stelle erwähnten Cato mit dem Prätor des Jahres 54 M. Porcius Cato Uticensis nicht sicher zu ermitteln ist; zu Plut. Cat. Min. 16, 3-6 s. Anm. 16.

16 Plutarch (Cat. Min. 16, 3-6; vgl. auch Mor. 534d; 808e) berichtet über den Gerichtsprozess eines der scribae quaestorii, in dem der Angeklagte dank der Stimme des Quästors M. Lollius freigesprochen worden sei. Das von dem griechischen Biographen beschriebene Verfahren sieht freilich überhaupt nicht wie ein Prozess vor der quaestio perpetua aus. Plutarch schreibt, der Stadtquästor Cato habe den Schreiber wegen Fahrlässigkeit vor Gericht gestellt (pgSioupyiac; npou9r|Ke Kpiaiv), aber als dessen Verteidiger, der Zensor (Ti|ir|Tr|c;) Catulus, zu bitten begonnen habe, diesen trotz offensichtlicher Schuld freizusprechen, habe Cato zuerst versucht, ihn zum Schweigen zu bringen, und dann damit gedroht, den Dienern zu befehlen, Catulus von der Verhandlung auszuschließen ('aiaxpov,' einev, 'w KdrXe, as Tov Ti|ir|T^v Kai roü; ßiou; ocpeiXovra 5oKi|dZeiv üno rwv ^|erspwv ünr|peT«v ¿KßdAAeaGai.'). Cato wäre selbstverständlich nicht in der Lage gewesen, dies zu tun, wenn er als Ankläger vor der quaestio perpetua aufgetreten wäre. Fehrle behauptet mit Recht, dass dieser Prozess „vor dem Disziplinargericht" stattgefunden habe, das sich aus Catos Kollegen in der Quästur zusammengesetzt habe (Fehrle 1983, 78 und Anm. 60; vgl. dazu auch Geiger 1971, 189-190).

17 Laut dem epigraphischen Repetundengesetz muss der Prätor innerhalb von zehn Tagen nach dem Amtsantritt, d. h. bis zum 10. Januar, eine Richterliste erstellen und öffentlich zur Schau stellen (Tab. Bemb. 15-18).

18 Nach Plutarch (Crass. 13, 1-2) war der Grund für den Streit Crassus' Absicht, Ägypten zur römischen Provinz zu machen, nach Cassius Dio (XXXVII, 9, 3) entzweiten sie sich wegen Uneinigkeit in der Frage nach den Bürgerrechten der Bevölkerung des transpadanischen Galliens.

Jahres 66 C. Manilius vor Gericht stand, der zudem seine erste Verhandlung durch oper-arum duces stören ließ (Asc. 60, 10-12 C; Schol. Bob. 119, 14-17 St), so gut wie fest, dass der Corneliusprozess nicht ganz am Anfang des Jahres 65 stattfinden konnte. Mir scheint deshalb wenig wahrscheinlich, dass er vor den Zensorwahlen zu Ende geführt wurde. Andererseits, erwähnt Cicero im Mitte Juli geschriebenen Brief an Atticus (1, 1), indem er von seinen Tagesgeschäften erzählt, mit keinem Wort den Prozess des C. Cornelius und hat vor, aus Rom im September abzureisen. Deshalb ist es am wahrscheinlichsten, dass der Corneliusprozess ein Ende gefunden hatte, bevor dieser Brief geschrieben wurde, d. h. im späten Frühling oder in der ersten Hälfte des Sommers 65.19 Wenn wir diese Datierung annehmen, ergibt sich, dass Catulus und Crassus die Zensur nicht später als im Juli 65, also nur ein paar Monate nach dem Amtsantritt aufgeben mussten. Diese Überlegung kann meines Erachtens als zusätzliches Argument dafür dienen, dass Crassus sein Projekt der Annexion Ägyptens schon kurz nach dem Amtsantritt publik gemacht hat — spätestens im frühen Sommer (vgl. Chrustaljow 2018, 251-252).

Tariverdieva versuchte zu beweisen, dass Crassus und Catulus die Zensur am wahrscheinlichsten erst Ende 65 oder sogar Anfang 64 niederlegten.20 Als das wichtigste Argument bringt Tariverdieva das schon oben (vgl. Anm. 16) erwähnte Zeugnis Plutarchs über die Auseinandersetzung des Stadtquästors M. Cato mit dem Zensor Q. Catulus vor; Catos Quästur datiert sie, wie die Mehrheit der Forschung (vgl. z. B. : Broughton 1952, II, 163, 165. Anm. 5; 1986, III, 170-171; Geiger 1971, 184-186; Fehrle 1983, 76; Pina Polo et al. 2019, 300), ins Jahr 64 (das bedeutet, Cato wird das Amt am 5. Dezember 65 angetreten sein). Allerdings müssen wir, wenn meine Überlegungen zutreffen, entweder die Quästur Catos ins Jahr 65 setzen (so etwa: Drumann 1919, 166-168; Miltner et al. 1953, 172)21 oder annehmen, wie Fehrle (1983, 76. Anm. 53) vermutete, dass Plutarch einen Fehler machte und Catulus zum Zeitpunkt seiner Auseinandersetzung mit Cato nicht Zensor, sondern Zensorier war.22 Die zweite Lösung ist meines Erachtens vorzuziehen, obwohl Tariverdieva diese bezweifelt (Tariverdieva 2017, 629. Anm. 65).

3

Asc. 91, 1-9 C (= 70, 14-20 St), aus dem Kommentar zur Rede in toga candida: Circa eosdem dies L. quoque Bellienus damnatus est quem Cicero ait avunculum esse Catilinae. Hic autem Lucretium Ofellam23 consulatum contra voluntatem Sullae ad turbandum statum

19 Vgl. Münzer 1900, 1254 (Sommer 65); Griffin 1973, 211. Anm. 150 (Mitte 65); Ramsey 1980, 405 (die erste Hälfte des Jahres 65).

20 Tariverdieva 2017, 628-629 (С. Э. Таривердиева. Цезарь и «египетский вопрос» в 65 г. до н. э. ВДИ 2017, 77/3).

21 Diese Datierung bringt jedoch erhebliche Schwierigkeiten mit sich (neben den oben angegebenen Werken s. dazu ausführlicher Renders 1939).

22 Man kann auch vermuten, dass Т1цг|тг|с; bei Plutarch hierin nicht im technischen Sinne zu verstehen ist: Wenn seiner Darstellung die lateinische Quelle zugrunde liegt, konnte in dieser das Wort censor im Sinne „Sittenrichter" gebraucht werden (zu Belegen für eine solche Verwendung vgl. TLL, III, 801). In diesem Fall spielte Cato vielleicht auf auctoritas des Catulus an, der damals einer der principes civitatis war, und deutete deshalb ironisch darauf hin, dass Catulus eben wegen seiner Autorität „unser Leben überprüfen müsste" (xoü; ^цг|Тфоис; ßiou; öcpeiXovxa 5oKi|id(£iv). Gegen diese Vermutung spricht allerdings, dass Т1цпт|; sowohl bei Plutarch als auch anderen Autoren nur für Bezeichnung eines Amtsträgers gebraucht wird. (Für diese Idee bin ich dem anonymen Gutachter dieser Zeitschrift zu Dank verpflichtet).

23 In den Quellen sind zwei Varianten seines Cognomens (Ofella und Afella) belegt. Zur Begründung für die von mir angenommene Variante Afella vgl. Heraeus 1934, 63-65.

civitatis petentem occiderat iussu Sullae tunc dictatoris. His ergo negat [Cicero] ignotum esse, cum et imperitos se homines esse et, si quem etiam interfecissent, imperatori ac dictatori paruisse dicerent, ac negare quoque possent; Catilinam vero infitiari non posse.

Plutarch (Sull. 33, 4) berichtet, Sulla habe einen seiner Zenturionen geschickt und Afella ermorden lassen (ne^a; Tivä xwv nepl aüxov eKaxovxapxwv anea^a^e xov avSpa). Es wäre logisch zu vermuten, dass dieser eKaxovxapxoc Catilinas Onkel mütterlicherseits L. Bellienus war, aber eine solche Identifikation ist in der Forschung überraschenderweise selten anzutreffen.24 Viel häufiger werden die Zeugnisse des Asconius und Plutarch nicht als einander ergänzend, sondern als inkompatibel betrachtet (vgl. etwa: Münzer 1927, 1687; Valgiglio 1960, 162; Keaveney 2003, 88. Anm. 48). In der Regel gibt man der Version des Asconius den Vorzug: Schon Klebs identifizierte den Mörder Afellas mit dem von Sallust (Iug. 104, 1) erwähnten Prätor L. Bellienus, dessen Prätur er im Jahr 107 ansetzte (Klebs 1897, 253).25 An dieser Gleichsetzung hält die Mehrheit der Forschung fest.26 Meines Wissens wies bisher nur Brennan direkt auf ihre Unrichtigkeit hin. Brennan bemerkt, dass sich L. Bellienus (Prätor 105) vor Gericht inter sicarios im Jahre 64, worüber an dieser Stelle Asconius berichtet, hätte verantworten müssen, als er mindestens 81 Jahre zählte, was kaum möglich ist (Brennan 2000, 545); aber sogar Brennan setzte den Mörder Afel-las mit dem Zenturio aus der Sulla-Vita Plutarchs nicht gleich. Gegen die Identität des L. Bellienus (Prätor 105) und des L. Bellienus, der Afella erschlug, können auch andere Argumente vorgebracht werden. Zum Zeitpunkt der Ermordung Afellas zählte L. Belli-enus (Prätor 105) mindestens 63 Jahre. Es ist fast unmöglich, dass Sulla einen so alten Menschen mit einer so wichtigen Aufgabe beauftragt hätte. Außerdem ist es schwierig sich zu vorstellen, dass ein Prätorier, selbst wenn er ein Mann von so geringer Herkunft wie L. Bellienus war, sich öffentlich „einen unkundigen Mensch" (homo imperitus) nennen und seine Teilnahme am Mord des Konsulatskandidaten dadurch rechtfertigen konnte, dass er angeblich einfach dem Befehl des Diktators nachgekommen sei. Cicero, dem As-conius folgt, betrachtet zweifellos den Zenturio L. Luscius und L. Bellienus als Menschen von ungefähr gleichem sozialen Status und stellt ihnen den viel höher stehenden Prätorier Catilina gegenüber, der auch am sullanischen Terror beteiligt war. Der Zweifel von Lewis (2006, 299) an der Glaubwürdigkeit der Nachricht Plutarchs ist unberechtigt.27 Dass ein Zenturio mit Catilina, der einer alten, aber seit Langem heruntergekommenen Patrizierfamilie entstammte (Q. Cic. Comment. pet. 9; Sall. Cat. 5, 7), mütterlicherseits verwandt sein konnte, ist nicht unwahrscheinlich (vgl. dazu Konrad 1989, 127). Es ist nicht auszuschließen, dass sich L. Bellienus sogar unter jenen Personen finden konnte, die unter Sulla nach dessen Sieg im Bürgerkrieg in den Senat aufgenommen wurden,28 wenngleich Asconius

24 Vgl. Carcopino 1947, 132; Fündling 2010, 141; Vervaet 2018, 74. Diese Forscher schreiben allerdings einfach, dass Afella von dem Zenturio Bellienus (oder L. Bellienus) getötet werden sei, ohne dessen Identität im Detail zu besprechen.

25 Ich folge jedoch der Datierung Broughtons — 105 v. Chr. (Broughton 1951, I, 556; vgl. dazu auch Cristofori 1992, 144-145).

26 Vgl. etwa: David et al. 1973, 259; Alexander 1990, 108. Nr. 15; Angeli Bertinelli et al. 1997, 401; Zmeskal 2009, 46, 251; DPRR (http://romanrepublic.ac.uk/ [date of access: 3.09.2021]), 'BELL 1751 L. Bellienus [5]'; mit Vorsicht auch Paul 1984, 249.

27 Er mutmaßt, dass der griechische Biograph L. Bellienus mit dem anderen sullanischen Zentu-rio, L. Luscius, verwechselt haben könnte, der auch im Jahre 64 vor der quaestio inter sicarios verurteilt wurde.

28 Zu ehemaligen Zenturionen im postsullanischen Senat s. etwa: Wiseman 1971, 75-76; Konrad 1989, 119, 126.

darüber direkt nicht berichtet. Brennan ist sicher, dass der Prätor 105 mit dem Mörder Afellas verwandtschaftlich verbunden war und vermutet, dass es sich um Vater und Sohn handeln könnte (Brennan 2000, 545). Meines Erachtens ist jedoch wahrscheinlicher, dass zwischen ihnen eine entferntere Verwandtschaft bestand: Zwar war der Prätor 105 allem Anschein nach homo novus (Wiseman 1971, 217), aber sein Sohn hätte kaum eine Laufbahn als Zenturio eingeschlagen; jedenfalls gibt es aus der republikanischen Zeit keine Belege für Zenturionen, die den Familien der Magistraten so hohen Ranges entstammten.

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Three notes on Asconius

Wjatscheslaw K. Chrustaljow Herzen State University,

48, nab. r. Moiki, St Petersburg, 191186, Russian Federation Pskov State University,

2, Lenina pl., Pskov, 180000, Russian Federation; vyacheslav2511@gmail.com

For citation: Chrustaljow W. K. Three notes on Asconius. Philologia Classica 2022, 17 (1), 97-106. https://doi.org/10.21638/spbu20.2022.108 (In German)

This article deals with three passages from Asconius' commentary on Cicero's speeches. In the first of these fragments, Asconius reports that Cicero's daughter Tullia died after childbirth in the house of her husband P. Lentulus. This version stands in contrast to the communis opinio in the scholarship (albeit rested on indirect evidence), according to which Tullia passed away at the Tusculan villa of Cicero after she had given birth to her son in Cicero's house in Rome. Asconius' testimony is compared with the account of Plutarch (Cic. 41. 7-8) who tells the

same story as the commentator of Cicero. The author concludes that the reports of two ancient writers are based on a common source, namely Cicero's biography composed by Tiro, in which only the place of birth of Tullia's son, but not the place of her death was given. Based on this information, Asconius and Plutarch independently of each other came to the logical but wrong conclusion that Tullia died in the house belonged to her ex-husband. In the second passage Asconius mentions that M. Licinius Crassus sat on the jury upon the trial of C. Cornelius de maiestate in 65. In the same year Crassus held the censorship. However, office-holding magistrates were excluded from juries. Since the trial of Cornelius can be dated to the late spring or the first half of summer, we are to assume that Crassus gave up the office by this time. In the third part of the paper Asconius' account on the murder of Lucretius Afella is examined. According to Asconius, Afella was killed by a L. Bellienus, whereas Plutarch reports that Afella was murdered by one of Sulla's centurions. The identicalness of L. Bellienus and the anonymous centurion mentioned by Plutarch is usually called into doubt in the scholarship, but the author comes to conclusion that the ancient authors write about the same man. Keywords: Asconius, Cicero, Plutarch, Late Roman Republic, criminal courts, prosopography.

Received: 14.09.2021

Accepted: 12.02.2022

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